modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 09/2014

Stadträumliches Entwicklungskonzept „Untere Stadt“

3. Preis

Preisgeld: 14.700 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

DAY & LIGHT LICHTPLANUNG

Lichtplanung

Erläuterungstext

Rollenverteilung in der Doppelstadt | Altensteig besitzt neben der beeindruckenden Silhouette ein interessantes Wechselspiel von Ober- und Unterstadt.
Im Gegensatz zur Oberstadt ist die Unterstadt zwischen den umgebenden Hängen gefangen, die äußeren Grenzen sind weich und Landschaft fließt partiell weit ins bis ins Innere. Die Unterstadt ist eher nach innen orientiert, öffnet sich auf ihre Plätze und Gassen und inszeniert vorn dort aus immer wieder aufs Neue den Blick auf die überragende Oberstadt.
Die Unterstadt leugnet ihre historischen Wurzeln nicht zeigt sich jedoch lebendiger und moderner. Mit dem Fokus auf Gewebe, Dienstleistungen und Verwaltung bildet sie das gefühlte Zentrum von Altensteig.
An dieser heute schon gut ablesbaren Rollenverteilung setzt das Konzept an und macht für die zukünftige Entwicklung der Unterstadt dieses Spiel zwischen tradierter Stadt und lebendiger wie zeitgenössischer Mitte zum Thema.

Plätze und Querungen | Platz Da ! - Flexibel durch Menschen nutzbarer öffentlicher Raum ist Voraussetzung und Bühne ansprechenden urbanen Lebens. Ziel ist die Stärkung der des unverwechselbaren der Stadt um Raum für eben dieses quirlige Leben und damit eine Voraussetzung für eine zukunftsweisende Entwicklung der Stadtmitte zu schaffen.
Die Unterstadt ist ein durch die umgebende Topographie kraftvoll gefasster Stadtraum, der im Wechselspiel mit der einfließenden Landschaft eine lebendige und abwechslungsreiche bauliche Kante nach außen entwickelt. Im Innern wird die Unterstadt wird als eine Folge von Plätze und platzartigen Aufweitungen interpretiert, die durch ein feines Netz von kurzen Straßenabschnitten, Querungen und kleinen Wegen über die Nagold hinweg eng untereinander und darüber hinaus mit der umgebenden Landschaft und der darin eingebundenen neueren Stadtteilen verwoben ist.
Unter Würdigung des Bauzustandes wird mit dezenten Eingriffen in die vorhandene Substanz dieses städtebauliche Netz mit einfließendem Grün, kleine Plätzen und schmalen Verbindungen betont herausgearbeitet und gestärkt. Dabei wird neben störenden Gebäuden auch die zum Teil verschleiernde dichte Ausstattung mit Überbegrünung und Übermöblierung zugunsten einer klar ablesbaren Räumlichkeit zurückgebaut. Mit weiteren filigranen Stegen und neuen, in die Plätze integrierte Zugängen zum Wasser wird die Nagold Teil dieser Inszenierung.

Verkehrskonzept | In der vorgefunden Enge kann nutzbarer öffentlicher Raum nur durch Rücknahme und Optimierung des Individualverkehres entstehen. Die ehemalige Bundestrasse wird in einem weitgehend klassischen Profil bis an die Unterstadt geführt und verläuft dort in die intendierte Platzfolge integriert. Bodenbündige Rinnenplatten fassen den Fahrbereich mit einer Regelbreit von 6 m. Randseitig entsteht großzügiger Gehbereich und flexibel für Kurzparken, Anlieferung, Gastgärten oder Auslagen nutzbare Mischstreifen Mit Blick auf die weiterhin doch hohe Belastung, zur besseren Ablesbarkeit und zur Verringerung des Verkehrslärmes erhält die Fahrbahn eine lärmmindernde Asphaltdecksicht in farblicher Anlehnung an den umgebenden Stadtboden. In dieser Abfolge werden die beiden „Torplätze“ sowie der Marktplatz zur besseren stadträumlichen Integration und zur Erhöhung des verkehrlichen Widerstandes durchgehend gepflastert. Auch die Rosenstraße verliert durch die Integration in diese Platzfolge den klassischen Straßencharakter. Durch diese für den Durchgangsverkehr stärker wahrnehmbare Verkehrsberuhigung wir einem möglichen Schleichverkehr in Folge der Abstufung der Poststraße vorgebeugt.
Der ruhende Verkehr wird in Tiefgaragen und Parkpaletten konzentriert abgefangen. Dies ermöglicht großzügig Raum für Fußgänger zu entwickeln und trotzdem ausreichend Stellplätze für Kurzparker oder Anlieferung in Ladennähe vorzusehen.

Nagold erleben | Die verbesserte Erlebbarkeit der Nagold ist wesentliche Teil der Aufwertung. Das Gestaltungsprinzip folgt der Inszenierung des Straßenraums – linear bis zum urbanen Kern und im Innern integriert in das Konzept der lebendigen Platzfolge. So entsteht mit schönem Blick auf die Stadtsilhouette im Ober- wie im Unterlauf Fluss begleitend eine fahrradgerecht Promenade. Sie ist in überschaubaren Abschnitten durch Stege und Brücken mit dem gegenüberliegenden Ufer verbunden.
In der Unterstadt selbst wird die Nagoldpromenade Teil der Platzfolge. Vergleichbar mit der Inszenierung in Venedig wird der Fluss vorrangig durch die wiederkehrende Querung über Steg und Brücken und kleinere direkte Wasserzugänge mit spannenden Bildern integriert.

