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Einladungswettbewerb | 06/2014

Wohnbebauung ehemaliger Campus FH Eckernförde

1. Rang

H architekten

Architektur

Wagner Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Wettbewerbsbearbeitung im Team mit:
Maik Loss // Architekt
Carola Hecht - Nagel // Architektin
Dr. Jörn Wagner // Landschaftsarchitekt
Jänicke & Blank // Stadtplanung


Leitidee und Städtebau
Die städtebauliche Leitidee des Entwurfs berücksichtigt den einzigartigen Landschaftsraum mit seinen weithin sichtbaren Wasserflächen des Noors und die vorhandenen Baustrukturen auf dem ehemaligen Fachhochschulgelände.
Das naturräumliche Potenzial der Umgebung und die erhöhte Lage des Planungsraumes bieten die Chance ein Baugebiet zu errichten, das in idealer Weise eine Verbindung zwischen Landschaftsraum und Wohnquartier schafft.
Die gewählte Anordnung der Gebäude bietet offene und durchlässige Strukturen, die sich zur Landschaft hin öffnen und die Qualitäten der Umgebung für Bewohner und Besucher erlebbar machen.
Die topografischen Strukturen und Modulationen des Ortes werden hierbei thematisiert und in ihren Besonderheiten herausgearbeitet.
Zum einen wird der parkähnliche Landschaftsraum im Westen durch den Teilrückbau der ehemaligen Bauschule gestärkt und in Richtung Lorenz von Stein–Ring aufgeweitet und somit auch in Richtung Noor weitergeführt. Dieser Raum umfasst das ehemalige Hauptgebäude der Fachhochschule und verbindet sich mit dem höhergelegenen Plateaubereich im Osten des Grundstückes. Das Plateau bildet nach Abbruch der Bestandsbauten die Basis der neuen Quartiersbildung. Die Differenzierung in den freien, natürlich bewegten Landschaftsraum (Park) und den artifiziell gestalteten Außenraum (Plateau) spielt hierbei eine zentrale Rolle. Auf dieser Grundlage wird ein Quartierskonzept entwickelt, das öffentliche Freiflächen mit halböffentlichen und privaten Außenräumen zusammenführt und auf unterschiedliche Weise verwebt und gestaltet. Die Baukörper bilden mit ihrer stringenten Ost-West-Ausrichtung (optimal für Wohnnutzung), ihrer bewusst positionierten raumbildenden Anordnung sowie der Versetzung auf den Höhenlinien Sichtbeziehungen zum Noor. Dabei entstehen differenzierte Außenräume, die sich durch das Gegenüber und Miteinander zonieren und stärken. Es entstehen Zwischenzonen, die im Hinblick auf Gemeinschafts- aber auch Privatbereiche unterschiedlich bespielt und belebt werden können. Die Staffelung der Gebäude wird in ihrem Bezug zur Landschaft und Topografie durch die unterschiedliche Ausformulierung mit Voll- und Staffelgeschossen, Flachbauten und solchen mit asymmetrisch versetzten Firstlinien thematisiert und verstärkt.
Die sensibel eingefügte Komposition schafft ein offenes, durchlässiges Ensemble, das sich klar auf den Ort und seine Umgebung bezieht, sich zur Landschaft hin öffnet und die Qualitäten der Umgebung erlebbar macht. Eine Hierarchie wird bewusst vermieden. Die Topografie, Nähe und Weite, das Öffnen zur Landschaft mit Blickbeziehungen zum Noor, das Einbeziehen der Umgebung und der Nachbarschaft sind somit grundlegende Entwurfsthemen, welche die Ausrichtung und Ordnungsstruktur, als auch die Form und Gestalt der Baukörper selbst und somit des gesamten Quartiers bestimmen.

