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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2014

Neubau Stadtteil- und Familienzentrum

1. Preis

WERNICKE x DIETZIG Architekten und Stadtplaner PartmbB

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau

Das neue Stadtteil- und Familienzentrum wird als rechteckiger, monolithischer Baukörper parallel zur östlichen Grundstücksgrenze platziert. Der zweigeschossige Baukörper mit Flachdach wirkt ruhig und wohl proportioniert und fügt sich als selbstverständliches Element in den städtebaulichen Kontext mit Pauluskirche, Ernst-Wiechert-Platz und umgebender Wohnbebauung ein. Die Setzung des Baukörpers definiert die Aussenräume in klarer und gut proportionierter Art und Weise. Die Erschließung des Stadtteilund Familienzentrums erfolgt von der südlich gelegenen Eberhardstraße über einen geschützten Vorplatz. Den beschriebenen Befürchtungen der Anwohner wird somit Rechnung getragen, da die zu erwartenden Emissionen möglichst abgewandt von der Wohnbebauung liegen.

Organisation

Das Gebäude ist zweigeschossig auf rechteckigem Grundriss konzipiert. Vom Vorplatz gelangt man über einen überdachten Bereich in das großzügige Eingangsfoyer mit Infostelle. Direkt zugeordnet befinden sich hier der Multifunktionsraum, die Küche und die Besucher-WCs, sowie der Kinderwagenabstellbereich und der Aufgang zur Kita. Das Foyer erweitert sich in der Diagonalen zum „Offenen Bereich“ mit Cafébar und Garderobe. Von hier wird der Große Saal erschlossen. Der Saal orientiert sich zum straßenabgewandten Außenbereich und kann großzügig zu diesem geöffnet werden. Im Inneren kann er mit dem „Offenen Bereich“, dem Foyer und dem Multifunktionsraum zu einer Raumeinheit verbunden werden. Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und Szenarien sind denkbar. Ebenso im Erdgeschoss sind die Büros und Nebenräumen der Beratungsstelle und Tagespflege des Familienzentrums angeordnet.
Über die Treppe oder den Aufzug erreicht man vom Eingangsfoyer das Obergeschoss. Hier befinden sich ausschließlich die Räumlichkeiten der viergruppigen Kindertagesstätte. Im südlichen Gebäudeteil liegt der Kleinkinderbereich, nördlich der Bereich der Kindergartenkinder. Gemeinsam genutzte Räume wie die Versorgungs- und Verteilerkücher, sowie die Personal- und Putzmittelräume sind in einer Mittelzone zentral angeordnet. Die Konzeption der Gruppen erfolgt jeweils analog. Gruppiert um einen Innenhof sind die verschiedenen Räume angeordnet. Die großen Gruppenräume liegen in den Gebäudeecken, Schlaf- und Sanitärräume sind diesen direkt zugeordnet. Die Funktionsräume liegen an den breiten Fluren. Durch diese geschickte Anordnung der Räume entsteht, in Verknüpfung mit den zwei, auch überdachbaren Innenhöfen, ein spannungsvolles Gefüge von Orten und Räumen, die zum Spielen und Verweilen einladen. Alle Bereiche einschließlich der Flure sind optimal natürlich belichtet und belüftet. Vielfältige Blickbeziehungen und eine leichte Orientierung, auch für die Kinder, ist gegeben. Eine weitere Treppe führt vom Kindergartenbereich direkt zum Außenbereich der Kindertagesstätte im Erdgeschoss.
Die Tiefgarage und die Technikräume sind im Untergeschoss untergebracht. Neben den geforderten sechzehn Stellplätzen, ist Platz für vier zusätzliche Stellplätze.

