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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2014

Neue Mitte — Rathaus • Bürgersaal • Bibliothek

Blick von Westen

Blick von Westen

Engere Wahl

Muffler Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Situation

Die gegebene Situation wird massgebend bestimmt durch den Zusammenfluss von Rems und Neckar. Die "Flusslandschaft weitet sich auf und prägt das Bild eines spezifischen Orts. Zusätzlich wird dies unterstützt durch die Kulisse des Schlossbergs, welcher der Situation einen räumlich entsprechenden Rückraum bildet. Von sekundärer Bedeutung für die ortliche Situation sind die begrenzenden Verkehrswege mit ihren Brückenschlägen über Rems und Neckar. Es ist Ziel mittels der zu entwickelnden baulichen Struktur einen markanten Punkt zu schaffen, welcher im Zusammenspiel mit dem landschaftlichen Rahmen ein Gesamtgefüge bildet. Der sich neu definierende Ort soll durch sein Konzept Bezüge ermöglichen, die trotz unterschiedlicher Nutzungsanforderungen einen sensiblen Übergang zum Bestehenden schaffen, zur Integration beitragen und darüber hinaus einen Ort der Begegnung und Kommunikation bilden.

Konzeption

Die Erläuterung bezieht sich auf die Frage der Situierung des Baulichen am Rande der Flusslandschaft. Hierbei bildet die städtebaulich vorgegebene Platzsituation den Grundrahmen für die Situierung der Baukörper. Das Rathaus als erster Baustein bildet den Rücken und südlicher Abschluss der Platzfläche. Die Kubatur entwickelt sich über vier Geschosse und bindet den Baukörper des Bürgersaals, der die östliche Raumkante des Platzes besetzt, räumlich an. Seine Baumasse entwickelt ein zweigeschossiges Erscheinungsbild und prägt sich horizontale aus. Demgegenüber bildet sich der Baukörper der Bibliothek mit sechs Geschossen vertikal aus und besetzt die nord-westliche Platzkante zum Neckar. Im Zusammenspiel mit der westlich angrenzenden Bebauung ergibt sich eine urbane Struktur mit eindeutigen räumlichen Kanten. Zwischen Bibliotheksbaukörper und Bürgersaals artikuliert sich ein gezielt offener Raum zum Neckar. Über diesen wird die Promenade entlang des Neckar angebunden. Diese verbindet Fussgängerstege und Bootshaus mit dem geplanten Platz und Wegenetz. Die vertikale Ausprägung des Bauvolumens der Bibliothek artikuliert den Brückenkopf und korrespondiert mit der Landschaft nördlich des Neckars. Das Zusammenspiel der Baukörper läst einen "Erlebnisraum Stadt" als "Landmark" mit unverwechselbarer Identität und Zeichenhaftigkeit entstehen. Torsohaftigkeit wird durch das Alleinstellungsmerkmal jedes einzelnen Bauabschnitts vermieden.

Gebäudestrukturen

Die vorgeschlagenen Baukörper übernehmen die ihnen zugewiesenen Nutzungsstrukturen. Die Erschliessung aller erfolgt über die Platzfläche und korrespondiert räumlich miteinander. Das Baugefüge des Rathauses wird über eine zentrale Halle erschlossen. Die vertikalen Erschliessungsräume sind klar und einfach organisiert. Mit einem Innenhof und offene Flurenden mit Anschluss an die Vertikalverbindungen werden natürlich belichtete Verkehrsflächen bewirkt und die Verortung der Besucher im Gebäude unterstützt. Erdgeschossig der zentralen Halle zugeordnet ist der Front-Office-Bereich und über alle Geschosse hinweg die kommunikativen Programmflächen.

Der Bürgersaal mit seinem Foyer öffnet sich zum Platz und wird über diesen erschlossen. Die Saalfläche stellt über die vorgeschlagenen Fassadenöffnungen zum Ufer der Rems einen hohen Aussenbezug her. Durch die gegebene Möglichkeit der Öffnung des Saals zur Foyerfläche ist eine räumliche Verbindung zur Platzfläche gegeben. Ebenso erhält das Casino als nördlicher Abschluss des Foyers über transparente Flächen einen hohen Aussenbezug zur angrenzenden Promenade und dem Flusslauf des Neckars. Die Versorgung von Saal, Foyers und Casinos erfolgt in direkter Anbindung an die Küche. Bühne, Garderoben und deren notwendige Anliefer- und Lagerflächen bilden eine räumliche Einheit.

Die Bibliothek erschliesst sich über den südlich dem Platz zugewandten Eingangsbereich und entwickelt sich über sechs Geschosse. Eine offene Struktur der Fassadenflächen nach Süden zum Platz und nach Norden zum Neckar, ermöglichen überalle Geschosse hinweg, einen hohen Bezug zum übergeordneten städtischen und landschaftlichen Aussenraum. Erdgeschossig ist dem Lesecafé ein Freisitz vorgelagert, der diesem einen hohen Bezug zum angrenzenden Freiraum gibt. Die vertikale Verbindung wird zum einen über ein geschlossenes Treppenhaus mit Personenaufzug und zum andern eine offene Treppenverbindung zwischen den einzelnen Bibliotheksflächen hergestellt. In der obersten Ebene ist der Veranstaltungsbereich mit Blick über die Flusslandschaft situiert.

