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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2014

Neubau Türkenwirt-Gebäude, BOKU Wien

3. Rang

P.GOOD Praschl-Goodarzi Architekten ZT-GmbH

Architektur

grundstein architekten

Architektur

werkraum ingenieure zt gmbh

Tragwerksplanung

teamgmi Ingenieurbüro GmbH

TGA-Fachplanung

Arch. DI Bernhard Sommer

Bauphysik

Battle i Roig arquitectes

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

In einem interdisziplinären Planungsprozess wurden die differenzierten Anforderungen der Aufgabestellung von Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen von Anfang an gleichzeitig bearbeitet mit dem Ziel einen ganzheitlich optimierten Entwurf zu entwickeln.
Dabei haben sich folgende Themen als die wesentlichsten Parameter der konkreten Aufgabestellung herauskristallisiert:

ARCHITEKTUR ALS LANDSCHAFT
Um das komplexe Raum- und Funktionsprogramm optimal zu erfüllen wird die gesamte Zugangsebene als Landschaft interpretiert, die sich topographisch vom Straßenraum durch das Gebäudeinnere bis in den Garten entwickelt.
Dadurch wird es möglich die wesentlichen Funktionsbereiche Audimax, Mensa, Lehrmittelstelle und TÜWI unmittelbar vom Eingangsbereich zu überblicken und auf kurzem Weg zu erreichen.
Speziell in der Mensa als Ort der Verbindung zur Landschaft (Nahrungsproduktion) wird die Topographie und der Bezug zu Vegetation und Außenraum besonders stark erlebbar.
Der Hörsaal stellt das Herz des Gebäudes dar und ist durch seine charakteristische, topographische Form mit der schrägen Untersicht besonders prägnant und dadurch im Gebäudeinneren und auch von außen sofort erkennbar.
Durch den Einsatz unterschiedlicher biologischer Fassaden wird die Gebäudeoberfläche ihrerseits selbst zum identitätsstiftenden Landschaftselement.
Die variable Hauptfassade aus Photobioreaktoren (Algen) im Süden und Westen sowie unterschiedliche Begrünungssysteme repräsentieren eine Komposition aus Vegetation stets in Synergie mit mindestens einem Zusatznutzen wie Energieproduktion und Beschattung (Süd), Regenwasserreinigung (Ost), Lüftungsführung über Grünpufferwände (Institute), Kühlung der Photovoltaikanlage durch Transpirationsleistung der Pflanzen, Beschattung (Dachgarten) etc.

STÄDTEBAU
Der herausragenden kulturellen und funktionalen Bedeutung der Bauaufgabe wird mit einer selbstbewussten Baukörperform entsprochen, die ein Zeichen im Straßenraum setzt und durch die veränderbaren Forschungsfassaden die Arbeit der BOKU nach außen kommuniziert.
Das Gebäude vermittelt zwischen der Großform der Hotelfachschule, der kleinteiligen Struktur des Cottageviertels und der Landschaft des Türkenschanzparks.
Durch die biologische Fassadengestaltung und die direkte Sichtverbindung am Haupteingang tritt das Gebäude in Dialog mit dem diagonal gegenüberliegenden Park.
Die Baukörperoberfläche wird neben den städtebaulichen Parametern auch durch eine energetische Optimierung geformt und profitiert dabei vom Freiraum des Parks durch unbeschatteten Sonnenenergieeintrag.

KLARE INTERNE ORGANISATION
Das Konzept der funktionalen Organisation unterteilt das Gebäude in die Bereiche für Studierendenselbstverwaltung sowie Forschung und Lehre.
Der Universitätsbereich mit Hörsaal, Mensa, Instituten, Lern- und Lehrbereichen ist im Kopfbau an der Peter Jordan Straße untergebracht, während die Bereiche der Studierendenselbstverwaltung, TÜWI und ÖH im schmalen Gebäudeteil an der Dänestraße zusammengefasst werden.
Lern- und Lehrbereiche finden sich hauptsächlich um das Atrium in den Obergeschossen angeordnet und sind als offene flexibel trennbare Zonen ausgebildet die sich von der Photobioreaktorfassade im Süden bis zur Regenwasserfilterfassade im Osten erstrecken.
Das Foyer beherbergt die Haupterschliessung, weitere Lern- und Lehrbereiche, die Mineralienschausammlung, einen Infoscreen für die Vermittlung der Gebäudeperformance und macht die Photobioreaktorfassade von innen zum erlebbaren Schaustück.

