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Studienauftrag mit PrÀqualifikation | 03/2014

Arealentwicklung Bahnhof

Teilnahme

weberbrunner architekten zĂŒrich&berlin

Architektur

Kuhn Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Urs AlpstÀg

Projektsteuerung

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau / Architektur
Der stĂ€dtebauliche Vorschlag besticht durch seine stadtrĂ€umliche Klarheit. Die Konzentration fast sĂ€mtlicher Hochbauten auf Baufelder nördlich der GĂŒterstrasse erzeugt ein kraftvolles architektonisches vis-Ă -vis zur Hangkante. Dieser GebĂ€udekulisse sollen individuelle architektonische IdentitĂ€ten eingeschrieben werden. Gleichzeitig wird diese als Riegel der anderen Talseite gegenĂŒber empfunden.
Der durch die lineare Konzentration der baulichen Entwicklung nördlich der GĂŒterstrasse
freigespielte und etappenweise entstehende lange Freiraum zwischen dem Nagelfluh-Hang und den Hochbauten wĂŒrde eine einmalige Raumkonfiguration in Herisau darstellen. Die Vorstellung eines langestreckten kĂŒnstlichen „Talraumes“ vermag durchaus zu faszinieren, gibt aber in seiner „Unbestimmtheit“ auch Anlass zu einigen Bedenken.
FĂŒr die erste Etappe im Bahnhofplatzbereich wird neben der neuen Umsteigeinfrastruktur ein hoher Neubau zwischen Bahnhof und Post vorgeschlagen. Allerdings wird dieses Hochhaus in unmittelbarer Nachbarschaft des alten BahnhofsgebĂ€udes als „respektlos“ empfunden und suggeriert somit, dass man sich des historischen GebĂ€udes eigentlich lieber durch Abriss entledigen wĂŒrde.
Die QualitĂ€t des funktionalen Bahnhofsplatzes vermag nicht zu ĂŒberzeugen, die zurĂŒckhaltende gestalterische Komposition ist zu wenig identitĂ€tsstiftend, die rĂ€umliche Definition und Abgrenzung bleibt undefiniert. Die zentrale, aufgewertete UnterfĂŒhrung und der neue Aufgang
auf die Ebnet-Ebene stellen allerdings eine sehr interessante Lösung dar.
Der Bahnhofsplatz geht ostwĂ€rts in verschiedene Freiraumfelder ĂŒber, deren QualitĂ€ten, insbesondere in Zusammenhang mit der Entwicklung der parallelen GebĂ€udezeile zu unklar bleiben: Der Freiraum bestimmt fĂŒr die jeweils gegenĂŒberliegenden Baufelder sowohl die „Adresse“ als auch die rĂ€umliche ErgĂ€nzung (insbesondere bei Wohnnutzung). Dieser Wechselwirkung wurde zu wenig Rechnung getragen, es fehlen Aussagen dazu, wie und mit welchen Folgen die Entwicklung beider Bereiche koordiniert werden kann.
Der behutsame und sinnvolle Umgang mit den BestandsgebĂ€uden der Appenzeller Bahnen im westlichen Bereich (WerkstĂ€tten und Stellwerk) verdient lobende ErwĂ€hnung. In der AbwĂ€gung sieht das Beurteilungsgremium an diesem Standort aber das Potential fĂŒr eine weitergehende VerĂ€nderung und Aufwertung des Ortes. Der angebotene westliche Zugang zum Areal muss als eine verpasste Chance gewertet werden, diesem anspruchsvollen Übergang ein neues Gesicht zu geben.
Gesamthaft kann die Etappierung der Entwicklung nicht vollstĂ€ndig ĂŒberzeugen, es werden dem Image unzutrĂ€gliche ZwischenzustĂ€nde befĂŒrchtet. Die AbhĂ€ngigkeit von der „Strahlkraft“ des vorgeschlagenen (und nicht ĂŒberzeugenden) Hochbaus zwischen dem alten BahnhofsgebĂ€ude und der Post, fĂŒr die erste Etappe, erscheint als ungedeckter Scheck auf die Zukunft des Gebietes: Ohne einen solchen Neubau wirken die vorgeschlagenen Massnahmen zu schwach um hier ein neues Zeitalter des Bahnhofgebietes einzulĂ€uten.
Insgesamt hat dieser Beitrag besonders auf der stÀdtebaulich-rÀumlichen Ebene zu einer
KlĂ€rung der spezifischen rĂ€umlichen QualitĂ€ten des Bahnhofsumfeldes beigetragen. Gleichzeitig muss das Beurteilungsgremium zum Schluss kommen dass es doch schwer vorstellbar erscheint diesen Standort in ĂŒberschaubarer Zeit mit den vom Team angestrebten QualitĂ€ten zu einem neuen, identitĂ€tsstarken Ort zu entwickeln. Die vorgeschlagene stĂ€dtebauliche Konfiguration wird als stĂ€dtebaulicher Massstabssprung bewertet, der fĂŒr Herisau weniger angemessen erscheint und auch von der Nachfragesituation her grosse Fragen aufwirft.