Gebäude und Funktion
Das beschriebene Entwurfskonzept dient in optimaler Weise den Anforderungen an genossenschaftliches Wohnen. Das Freiraumkonzept mit dem Schwerpunkt auf gemeinschaftlichem Wohnen und den damit verbundenen differenzierten Qualitäten spiegelt sich ebenso in den Gebäuden wider. Unterschiedliche Erschließungsthemen, differenzierte Wohnungstypologien und –größen werden zu einem gesamtheitlichen Gefüge zusammengefügt. Das Durchmischen der unterschiedlichen Wohnungen spielt hierbei eine ebenso bedeutende Rolle, wie die Positionierung der Baukörper zueinander. Erschließungsbereiche mit hoher kommunikativer Qualität (Laubengangstrukturen) wechseln mit klassischen 3-, 4- und 5-Spännern. Sämtliche Erschließungszonen sind barrierefrei und natürlich belichtet und belüftet.
Die Mehrfamilienhaustypen werden durch unterschiedlich ausformulierte Reihenhäuser ergänzt. Die Größen und Zuschnitte der Wohnungen sind variabel und können entsprechend ihrer Nutzung weiter ausformuliert werden, sodass ein Angebot vom Single bis zur mehrköpfigen Familie generationsübergreifend angeboten werden kann.

Freiraum und Erschließung
Das Entwurfskonzept basiert auf der vorgefundenen Situation und thematisiert Park und Plateau / Freiraum und Bebauung. Die Freiräume werden dementsprechend unterschieden in den „frei fließenden“ Park und das „gestaltete und bebaute“ Plateau. Dieser Bereich mit seiner raumbildenden Bebauungsstruktur wird durch terrassierte und abwechslungsreich gestaltete Freiflächen (Rasen-, Blumenbeete und Pflanzflächen, Holzdecks und Sand- bzw. „Strand“Kisten etc.) und rampenartige, dem Gefälleverlauf folgende Erschließungswege und –straßen gegliedert. Sitzbänke folgen den Höhenlinien und den topografischen Bewegungen sowohl im Park- als auch im Plateaubereich. Sie dienen als Gestaltungselemente mit Lichtsegmenten und laden zum Verweilen und Spielen ein. Zudem parzellierten sie die zuvor benannten terrassierten Flächen in ihre unterschiedlichen Nutzungsbereiche.
Die Quartierserschließung erfolgt über den Bürgermeister Jahn–Weg. Die Zufahrtsstraße mit den festgeschriebenen Stellplätzen wird beibehalten, jedoch in Material und Abmessung angeglichen und um weitere Stellplätze ergänzt. Die geforderten Stellplätze befinden sich zum einen in Nähe der Erschließungsstraße bzw. werden den Reihenhäusern direkt zugeordnet und zum anderen in einer Stellplatzanlage unter den Häusern 4 und 5 bzw. Haus 8, welches vom Lorenz von Stein–Ring erschlossen wird, untergebracht. Die Wege und Straßen im Quartiersinneren benennen je nach Querschnitt die fußläufige Erschließung und Durchwegung ebenso wie die temporäre Andienung der Gebäude bezüglich der Ver- und Entsorgung / Feuerwehr etc. Durch die Verwebung in Nord-Süd- und Ost-West-Ausrichtung sowie durch die Versetzung der Baufluchten mittels Aufweitungen und Platzsituationen entstehen immer wieder Durchblicke auf den Landschaftsraum und teilweise bis auf das naheliegende Noor.

Material und Konstruktion
Die Gebäude sind in einer hellen und freundlichen Ausstrahlung maßstabsgerecht entwickelt. Sie beziehen sich in ihrer reduzierten, materialgerechten Ausgestaltung auf ihre direkte Umgebung und binden sich somit sensibel in das Umfeld ein. Es wird eine zeitgemäße wirtschaftliche Bauweise gewählt, welche den energetischen Anforderungen und den qualitativen Ansprüchen entspricht.
Korrespondierend dazu gestalten sich die Außenräume: Pflasterbeläge bilden in unterschiedlichen Elementbreiten und -längen angeordnet einen Bezug zu den Baukörpern. Die dezente, vielfältig nutzbare Möblierung, welche gleichzeitig die Zonierung der Freiflächen übernimmt, fügt sich wie selbstverständlich in das Umfeld ein. Die Freiflächengestaltung des Plateaus bildet einen bewussten Gegenpol zur Parkstruktur und erscheint als klar gegliederte und unterschiedlich gestaltete Flächenanordnung mit unterschiedlichsten Nutzungsvarianten. Bestandsbäume wechseln mit klar ausgerichteten Neupflanzungen.