INTEGRALES FORSCHUNGSGEBÄUDE ALS OFFENES KONZEPT
Der Einbindung von Forschungskonzepten liegt eine Analyse der architektur- bzw. gebäuderelevanten Forschungsprojekte der BOKU zugrunde und darf als offener Vorschlag interpretiert werden, welcher in Zusammenarbeit im Rahmen des integralen transdisziplinären Planungsprozesses weiterentwickelt werden soll.
Wir schlagen daher flexible Strukturen vor, die Möglichkeiten für zukünftige Forschung beinhalten. So können beispielsweise die Module der Süd- und Westfassade einfach aus der Tragstruktur ausgehängt und durch andere Elemente ersetzt werden.

KOMPAKTHEIT
Der Entwurf ist als hochkompakter Baukörper mit nur einem Untergeschoß und einem maximalen Fluchtniveau von 11m konzipiert, was eine Einordnung in die Gebäudeklasse 4 ermöglicht. Dies bringt einen wesentlichen Vorteil gegenüber einer Ausführung in Gebäudeklasse 5, z.B. hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen an das Brandverhalten (OIB-Richtlinie 2. siehe Bericht Statik) – dadurch ist es möglich eine wirtschaftliche Holzkonstruktion ohne aufwändige Brandschutzverkleidungen zu planen, was einen wesentlichen Beitrag zum ökologischen und kostengünstigen Bauen darstellt.
Auf ein zweites Kellergeschoss mit Tiefgarage wird in Hinblick auf die schwierigen Bodenverhältnisse und die Baukosten verzichtet.

BRANDSCHUTZ- UND FLUCHTWEGEKONZEPT
Die Lage des Hörsaals im Erdgeschoss ermöglicht es von jedem Sitzplatz aus innerhalb von 40m direkt ins Freie zu flüchten, was bei optimaler Sicherheit der Studierenden zu einer Reduktion von aufwändigen Fluchtstiegen und Brandabschottungen beiträgt.
Aus dem TÜWI und der Mensa gelangt man ebenfalls ohne Stiegen direkt ins Freie.
Zwei interne Stiegenhäuser und eine Freitreppe garantieren die Fluchtmöglichkeit im Brandfall für jeden weiteren Gebäudeteil. Brandschutzwände und Brandschutzvorhänge (Foyer) ergänzen dieses Konzept.

BAUSTOFFKONZEPT
Ein sparsamer Umgang mit Materialien (sowohl in der Menge als auch der Anzahl der unterschiedlichen Materialien) verdeutlicht den gewissenhaften nachhaltigen Aspekt des Projektes:
CO2 reduzierter Beton aus Hüttensand für erdberührte Bauteile und den Bauteil Hörsaal.
Holz-Beton Verbundbauweise für TÜWI und ÖH sowie die Geschosse der Institute

Diese tragenden Materialien werden zur Bauteilaktivierung herangezogen und als Sichtelemente ausgeführt, was das puristische Materialkonzept unterstreicht und die klare Ästhetik der Innenräume bestimmt. Ergänzt wir dieses Konzept durch Böden aus Holz und Naturstein sowie die umfassenden Maßnahmen zur Integration von Vegetation im Gebäude.

