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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2014

Neubau eines Institutsgebäudes für das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES

3. Preis

Preisgeld: 31.000 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

Erläuterungstext

ARCHITEKTUR

Die Fraunhofer-Gesellschaft beabsichtigt, das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES an seinem Standort in Kassel auszubauen. Damit wird das neue Institutsgebäude eines der führenden Institute für Energiesystemtechnik, das die deutsche Energiewende mitgestaltet, beherbergen .

Der geplante Neubau soll im ersten Bauabschnitt Flächen für Büros, unterschiedliche Labore, eine Cafeteria, sowie Außenflächen für Versuchsfelder bereitstellen. Die ca. 320 Mitarbeiter des Instituts sollen in einer modernen, kommunikativen und zukunftsweisenden Arbeitswelt maßgebend ihren individuellen und innovativen Beitrag zur dynamischen Entwicklung der Energiewende beisteuern. In einem zweiten Bauabschnitt sollen weitere ca. 230 Arbeitsplätze realisiert werden, sodass am Standort Kassel zukünftig ca. 550 Mitarbeiter ihren Forschungsinitiativen nachgehen können.

Das zur Verfügung stehende Grundstück befindet sich am nordwestlichen Rand der Kasseler Innenstadt, nördlich des bestehenden Gleisfeldes des Hauptbahnhofs. In fußläufiger Entfernung sind das Hauptgeschäftszentrum Kassels und weitere zentrale Einrichtungen in kurzer Entfernung zu erreichen.

Die nähere Umgebung des Wettbewerbsgebietes ist heterogen und durch eine gemischte Baustruktur bestimmt. Städtebaulich markant und für den Ort ebenfalls prägend ist das Arbeitsamt östlich des Grundstücks.

Die maximale Gebäudehöhe des Instituts-Neubaus wurde auf 20m begrenzt.

Das Plateau des Grundstücks bildet topographisch eine der höchstgelegenen und somit exponiertesten Flächen der Innenstadt. Das neue Haus wird folglich eine besondere und einzigartige Fernwirkung genießen und sollte diesem besonderen Kriterium in angemessener Weise gerecht werden. Nach Westen über das Gleisfeld hinweg zum Habichtwalt mit Bergpark und Herkules wird eine schöne Fernsicht möglich sein. Nach Osten hin zur Innenstadt wird das neue Haus als markante und exponierte Silhouette zur Innenstadt wahrgenommen werden.

Die Anforderungen an das Baufeld sind präzise formuliert. Mögliche Zufahrten für Besucher und Mitarbeiter, sowie die infrastrukturelle Anbindung für Anlieferung und den ruhenden Verkehr wurden klar beschrieben und eindeutig definiert.

Oberirdisch sind auf dem Baufeld die erforderlichen Stellplätze unterzubringen; 120 Stellplätze für den ersten Bauabschnitt und zusätzlich weitere 80 Stellplätze für den zweiten Bauabschnitt. Eine Tiefgaragenlösung wird ausgeschlossen.
Weiter soll ein Umspannwerk auf dem Baufeld integriert werden, wünschenswert im Nord-Westen, im Bereich der neuen Zufahrtsstraße.

Das Raumprogramm ist umfangreich und individuell. Kleinteilige Bürostrukturen stehen im Wechselspiel zu den Bereichen des Technikum. Ein besonderes Augenmerk im Entwurf soll auf die Leitwarte der Energiewende gelegt werden. Hier soll der Zustand der Energieerzeugung dargestellt und präsentiert werden.

Das vorgegebene Raumprogramm erscheint auf den ersten Blick als zu klein, um das Baufeld in angemessenere Weise zu besetzten um dem neuen Haus seine gewünschte Einzigartigkeit zu verleihen.
Wie also könnte sich das Haus im ersten Bauabschnitt positionieren um bereits nach der Realisierung der ersten Bauphase den Eindruck einer temporären Lösung zu vermeiden. Der Haupteingang, die Freiflächen der Versuchsfelder, die Parklätze, sowie die Anordnung der Anlieferung müssten folglich die Ergänzung der Anlage in der zweiten Bauphase bereichern, ohne dass diese als reiner funktionale Anbau verstanden wird.

Eine komplexe und umfangreiche Aufgabenstellung, eine reizvolle zugleich.

Was könnten nun die Anforderungen an ein neues, visionäres Haus für Windenergie und Energiesystemtechnik sein?

