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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2014

Umbau des alten Pfarrhauses und Neubau eines Kirchgemeindesaals

Der neue Kirchgemeindesaal in Rüti ZH

Der neue Kirchgemeindesaal in Rüti ZH

Gewinner / zur Weiterbearbeitung empfohlen

Joos & Mathys Architekten

Architektur

Daniel Nyffeler Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Erläuterungen Umbaukonzept

Im „alten Pfarrhaus“ kann das vorliegende Raumprogramm für die Kirchgemeinde sinnvoll einquartiert werden. Wie im Raumprogramm vorgeschlagen ist die Aufteilung auf die Geschosse umgesetzt: Im Erdgeschoss sind die Räume mit öffentlichem Charakter; die Verwaltung mit ihren entsprechenden Räumen im darüberliegenden 1. Stock. Das 2. Geschoss (das 1706 aufgestockt und in Riegelbauweise erstellt wurde) beherbergt die Sitzungsräume und die Pfarrämter. Abweichend vom Raumprogramm wird vorgeschlagen den Pausenraum anstelle der „Zwinglistube“ zu platzieren. Im Erdgeschoss entsteht neben der Eingangshalle ein zusätzlicher Raum. Auch das Waschhaus im Pfarrgarten kann neu bespielt werden.
Die historisch gewachsene Gliederung des Bauwerks mit den zwei massiven Geschossen und dem darauf gestellten Riegelbau ist bemerkenswert. Für den Vorschlag des Umbaus hat diese Eigenheit zum jetzigen Zeitpunkt noch keine direkten Konsequenzen, es gilt aber für die weitere Verfeinerung der Eingriffe diesem Umstand Rechnung zu tragen. Zur Verbesserung der Wärmedämmung kann jetzt noch keine präzise Aussage gemacht werden. Die Zusammenarbeit mit einem Bauphysiker ist zwingend: mögliche Massnahme sind: Innendämmung (Vormauerungen nicht Leichtbau), Dämmung der Brüstungsbereiche der Fenster (ohne die Fensteröffnungen zu verunklären), Ausblasen der Hohlräume mit Dammstoff.

Lifteinbau: Der Lift ist im nordwestlichen Teil des Gebäudes eingeschrieben. Er ist nicht direkt auf den Korridor geöffnet, sondern wird über einen Vorraum erreicht. Durch die zweiseitige Öffnung kann auch der nördliche Gebäudeteil behindertengerecht erschlossen werden. Der Liftkern ist zwischen zwei Fensterachsen gelegt und die Liftüberfahrt kommt mit dem liegenden Dachgebälk nicht in Konflikt, sondern liegt zwischen zwei Trägerachsen. Für den Niveauunterschied zwischen Einganghalle und südlichem Unterrichtsraum schlagen wir ein grosszügig ausgebildetes Podest vor mit der Möglichkeit einen mechanischen Hublift zu installieren.

Sanitäre Einrichtungen: Die sanitären Einrichtungen liegen wie der Lift im nordwestlichen Gebäudeteil. Die Räume sind über Vorräume zusammengefasst, damit die Korridorwand nur punktuell geöffnet werden muss. Die WC Räume sind aus massiven Wänden gebildet, die zwischen Korridorwand und Aussenwand gespannt sind (im vorliegenden Entwurf muss einzig im Erdgeschoss eine Öffnung neu erstellt werden; diese ist aber in einem Plan von 1837 dokumentiert, die anderen Öffnungen sind bestehend und müssen lediglich erweitert werden).

