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Nichtoffener Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 07/2014

ein neues haus für die taz

Perspektive

Perspektive

Anerkennung

Preisgeld: 4.500 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

Brandschutz Consulting

Brandschutzplanung

knippershelbig GmbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

ANFORDERUNGEN AN DAS NEUE HAUS

Die taz-Genossenschaft hat sich entschieden ein neues Haus zu bauen. Es soll ein neuer Ort des Politischen geschaffen werden, in dem sich die Zukunft des unabhängigen Journalismus weiter positiv entwickeln kann. Ein neuer Ort, an dem alle tazlerInnen unter einem Dach vereint werden sollen. Ein neuer Ort, an dem sich das neue Haus für die taz mit hoher ästhetischer und funktionaler Qualität der Öffentlichkeit zukünftig zeigen wird.

Vorbei sind die Zeiten als die taz mit den Worten „Krise“ und „Rettungskampagne“ in Verbindung gebracht wurde und sie als wenig cool und oftmals umstritten galt. Heute ist die taz ein modernes, kritisches Medium der Presselandschaft.

Die bestehenden Räumlichkeiten in der Rudi-Dutschke-Straße sind heute nicht mehr groß genug, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die notwendigen und angemessenen Arbeitsbedingungen bieten zu können. Ein neues Grundstück wurde gesucht und konnte in der unmittelbar benachbarten Südlichen Friedrichstadt gefunden werden. Eine besondere Lage, die das neue Kreativquartier rund um die ehemalige Blumengroßmarkthalle durch das neue Haus zukünftig ergänzen könnte. Die Besonderheiten des Grundstücks werden maßgebend und in einzigartiger Weise durch die Nachbarschaft zum Besselpark im Norden und durch die Nähe zur Akademie des Jüdischen Museums im Osten geprägt. Der vorliegende Bebauungsplan beschreibt eindeutig und unmissverständlich das geltende Planungsrecht, welches präzise Festlegungen für die städtebaulichen Planungsziele für das Wettbewerbsgebiet formuliert.

Die Anforderungen und Wunschgedanken an das neue Haus wurden detailliert beschrieben und zeigen die sensible und bewusste Auseinandersetzung mit den notwendigen Anforderungen an ein solches neues Gebäude. Ein hohes Maß an Feinfühligkeit für ein modernes und nachhaltiges, zukunftsweisendes und offenes, neues Haus für die taz ist hier zu erkennen. Neben einer fast schon selbstverständlichen Berücksichtigung der innerstädtischen und städtebaulichen Situation, soll ein besonderes Augenmerk auf die Qualität, die Flexibilität und die Funktionsfähigkeit der Innerräume, sowie der Arbeitsplätze gelegt werden. Neben einer energetisch optimierten Konzeption sollen weitere Aspekte einer ökologischen und wirtschaftlichen Wertigkeit in hohem Maße berücksichtigt werden.

Das Raumprogramm ist umfangreich und spannend zugleich. Neben den Räumlichkeiten für die verschiedenen Redaktionen sollen zusätzlich Flächen für das taz.café und den taz.shop, sowie ein Konferenzbereich vorgesehen und realisiert werden. Besprechungsräume unterschiedlicher Größe sollen den jeweiligen Redaktionen zugeordnet werden.

Eine besondere und komplexe Aufgabe zugleich. Eine reizvolle Aufgabenstellung, die in einem einzigartigen Haus, für einen unkonventionellen Nutzer, mit einer bewegten Vergangenheit, einen unverwechselbaren Ausdruck und Charakter erlangen könnte.

LANDMARKE DES JOURNALISMUS, OFFEN UND TRANSPARENT – EIN REDAKTIONELLER ORGANISMUS

An einen klassischen, allzu anonymen und stereotypen Büroneubau ist hier nicht zu denken. Unangemessen und gänzlich unpassend wäre es sicherlich auch, an diesem Ort einen weiteren, banalen Baustein, ein weiteres Gebäude der Erscheinung einer meist einfallslosen Investorenarchitektur folgend, vorzuschlagen.

Die Überlegungen müssten vielmehr einen Schritt weiter gehen, einen Schritt in Richtung einer progressiven Architektur. Es müsste darüber hinaus die Besonderheit und Einzigartigkeit der taz, verbunden mit den Grundwerten und Überzeugungen der Genossenschaft, im neuen Haus in angemessener Form zum Ausdruck gebracht werden.

Das Miteinander, die Kommunikation und der Dialog der Kollegen untereinander müsste auf eine ganz selbstverständliche Weise gestärkt werden. Besondere Funktionen und Nutzungen könnten sich unprätentiös und dennoch eine gewisse Aufmerksamkeit anstrebend dem Stadtbild und dem öffentlichen Raum und somit den Bewohnern und Gästen Berlins zeigen.

Eine Landmarke des Journalismus, offen und transparent, könnte so ihren architektonischen Beitrag leisten.

