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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2014

Neubau eines Institutsgebäudes für das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES

ein 1. Preis

Preisgeld: 55.000 EUR

ingenhoven associates gmbh

Architektur

Werner Sobek AG

Tragwerksplanung

DS-Plan AG

Bauphysik, Energieplanung

Tropp Lighting Design

Lichtplanung

BPK Brandschutz Planung Klingsch GmbH

Brandschutzplanung

Alexander Schmitz

Visualisierung

Peters + Grau GmbH

Modellbau

Erläuterungstext

Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES, Kassel

Das neue Institutsgebäude für das Fraunhofer-IWES nutzt die exponierte Lage des innerstädtischen Grundstücks. Es entsteht ein Ort von hoher räumlicher und identitätsstiftender Qualität. Die kompakte Anordnung der Baukörper und die Zuordnung der Nutzflächen erlaubt eine einfache Orientierung innerhalb und außerhalb des Gebäudes.

Das zweigeschossige Technikum und die dreigeschossigen Bürogebäude sind auf Basis flexibler Konstruktions- und Ausbauraster (1,2/7,2m) entwickelt. Dies erlaubt eine modulare und flexible Organisation der Nutzungs- und Forschungseinheiten.

Die hohe Qualität der Innen- und Außenräume fördert spontane, informelle Kommunikation unter den Mitarbeitern. Insbesondere die erdgeschossigen Seminarbereiche und das Atrium bieten Raum für Veranstaltungen und Präsentationen.

Die Leitwarte der Energiewende ist das „Herzstück“ und sichtbares Zeichen des Fraunhofer-IWES. Sie ist als exponierter Logenplatz besonders hervorgehoben und auf dem Dach des Institutsgebäudes positioniert.

Das Gebäude nutzt absichtlich nicht die mögliche Höhe aus, um die interne Kommunikation und Verknüpfung zu stärken.

In der Gestaltung ist das Gebäude minimalistisch und technisch gehalten. Es versinnbildlicht mit der Klarheit der Erscheinung die Ernsthaftigkeit und Bedeutung der Aufgabe. Gleichzeitig bleibt das Tun durch die Verglasung auch im Technikumsbereich erlebbar und lesbar.

Erschlossen wird das Haus durch eine als zentraler Verknüpfungspunkt dienende Kalthalle. Von hier gelangt man auf der nördlichen Seite durch die einhüftige Büromantelbebauung in das Technikum und auf der südlichen Seite in den Büroriegel mit den Seminar- und Cafeterianutzungen im EG. Die Halle erstreckt sich über den halben Innenhof und enthält ein offenes Treppenhaus mit Aufzügen. Die andere Hälfte dient als geschützter und privater Innenhof mit Freibereich für die Cafeteria.

Am Eingang ist seitlich ein separater und großzügiger warmer Empfangsbereich mit den Ausstellungräumen und separatem Zugang zu den Seminarräumen. Hier befinden sich der gesonderte Aufzug und die Treppe zur Leitwarte.

Im Sinne der nachhaltigen Nutzung wurden im Technikum die Raumhöhen vereinheitlicht. Die hohen Räume liegen längs aneinandergereiht mit einer durchlaufenden Konstruktion mit Möglichkeit des Einbaus einer Krankbahn in allen Räumen. Entlang dieser Räume läuft ein innerer Erschließungsflur, der die südlich angrenzenden zweigeschossigen Technikumsräume erschließt. Das Technikum und die angrenzenden Bürobereiche nutzen gemeinsam ein Treppenhaus um die oberen Etagen zu erschließen. Im Erdgeschoss wird dieses momentan über den Bürotrakt angedient, es ist aber auch die Möglichkeit direkter Zugänge in die Treppenhäuser aus dem Flur des Technikums gegeben.

Die notwendigen Technikflächen werden teilweise im Technikum im OG nachgewiesen und ergänzend unter dem Dreibund. Auf technische Aufbauten auf dem Dach wurde – mit Ausnahme von Solarpanelen – aufgrund der Leitwarte und des Blicks von der Leitwarte auf das Gebäude und die Umgebung, bewußt verzichtet.

Die Fluchtung der innenliegenden Treppenhäuser erfolgt in das UG und von dort nach außen.