Brandschutztüren (tiefe Türfutter): Wir gehen davon aus, dass das Treppenhaus brandschutztechnisch mit einem Abschluss vom Korridor getrennt werden muss. Die neuen Treppenhaustüren müssen mit Türschliessern ausgestattet sein, damit sich im Brandfall der Rauch nicht im Haus ausbreitet. Im Gebrauch ist diese Lösung für das bestehende Pfarrhaus nicht befriedigend, da pro Geschoss mehrere Türen auf das Treppenhaus führen. Anstelle von sich immer wieder schliessenden Türen schlagen wir Türelemente mit tiefen Leibungen vor, so dass die Türflügel in geöffnetem Zustand den freien Durchgang ermöglichen. Mit brandfallgesteuertem Schliessmechanismus soll der Brandschutz garantiert werden. Mit dieser Konzeption kann die ursprüngliche Raumsequenz des Korridors erhalten bleiben.
Entflechtung der Wegführung beim Sekretariat im 1.OG.: Der Empfang zum Sekretariat erhält durch die gewählte Disposition eine Trennung der Wegführung für die Besucher und das Personal. Die Angestellten bekommen einen separaten Eingang und einen internen Zugang zum Kopierraum. Derart ist die Wegführung entflechtet und der öffentliche Eingang zum Sekretariat vom Treppenhaus selbstverständlich.
Raumbildung im 2.OG mittels Trennwand: Der freistehende Holzpfeiler im 2. Obergeschoss wird durch eine neue Trennwand seitlich ergänzt, sodass zwei grosse Sitzungszimmer entstehen und das Holzgebälk erhalten bleibt.

Wiederinstandstellung Fensteröffnungen: Im Erdgeschoss sind verschiedene Fenster aus architektonischer Sicht unbefriediegend ausgebildet worden. Zum einen wurde ein Fenster auf der nordwestlichen Seite von innen verschlossen und mit einem Kasten ausgefüllt. Zum anderen sind Brüstungsbereiche auf die gesamte Leibungstiefe ausgefacht worden. Diese Massnahmen sind zwar in bauphysikalisch gutgemeinter Absicht geschehen – müssen aber aus unserer Sicht zurückgebaut werden. In der vorliegenden Architektur ist ein Fenster immer auch eine Mauernische, die bis zum Boden reicht.

Erläuterungen Neubau Kirchgemeindesaal:

Die heutige Situation des Gartens lässt das Potential eines gestalteten „Klostergartens“ nur mehr erahnen. Dabei ist der Wohnbau aus den 1970er Jahren zu berücksichtigen, der massgeblich zur unbefriedigenden Hofsituation des Gartens beiträgt.
Das vorliegende Projekt ist gartenarchitektonisch noch nicht entwickelt, dafür wurden die räumlichen Rahmenbedingungen für eine heutige Vorstellung von „Klostergarten“ geschaffen:
1. ein grosser, zusammenhängender Freiraum
2. ein spannungsvolles Gegenüber zu den bestehenden Baukörpern (Pfarrhaus und Waschhaus) unter Berücksichtigung des unbefriedigenden Nebeneinander zum Wohngebäude aus den 1970er Jahren
3. eine architektonische Gestaltung mit lokalem Bezug
4. Der Neubau und der Pfarrhof sind Teil der Klosteranlage

Neubau Kirchgemeindesaal
Der vorliegende Entwurf versteht den neuen Kirchgemeindesaal als Teil der Gartenanlage, als pavillonartigen Kleinbau im südöstlichen Winkel des Grundstücks. Das Gebäude ist in einen flachen Bauteil und den eigentlichen Saalbau gegliedert. Es wird ein Eingangshof aufgespannt zwischen den sich gegenüberstehenden Gebäuden Pfarrhaus und neuem Kirchgemeindesaal. Mit gartenarchitektonischen Elementen reicht der Neubau bis an die Strasse und führt einen flach geneigten Zugangsweg zum Kirchgemeindesaal. Die gewählten Bauelemente sind: flache Rampe, die breiten Treppenstufen und die begleitende Wand. Der Auftakt vom Klosterhof bildet eine Plattform, die abwechselnd als Brunnen oder Blumenrabatte gestaltet werden kann.

