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Studienauftrag mit PrÀqualifikation | 03/2014

Arealentwicklung Bahnhof

Teilnahme

Futurafrosch GmbH

Architektur

Andreas Geser Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Martin Steiner, Beratung & Coaching

Öffentlichkeitsarbeit / Marketing

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau / Architektur
Die Hauptidee der Verfasserinnen besteht darin, das Areal in drei unterschiedliche Teilgebiete, beziehungsweise Markenwelten zu gliedern, welche fĂŒr Herisau gute stĂ€dtebauliche IdentitĂ€ten erzeugen, sowie zu bewĂ€ltigende Wachstums- und Vermarktungsschritte erlauben.
Diese strategische Ausrichtung des Konzeptes ist sehr grĂŒndlich dargestellt und die entsprechende stĂ€dtebauliche Gliederung ist gut nachvollziehbar.
Hinsichtlich der vorgeschlagenen Bebauungstypologien sowie der Gestaltung der FreirĂ€ume diskutierte das Beurteilungsgremium intensiv, inwieweit die VorschlĂ€ge tatsĂ€chlich zur stĂ€dtischen IdentitĂ€tsbildung beitragen und die notwendigen funktionalen ZusammenhĂ€nge unterstĂŒtzen.
Insbesondere die an die Geschichte anknĂŒpfende Vorstellung eines Bahnhofplatzes
als primĂ€r öffentlicher Raum, den funktionalen Bushof und Umsteigeort ĂŒberspielend,
wurde vom Team sorgfÀltig hergeleitet und macht grosse rÀumliche QualitÀten vorstellbar.
Das Teilgebiet „KirchbĂŒhl“ umfasst eine strassenbegleitende, aus Einzelbauten zusammengesetzte Bebauung mit gemischter Nutzung und einem höher gelegenen, teilweise gefassten Freiraum. Dieser bleibt zur sĂŒdlichen HĂŒgelkuppe hin offen und bildet eine schöne öffentliche Raumfolge zum tiefer gelegenen Bahnhofplatz. Die vorgeschlagene Bebauung erscheint indes problematisch. Die sehr differenzierte Gliederung und Höhenentwicklung der Einzelbauten ist zu wenig nachvollziehbar ist und die hohen Bauten verstellen den Blick zur westlich gelegenen Kirche. Auch der Zugang zum Bahnhofplatz ĂŒber die Terrasse und die bescheidene
Treppe sind zu wenig als bedeutender und attraktiver Weg artikuliert.
Das Gebiet „Bahnhofplatz“ ist rĂ€umlich geprĂ€gt durch die bestehenden Bauten Bahnhof- und PostgebĂ€ude, durch die gegenĂŒberliegende Nagelfluh-Wand, sowie durch zwei höhere Kopfbauten im Übergangsbereich zu den angrenzenden Teilgebieten. Diese Raumfassung ist klar ausgebildet und schafft ein ausgewogenes Ensemble aus Topographie, bestehenden und neuen Bauten. Der Bahnhofplatzbereich wird vor allem durch die starke PrĂ€senz der BĂ€ume qualifiziert, wodurch die architektonische Gestaltung der Wartehallen entlastet wird. Deren Darstellung in der Visualisierung erinnert an gute Vorbilder der 50-er Jahre, welche durchaus als Pate fĂŒr diese Kleinarchitekturen stehen könnten.
Gesamthaft wird die Dimension des eigentlichen Platzbereiches als zu gering beurteilt Die
radikale Entlastung vom Individualverkehr wird als interessant beachtet, die Umsetzung mit einer Durchfahrtssperre und fehlender Vorfahrts- und Wendemöglichkeiten wird jedoch als nicht zielfĂŒhrend eingeschĂ€tzt.
Das dritte Gebiet „GĂŒterfeld“ schliesslich wird als lĂ€ngerfristiges Entwicklungsgebiet mit einer angemessenen und urbanen Bebauung vorgeschlagen. Diese soll auf flexible Art gemischte Nutzung ermöglichen, eine je nach Marktentwicklung mehr oder weniger hohe Ausnutzung und Dichte zulassen. Die Offenheit dieses Bebauungsvorschlages lĂ€sst Spielraum fĂŒr die Anordnung eines Busdepots oder weitere Infrastrukturanlagen der Appenzeller Bahn.
Die Realisierungschancen und Potentiale fĂŒr gemischte Nutzungen werden jedoch infrage
gestellt. Auch kann die aus der neuen Verkehrslösung resultierende Isoliertheit, welche das Gebiet gewissermassen aus seinem Kontext herauslöst, nicht ĂŒberzeugen und wird als Nachteil beurteilt.