Die Erschliessung alle Baukörper erfolgt über die verbindende Tiefgarage. Die Zufahrt, Andienung und Entsorgung erfolgt über den abgesenkten Hof, der von der Feuerbacher Strasse topografisch begünstigt, angebunden ist. Die Anlieferung der Bühne wird ebenfalls zu dieser orientiert. Die Andienung der Küche des Bürgersaals und des Bootshauses wird über den Weg entlang der Rems gewährleistet.

Konstruktion

Die tragende Konstruktion der einzelnen Baukörper wird als Stahlbetonkonstruktion mit Flachdecken, Wandscheiben und Stützen vorgeschlagen. Daraus resultiert mit den gegebenen Konstruktionsrastern ein wirtschaftliches und einfaches Tragwerk. Durch die Ausbildung einer tragenden baulichen Struktur aus Beton und einem definierten Gebäuderaster ist gewährleistet, dass sämtliche Innenwände flexibel angeordnet werden können und bei räumlichen Notwendigkeiten eine Neuorganisation der Gebäudeflächen auf einfache Art ermöglich ist.

Energiekonzept -Ökologisches Konzept

Die Baukörper definieren sich als kompakte Volumen und weisen eine optimierte und baulich reduzierte Hüllfläche auf. Dadurch werden geringe Wärmeverluste und Investitionen im Rahmen der Gebäudehülle erreicht. Die thermische Behaglichkeit wird unter den geforderten Nutzungsbedingungen im Sommer und Winter sichergestellt. Hierzu wird eine bewusste Auswahl massiver Baukonstruktionen und entsprechenden Materialien gewählt. Der bauliche Wärmeschutz der beheizten Zonen orientiert sich am Standard der Niederenergiebauweise mit folgenden Bauteilqualitäten:

- hohe Wärmedämmung der opaken Flächen < 0,18-0,20 W/qmK
- hohe Wärmedämmung transparenter Bauteile 0,70-0,80 W/qmK
- hohe Wärmedämmung der Dachfläche U-Wert 0,15 W/qmK
- luftdichte Ausführung der Gebäudehülle von ML50 < 0,4 1/h

Die zu öffnenden Bauteile der Fassadenkonstruktionen werden auf ein notwendiges Mass begrenzt (Anteil ca. 50 % der Hüllfläche). Entsprechend der jeweiligen Himmelsrichtung werden bewegliche Sonnenschutzelemente (Jalousetten) vorgeschlagen.

Die Dachflächen des Gebäudes werden begrünt vorgeschlagen. Hierdurch wird der natürliche Kreislauf des Regenwassers durch möglichst hohe Verdunstung gewährleistet. Das überschüssige Regenwasser wird in eine Regenwasserzisterne geführt und für den Grauwasserbetrieb (WC-Spülung) genutzt. Durch das Konzept wird erreicht, dass der Jahreswärmebedarf für das Gebäude mit 10 kWh pro Quadratmeter nur unwesentlich über dem Passivhausstandard liegt.

Gebäudetechnik-Beheizung • Die Wärmeversorgung erfolgt über das geplante BHKW, welches dem Baukörper des Rathauses im Untergeschoss zugeordnet ist. Die Wärmeversorgung erfolgt über thermoaktive Decken (TAD) und bei Notwendigkeit über zusätzliche statische Heizflächen. Die temporär genutzten Raumbereiche werden über eine Fussbodenheizung erwärmt, welche die Grundtemperatur des Gebäudes (ca. 15° C) sicherstellt. Die darüber hinaus notwendige Erwärmung der Räume im Bereich des Bürgersaals erfolgt über die nach Versammlungsstätten-Verordnung notwendige Belüftungsanlage. Dies bedeutet, dass entsprechende Energie über den Grundwärmbedarf hinaus nur im Nutzungsfall benötigt wird.

Gebäudetechnik-Lüftung • Folgende Bausteine sind die Grundlage der Lüftungstechnischen Anlage: - Erdwärmeüberträger, - hocheffiziente Wärmerückgewinnung, - adiabate Verdunstungskühlung. Die Aussenluft wird über im Erdreich unter dem Gebäude verlegten Betonrohren oder entsprechende Kunststoffrohre im Sommer vorgekühlt und im Winter vorerwärmt. Die raumlufttechnische Anlage ist mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung und einer adiabaten Verdunstungskühlung vorgeschlagen.

Adiabate Kühlung • Die adiabate Kühlung ohne den Einsatz einer Kältemaschine wird zur Grundlastkühlung eingesetzt. Frequenzgeregelte Ventilatoren ermöglichen den bedarfsgerechten Betrieb über variable Luftvolumenströme. Vorgeschlagen wird eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung mit einem Grad von ca. 85 %. Im Sommer wird durch den Einsatz einer adiabaten Fortluftbefeuchtung, mittels Wasser, das Kühlpotential der Fortluft auf die Zuluft indirekt übertragen. Erreichbare Temperaturen in der Zuluft liegen bei ca. 23°C bei 32°C Aussentemperatur bei einer sensiblen Kühlung.

