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Offener Wettbewerb | 04/2014

Landesgartenschau Wangen im Allgäu 2024

4. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Machleidt GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Fließende Linien | Liquid Lines.
Artifiziell und Natürlich. Hochlage und Taleinschnitt. Offene Weite und geheimnisvolle Dichten. Argenauen und Kanal eröffnen ein wirkmächtiges atmosphärisches Spannungsfeld. Der schwingende Doppelstrang der Gewässer bildet ein verbindendes Flechtwerk zwischen den differenziert herausgearbeiteten Freiräumen.

Die Struktur des Freiraums: Argenauen und Highline
Fließende Linien prägen die Topografie des Argentals und selbst der Grundriss der Stadt scheint sich in diese Schwingung zu fügen. In fließenden Linien durchziehen die neuen Argepromenaden die Stadt und flechten die anliegenden Stadträume und Wegebeziehungen auf organische Weise ein. Die begleitenden Uferräume werden vorsichtig geöffnet und auf charakteristische Weise topografisch inszeniert, neue Zugänge zum Wasser geschaffen.
Demgegenüber wird der Triebwerkskanal als technisches Landschaftsbauwerk und faszinierendes Absurdum vollständig erhalten und wo möglich freigestellt. Aus der funktionalen Beziehungslinie zwischen der Innenstadt und dem historischen Industrieareal der Erba wird eine ideell überhöhte Erlebnislinie. Auf dem nordseitigen Dammkörper wird ein Kanalsteg aufgesetzt, der mit dem Erdbauwerk in die Höhe wächst, den Wasserlauf erlebbar macht und einen stadtlandschaftlichen Perspektivwechsel ermöglicht. Die Wangen-Highline bildet dabei die schnelle und effektive Verbindung zwischen Argeninsel und Festplatz und dem Zentrum des neuen Erba-Geländes.
Entlang dieses charakteristischen Doppelstrangs der Gewässer werden die Freiräume Argeninsel – (Park am) Festplatz – Bürgerpark – Auwiesenpark – Landschaftspark Argen mit jeweils eigenen Charakteristika und Qualitäten entwickelt.

Die Elemente des Freiraums
Die neuen Argenpromenaden
Die neue Argenpromenade wird in einheitlichem Duktus durchgängig entwickelt zwischen der Gallusbrücke und der neuen Spinnereibrücke am Erba-Gelände. Das Wegesystem aus Hauptpromenade am Fluss und verflechtenden Nebenwegen ist geprägt von gegrindeten Asphaltoberflächen mit Flusskieseinstreuung. Die Hauptpromenade zeigt ein charakteristisches Profil mit einem gepflastertem Möblierungsstreifen landseitig und einer 40 cm hohen steinernen Aufkantung zum Wasser hin. Bis zum Landfahrerplatz verläuft sie etwa auf der Lage des Herzmannser Wegs südlich der Argen und wechselt dann an einem neuen Brückenplatz auf die Seite des Auwiesenparks. So wie hier bedingen markante Orte und Verknüpfungspunkte Sondersituationen der Promenade: Der Platz an der Spinnereibrücke, der höhenversetzte Doppelweg an der Schleife im Auwiesenpark, der Platz an der Argeninsel, die befestigte Promenade am Wehr, der Platz gegenüber dem Kornhausgässle und dem befestigten Hochufer an der Gallusbrücke.

Argenauen: Flussteige, Flutterrassen und Weidendrumline
Die Argenauen werden mit differenzierten Eingriffen erlebbar gemacht: An den attraktiven Flussschleifen und den Promenadenplätzen erschließen Treppensteige zurückhaltend Ufer und Kiesbänke. Urbaner wirken an den Promenadenplätze Stufen- oder Sitzstufenanlagen verschiedener Formate, die hochwasserfeste Terrassen auf Mittelwasserebene erschließen.
Innerstädtisch nimmt der Gestaltungscharakter der Ufer insgesamt zu. Ausgehend vom befestigten Hochufer am Wehr entwickelt sich in dem Bürgerpark ein markantes Relief: Anstelle der steilen Uferböschung tritt eine wiesenbewachsene Abflachung des Ufers bis zur Promenade. Die Wiesenböschung erhält eine leichte Terrassierung (vergleichbar den typischen Viehgangeln). Bestandsbäume bleiben auf stromlinienförmigen Geländesockeln („Drumline“) erhalten, dazwischen entstehen neue Aufenthaltsorte und neue Blicke auf das Wasser. Eine Reprise (und Abschluss) des Themas im Süden wird am Landfahrerplatz entwickelt. Eine vegetative Interpretation und Umkehrung der typischen Formationen entsteht an der Hochwasserente mit offenen, schwingenden Raseninseln in flächenhaften, extensiven Pflanzungen von Auenstaufen.

