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Mehrfachbeauftragung | 09/2014

Erinnerungsort Olympia-Attentat München 72

Gewinner

Brückner & Brückner Architekten GmbH Tirschenreuth I Würzburg

Architektur

Dr. Winfried Helm / Theorie und Praxis

sonstige Fachplanung

Sauer 3D

Visualisierung

Erläuterungstext

Ein Schnitt
Erinnerungsort Olympia-Attentat

Ein Schnitt: zentrales Sinnbild für ein dramatisches, lange nachwirkendes Ereignis. Ergriffenheit – Bedrückung – menschliches Maß – würdiges Gedenken – solide Information: das sind die sich anschließenden Leitbilder des vorliegenden Entwurfes. Der Erinnerungsort respektiert das Vorhandene. Nichts wird hinzugefügt, wohl aber etwas weggenommen und verwandelt – wie bei den tragischen Olympischen Spielen 1972.

Die israelischen Opfer tragen die Last. Elf runde Säulen mit den Namen der Ermordeten in erhabenen hebräischen Lettern sowie kurzen Biographien in drei Sprachen würdigen die Individuen. In Augenhöhe blickt der Besucher in lebensgroße Gesichter. Darüber öffnen Bildschirme die bedrückende Decke und bieten in der per Knopfdruck ausgewählten Sprache Informationen zu Leben und Nachleben der Opfer. Die Opferblick- und Informationsseiten der Säulen orientieren sich zu einer Mitte. Dort zeigt ein in 24 Stunden gegliederter, leuchtender Kreis die Chronologie des verhängnisvollen Tages im September. Außerhalb des Stundenkreises sind die Ereignisse kurz und dreisprachig notiert. Im Zentrum läuft eine sich im Ereignistakt drehende, nicht aufhaltbare, immer wieder von neuem beginnende, dreisprachig erschlossene Projektion, die den Betrachter zum Mitgehen animiert.

Die Kontext-Themen positionieren sich um die Ereignismitte herum zwischen den „Opfersäulen“. Auf Tischhöhe befinden sich jeweils Grundinformationen in drei Sprachen sowie ein Bedienfeld für die Bildschirme, die Inhaltsvertiefungen bieten und auch hier gut einsehbar in die niedere Decke eingelassen sind. Die vier runden Infotischsäulen sehen Raum vor für einen QR-Code, der die Besitzer mobiler Datengeräte zu einer Internetpräsentation führen könnte.

Die zentrale Präsentationsebene des Erinnerungsortes tieft sich abgestuft in die Landschaft ein. Ein umlaufendes Panorama-Fensterband entsteht. Die Stufenabsätze tragen Orientierungsmarken. Angepeilt werden mit beschrifteten Zeigern in der jeweiligen Himmelsrichtung die Orte mit Blickbeziehung (Ort des Attentats, Denkmal König, Olympiaturm), die zahlreichen Gedenkorte weltweit sowie die Geburtsorte der elf Opfer. Die Stufen der Absenkung und damit auch die Form der Präsentationsebene folgen den nach unten projizierten Höhenlinien. Der fehlende Bestand bleibt als Abstraktion präsent.

Beurteilung durch das Preisgericht

Bericht der Wertungskommission, 19. September 2014
Der Siegerentwurf des Büros Brückner & Brückner zeichnet sich in besonderer Weise dadurch aus, dass er einen Raum schafft, der mit der vorhandenen Landschaft in Interaktion tritt: Ein Schnitt durch den bestehenden Hügel schafft einen Ort des Innehaltens, der in unmittelbarem Bezug zum Tatort Connollystraße 31 steht. Der so entstehende geschützte Ort bietet gleichzeitig überzeugend den Rahmen für die Darstellung der Geschichte des terroristischen Anschlags und der Biografien der Opfer.

Die Arbeit öffnet ausreichend Spielraum für die weitere kuratorische Entwicklung. Der Entwurf gestaltet einen Erinnerungsort, in dem sich die Besucher auf die Opfer besinnen können. Er verbindet Konzentration und Kontemplation einerseits mit dem Moment der Irritation andererseits.

Der konzipierte Raum bietet ausreichend Fläche für Gruppen; die überdachte, atriumähnliche Konstruktion schafft eine Aura der Würde. Der Raum ermöglicht gleichzeitig durch seine Offenheit und seine Positionierung eine intensive Befassung mit den inhaltlichen Schwerpunkten des Konzepts: der politischen Dimension Olympias, den Nachwirkungen des Attentats, dem internationalen Terrorismus und den deutsch-israelischen Beziehungen.

Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle:
"Dies ist ein faszinierender Entwurf, der von Brückner & Brückner geschaffene Raum bietet Informationen in einer würdigen architektonischen Form."

Generalkonsul des Staates Israel, Dr. Dan Shaham:
"Der Raum schafft ein Zentrum, in dem sich Gruppen zusammen finden, sich aber auch individuell informieren können. Es ist ein definierter und dennoch freier Ort der Begegnung. Der Raum strahlt Würde aus, in ihm können sich die Besucher Zeit nehmen, um sich über das Attentat, über die israelischen Sportler und auch den getöteten deutschen Polizisten zu informieren. Hierdurch wird ein tieferes Wissen über die Themen, die hier vermittelt werden, erreicht."