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Begrenzt-offener landschaftsplanerischer Realisierungswettbewerb | 09/2006

Temporäre Freiraumgestaltung Schlossareal Berlin-Mitte

Ankauf

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept
Das Konzept für die temporäre Gestaltung des Schlossplatzes sieht zwei eigenständige, sich ergänzende Gestaltungsgesten vor. Der offene Schlossplatz im Berliner Zentrum wird zum einen mit einer großen Rasenfläche, zum anderen mit einer großmaßstäblichen Tribüne bestückt. Die Grundrisskontur des ehemaligen Schlosses dient hierbei als historisch-narrativer Bezugspunkt der Flächengeometrie und Flächendimensionierung.

Tribüne
Der Ort des jetzigen Schlossplatzes wird zur Spree und zum dahinterliegenden, jetzigen Marx-Engels-Forum somit in quasi historischer Kontinuität mit einer abschließenden räumlichen Geste besetzt. Das Schloss bildete historisch zusammen mit der Spree eine Raumgrenze nach Osten, gleichzeitig als Abschluss der (Blick)achse der Linden. Die neue, temporäre Tribüne wird analog bis an das Ufer der Spree gerückt mit einer leichten (schwebenden) Auskragung. Diese Kante bildet mit dem oberen Teil der Tribüne ein Art Balkon und schafft in etwa fünf Meter Höhe über Strassenniveau und etwa neun Meter über der Wasseroberfläche eine dramaturgische Ergänzung zu den Möglichkeiten Stadt- und Spreeraum zu erleben. Neben der gegenüberliegenden Uferpromenade an der hautnah die an- und abfahrenden Tourschiffe erlebt werden können, bildet die vorgeschlagene Tribüne hier im übertragenen Sinne den Blick aus der Beletage des ehemaligen Schlosses ab. Der erhöhte Blick über die Spree ins grüne Marx-Engels-Forum wie auch der längsseitige Blick entlang des Doms nach Norden und nach Süden in die grachtenartige Bebauung zwischen Marstall und Nikolaiviertel mit Blick auf die Türme der Fischerinsel bietet eine völlig neue Blickperspektive. In leicht erhöhter Position erfährt der Besucher eine sanfte Zäsur in der Textur der Stadt, einen Ausblick, einen Zwischenhalt.
Von den Linden her bildet die Tribüne wie zuvor das Schloss oder der Palast den Abschluss der großen Berliner Ost-West-Asche, lenkt nun aber den gerichteten Blick aus der Ferne wie in einer optischen Biegung gen Himmel.

Der Common
Der geplante, im direkten Anschluss an die Tribüne nach Westen ausgebreitete Rasen steht in der städtischen Tradition des Freiraums als gemeinschaftliches, freies Zentrum. Die Rasenfläche ist nicht repräsentativer Platz, nicht gefasstes Zeichen herrschaftlicher Setzung, sondern kann als urdemokratisches Forum, oder spielerisches Moment gesellschaftlichen Lebens ganz in der gartenkünstlerischen Tradition des mittelalterlichen Prato, der englischen commons, des persischen Maidan, oder der deutschen Allmende – hier in urbaner, zentraler Lage – gelesen werden. Mit der vorgeschlagenen Ausstattung bleibt trotz der weitgreifenden baulichen Geste der Platz als offene, nutzbare Plattform erhalten und wird sogar in dieser Funktion gestärkt.

Bühne
Der Rasen wird in Verbindung mit der Zuschauertribüne zu einem klassischen “prato” als Austragungsort von Veranstaltungen im Zentrum der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Durch den Belag mit Rasen erhält der Schlossplatz trotz seiner großzügigen Flächigkeit gleichzeitig beruhigende Sinnlichkeit. In der freien Wechselwirkung zwischen Zuschauer und Zuschauenden wird die Tribüne auch zur Bühne, zum Austragungsort von Urbanität. Tribüne und Rasen, beide gleichzeitig Bühne und Rang bieten Anlass und Motiv für eine Bespielung jenseits verordneter oder organisierter Veranstaltungen. Der Entwurf ist eine oszillierend bipolare Inszenierung des Verhältnisses zwischen Betrachtung und Betrachter.

In der spontanen Bespielung der Tribüne - zum Beispiel dem einfachen Sitzen und Betrachten des Berliner Sonnenuntergangs im Westen jenseits der Friedrichswerderschen Kirche, der rekonstruierten Kommandatur und dem Zeughaus– rückt gleichzeitig der Mensch ins Zentrum der Achse der Linden.

Zonierung des Freiraumes / Phasenweiser Ausbau:
Der Entwurf ist mit der schrittweisen Vergrößerung des Areals realisierbar. In der ersten Phase – während der vorgesehenen Ausgrabungsarbeiten im westlichen Teil des Schlossplatzes (Wettbewerbsbereich I)– können die Tribüne und ein schmaler Rasenstreifen realisiert werden.
Nach deren Abschluß steht ab Ende 2008 der Common in seiner ganzen größe zur Verfügung. Die weiterenen Ausgrabungsarbeiten im Südteil werden von der Nutzung nicht beeinträchtigt.

Materialisierung Rasenfläche:
Die von einer niedrigen Stahlkante, als repräsentativer Abschluß, gerahmte Rasenfläche wird mit Rollrasen belegt.

Materialisierung Tribüne:
Die Tribüne wird mit einfachen Holzstufen auf einer Unterkonstruktion aus konventionellen Gerüstelementen gebaut. Die Beleuchtung ist in den Treppenaufgängen integriert. Die Konstruktion geht bis an die Ufermauer der Spree. Eine Begehung unter der Tribüne ist nicht vorgesehen.