Der Bürgerpark: Spielfelder – Parkfelder
Der Bürgerpark erhält eine räumliche Textur, die die Logik der Spielfelder und Sportplätze in einen eigenständigen Parktyp überführt: Baumreihen, Alleen und klar konturierte Baumquartiere entfalten ein patchworkartiges Raumgefüge. Entlang der Argenpromenade entsteht so ein Gewebe offener Rasenlichtungen und baumbestandener Spiel- und Aufenthaltsbereiche. Die Formatierung der Lichtungen entspricht dabei den Abmaßen der Handballfelder, sie können also als Trainingsplätze genutzt werden. Der ganze Park verwandelt sich während der Jugendturniere zu einem Sommercamp.

Die Argeninsel:
Die Spitze der Argeninsel wird über die Brücke am Wehr in das Wegesystem zwischen den Promenaden eingesponnen. In die Gewässerschleife an der Fischtreppe wird ein „wilder“ Matschspielplatz zwischen dichten Weidengebüschen eingerichtet. Für die Eltern entsteht kanalseitig ein kleiner Platz als Aufenthaltsbereich.

Am Festplatz
Mit dem Freiwerden der Flurstücke südlich der Aumühlestraße entsteht eine neue Parkspange am Kanal. Die Fahr-verkehre werden nun über Jahnstraße und Klosterbergstraße umgeleitet, die Stellplätze entlang der Fahrbeziehungen konzentriert. Es entsteht ein bipolarer Campus aus baumgefassten Festplatz im Norden und Wiesenraum am Kanal im Süden.

Die Highline
Die Highline wird als leicht über dem Damm schwebende Ebene als Stahlbauwerk errichtet. Sie ist damit als neue Schicht deutlich erkennbar und unterstreicht doch den technoiden Charakter des Kanals im Kontrast zu den Baumkulissen der Auen und Parks. Die Struktur der Highline ähnelt tatsächlich der einer Hochbahn. Die wichtigen Anknüpfungspunkte werden wie „Stationen“ behandelt, die Zugangsbauwerke der Treppen und Rampen werden als Teil der Struktur aufgesetzt. Jede der 4 Stationen erhält einen Namen („Endstation Turbinenhaus“) und ein fernwirksames Schutzdach mit Orientierungsplan. Der Stahlsteg kann mit 3,00 m Breite als Fuß- und Radweg genutzt werden. An den Stationen kann der Kanal gequert werden, an der Endstation am Erba-Gelände in Kombination mit einer Unterführung.

Der Auwiesenpark
Der Auwiesenpark wird als offener und sparsam erschlossener Park entwickelt, der bereits landschaftliche Züge trägt. Ein zentraler, unzerschnittener Wiesenraum überspannt auch den Kanal und wird von intensiven Rändern aus erlebt. Kurz geschnittene Rasenbahnen gliedern dabei blühende Wiesentypen. Die charakteristischen Baumreihen und linearen Baumkanten, Kennzeichen der vormaligen Flurteilungen, werden als Gliederungselemente des Raums genutzt. An der neuen Spinnereibrücke entsteht ein einfacher Platz über dem Wasser, der Raum für eine Bühne bietet und sich zum Wiesenraum hin öffnet.
Auf der Seite der Erba vermittelt ein Wasser- und Schilfband zur neuen Baukante: Dieser „Regengarten“ tritt als drittes Element in das Ensemble der Wasserlandschaften ein und thematisiert einen sorgsamen Umgang mit den Ressourcen bei der Revitalisierung der industriellen Hinterlassenschaft. An der Gastronomie in der neuen Spinnerei entsteht ein Gastgarten, der einen klar konturierten Spielplatz („Gespinste“) übergeht.