Freiraum
Mit dem Grundkonzept der baulichen Verdichtung an der Hangkante gelingt es dem Entwurf, einen sehr grosszĂŒgigen Raum freizuspielen. Zwischen dem Nagelfluh-Hang und der gegenĂŒberliegenden Erhebung der GebĂ€ude bildet der Bahnhofsplatz eine geschĂŒtzte, doch offene, talĂ€hnliche Situation. Das Potential dieser grosszĂŒgigen Leere zu fĂŒllen und mit der nötigen rĂ€umlichen Spannung und Differenzierung zu unterlegen, gelingt jedoch nur bedingt. Die Eingriffe, vereinzelte, etwas zu unprĂ€zise Baumsetzungen sowie eine Möblierung mit Sitzgelegenheiten und Pflanzschalen setzen zu wenig klare Zeichen in den Raum. Der durchgĂ€ngige Bodenbelag aus grossformatigen Betonplatten auf dem Bahnhofplatz stellt sich dieser Kleinteiligkeit entgegen: die grosse, urbane HartflĂ€che ist im Kontext des konkreten Ortes und seiner Nutzung zu hinterfragen. Zonierungen, EinzelrĂ€ume und FunktionalitĂ€ten bleiben so schwer ablesbar.
Die Geborgenheit stimmiger TeilrÀume kann nur selten aufkommen.
Die grundlegende QualitĂ€t eines grosszĂŒgigen rĂ€umlichen Ansatzes verliert sich im Aussenraum in einer Detailgestaltung, deren Idee zu wenig in den entsprechenden TeilrĂ€umen und Raumcharakteren ablesbar wird.

Verkehr
Die gegenĂŒber dem Vorlageprojekt verschobene Platzierung des Bushofs fĂŒhrt zu ungĂŒnstigen Umsteigewegen. Insbesondere das Umsteigen zwischen Appenzeller Bahnen und Bus ist wenig plausibel gelöst. Die Verschiebung des Schwerpunktes des Bushofs nach Osten wird als Nachteil gesehen, sie entfernt den Bushof vom fusslĂ€ufigen Einzugsgebiet. Auf den grosszĂŒgigen PlatzflĂ€chen sind die Abgrenzungen der BewegungsrĂ€ume fĂŒr die Busse und Autos bzw. dem Mischverkehr unklar.
Ein interessanter Lösungsansatz ist der Aufzug aus der verlĂ€ngerten UnterfĂŒhrung auf das
„alte Bahntrassee“ und die Verbindung zum höher gelegenen „Ebnet“. Der fusslĂ€ufige Zugang zum Zentrum von Herisau hingegen erfĂ€hrt gegenĂŒber dem heutigen Zustand leider keine Verbesserung.

Wirtschaft
Die eingereichten Grundlagen ermöglichten es nicht, in zufriedenstellendem Masse die GedankengÀnge des Teams nach zu vollziehen, um entsprechend die Wirtschaftlichkeit und die Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen Entwicklung einschÀtzen zu können.
Eine fundierte Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und ein Vergleich mit den weiteren Arbeiten konnte nicht erstellt werden. Die Chancen fĂŒr eine ökonomisch tragfĂ€hige Umsetzung des Projekts können nur vermutet werden und stellen eine Aufnahme am Investitionsmarkt nicht sicher.
Dieser Projektvorschlag konnte durch seine markante und reizvolle stĂ€dtebauliche Setzung und einem starken Konzept faszinieren. Hat auf der einen Seite die Arbeit zum VerstĂ€ndnis der vorhandenen topographischen IdentitĂ€t und Eigenheit des Areals beigetragen, so wurde in der Interpretation mit dem vorgeschlagenen Projekt ebendiese identitĂ€tsstiftende Kraft vermisst. Der vorgeschlagene Bahnhofplatz ist grosszĂŒgig und flexibel gestaltet, in seinerrĂ€umlichen Definition bleibt er zu unbestimmt.