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Einladungswettbewerb | 01/2014

„Von Preußen nach Europa“ ─ Bebauung am Schinkelplatz

ein 2. Preis / Bauaufgabe 1

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Architektur

TEN Ingenieure GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Offenheit ist nicht mit Glas gleichzusetzen. Offenheit ist heute die Transparenz einer Struktur. Die Fassade zum Werderschen Markt ist ein Paravent aus drei unterschiedlich dicken Stahlstützen, die einem Vorhang gleich, sich aus jeder Perspektive verschieden offen und geschlossen darstellen. Dahinter staffeln sich drei Geschosse mit versetzten Erkern, die vollkommen verglast sind. Kleine Terrassen bilden sich und man kann von Innen hinter den Vorhang aus Stützen treten. Eine vielschichtige, tiefe Fassade entsteht, die auch als Tribüne zum Platz zu lesen ist, eine Loggia zum Werderschen Markt. Ein Bild einer Stufenpyramide entsteht. Das Formmotiv des Portals wird weitergeschrieben und in Erker, die sich symmetrisch in der Vertikale entwickeln, über die Gesamthöhe der Glasfassade fortgeführt.

Offene Stützenstrukturen sind ein Thema Schinkels bei vielen seiner Bauten. Das Thema ist übersetzt in eine Rhythmik, die eine Übersetzung des klassischen Kanons darstellt. Die Säulenstellungen des Alten Museums werden in ihren Proportionen adaptiert und in den Vorhang eingewoben. Die kannelierten Steinsäulen in ihren vertikalen Linien werden transponiert in eine Konstellation aus runden Stahlsäulen. Die Licht und Schattenwirkung übersetzt das Massive in das Filigrane und lässt die Säulenstellung als Verdichtung von Linien und Stäben aufleben. Die Funktion von freistehenden Säulen wird in ihrer Wirkung als Raumfilter weiterentwickelt und kann gerade an diesem Standort eine Weiterentwicklung klassischer Architektur darstellen. Die Stützen spiegeln sich im Glas und setzen sich perspektivisch fort, so dass ein hochspannendes Spiel aus Reflexion und Schatten entsteht. Bei Tag und Nacht wird die Fassade immer anders, immer überraschend wirken.

Der Sockel ist als geschlämmte Ziegelfassade gedacht. Ebenso die Seitenfassade als klares und ruhiges Raster von Fenstern, deren Qualität im Detail liegt.

Die Staffelung wird möglich, da hofseitig die Baulinien leicht überschritten sind und der Flächenverlust (50% anrechenbare Terrassenfläche) mehr als kompensiert wird. Die bodentiefe Verglasung der Büroräume zum Werderschen Markt in ihrer repräsentativen Ausstrahlung kann dies rechtfertigen.

Das Seitengebäude zur Bauakademie wird als realgeteiltes Gebäude entwickelt, das über einen mittig gelegenen Eingang ein zweibündiges Wohnkonzept verfolgt. Die Fassade zur Niederlagstraße und Schinkelplatz sind nach dem gleichen Motiv entwickelt, weil sowohl bei den Wohn- als auch Büronutzungen kleine Austritte, Balkone, eingefügt werden. Das Motiv des Fassadenreliefs ist abgeleitet von den mäandrierenden Ornamenten griechischen Ursprungs. Im Semperschen Sinn entsteht eine „gewebte“ Fassade aus verschränkten Reliefwirkungen, die gleichzeitig Tiefe erzeugt als auch lebendig wirkt.

Das Eckgebäude ist modern, nicht an einer retroperspektivischen klassischen Formensprache ausgerichtet, dennoch sind Bezüge zu den „Archebildern“ der Architektur erkennbar, bewusst aufgenommen und weiterentwickelt. Auch Schinkel hat an der ägyptischen, griechischen und römischen Tradition angeknüpft und sie interpretiert. Daher ist das Entwurfskonzept in mehrfacher Weise mit dem Ort verbunden. Die stadträumliche Wirkung zum Werderschen Markt und zum gegenüberliegenden Außenministerium einerseits, reagiert andererseits mit dem geistigen genius loci, der durch Schinkels Architektur vorgegeben wird.