Der Landschaftspark Argen
Die städtebaulichen Hauptachsen führen hinaus in den landwirtschaftlich geprägten Landschaftsraum, während die Großnutzungen Fußballplatz und Velodrom (mit Parkplatz) an den Randräumen angeordnet sind. Lockere Baumreihen gliedern die Felder und zeichnen die von historischen Flussläufen geprägten Flurstücksteilungen nach. Die Verbindung zum Sattel wird als Siedlungsrandweg verlängert und ein neuer Weg über die Feldflur bindet in das System der Wirtschaftswege hinüber zur Lottenmühle ein.

Die Landesgartenschau 2024
Zur Schau wird eine Konzentration auf zwei (eingezäunte) Kernbereiche vorgeschlagen: Dem Bürgerpark und dem Auswiesenpark. Am Auwiesenpark wird unter Einbeziehung der historischen Strukturen der Schwerpunkt für Gastronomie, Märkte und Veranstaltungen gesehen (einschließlich der Hallenschau in der Spinnerei). Am Bürgerpark wird der gärtnerische Schwerpunkt unter Nutzung der feingliedrigen Raumstruktur entfaltet. Die beiden Bereiche sind über Highline und Argenpromenade zu einem Rundweg verknüpft. Mit der Platzierung der Eingänge wird auch der Weg vom Parkplatz für Rundwege zum Erleben von Stadt und Landschaft erlebbar.
Städtebau
Entsprechend der Vorstellung vom Auwiesenpark als überspannenden, verbindenden Freiraum werden die baulichen Kanten und Strukturen der ERBA und der Auwiesensiedlung in einen klaren räumlichen Kontext gestellt: die neue Stadtkante bildet eine gemeinsame, raumfassende Figur mit wiedererkennbaren Typologien.
Die neue Auwiesensiedlung erscheint als integriertes, klar gegliedertes und durchgrüntes Quartier mit attraktiven äußeren und inneren Freiräumen. Die neue Stadtansicht zeigt mit den Punkthäusern (4-6 Geschosse) zur Landschaft ein attraktives Bild mit vielen hochwertigen Wohnadressen.
Die signifikanten Strukturen der ERBA-Bauten, des Hochkanals und der Werksstraßen, bilden das Grundgerüst für das neue ERBA-Quartier. Entlang der zentralen historischen Werksstraße und dem Hochkanal, als lineares verbindendes Element, ordnen sich Baufelder und Baukörper. Östlich der Neuen Spinnerei werden gemischt genutzte L- förmige Kubaturen um markante Punkthäuser als Schlussbauten zum Park ergänzt. Im Osten wird der Bestand der ERBA (Ostflügel und teil der Bestandshalle) in die neue Bebauung mit einbezogen und schließt so das ERBA- Band ab. Im Bereich der historischen Arbeitersiedlung verfestigen die Neubauten den Bestand zu einer attraktiven verzahnten Kante mit der Landschaft. Die Umsetzung kann quartiersweise erfolgen, beginnend mit der Parkkante der Auwiesensiedlung. Die Verwirklichung des ERBA-Bandes bis 2024 ist im Hinblick auf die Struktur der Landesgartenschau möglich und wünschenswert, jedoch nicht zwingend notwendig.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer konsequenten Wegeführung entlang der Argen und dem Triebwerkskanals durch das gesamte Planungsgebiet, gelingt es den Verfassern einen zusammenhängenden, linear fließenden Freiraum zu entwickeln. Die Wege führen jeweils nord- und südseitig der Argen und des Kanals und stellen eine durchgängige Verbindung für Fußgänger und Radfahrer her. Neben der Ost-West Beziehung arbeitet der Entwurf in angemessener Weise ebenso die Anbindungen zur nördlichen Altstadt und den südlichen Stadtteilen und den umgebenden Landschaftsräumen heraus. Ungeachtet der einzelnen Qualitäten gelingt es der Arbeit allerdings nicht eine wirklich zusammenhängende Raumgestaltung zu entwickeln.