Ein offenes Haus müsste entstehen, eine Art gläserne Fabrik mit Präsentationsbereichen auch für Empfänge, für Gäste und Interessierte. Das Herzstück dieser Neugestaltung müsste ein kommunikativer Raum sein, einsehbar und erreichbar von allen Bereichen des neuen Hauses. Ein Interaktives Miteinander müsste gestärkt werden, um so Synergien in der Zusammenarbeit nutzen zu können. Über ein zentrales Foyer, den Eingangsbereich für Besucher, müsste das Haus bereits die unterschiedlichen Bereiche inszenieren und erlebbar machen.

Die Zufahrt der Anlage erfolgt über die neue Erschließungsstraße im Westen. Von hier aus sind ebenfalls die Anlieferung, sowie die Zufahrt zu den Parklätzen im nördlichen Bereich des Grundstücks angebunden. Die Baukörper selbst sind im südlichen Teil des Grundstücks angeordnet um einen attraktiven Stadtraum in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Gleisanlagen und zum Hauptbahnhof anbieten zu können. Hier sind auch die Versuchsfelder zu finden, um so der Öffentlichkeit bereits die ersten Forschungsergebnisse näher bringen zu können.

Die einzelnen Nutzungseinheiten sind einerseits funktional getrennt, dennoch verwoben um eine größtmögliche Interaktion zwischen den Mitarbeitern zu fördern. Die differenziert geforderten Raumhöhen der verschiedenen Bereiche des Technikums können so individuell an die jeweilige Anforderung angepasst werden.

Die Adresse mit Hauptzugang ist an der Nord-West-Ecke des Baufelds vorgesehen. Kurze Wege vom Hauptbahnhof für eine fußläufige Anbindung stärken so die Einbindung des Instituts in das urbane Stadtleben. Hier erhebt sich das Haus markant als fünf geschossiger Baukörper. Im obersten Geschoss zeigt sich die Leitwarte der Stadt und den ankommenden Besuchern und Gästen, die Kassel mit dem Zug bereisen.

Die Bürobereiche sind als kommunikativer Einspänner in einem separat ausformulierten Baukörper organisiert. Die Einzelbüros sind nach Norden orientiert, wobei sich differenzierte Galerien mit Erschließungs- und Kommunikationsbereichen über mehrere Geschosse nach Süden hin öffnen. Durch eine schräg gestellte Verglasung, teilweise mit Photovoltaik belegt, wird der thermische Abschluss sichergestellt.

Das Atrium ist der zentrale Ort der Begegnung und des Austauschs untereinander.

Galerien und Treppen verbinden wie in einer Stadt zentrale Plätze miteinander. Hier kann man sich treffen, besprechen und durch ein anderes Umfeld inspirieren lassen. Eine moderne und zukunftsweisende Arbeitswelt wird so entstehen.
Außenbezüge über Dachgärten und Terrassen verstärken weiter den Gedanken einer innovativen Arbeitswelt. Außenbezüge zum Habichtwalt mit Bergpark und Herkules unterstützen die Idee von einem Verweben verschiedener Arbeitswelten mit der Umgebung.

Am Atrium liegen zum Luftraum hin orientierte Flächen, die Meeting Points, Teeküchen und Wartebereiche. Sie dienen gleichzeitig als Zugang zu den Bürozonen und bündeln zentrale Nutzungen. Es entstehen horizontale und vertikale Nachbarschaften, verbunden durch Wege und das Atrium selbst.
Ein lebendiges und kommunikatives Miteinander entsteht und fördert so auch bei den Mitarbeitern des Hauses das Gefühl, zusammen zu gehören. Nicht mehr die einzelne Abteilung ist der Arbeitsplatz. Das Haus selbst stärkt die Identität des Instituts.

Die eingesetzten Materialien folgen der Idee eines nachhaltigen Energiekonzepts. Exponierte Betondecken mit integrierter Bauteilaktivierung kommen ebenso wie moderne, hocheffiziente Verglasungselemente zur Umsetzung. Die gewählten Materialen sollen vornehmlich den funktionalen Anforderungen entsprechen. Sichtinstallationen, sowie strapazierfähige Bodenbeläge als Vinyl in den Bürobereichern sollen den Charakter einer innovativen Forschungsinstitution stärken.

Das Konzept zur Optimierung der Nachhaltigkeit der baulichen Maßnahme ist „maßgeschneidert“ auf die Anforderungen angepasst und ist integraler Bestandteil des architektonischen Konzepts. Gebäude- als auch das integrierte Energiekonzept reagieren auf die spezifischen örtlichen Randbedingungen als auch die Anforderungen der Nutzung und unterstützt damit die spezifische Identität. Der Verbrauch an Ressourcen wird signifikant reduziert und gleichzeitig erzielt man ein hohes Maß an Komfort.