Ein redaktioneller Organismus, der seine besondere Attraktion von innen heraus entwickelt, könnte wohl am besten die Leitidee und den übergeordneten Leitgedanken für den neuen Stadtbaustein beschreiben. Die Assoziation an einen differenzierten „Baukasten“ könnte geweckt werden, ergänzt mit eingestellten und eingeschobenen Funktionseinheiten; maßgeschneidert, angepasst an die jeweilige, individuelle Anforderung. Ein einfaches, jedoch kein einfältiges Grundgerüst könnte die Basis dafür bilden. Ein interessantes, jedoch kein kompliziertes Füllwerk könnte die Besonderheit für das Innenleben des Organismus bilden.

Offene und flexible Arbeitsbereiche gruppieren sich an der Außenfassaden, zur Stadt hin orientiert. Sie könnten im Wechsel- und Zusammenspiel mit einer wandelbaren und identitätsstiftenden, sowie räumlich vernetzten innenräumlichen „Skulptur“ stehen. Dieser so entstehende innere Organismus könnte sich über verbindende Treppen, Galerien, kommunikative Zonen, Besprecher, Wintergärten und Terrassen vom Foyer im Erdgeschoss über das Café bis ins oberste Geschoss zur Lounge und Dachterrasse verzweigen.

Die Umgebung dieser dreidimensionalen Struktur im Haus wird der zentrale Ort der Begegnung und des Austauschs untereinander sein. Dieser Organismus wird, wie in einer Stadt, zentrale Plätze miteinander verbinden; Nachbarschaften werden entstehen. Hier kann man sich treffen, besprechen und sich durch ein anderes Umfeld inspirieren lassen. Eine moderne und zukunftsweisende Arbeitswelt wird so den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Sie kann individuell bespielt und interpretiert werden.

Über den gestaffelten Baukörper werden Ausblicke in die angrenzende Nachbarschaft ermöglicht. Ebenso werden die Nachbarn durch Einblicke von Außen, über die Glasfassaden der Redaktionen den inneren Organismus wahrnehmen und am redaktionellen Leben der taz, zumindest visuell, teilnehmen können.

Ein lebendiges und kommunikatives Miteinander entsteht und fördert so auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses das Gefühl, zusammen zu gehören. Nicht mehr die einzelne Redaktion ist der Arbeitsplatz, sondern das neue Haus der taz. Das Haus selbst stärkt die Identität der taz und der Genossenschaft.

Freianlagen

Über alle Etagen entsteht eine Abfolge von kleinen Garteninseln, die aus der Gebäudemasse gewissermaßen herausgeschnitten sind. Gemeinsam bilden sie die grüne Lunge der taz. Die Grenze zwischen Aussen und Innen verwischt, wenn Pflanzbeete und Terrassenflächen gleichsam die Fassade durchdringen.

Der Innenhof und die Etagengärten liefern einen immensen Mehrwert für die Mitarbeiter und fördern eine einfache Orientierung innerhalb des Gebäudes. Sie tragen dazu bei, das Arbeitsklima im wörtlichen Sinne zu verbessern – mit dem Blick ins Grüne, dem Duft von Blüten, den Geräuschen von Vögeln und Insekten.
Für die Mitarbeiter stellen die Grünräume Orte dar, in denen sie sich zur Teamarbeit verabreden, wo sie Zerstreuung finden, oder wo sie für einen Moment Abstand zum Tagesgeschehen suchen können. Sie sind daher für jeden zugänglich und für den Aufenthalt mit Sitzmöglichkeiten ausgestattet.

Im Kontext des Bürokomplexes ist die artifizielle Anmutung der kleinen Gärten Programm. Sie erscheinen als künstlich geschaffene, grüne Mikrokosmen in ganz unterschiedlichen Ausprägungen - mal dominieren Ziergräser, mal Bambus oder Kletterpflanzen. Zuweilen sind die Pflanzen präzise in Form geschnitten, an anderer Stelle hingegen üppig wuchernd oder in Pflanztrögen eingefasst.

Im Erdgeschoß entsteht ein begrünter Innenhof mit Sitzterrassen und Pflanzbeeten. Er erweitert den Gastronomiebereich und ist somit auch für die Öffentlichkeit nutzbar.

Energiekonzept

Das vorgestellte Energiekonzept bietet höchsten thermischen und visuellen Komfort bei minimiertem Energiebedarf und gezieltem Einsatz technischer Anlagen. Der Entwurf vereint eine tageslichtoptimierte Gebäudegeometrie bei günstigem A/V-Verhältnis mit innovativen, passiven Maßnahmen zur Reduzierung des elektrischen Energiebedarfs und des Wärmebedarfs.

Folgende Maßnahmen sind in diesem Entwurf integriert:

Sehr günstiges A/V-Verhältnis und eine Gebäudehülle mit sehr hohem Wärmedämm-standard der opaken Bauteile sowie 3-fach verglasten Fenstern mit thermisch hochwertigem Rahmen.
Optimierte Tageslichtnutzung durch einen großzügigen Innenhof – hoher visueller Komfort im gesamten Gebäude und Minimierung des Kunstlichtbedarfs.
Außenliegender Sonnenschutz zur Minimierung der solaren Lasten im Sommer.