Durch die Überstellung des Parkplatzes an der Argen mit einem Baumraster, gelingt es den Verfas-sern die Eingangssituation nach Wangen gestalterisch aufzuwerten und gleichzeitig die Funktionale Qualität zu erhalten. Der Auftakt zur Argenpromenade an der Gallusbrücke wird durch eine kleine platzartige Aufweitung richtig akzentuiert. Ebenfalls positiv wird das Möblierungsungsband entlang der Promenade gewürdigt, das dort Aufenthaltsorte schafft. Eine balkonartige Situation am Südufer der Argen im Bereich des Wehrs schafft hier eine angemessene Situation. Das Umfeld des Klösterle und des Pfelgeheims wird aufgewertet und die Beziehung zur Argen gestärkt. Die neuen Brücken und Stege zur Argeninsel sind richtig und stellen die erforderlichen Wegebeziehungen und stadträumlichen Vernetzungen her. Der Weg nördlich der Argen auf der Argeninsel schafft hier eine wichtige Verbindung in Ostwestrichtung entlang des Fußes.

Durch das punktuelle Auslichten des Uferbegleitenden Gehölzbestandes entlang der Argen werden die Sichtbeziehungen vom Uferweg zur Argen verbessert. Dies wird positiv gewürdigt und unterstützt die Konzeption des Entwurfs. Die im Entwurf an einigen Stellen vorgeschlagene Dimensionen erscheinen, an der oberen Grenze für den Naturraum und sind kritisch zu überprüfen.
Die Entwicklung der Fläche am ehemaligen Feuerwehrhaus als Parkerweiterung überzeugt in der vorgeschlagenen Form nicht abschließend. Die Flächen für Feste sind nachgewiesen. Die Erschließung zwischen der alter Turnhalle und dem Schulstandort ist problematisch.
Der Bürgerpark integriert alle erforderlichen Sportfelder und ergänzt diese mit vielfältigen Spielangeboten im nördlichen Bereich. Der Standort für die Wohnmobile ist am richtigen Ort und durch Baumstellungen und Heckenräume im Konzept gut integriert. Die Parkplätze an der Südstraße sind richtig platziert, allerdings sind die Baumfelder an der Nordseite zu kleinteilig und in der vorgeschlagenen Form nicht nachzuvollziehen und zu kleinteilig.

Die von den Verfassern vorgeschlagene „Wangen-Highline“ erschließt den historischen Triebwerks-kanal in konsequenter Weise, in Form eines linearen Stegs und macht den Kanal erlebbar. Die Begrifflichkeit wird allerdings als für Wangen unpassend angesehen. Der Triebwerkskanal gekonnt inszeniert und die Bedeutung des Kanals für die Geschichte Wangens in zeitgenössischer Form langfristig für die Stadt als starkes identitätsstiftendes Element erhalten.

Die vorgeschlagene städtebauliche Struktur im Bereich der Auwiesensiedlung wird als angemessener Vorschlag gewertet. Der bauliche Rand mit der Typologie der Punkthäuser zum Auwiesenpark (ERBA Park) wird als angemessen betrachtet und lässt eine qualitätsvolle bauliche Entwicklung erwarten. Die Höhe der Punkthäuser erscheint teilweise für den Ort als überdimensioniert und ist zu überprüfen. Insbesondere in der Benachbarung mit den bestehenden Vereinsgebäuden.

Der Bebauungsvorschlag des historischen ERBA-Geländes ist strukturell gut gelöst und integriert die verbleibenden historischen Gebäude zu einem neuen attraktiven Wohnstandort mit ergänzender Gewerbe- und Dienstleistungsnutzung. Gewürdigt wird hier die gelungene Verbindung zwischen den erhaltenen historischen Gebäuden und der neuen Struktur, die eine hochwertige bauliche Entwicklung mit starker identitätstiftender Wirkung erwarten lässt. „Der Regengarten“ südlich der Baustruktur, wird als reizvolles Freiraumelement gewürdigt. Ebenfalls positiv wird der Erhalt der westlich gelegenen Wohnhäuser gesehen. Die neue bauliche Ergänzung im Norden wird als kritisch betrachtet. Wünschenswert wäre hier eine stärke Verzahnung des Siedlungsrandes mit der angrenzenden Landschaft gewesen, um eine harmonischeren Übergang zwischen Bebauung und Landschaft zu erreichen. Das Velodrom ist räumlich richtig verortet.

Die Verfasser arbeiten grundsätzlich richtig, die Arbeit überzeugt jedoch nicht in der Gesamtheit, da sie insbesondere durch die Baumstellungen und die zu große Vielfalt der Elemente zu kleinteilig wirkt. Der Entwurf liegt an der oberen Grenze der Wirtschaftlichkeit.