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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2014

Neue Brücken für die Europacity

3. Preis / Realisierungsteil: Brücke am Stadtplatz

Preisgeld: 3.500 EUR

Winking · Froh Architekten

Architektur

KLÄHNE BUNG Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Ziel der Planung ist es, die beiden neuen Brücken über den Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal im Kontext der Typologie Berliner Stadtbrücken zu sehen.
Typologisch zeichnen sich diese zum einen durch den Verzicht auf Überbauten und eine zu hohe Signifikanz und zum anderen durch eine topografische Einbindung ihrer Widerlager in den Stadtraum aus.
Das bedeutet, dass die notwendigen Rampen und Böschungen den Stadtraum bestimmen. Angrenzende Gebäude, Strassen und Plätze folgen der Brückentopografie. Die Treppen sind zumeist in die Widerlager integriert.
Hinzu kommt, dass die Brücken ebenso wie die Straßen und Freianlagen für die Europacity identitätsstiftend sein sollten. Deshalb folgen die beiden neuen Brücken trotz unterschiedlicher Anforderungen einem einheitlichen konstruktiven und formalen Prinzip.

Rampe West
Die Rampe wird in den grünen Schmuckplatz in Form eines geböschten Weges hineinmodelliert. Es sind keine Geländer erforderlich. Durch die äußerst nördliche Lage der Brücke innerhalb des möglichen Baufensters wird der steinerne Rahmen der Freiraumgestaltung nicht angetastet. Die geplanten Baumhaine werden durch die Rampe nicht gestört. Die amporphen Bodenzeichnungen könnten bis zum Widerlager der Brücke führen.

Brücke und Widerlager
Um die modellierte Landschaft des Schmuckplatzes zu stärken, wurde die Treppe von der Promenade auf die Brücke und in den Park besonders inszeniert. Sie verläuft zwischen den Flügelwänden des Widerlagers. Die Brücke erhält an dieser Stelle einen Spalt, der bis an die Stufen des Kanals reicht. Die „Ein- und Ausfädelung“ für Fußgänger und Radfahrer wird durch die mittige Lage der Brücke übersichtlicher und sicherer.
Die Besonderheit der Brücke besteht in der Fortsetzung der Rampenneigung. Dadurch entsteht ein eindeutiger Hochpunkt exakt in der Mittelachse des Gewässers. Durch die unterschiedlichen Abstände zu den Widerlagern, den Treppenspalt und einen konischen Verlauf erhält die Brücke eine Asymmetrie. Eine kubisch skulpturale und kristalline Formensprache bei den Brückenrahmen und Widerlagern reagiert auf diese Asymmetrie und verdeutlich den Verlauf der Kräfte.

Rampe Ost
Die östliche Rampe entwickelt sich aus dem Widerlager. Sie fügt sich in die bestehende Freitreppenanlage ein. Auch hier sorgt die nördliche Lage der Brücke für den großzügigen Erhalt der bestehenden Freianlagenkonzeption.