Freianlagen

Das Freianlagenkonzept sieht vor, den Neubau des Stadtteil- und Familienzentrums mit seinen vielfältigen funktionalen Anforderungen spannungsvoll, aber harmonisch, in das heterogene Umfeld einzubinden und den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen Rechnung zu tragen. Der unbefriedigende Zustand der Grünfläche entlang der Eberhardstraße soll aufgewertet, das Potenzial der bestehenden Grünanlage am Ernst-Wiechert-Platz mit seinem schönen Baumbestand weiter ausgearbeitet werden.
Der Vorplatz des Neubaus wird als kleiner Quartiersplatz mit Pflasterbelag vorgeschlagen. Unter Bäumen kann man sowohl tagsüber als auch bei Abendveranstaltungen in angenehmer Atmosphäre verweilen. Die Möglichkeit einer qualitätsvollen Außengastronomie ist ebenfalls gegeben. Eine Staudenfläche vermittelt zur bestehenden Grünfläche entlang der Eberhardstraße. Diese wird durch Neupflanzungen, neue Sitzmöglichkeiten und eine zusätzliche fußläufige Verbindung entlang der Kirchenaußenwand aufgewertet und verknüpft die öffentlichen Freiflächen zwischen Stadtteil- und Familienzentrum und Pauluskirche. Der Außenbereich der Kindertagesstätte befindet sich sowohl westlich als auch nördlich des Gebäudes und bezieht sich sowohl zum Vorplatz und zur Kirche, als auch zum Ernst-Wiechert-Platz. Die notwendige Einfriedung ist auf ein Minimum reduziert und ordnet sich dem Erscheinungsbild unter.
Die oberirdischen Pkw- und Fahrradstellplätze werden an der Eberhardstraße angeordnet.

Materialität und Konstruktion

Das Gebäude ist als Massivbau konzipiert. Das einschalige Mauerwerk und monolithische Erscheinungsbild der Außenwände gibt dem Gebäude einen archaischen Charakter. Die Fassade wird als Sichtmauerwerk mit hellem Farbton vorgeschlagen. Zum einen fügt es sich durch die helle Fassade in die umgebende Bebauung mit überwiegend hell gestrichenen Putzfassaden ein, zum anderen entsteht durch die feine Gliederung des sichtbaren Mauerwerks eine optische und haptische Tiefe, die die Erscheinung des Stadtteil- und Familienzentrums hervorhebt. Die Komposition von offenen und geschlossenen Fassadenflächen erzeugt ein innen- und außenräumlich spannendes Wechselspiel. In den Rückzugsbereichen der Kita im Obergeschoss wird das Mauerwerk der Fassade zur „halboffenen“ Fläche und verleiht diesen Räumen durch die besondere Belichtung eine Atmosphäre der Geborgenheit.
Die Fensterelemente mit Dreifach-Isolierverglasung bestehen außen aus eloxiertem Aluminium, innen aus geöltem Holz. Außenliegende Senkrechtmarkisen gewährleisten den sommerlichen Wärmeschutz. Das Dach ist als Gründach konzipiert. Die Innenwände erhalten einen hell gestrichenen Kalkputz und sind im Bereich der Kindertagesstätte farbig gedacht. Der Fußboden im Foyer wird als geschliffener Sichtestrich ausgeführt. Der große Saal und der Multifunktionsraum erhalten ein Hochkant-Lamellen-Parkett aus Eichenholz, die Büroräume des Familienzentrums und die Kindertagesstätte einen Linoleumbelag. Die Wand- und Deckenflächen im Saal werden mit Holz-Akustikelementen vertäfelt.
Die verwendeten Materialien und Oberflächen sollen in ihrer optischen und haptischen Ausprägung eine Wertigkeit und Dauerhaftigkeit aus strahlen.