Thermoaktive Decken • Neben der Beheizung soll auch die Kühlung der Büroräume über thermoaktive Decken erfolgen. Die hierfür notwendige Kühlleistung wird über entsprechende Wärmepumpen erreicht, welche das BHKW mit Leistung versorgt. Um den einzelnen Räumen eine individuelle Temperaturregelung zu ermöglichen, sollten die Leitungssysteme oberflächennah verlegt werden.

Wesen der Lösung

Der Entwurf ordnet sich über seine klare formale Haltung und das gewählte einfache bauliche Konzept in das gegebene städtebauliche Konzept ein. Der geführte Dialog des Entwurfskonzepts mit den Vorgaben der westlich angrenzenden Baustruktur bewirkt einen urbanen Lebensraum. Durch die klare räumliche Zuordnung der einzelnen Baukörper und durch die unprätentiöse einfache Ausbildung der baulichen Struktur entsteht eine Situation mit hohem Erkennungswert. Das Zusammenspiel der Flusslandschaft mit dem baulichen Gefüge definiert ein spannungsreiches "Landart-Motiv", nicht additiv, sondern integrierend.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser bieten eine einfache, unprätentiöse städtebauliche Figur an, die sich schlüssig in das Umfeld einfügt, gleichzeitig aber auch neue markante Punkte setzt. Die Marktachse wird fortgeführt durch einen gut proportionierten Platz mit landschaftlichem Bezug zum Neckar, aufgenommen - eine angemessene Adresse für Rathaus, Bürgersaal und Bibliothek. Das Neckarufer wird in Fortsetzung der Neckarpromenade mit Treppenanlagen urbaner ausgebildet, zur Rems ergibt sich eine grüne, naturnahe Situation. Die Baumassen rücken vom Bootshaus ab und lassen der Inselspitze ihre heutige Wirkung.

Die Gebäude sind in sich und zueinander gut proportioniert: 4 Geschosse – Rathaus, 2 Geschosse – Bürgersaal, 6 Geschosse – Bibliothek.

Erschließung / Phasen

Die vorgeschlagene Platzierung ist möglich, allerdings rückt die TG direkt an das Rathaus, was im Detail geprüft werden muss.

Schwierig ist die Platzbildung ohne die Bibliothek, weil dann ein markanter Umlenkpunkt zum Neckar hin fehlt und das Baumdach unmotiviert auf dem Platz liegt. Die Erschließung funktioniert und bindet auch das Bootshaus ausreichend mit an. Fahrradabstellplätze fehlen allerdings. Eine Bushaltestelle am Platz ist gut vorstellbar - wie vom Verfasser vorgesehen.

Die Baukörper rücken vom Ufer ab und lassen einer qualitätvollen Ufergestaltung Raum.

Unklar bleibt wie die Bäume auf dem Platz gründen, im TG-Grundriss fehlen entsprechende Darstellungen.

Die Baukörper setzen das Raumprogramm schlüssig und wirtschaftlich um. Das Rathaus wird über ein gedecktes Atrium und einen Lichthof gegliedert, wodurch sich ein ansprechender Zugangsbereich und gut strukturierte Arbeits- und Tagungsräume ergeben und Blickbezüge von Geschoss zu Geschoss ermöglicht werden. Brandschutzeinheiten werden gebildet.

Auch der Bürgersaal überzeugt, insbesondere die offene Gestaltung zur Rems. Bühne und Nebenräume sind gut angeschlossen. Das Casino liegt gut an der Neckarpromenade. Das großzügige Foyer schließt den Platz prominent an.

Die Bibliothek ist ebenfalls gut strukturiert: Erschließungskern zur Straße, Empfang und Stöberzone zum Platz, Lesezonen zum Neckar.

Der Entwurf macht wenig Aussagen zu Fassaden + Materialien. Beim Rathaus sollen offene und geschlossene Fassadenelemente abwechseln. Das Modell zeigt verglaste Entréebereiche, auch die Bibliothek öffnet sich durch Glas zum Platz und zum Neckar. Die reduzierten, nüchternen Angaben zu Fassaden + Material bieten Möglichkeiten zur weiteren Ausgestaltung, eine bestimmte gestalterische Sprache bzw. Anmutung wird jedoch vermisst.
Blick von Süd-Westen

Blick von Süd-Westen

Blick von Norden

Blick von Norden

Blick von Süd-Westen

Blick von Süd-Westen

Blick von Westen

Blick von Westen

Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Ansicht Nord-Osten

Ansicht Nord-Osten

Ansicht Nord-Westen

Ansicht Nord-Westen

Ansicht Süd-Osten

Ansicht Süd-Osten

Ansicht Süd-Westen

Ansicht Süd-Westen

Schnitt Rathaus

Schnitt Rathaus

Schnitt Bibliothek - Bürgersaal

Schnitt Bibliothek - Bürgersaal