Form, Farbe, Material, Beleuchtung
Die Widerlager werden in scharfkantigem sandfarbenem Beton hergestellt. Alle sichtbaren Oberflächen werden durch die Verwendung einer Schalungsmatritze in Natursteinoptik veredelt und durch eine Antigraffittibeschichtung geschützt.
Die Stahlrahmen erhalten eine metallisch glänzende graue Beschichtung.
Das Geländer wurde als eine durchgehende flächige aber transparente Brüstung aus Stahlblechgitter geplant. Die Beschichtung erfolgt ebenfalls in einem grau, metallisch glänzenden Farbton.
Die Beleuchtung der Brücke erfolgt über die Geländer. In die Handläufe integrierte LED-Bänder sorgen für die Ausleuchtung der Lauffläche bzw. Fahrbahn. Dabei wirkt das Blechgitter der Geländer wie ein Spiegelraster. Sein diffuses Licht inszeniert die Brücke nachts nach außen in Richtung Promenade und Kanal.
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Tragwerk und Konstruktion
Bei der Wahl des Tragwerkes spielten die geometrischen Randbedingungen in Verbindung mit den Anforderungen einer hohen Funktionalität, einer geringen Schwingungsanfälligkeit, einer hohen Wirtschaftlichkeit und nicht zuletzt der Nachhaltigkeit die dominierende Rolle. Als Antwort auf diese komplexen Herausforderungen wurde ein integrales Tragwerk in Form eines eingespannten Rahmens gewählt. Durch eine kluge Querschnittsausbildung in Verbindung mit dem statischen System des eingespannten Rahmens können die lichten Durchgangshöhen für Kanal und Begleitwege bei einer optisch sichtbar hohen Schlankheit erreicht werden, ohne die Brücke schwingungsanfällig zu machen.
Das Haupttragwerk wird durch einen Rahmen mit einer Stützweite von ca. 62 m gebildet, wobei die Rahmenstiele in Betonbauweise hergestellt und mittels einer Pfahlgründung in den Baugrund eingespannt werden und der Rahmenriegel durch eine filigrane Stahlkonstruktion erstellt wird. Der Überbau ist ein torsionssteifer kastenförmiger Querschnitt mit einer Höhe des unter der Fahrbahn liegenden Kastens von 90 cm in Feldmitte und 1,30 m an den Einspannstellen in die Widerlager. Die Brückenbreite weitet sich von 5 m am östlichen Widerlager auf 7 m am westlichen Widerlager auf, da hier eine innenliegende Treppe angeordnet ist. Dementsprechend wird der unter der Fahrbahn liegende Hohlkasten auf der östlichen Seite in Richtung Westen in zwei Hohlkästen überführt, zwischen denen dann der Treppenaufgang Platz findet. Die oberhalb der Fahrbahn beidseitig angeordneten 50 cm breiten Kästen ändern ihre Bauhöhe von 20 cm in Feldmitte auf 70 cm an den Widerlagern und laufen dann als Stahlkästen im Bereich der Widerlager bis zu deren Enden und können so die aus den negativen Rahmeneckmomenten resultierenden Zugkräfte in den Kästen direkt in die Widerlager verankern. Aus dieser statischen Konzeption ergeben sich hohe Schlankheiten von 62/1,10 = 56 in Feldmitte und 62/2,0= 31 an den Widerlagern, womit die Gradiente relativ niedrig und damit die Rampenneigungen behindertengerecht gehalten werden können. Überdies führt diese Querschnittsgestaltung zu einer skulpturalen Form, die sich in der Widerlagergestaltung fortsetzt.
Um eine hohe Einspannwirkung und damit geringe Feldmomente zu erreichen, ist es notwendig, die monolithischen Widerlager durch Pfahlgründungen steif in den Baugrund einzuspannen.
Die bei integralen Tragwerken auftretenden Zwängungskräfte infolge Temperatur werden durch die polygonale Gradientengestaltung elegant reduziert: Die Brücke ist in der Lage, auf Temperaturbeanspruchung mit einer atmenden Bewegung nach oben bzw. nach unten zu reagieren.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Brückenbauwerk bindet ebenengleich am Ostufer an die Kieler Straße an und integriert durch die Brückenaufweitung im Bereich des westlichen Auflagers auf einfache Art eine Treppe zur Uferpromenade. Die Mittel zur Absicherung / Markierung des Treppenabgangs für Radfahrer wären je- doch zu prüfen.
Bezüglich der Anbindungsrampe des Brückendecks am Westufer zum Stadtplatz sind die seitlichen begrünten Anböschungen hinsichtlich des relativ steilen Böschungswinkels zu konkretisieren.
Die expressive Faltung und Variierung des Brückenbaukörpers bildet eine straffe und klare Kontur mit filigranen Ansichten. Die Leichtigkeit des for- malen Ansatzes und die materialgerechte Verwendung von Stahl und Be- ton werden positiv, im Ausdruck aber für den Ort als zu wenig städtisch bewertet.
Die integrale Bauweise im Verbund von Stahlhohlkasten und Betonwider- lager, ohne Brückenlager und Übergangskonstruktionen, wird aufgrund zu erwartender geringer Wartungs- und Instandhaltungsaufwendungen posi- tiv bewertet.
Die technischen Parameter werden durch die gewählte Konstruktion tra- pezförmiger Hohlkastenprofile auf prismatischen Betonauflagern eingehal- ten.