Energie

Wichtigstes Kriterium für ein nachhaltiges Energiekonzept ist nicht aufwändige Haustechnik, sondern die Struktur des Gebäudes selbst. Durch die kompakte Gebäudeform und das damit einhergehende gute A/VVerhältnis ist es energetisch günstig. Die Gebäudehülle mit sehr guten Wärmedämmeigenschaften sorgt für einen geringen Energieverbrauch. Für die Energieversorgung des Gebäudes ist die Nutzung natürlicher Ressourcen wie z.B. eine Grundwasser-Wärmepumpe oder Erdwärmetauscher angedacht. Die Wärmeverteilung erfolgt als Niedertemperatur-Flächenheizung mittels Fussbodenheizung. Im Sommer können die Räume bei Bedarf über das Grundwasser gekühlt werden. Die massiven Wände und Decken dienen als thermischer Puffer. Das Gebäude wird durch individuelle Fensterlüftung natürlich be- und entlüftet und kann so im Sommer über Nacht auskühlen.

Das neue Stadtteil- und Familienzentrum ist im Bezug auf Materialität, Funktion und Gestaltung nachhaltig geplant und strebt so einen langen Nutzungszeitraum an. Durch die besonderen innen- und aussenräumlichen Qualitäten wirkt es identitätsstiftend für die Bewohner, Mitarbeiter, Familien und Kinder. Es unterwirft sich formal bewusst keinen kurzlebigen Trends, sondern soll Wertigkeit, Angemessenheit und Dauerhaftigkeit ausstrahlen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen eine für den Neubau des Stadtteil- und Familienzentrums einen 2-geschossigen, dem Baufenster folgenden Baukörper vor, der sich in seiner Lage und Höhenentwicklung angenehm in das städtebauliche Umfeld einfügt.
Zwei in das Obergeschoss eingeschnittene Innenhöfe und der im Erdgeschoss eingezogenen Eingangsbereich bilden gezielt gesetzte Zäsuren in dem sonst homogenen Gebäudevolumen. Erschlossen wird das Stadtteilzentrum von Westen, über den südlichen Kirchvorplatz. Dies erfolgt selbstverständlich, wobei die ebenfalls an dieser Stelle angeordnetet TG-Abfahrt als störend empfunden wird.
Von einem großzügigen Foyer gelangt man - ganz im Sinne der angestrebten Niederschwelligkeit - zum Saal, zum Cafe, zum Multifunktionsbereich und zum Familienzentrum im Norden. Über eine relativ knapp bemessene aber gut positionierte Treppe erreicht man vom Foyer zentral das ausschließlich den Kindern vorbehaltene Obergeschoss. Die räumliche Organisation des Kleinkinder- und Kindergartenbereichs - jeweils um eine der eingeschnittenen Dachterrassen - wird außerordentlich positiv bewertet. Die Dachterrassen schaffen Übersichtlichkeit und erzeugen angenehm proportionierte und belichtete Erschließungs- und Spielbereiche.

Über ein nordwestlich angeordnetes internes Treppenhaus gelangen die Kinder in die Außenspielflächen im Norden und Nordwesten des Neubaus, welche den Beratungsräumen vorgelagert sind.
Die Anbindung dieser Freiflächen an den Kinderbereich im OG ist systembedingt weniger befriedigend.
Die Anordnung der einzelnen Nutzungsbereiche im EG wird kontrovers diskutiert: Die Lage der bereits erwähnten TG-Abfahrt und anschließenden Toilettenanlage als Abschluss des Kirchenvorplatzes erscheint verbesserungswürdig. Die Orientierung des teilbaren Saals zum Chor der Paulus-Kirche wird positiv bewertet. Der schmale, interne Zugang zu den Beratungsräumen könnte großzügiger und einladender gestaltet werden, insbesondere, da ein seperater Außenzugang nicht zwingend notwendig ist.

Die Gebäudekennwerte und die gewählte Konstruktion mit einer monolithischen Klinker-Leichtbauziegel-Außenwand lassen eine nachhaltige, wirtschaftliche Lösung erwarten.

Insgesamt bildet der vorgeschlagene Neubau auch durch seine bis in die Fassaden und Materialität getragene architektonische Haltung einen selbstverständlichen und qualitätvollen Wettbewerbsbeitrag.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss

Querschnitt

Querschnitt

Ansicht von Süden

Ansicht von Süden