FreirÀume
Mit dem Raumkonzept der drei PlĂ€tze und einer feinfĂŒhligen Umsetzung setzt dieser Entwurf in der Aussenraumgestaltung klare Zeichen. Ein Baumhain bildet auf dem zentralen Bahnhofsplatz den prĂ€genden rĂ€umlichen Körper, der transparent und vermittelnd zwischen den BahnhofsgebĂ€uden und dem Nagelfluh-Hang steht. Die asymmetrischen, gepflasterten Baumscheiben zonieren und individualisieren die pragmatische AsphaltflĂ€che wirkungsvoll.
Leider haben der Zeitfaktor sowie praktische Aspekte Anlass zu Diskussionen gegeben: Bis die BĂ€ume eine raumwirksame Grösse erreicht haben, wird es lange dauern. Aspekte wie Zufahrt, SchneerĂ€umung, Befahrbarkeit, Unterhalt und der mangelnde Komfort fĂŒr Wartende bergen Konfliktpotential.
Das Entree zum Bahnhofsraum wird mit dem Kreisverkehr und den BĂ€umen am Kirchplatz
stÀrker betont. Wenige Meter weiter endet auch der neue Höhenweg durch den Nagelfluh-
Hang, der den gesamten Hang bis zur GelĂ€ndenase fĂŒr SpaziergĂ€nger erschliesst. Elegant vermittelt eine Terrasse, die sich durch die GebĂ€udesetzung ergibt, zwischen Hang und Bahnhof. Diese neue FussgĂ€ngerverbindung trĂ€gt zur Belebung des BahnhofsgelĂ€ndes bei.
Ob der Siloplatz am anderen Ende des Perimeters stĂ€dtebaulich die richtige Lösung fĂŒr diesen Ort bietet und die nötige Belebung generieren kann, ist zu hinterfragen. Zwischen Siloplatz und Bahnhofsplatz schaffen die Neubauten durch ihre Querstellung einen schönen Bezug zur Landschaft. Allerdings sind die entstehenden ZwischenrĂ€ume in ihrer Gleichförmigkeit und Grösse anspruchsvoll in der Gestaltung.

Verkehr
Die Jury hat sich viel Zeit genommen um den Grundsatzentscheid der „Unterbrechung der
GĂŒterstrasse“ zu diskutieren und die Vor- und Nachteile abzuwĂ€gen. Dabei hat die erschwerte Zufahrt zum Bahnhof (fehlende Vorfahrt) und zur Post (zahlreiche PostfĂ€cher) den entscheidenden Ausschlag gegeben.
Die Interpretation des Bushofs als grosser (baumbestandener) Platz ist auf positives Interesse gestossen. Allerdings bedingt die vorgeschlagene Anordnung den kompletten Ausschluss des allgemeinen MIV und reduziert die FussgÀngerflÀchen vor dem SOB Bahnhof und der Post auf ein kaum zumutbares Minimum.
FĂŒr die Fusswegverbindungen Richtung Zentrum und „Ebnet“ wurden sehr gute Lösungen
gefunden. Insbesondere der direkte Zugang zum Bahnhofplatz (vom Zentrum Herisaus her kommend) ist sehr gut in die Landschaft eingefĂŒgt und fĂŒhrt zum richtigen Ort, zudem sind die Wege gut vernetzt.

Wirtschaft
Die abwechslungsreiche und kompakte Anordnung von GebÀuden ermöglicht eine hohe FlexibilitÀt. Durch nicht zu grosse und dem regionalen Massstab angemessene Baukörper kann ein homogenes Wachstum verfolgt werden. Die vorgeschlagenen Baumassen eröffnen wirtschaftliche Chancen, welche das Team realitÀtsbezogen eingeschÀtzt und entsprechend dargestellt hat.
In den Unterlagen des Teams lassen sich deren GedankengÀnge hervorragend nachvollziehen. Diese Arbeit lÀsst, nicht zuletzt dank der sehr hohen NutzungsflexibilitÀt, die beste zu erwartende und nachhaltig gestaltbare Wirtschaftlichkeit erkennen und weist somit hohe Chancen nach, vom Markt aufgenommen zu werden.
Insgesamt bildet der Projektvorschlag durch seine eigenstĂ€ndige Lesart einen interessanten Beitrag, der gute Fragen aufgeworfen und zu vielen Diskussionen angeregt hat. Die auf Markenwelten gestĂŒtzte Herleitung ist bestechend und fĂŒhrte einige Erkenntnisse herbei. Der stimmungsvolle Bahnhofplatz ĂŒberzeugte durch seinen eigenstĂ€ndigen Charakter, konnte aber unter funktionalen Aspekten leider nicht befriedigen.