Stadtboden | die Unterstadt erhält einen weitgehend einheitliche Stadtboden. In einer zeitgemäßen Interpretation des historischen Pflasters spannt sich ein ebenflächiges Flechtwerk aus Pflasterplatten über die Plätze und Gassen. Rinnenplatten geben Orientierung, Intarsienplatten markieren die ausgewiesenen Stellplätze. Lediglich die wohl auch zukünftig hoch belastete Durchfahrt wird partiell in lärmminderndem Asphalt ausgebaut.

Vegetationskonzept | Auch das Vegetationskonzept folgt dem übergeordnetem Prinzip. Waldflächen besetzten die rahmenden Hänge. Lichte Obsthaine bilden die lesbare Trennung der Stadtteile und unterstreichen die hervorgehobene Situierung der Oberstadt. Der Talraum wird freigeräumt - lineare Gehölzfolgenunterstreichen den Verlauf des Flusses. Innerhalb der Unterstadt akzentuieren markante Solitärbäume und fassende Schirmplatanen die Platzfolge.

Lichtkonzeption | Das Beleuchtungsprinzip unterstützt den Charakter der Plätze mit deren Verbindungen und schafft dabei thematische Verknüpfungen: Baumreihen oder einzelne Bäume werden teilweise von unten und teilweise von oben aufgehellt. Die locker verteilten Mastleuchten mit Strahlern erzeugen ein dynamisches Licht- und Schattenspiel und vermeiden den Eindruck von monoton aufgereihten Straßenleuchten. Dabei liegt der Schwerpunkt auf einem hohen Lichtkomfort: Gute Farbwiedergabe sowie spürbare Brillanz bei guter Entblendung. Licht und Leuchtentyp erstrecken sich sprachlich über alle Bereiche, wobei die individuellen Ausrichtungen und Lichtverteilungen der Leuchten einen hohen Grad an Flexibilität ermöglichen: Lebendige Ausleuchtung der Plätze, Straßenverkehrstaugliche Ausleuchtung mit höherer Gleichmäßigkeit und Fokussierung für Lichtakzente. Dabei stellen sich Leuchte und Inszenierung nie in den Vordergrund und ermöglichen Sichtbeziehungen mit der Umgebung.
Die Stege und Brücken über die Nagold sollen akzentuiert werden und in spielerischem Zusammenspiel von Licht und Spiegelung mit dem Wasser stehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt in ihrer gesamträumlichen Konzeption. Deutlich wird die Nagoldaue im westlichen Bereich herausgearbeitet. Sie bildet eine große grüne Zone aus. Folgerichtig wird eine urbane Charakteristik der innerstädtischen Bereiche ausgebildet und Platzfolgen qualifiziert. Der östliche Stadteingang wird durch eine Baumreihe bescheiden weiterentwickelt.

Zwischen der Post- und Rosenstraße entsteht eine Dialektik, der Straßencharakter in der Poststraße bleibt erkennbar erhalten, während die Rosenstraße den Altstadtboden in der Fläche aufgreift. Hier werden die Fahrbahnlinien aufgehoben und als Orientierung durch eine mittige Rinnenführung angedeutet.

Die Ausgestaltung des Postplatzes als Aufenthaltsort mit freiem Blick zur Altstadt ist überzeugend.

Der Kaufhausplatz wird nicht besonders betont, sondern fügt sich selbstverständlich in die Charakteristik der Rosenstraße/Bahnhofstraße ein.

Der Marktplatz ist großzügig ausgebildet. Die kompakten Baumgruppen an den Rändern sind gut vorstellbar. Die Verbindung zum Schwanenplatz wirkt selbstverständlich, wobei die Beibehaltung des Gemeindehauses am Ende stadträumlich fraglich erscheint.

Am Sternenplatz kann keine weitere Idee erkannt werden. Es fehlt ein Auftakt zur Stadtmitte.

Städtebaulich fügt sich die Neubebauung in die bestehende Struktur ein.

Bei der Durcharbeitung der Leitidee in den Teilräumen werden gestalterische und funktionale Aussagen vermisst.

Die Aufenthalt- und Erlebnisqualität lässt sich im Einzelnen nicht weiter ablesen. Auch der Bezug zur Nagold ist nicht deutlich herausgearbeitet.

Das Lichtkonzept ist feinsinnig durchgearbeitet. Die Inszenierung der Oberen Stadt wird durch die Fassadenbeleuchtung atmosphärisch in die Gesamtwirkung einbezogen.

Eine Umsetzung des Entwurfs scheint wirtschaftlich und machbar.

Das Konzept geht von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Zuge der Poststraße von 30 km/h bei gleichzeitiger Separierung in Fahrbahn und Seitenbereichen aus. Die Fahrbahn der Poststraße wird in den Platzbereichen auf gepflastert und durchgängig gestaltet. Als Besonderheit ist festzustellen, dass die Rosenstraße zur Mischverkehrsfläche mit einheitlicher Gestaltung und Einrichtung einer Mittelrinne umgestaltet werden soll.

Insgesamt wird hier ein gelungenes stadträumliches Entwicklungskonzept vorgetragen. Es lässt großen Interpretationsspielraum im Detailierungsgrad.