Der Saal ist leicht ins Gelände eingeschrieben: die begrenzenden Flügelmauern sind auf Sitzhöhe. Derart sitzt man im Innern auf Höhe des Gartens. Ein steiles Dach von der Gartenseite bildet den asymmetrischen Hauptraum. Aus der südlichen Umfassungsmauer heraus entwickelt, erhebt sich ebenfalls ein Schrägdach zur ausgeprägten Firstmauer. Dreiseitig orientierte Öffnungen lassen einen besonderen Bezug zum umliegenden Garten entstehen.
Die Nutzungsverteilung vom Kirchgemeindesaal ist derart optimiert, dass ein möglichst kleiner „Fussabdruck“ im Garten steht. Nur das Foyer und der Saal, sowie die Küche sind im Erdgeschoss vorgesehen. Die Lagerräume sind mit einem Lift im Keller erschlossen.
Durch drei raumbildende Stützen wird Licht in das Untergeschoss geleitet. Dadurch werden die drei Räume für die CEVI natürlich belichtet und belüftet.

Konstruktion / Materialisierung
Der vorgeschlagene Saalbau besteht aus einem massiven Sockelbau und einem mit Holz ausgekleideten Betondach. Das Tragwerk des Daches ist die äussere Betonschale, die auf den massiven Pfeilern aufliegt.
Die Öffnungen sind eine Variation auf die runden „Ochsenaugen“ der umgebenden Bauten der ehemaligen Seidenweberei. Die Öffnungen sind zum Teil als Lichtkanonen ausgebildet für die Belichtung der Räume im Untergeschoss. Die südlichen Fensteröffnungen sind als Kastenelemente mit tranzluzider Aussenverglasung ausgebildet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau des Kirchgemeindesaals integriert sich mit dem asymmetrischen Schrägdach selbstverständlich in das bestehende Ensemble des Klosterbezirks. Er bezieht sich auf die historischen Gebäude gleichermassen wie auf die charakteristischen Dachlandschaften der benachbarten Industriegebäude. In seiner Lage an der südwestlichen Grundstücksgrenze schafft er mit dem alten Pfarrhaus, dem Waschhaus und den Umfassungsmauern einen intimen Pfarrhof und distanziert so den benachbarten Gebäudekomplex mit der Tiefgarageneinfahrt. Ein grosszügiger Platz empfängt den Besucher und verbindet die Eingänge zum alten Pfarrhaus und zum Kirchgemeindesaal. Eine Rasenfläche umfasst den Neubau und erhält dem alten Pfarrhaus und dem Waschhaus einen Gartenraum, welcher im positiven Sinn neu definiert wird. Gegenüber der heute unbefriedigenden Situation entsteht damit - insbesondere hinsichtlich der Wirkung der beiden denkmalpflegerischen Schutzobjekte - eine wesentliche Verbesserung.

Der Kirchgemeindesaal beeindruckt in seiner Gebäudeform und in seinem spezifischen architektonischen Ausdruck für diesen Ort. Er duckt sich mit einer niedrigen Traufe zum Pfarrhof und nimmt Bezug zum Massstab der historischen räumlichen Situation. Die grossen Fenster verstärken diese horizontal niedrige Wirkung des Gebäudes und schaffen vielfältige Durchblicke im Pfarrhof. Mit dem markanten Schrägdach und mit der hohen Firstmauer bezieht sich das Gebäude aber gleichzeitig auf die Dimension der mächtigen Bauten der Umgebung und repräsentiert den Kirchgemeindesaal als öffentliche kirchliche Institution. Der Platz und der Zugangsweg mit der begleitenden Umfassungsmauer prägen mit den Verglasungen eine einladend offene Ausstrahlung. Der Fassadenausdruck mit der feinteiligen Gliederung der Traufen und Dachabschlüsse in der hellen Farbigkeit ist atmosphärisch stimmig im historischen Kontext des alten Pfarrhauses sowie der benachbarten Industriegebäude. Die mächtigen Stützpfeiler mit den ovalen Fenstern, der gegliederte Ausdruck des massiven Dachvolumens und die grossflächigen Verglasungen stärken den repräsentativen Charakter des Gebäudes. Der architektonischen Ausformulierung der Fenster in der Firstwand ist als Fassade zur Amthofstrasse in diesem Sinne auch Beachtung zu schenken.