Energiekonzept und GreenBuilding

Das Technik- und Gebäudekonzept ist auf die Erfordernisse des Fraunhoferinstituts abgestimmt. Auf eine energetisch optimierte Hüllfläche und eine energiesparende Gebäudetechnologie wurde besonderer Wert gelegt.

Für ein zukunftsweisendes und nachhaltiges Energiekonzept wird eine Minimierung des Energiebedarfs angestrebt. Das Energiekonzept basiert auf fünf Hauptthemen:

- optimaler winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz
- sehr gutes Tageslichtangebot
- hohe Behaglichkeit durch Strahlungsheizung-/Kühlung
- hohe Luftqualität durch ein innovatives Lüftungskonzept für optimale Luftqualität
- regenerative Energieerzeugung mit freier Kühlung, optimaler Tageslichtnutzung und Photovoltaik zur Stromproduktion

Die Besonderheit des Energiekonzeptes stellt die Lüftungskonzeption dar. Eingesetzt werden Fensterbeschläge, die neben der Kipp- und Drehfunktion noch zusätzlich über einen Parallelaufstellmodus verfügen, der eine Spaltlüftung über einen umlaufenden Spalt von 6mm gewährleistet. Die Räume werden über die Flure an eine zentrale Abluftanlage im Technikraum angeschlossen. Die Wärmerückgewinnung erfolgt mit einer Abluftwärmepumpe und die zurückgewonnene Wärme wird an das Niedertemperaturstrahlungsheizsystem in der Decke übertragen.

Mit diesem System kann somit eine Wärmerückgewinnung realisiert werden, ohne das ein komplettes mechanisches Lüftungssystem mit Zu- und Abluft installiert werden muss.

Versicherungstechnisch gilt das parallel aufgestellte Fenster als geschlossen. Außerdem muss keine Aufschaltung auf eine Gebäudeleittechnik erfolgen, die das Fenster bei Regen automatisch schließt, da kein Regen eintreten kann.

Eine weitere grundsätzliche Idee ist es, im Winter einen sehr guten winterlichen Wärmeschutz mit 3-fach-Verglasung und hochgedämmten Fassadenelementen zu erreichen. Zusammen mit einem einfachen, außenliegenden, tageslichtlenkenden und automatisch gesteuerten Sonnenschutz wird ein optimaler sommerlicher Wärmeschutz gewährleistet. Ein Niedertemperaturheiz- und ein Hochtemperaturkühlsystem mit bauteilaktivierten Decken sorgt für eine optimale Behaglichkeit bei minimiertem Energieverbrauch.

Die vertikale Abluftführung erfolgt über den Treppenkernen zugeordneten Schächten. Die horizontale Abluftführung erfolgt direkt über die Flure. Dieses Lüftungskonzept ermöglicht extrem kurze Lüftungskanäle, geringste Druckverluste und maximale Stromeinsparungen für die Lüftung, weil nur der Abluftstrang berücksichtigt werden muss. Gegenüber einem herkömmlichen Mischlüftungssystem mit Zuluftführung von der Decke wird der Energie- und Lüftungsaufwand um ca. 60 % reduziert. Zusätzlich besteht zu jeder Zeit die Möglichkeit, den Bürobereich natürlich über die Fenster zu belüften.

Durch den sehr guten Wärmeschutz sind die erforderlichen Heizlasten gering. Das Gebäude kann somit ausschließlich über Flächenheizsysteme mit niedrigen Betriebstemperaturen behaglich geheizt werden.

Die bauteilaktivierte Decke kann zudem im Sommer zur Abdeckung von Kühllastspitzen als Flächenkühlsystem genutzt werden. Die notwendige Kälte wird nachts ressourcenschonend mit den Rückkühlwerken der Kältemaschinen für die Serverräume erzeugt. Auf das Dach wird eine Photovoltaikanlage installiert, mit der ein erheblicher Anteil des Stroms selbst erzeugt werden kann. Das Regenwasser der Dachfläche wird in einer Zisterne gesammelt und aufbereitet für die WC-Spülung und Grünanlagenbewässerung genutzt.

Die vorgesehene Energieerzeugung basiert zu Teilen auf regenerativen Energieträgern. Bei der Planung wird darauf geachtet werden, dass eine Umstellung auf eine CO2-neutrale Energieversorgung zukünftig möglich ist und keine klimaschädlichen Kältemittel in Wärmepumpen verwendet werden.