RUHENDER VERKEHR
Die Zukunftswerkstatt TÜWI ist ein Leuchtturmprojekt für Nachhaltiges Bauen - die Anordnung von Autostellplätzen widerspricht diesem Konzept. Es wird daher kein kostenintensives Garagengeschoss eingeplant.
250 Stellplätze für (Elektro-) Fahrräder sind den unterschiedlichen Funktionen zugeordnet: Mitarbeiter/innenstellplätze im Gebäudeinneren, Stellplätze im Bereich TÜWI sowie an der Peter Jordan Straße bei Haupteingang und Mensa. Die Photovoltaikanlage liefert den Strom für das Aufladen der Elektrofahrräder.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorgegebene Raumprogramm wird in einem E+2 Geschoße + 1 DG umfassenden Baukörper weitestgehend umgesetzt. Der Haupteingang ist an der Ecke Peter -Jordan-Straße/Dänenstraße angelegt. Der nördliche Trakt beherbergt im Erdgeschoß das TÜWI-Lokal und den Hofladen mit jeweils einem separaten Zugang. Das Hauptstiegenhaus liegt an der Nahtstelle zwischen Straßen- und Gartentrakt. Es wird eine technisch herausfordernde vorgehängte Fassadenkonstruktion angeboten, die eine Gebäudebegrünung in verschiedensten Varianten ermöglicht. Horizontal gegliederte bandartige Paneele werden vorgeschlagen, die als Rankgitter, Photovoltaikpaneel oder Photobioreaktor (Algen) ausgebildet sein können. Die Schichte zwischen den vorgehängten Elementen und der eigentlichen klimatischen Gebäudehülle ist als Servicesteg ausgebildet und es besteht auch dort die Möglichkeit in abgehängten Pflanztrögen Gebäudebegrünung vorzusehen. Diese Paneelstreifenfassade ist vor allem an den Süd- und Westenfassaden vorgesehen. Die relativ dichte Anordnung der Paneelstreifen bewirkt eine gewisse Einschränkung der natürlichen Belichtbarkeit der dahinterliegenden Aufenthaltsräume. Die technische Machbarkeit der dargestellten Paneelstreifen mit Photobioreaktoren (Algen) erscheint dem Preisgericht innovativ, aber derzeit zu wenig ausgereift und kostenmäßig fraglich, verglichen mit PV- Paneelen.

Die großzügig angelegte Eingangshalle führt über eine breite Treppe und Sitzstufen in das Untergeschoß zum Mensabereich. Der darüber liegende große Hörsaal ist vom Erdgeschoß über eine Brücke, die in die mittlere Etage des Hörsaals führt erschlossen. Vorbei am Lehrmittelshop führt die Haupterschließung zum Vertikalerschließungskern an der angesprochenen Nahtstelle zwischen Garten und Straßentrakt. In den Obergeschoßen sind die Büro und Seminarräume der ÖH und der Institute praktikabel organisiert. Ein zentraler quadratischer Innenhof ab dem OG2 sorgt für Belichtung der daran angrenzenden Funktionsflächen. Im nördlichen Trakt werden Dachterrassen angeboten. Zum Teil sind Besprechungsräume nur bedingt von allgemeinen Erschließungsflächen getrennt. Die ÖH Lounge weist keine direkte Verbindung zu den ÖH-internen Funktionen auf. Die natürliche Belichtung des Mensabereiches im Untergeschoß ist durch das Absenken des nord-östlichen Gartenniveaus gewährleistet. Die Anlieferung und Entsorgung erfolgt über die Nederstraße mit einem Lastenaufzug. Dort ist auch eine Fahrradtiefgarage im Untergeschoß 1 vorgesehen.

Die Zonierung der Freianlagen mit dem Vorplatz an der Peter-Jordan-Straße, dem TÜWI-Gastgarten an der Dänenstraße wird grundsätzlich als praktikabel einges tuft. Der von der Dänenstraße in einem Schwung zurückweichende Baukörper erzeugt einen Freiraum, der allerdings nicht ausformuliert ist.

Das vorgeschlagene Gründungskonzept scheint aufgrund der asymmetrischen Konzeption sowie von Höhensprüngen der Fundamentplatte in sensiblen Bereichen bedingt realisierbar.

Die im Rahmen des vorliegenden Detaillierungsgrades der Planung mögliche Auswertung der Energieeffizienz deutet darauf hin, dass mit der vorgeschlagenen Gebäudekonfiguration der „Plus-Energie-Standard“ knapp nicht erreichbar ist. Der Wirkungsgrad von Algenpaneleen ist hier zu hinterfragen. Bei teilweisem Ersatz der Algenpaneele durch PV-Paneele ist der „Plus Energie-Standard“ gut erreichbar.

Die Erreichung des vorgegebenen Kostenziels scheint bei dem vorliegenden Projekt, das in der Flächenbilanz leicht durchschnittlich liegt, bedingt realistisch.
Gebäudekonzept

Gebäudekonzept

Raumprogramm

Raumprogramm

Grundriss EG

Grundriss EG