Der Kirchgemeindesaal ist ein eindrücklicher Raum, welcher sich mit grossen Verglasungen horizontal zur Rasenfläche des Pfarrhofs erweitert. Das Schrägdach schafft demgegenüber eine mächtige vertikale Raumdimension und wirkt mit der inneren Verkleidung in Holz schützend umhüllend. Der Saal kann mit dem Foyer zu einem zusammenhängenden, grossen Raum verbunden werden. Die Grundrissorganisation mit einem separaten Treppenhaus, mit einer Elementschiebewand zwischen dem Saal und dem Foyer und mit der Lage der Küche ermöglicht vielseitige Nutzungsszenarien. Das Foyer und der Saal können unabhängig oder zusammenhängend benutzt werden. Die Cevi-Räume im Untergeschoss können direkt über das Treppenhaus und unabhängig vom Foyer erschlossen werden. Die Belichtung der Cevi-Räume über die massiven Stützen des Saals ist eine innovative architektonische Konzeption der Belichtung und Sichtbarmachung der unterirdischen Räume. Im Hinblick auf die ökonomischen Rahmenbedingungen ist die vorgeschlagene Konstruktion des Dachvolumens allenfalls zu überprüfen. Einer angemessenen Materialität der Dacheindeckung als fünfte Fassade ist ausserdem grosse Beachtung zu schenken.

Der Umgang mit dem bestehenden Gebäude überzeugt durch eine sinnvolle Raumdisposition. Die prominenten Räume im Erdgeschoss zum Pfarrhof werden für Unterrichtsräume und für den Pausenraum genutzt. Im ersten Obergeschoss wird ein attraktiver Kundenbereich beim Sekretariat geschaffen und damit eine gute Belichtung des Erschliessungsbereiches gewährleistet. Die Eingriffsstrategie im Bestand wird im Sinne einer denkmalpflegerischen Spurensuche positiv beurteilt. Der Einbau des Aufzugs erfordert den Abbruch einer tragenden Wand. Dies ermöglicht jedoch, die Fassade unberührt zu belassen und den Liftzugang räumlich zurückhaltend über einen Vorbereich zu organisieren. Die Brandabschnittbildung des Treppenhauses mit brandfallgesteuerten Türelementen ist sachlich und formal positiv, da die räumliche Gesamtwirkung der Erschliessungsräume erhalten werden kann. Die vorgeschlagene systematische Überfassung und der Ersatz historisch wertvoller Elemente ist zu überprüfen. Die Notwendigkeit der Anpassung des Schopfs kann vor dem Hintergrund der Denkmalpflege und der Bauökonomie infrage gestellt werden. Das Waschhaus stellt als disponibler Raum eine willkommene Nutzungsreserve dar.

Der Neubau für den Kirchgemeindesaal beeindruckt als architektonisch spezifisches Projekt für diesen Ort und diese Aufgabe. Die seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts unvorteilhafte ortsbauliche Situation erfährt eine wesentliche Verbesserung, die den räumlichen und architektonischen Zusammenhalt der historisch wertvollen Teile des gesamten ehemaligen Klosterbezirks stärkt. Zusammen mit dem sorgfältig erneuerten alten Pfarrhaus schafft der neue Kirchgemeindesaal ein qualitätvolles Ensemble als öffentliches Zentrum für die reformierte Kirchgemeinde.
Situationsplan mit dem Neubau in rot

Situationsplan mit dem Neubau in rot

Erdgeschossplan des alten Pfarrhauses und des neuen Kirchgemeindesaals

Erdgeschossplan des alten Pfarrhauses und des neuen Kirchgemeindesaals

Obergeschosse des alten Pfarrhauses

Obergeschosse des alten Pfarrhauses

Untergeschoss und Schnitt des neuen Kirchgemeindesaals

Untergeschoss und Schnitt des neuen Kirchgemeindesaals

Innenperspektive des neuen Kirchgemeindesaals

Innenperspektive des neuen Kirchgemeindesaals