Letztendlich wird damit ein sehr wirtschaftliches Gebäude mit einem geringen Energieverbrauch möglich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen ein Gebäude vor, das die unterschiedlichen Nutzungsbereiche in einem flachen, rechteckigen Volumen aufnimmt. Der Baukörper ist parallel zu den Bahngleisen angeordnet. Er definiert einen gut proportionierten Vorplatz an der Ecke Joseph-Beuys-Straße / Ladestraße und bildet darüber hinaus eine städtebaulich gelungene Antwort auf die benachbarte Scheibe des Arbeitsamtes.

Durch die Zonierung des Neubaus entlang der Ladestraße wird das Grundstück sinnvoll in bebaute Flächen im Süden und Freiflächen mit den Stellplätzen im Norden aufgeteilt.

Am Vorplatz liegen gut auffindbar der Eingang und die Vorfahrt zum gesamten Institut. Von dort gelangt man in die zentrale Eingangshalle, dem organisatorischen Herzstück der Anlage. Ein barrierefreier Zugang zum Haupteingang ist allerdings unbedingt erforderlich. Leider fehlt dieser zur Zeit noch.

Das Gebäude ist linear vom Haupteingang nach Westen in die Tiefe des Grundstücks aufgebaut. Gute Orientierung bietet dabei die zentrale Halle, die in einen Freibereich bzw. Hof weitergeführt wird. An der zentralen Halle liegen gut auffindbar die kommunikativen und öffentlichen Bereiche des Instituts. Die Halle selbst wirkt z. Zt. noch zu steril, ist in ihrer 3-Geschossigkeit aber gut vorstellbar für unterschiedliche öffentlichkeits- wie betriebsbezogene Aktivitäten o.ä. sowie für Präsentationen und Ausstellungen und müsste durch geeignete Maßnahmen noch genauer ausformuliert werden. Auch die in die Halle eingestellt Treppe hat noch architektonischen Überarbeitungsbedarf.

Von Süden nach Norden hin ist das Gebäude ebenfalls klar gegliedert: südlich der Eingangshalle liegt der Bürokomplex mit Besprechungsräumen, nördlich der Halle gibt es Möglichkeiten Büros, die in der Nähe von Technikums-Bereichen angeordnet werden sollten, unterzubringen. Daran schließen sich Technikums-Bereiche mit unterschiedlichen Raumhöhen und Raumqualitäten an. Geschickt gelöst ist die Erschließung der 2-geschossigen Technikumsbereiche über eine zusätzliche, halbgeschossige Treppe.

Zur sehr übersichtlich gelösten Anlieferung hin sind dann folgerichtig die großen überhohen eingeschossigen Technikums-Bereiche angeordnet.

An der Organisation des Bürokomplexes ist allerdings anzumerken, dass die Besprechungsräume hauptsächlich in der unbelichteten Innenzone liegen. Dies ist für einen so großen Teil der Räume nicht akzeptabel. Auch profitieren viele Büros nicht von der Lagegunst des Grundstücks mit seinem Fernblick.

Die Leitwarte ist städtebaulich richtig an der südöstlichen Dachkante des Gebäudes gelegen und bietet interessante Blicke über das Stadtgebiet, was sehr begrüßt wird. Auch von außen wird die Leitwarte als Erkennungsmerkmal des neuen Institutes wirken. Ihr Grundriss erlaubt für spätere Möblierungen und Szenarien eine hohe Flexibilität. Formal ist man im Inneren nicht unbedingt auf eine rechteckige Lösung festgelegt.

Hohe Flexibilität und Wirtschaftlichkeit sind das große Plus für die gesamte Konstruktion des Institutsgebäudes, welches auf einem gut durchdachten Tragwerks- und Ausbau-Modul, sowohl für Büro- als auch Technikums-Bereich aufbaut. Auch die doppelschalige Fassade ist gut durchdacht und wirtschaftlich realisierbar.

Völlig unkompliziert lässt sich das Gebäude auch mit einem 2. Bauabschnitt in verschiedenen Modulen und Größen in westlicher Richtung erweitern, ohne seine Übersichtlichkeit und Organisation zu verlieren.

Insgesamt stellt der Beitrag eine sehr einfache und unkomplizierte, aber überaus elegante Lösung für die gestellte Aufgabe eines neuen zukunftsweisenden Institutsgebäudes dar, die viel Spielraum für die spätere Nutzung lässt.