Einbindung ehemalige Materialprüfanstalt MPA
Um der städtebaulichen Leitidee einen identitätsbildenden Ausdruck zum Lorenz von Stein – Ring zu verleihen, schlagen wir vor die ehemalige MPA entsprechend ihren baulichen Möglichkeiten umzubauen bzw. neu zu errichten. Die zur Verfügung stehenden Flächen könnten beispielsweise im Sockel- und Erdgeschoss die gewünschten Gewerbe- und Büronutzungen aufnehmen und durch zusätzliche, hoch qualitative Wohnflächen in den Obergeschossen ergänzt werden. Eine wirtschaftliche Erstellung in Abwägung zwischen Beibehaltung des Bestandes und Umstrukturierung bzw. Neubau ist aus unserer Sicht gegeben.

Fazit
Das neue Wohnquartier wird im Hinblick auf die unterschiedlichen Anforderungen und Gegebenheiten in optimaler Weise strukturiert. Der bestehende, qualitativ hochwertige Landschaftsraum wird gestärkt. Die Ambivalenz der unterschiedlichen Zonen wird thematisiert und in ein qualitatives, zeitgemäßes Wohnquartier transformiert. Das Quartier bildet ein lebendiges, „atmungsaktives“ Wohnumfeld im Spannungsfeld zwischen der Historie der ehemaligen Bauschule und heutigen Anforderungen, zwischen gemeinschaftlichen Freiräumen und privaten Zonen. Die Nähe zur Landschaft, insbesondere zum Noor, bleibt in allen Bereichen deutlich spürbar.

„Das Individuelle wird durch die Gruppe gestärkt“, ein genossenschaftlicher Ansatz, der in diesem Quartier seinen baulichen Ausdruck finden soll.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich durch das Freihalten des westlichen Bereichs des Grundstücks aus und bindet den dominierenden Baukörper des Campusgeländes sowohl topographisch als auch freiraumplanerisch sehr gut ein. Die Neubebauung wird ausschließlich im Osten des Grundstücks vorgesehen. Trotz der erhöhten Dichte in diesem Baufeld wird durch die versetzte Stellung der Baukörper eine hohe Qualität des Freiraums geschaffen. Es entsteht ein spannungsvolles Verhältnis zu der freien Parkfläche im Westen.
Der bestehende Baukörper wird durch die Anordnung der neuen Gebäude wie selbstverständlich eingebunden trotz seiner Größe. Durch Baukörper, Ensemblewirkung und Freiraumgestaltung entsteht eine Einheit, die auf den Bestand eingeht, aber zu einer selbstverständlichen Einheit zusammen wächst ohne sich als Fremdkörper von der Umgebung zu lösen.
Dem qualitätsvollen städtebaulichen Ansatz wird durch eine entsprechende Qualität und Gestaltung der Baukörper Rechnung getragen. Durch pointiert gesetzte Differenzierung im Baukörper, im Grundriss und in der Dachausbildung ergibt sich eine interessante, spannungsvolle Qualität. Die teilweise Schrägstellung der Fassade bewirkt spannungsvolle, fließende Räume und Blickrichtungen. Die Aussicht in Ost-West-Richtung und die klare Grundriss-Struktur ergeben in allen Geschossen gute Licht- und Aussichtsmöglichkeiten, die einen ersten Hinweis auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens geben. Es sind Freisitze vorgesehen, die sich selbstverständlich in die klare Sprache der Architektur einbinden.
Die Anordnung von direkt zugeordneten privaten und öffentlichen Flächen im Zusammenhang
mit der Erschließung lassen eine differenzierte Freiraumgestaltung erkennen. Der erhaltenswerte Baumbestand bleibt weitestgehend bestehen. Lediglich im Nordosten und im Übergang zum Bürgermeister-Jahn-Weg wird geringfügig in den Baumbestand eingegriffen. Als Ausgleich wurden Neuanpflanzungen vorgesehen, die die Freiraumgestaltung unterstützen.
Die das Grundstück kennzeichnende Geländehöhe wurde durch eine Terrassierung geschickt eingesetzt und die Baukörper durch die Freianlagen eingebunden.
Die Topographie wird effizient genutzt, um eine Tiefgarage in einem Teilbereich vorzusehen.
Das Verhältnis von BGF zu Wohnfläche ist wirtschaftlich. Der leicht erhöhte Aufwand für die Baukörperform einiger Gebäude wird durch die entstehende Raumqualität des Entwurfs gerechtfertigt.
Die kompakten Baukörper und die Ausrichtung sichern eine gute Energieeffizienz.