Gezielt platzierte Gärten dienen ganzjährig als Aufenthaltsbereiche mit besonders hoher Qualität. Im Winter geschlossen, bieten diese Zonen einen visuellen Kontrast in der grauen Jahreszeit und erhöhte Luftqualität durch natürliche Befeuchtung. Im Sommer geöffnet, können verschattete Bereiche und angenehm vorgekühlte Luft durch Verdunstungskühlung zur Verfügung gestellt werden.

Natürliche Lüftung des gesamten Gebäudes und unterstützende mechanische Belüftung der Sonderräume (Veranstaltungsraum).
Die Büroräume können nutzungs- bzw. nutzerabhängig wahlweise einseitig oder quergelüftet (‚open office‘) werden.
An Gärten angeschlossene Büros können nutzerabhängig mit vorkonditionierter Luft versorgt werden.
Über eine Nachtlüftung wird die exponierte Betondecke in den Sommernächten abgekühlt und nimmt über den Tag Wärme auf (passive Kühlung).

Die Betonkernaktivierung dient der Deckung der Grundheizlast.
Zur Vermeidung von Kaltluftabfall und für eine individuelle Regelbarkeit der Raumtemperatur sind Konvektoren an den Fassaden vorgesehen.
Die Abwärme aus dem Serverraum wird im Winter genutzt, um den Rücklauf des Heizkreises anzuheben. Der restliche Wärmebedarf wird über das vorhandene Fernwärmenetz gedeckt.
Die Kühlung des Serverraums erfolgt über eine indirekte adiabate Kühlung. Der Serverbereich wird mit reiner Umluft versorgt, die mit adiabat gekühlter Außenluft über einen Wärmeübertrager gekühlt wird.

Fazit
Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und hoher Nutzerkomfort sind die Leitbilder dieses Entwurfs. Durch eine durchdachte und hochwertige Gebäudehülle, das Schaffen von begrünten Bereichen, den Einsatz passiver Maßnahmen und gezielt innovativer Technologien wird dieser Entwurf diesen Ansätzen gerecht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Kubatur des Baukörpers betont die Ecke der Friedrichstraße zum Besselpark und erlaubt gleichzeitig eine gute Belichtung des Innenhofes durch die in Richtung Osten abgestaffelten Bauteile.

Die kontrovers diskutierte Fassade besteht aus zusammengesetzten Fensterelementen unterschiedlicher Größe und Bautiefe und betont im Erscheinungsbild den pluralistischen, individuellen und provisorischen Charakter der Arbeit der taz. Der Eingang sowie die Konferenzzonen sind im Stadtraum deutlich ablesbar. Funktional ergeben sich durch die heterogene Fassadenausbildung Probleme im Bereich der Konstruktion sowie in der Unterhaltung.

Ein gutes Angebot stellen die Loggien dar, die den Besprechungsbereichen jeweils zugeordnet sind und im Sommer als Erweiterungsflächen mittels verschiebbarer Fassadenelemente hinzugeschaltet werden können.

Die innere vertikale Zirkulation erfolgt mittels gegeneinander geschossweise versetzter Treppenanlagen, die allerdings eher zu kompliziert ausgebildet sind.

Das EG ist klar strukturiert, das Café gut positioniert und in unterschiedliche Zonen schaltbar. Die Küche befindet sich ebenerdig mit Sichtverbindung nach außen, die Fahrradstellplätze befinden sich im UG und sind etwas schlecht erreichbar.

Die einzelnen Geschosse sind um den Innenhof herum stark zoniert, wobei die festen Funktionsbereiche wie Sanitäreinrichtungen, Besprechungsund Einzelarbeitsräume sich zum Innenbereich orientieren. Dadurch wird die freie Nutzbarkeit der Bürobereiche Richtung Außenfassaden unterstützt.

Die Belichtung der Arbeitsbereiche ist durch die Gesamtgestaltung des Baukörpers gut, alle Ebenen sind behindertengerecht erschlossen. Konstruktiv bilden zwei um 90° versetzte Treppenhauskerne die Aussteifung für die Horizontalkräfte, ansonsten werden die Stahlbeton-Deckenscheiben durch Stützen im Raster 6x6 m frei getragen. Dieses erlaubt eine gute Flexibilität in der Grundrissgestaltung. Die Decken werden als Speichermasse für die Klimatisierung (Betonkernaktivierung) mit herangezogen.

Das Gebäude braucht als Hochhaus besondere technische Maßnahmen (u.a. Gestaltung der Treppenhauskerne).

Insgesamt löst die Arbeit die vielfältigen Anforderungen der Entwurfsaufgabe in recht überzeugender Weise und kann im Grunde der Arbeitsweise der taz durchaus entsprechen.
Innen Perspektive

Innen Perspektive

Modell, Behnisch Architekten

Modell, Behnisch Architekten

EG

EG

OG

OG

Lageplan

Lageplan

Schnitt

Schnitt

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2

Plan 3

Plan 3

Plan 4

Plan 4