KLIMAKONZEPT

Ziel des Klimakonzepts ist die Optimierung der Aufenthaltsqualität bei gleichzeitiger Minimierung des Energiebedarfs sowie der erforderlichen Anlagentechnik. Um dem Ziel eines Nullenergie- bzw. Aktivhauses nahe zu kommen, wird der Bedarf durch passive Maßnahmen auf ein Minimum reduziert. Der verbleibende Energiebedarf wird soweit sinnvoll über die Nutzung regenerativer Energiequellen gedeckt. Dies betrifft sowohl die Wärme- und Kälteversorgung über Fernwärme (äußerst geringer Primärenergiefaktor), als auch die Stromversorgung mittels Photovoltaik (PV). Für eine Optimierung des solaren Ertrags wurde der Baukörper so organisiert, dass die mit PV belegbaren Flächen maximiert werden. Daraus resultiert teilweise ein einhüftiger Bürobau mit PV + Erschließung nach Süden, während die Büros über die Nordfassade blendfrei natürlich belichtet wird. Das Gründach der horizontalen Dachflächen wirkt sich positiv auf das Mirkoklima aus. Das Energiekonzept ist integraler Bestandteil des architektonischen Entwurfs.


Winter
Die Hülle hat gemäß Energieeinsparverordnung einen hohen Wärmeschutz – Glasflächen in Dreifachverglasung. Die Beheizung erfolgt über Strahlungsflächen – Decke im Büro (raumakustische Absorptionsflächen integriert in die Rohdecke) – bzw. Fußboden in den Labors. Unterstützend befinden sich statische Heizflächen an der Fassade und sichern die Regelbarkeit in der Übergangszeit sowie die Frischlufterwärmung. Die Lüftung erfolgt in den Büros natürlich (Querlüftung, Entlüftung über den Erschließungsbereich, angetrieben über einen Solarkamin). Die Labore haben eine dezentrale Lüftung (Zu- und Abluft mit Wärmerückgewinnung) die im Bereich des Tragwerks der Hallen installiert ist. Diese ermöglichen eine bedarfsgerechte, individuelle Regelbarkeit der einzelnen Labore.

Sommer
Der sommerliche Wärmeschutz wird durch passive Maßnahmen (außenliegender Sonnenschutz, nächtliche Querlüftung), sowie in Hitzeperioden einer Aktivierung der thermischen Masse erzielt. Eine Absorptionskältemaschine nutzt die Fernwärme für die Kaltwasserversorgung. Der Solarkamin dient als Antrieb für die nächtliche Querlüftung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ist charakterisiert durch einen polygonalen Baukörper, der sich von den vorhanden städtebaulichen Kanten löst.

Der Haupteingang an der Ecke Ladestraße / Joseph-Beuys-Straße öffnet sich einladend zur Innenstadt und präsentiert eine angenehme Platzsituation.

Die in Höhe und Tiefe gestaffelten Baukörper umschließen ein zentrales, maßstäblich gegliedertes Atrium. Die offene und aufgelockerte Büro- und Kommunikationslandschaft überzeugt räumlich und durch die vielfältigen Sichtbeziehungen.

Die Leitwarte ist exponiert auf zwei Ebenen dargestellt und schlüssig zur Stadtseite angeordnet.

Das Raumprogramm ist im Wesentlichen erfüllt; kurze Wege zwischen Büro- und Laborräumen sind gegeben; ggf. müsste die Anfahrtssituation durch LKWs für den Lagerbereich noch mal geprüft werden.

Durch die vorhandenen Schrägen der Baukörper entstehen teilweise schwierige Raumzuschnitte im Technikums-/Laborbereich.

Funktionsflächen sind nicht nachgewiesen.

Die Testflächen sind gut sichtbar zum öffentlichen Bereich (Ladestraße)orientiert, was die Außenwirkung des Institutes unter Umständen beeinträchtigen könnte.

Das Gebäude an sich lässt aufgrund seiner flächenhaften Ausdehnung wenig Raum für großzügige Außenraumgestaltung, da der verbleibende Teil für Parkflächen und weitere Bauabschnitte benötigt wird.

Die Realisierung der mehrfach gekanteten Glasüberdachung des Atriums stellt eine konstruktive Herausforderung dar; die Wirtschaftlichkeit wird in Frage gestellt.
Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Nord

Ansicht Nord