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Begrenzter Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Losverfahren nach RAW 2004 | 09/2006

Wohnbauflächenentwicklung Knollstraße

Lageplan M 1:1000

Lageplan M 1:1000

1. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Architektur

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Wohnbauflächenentwicklung Knollstraße in Osnabrück


Der Stadtgrundriss von Osnabrück zeigt eine markante Gliederung mit dem Altstadtkern und den Siedlungsbereichen die sich nach Nord-Osten mit unbebauten Landschaftlich geprägten Räumen- den sog. „Grünen Fingern“ verschneiden. Die zukünftige Wohnbauflächenentwicklung Knollstraße liegt in einem dieser „Grünen Finger“ der sich entlang der Sandbachaue ausdehnt und so wichtige Funktionen übernimmt wie Kaltluftleitbahn und Freizeitachse für Wanderer und Fahrradfahrer.
Damit stellt sich die Frage ob mit einer Kolonisierung dieses Freiraums die vorhandenen Landschaftlichen Qualitäten erhalten werden können, und ob der - nach wie vor - bestehende Wunsch nach „Wohnen im Grünen“ hier in unmittelbarer Innenstadtnähe umgesetzt werden kann. Die Vorstellung in dieser außergewöhnlichen Lage ein Eigenheim zu bewohnen ist verlockend und stellt damit im Sinne der Vermarktung ein Alleinstellungsmerkmal dar.



Waldlichtung

Nachdem man den Hasterweg hinter sich gelassen hat und auf der Knollstrasse Richtung Friedhof Dodeshaus geht, öffnet sich das Areal als Lichtung im Wald, mit Agrarflächen, Biotopen, einigen Höfen, und wertvollem Baumbestand. Der abrupte Übergang in die landschaftliche Atmosphäre lässt einen vergessen, dass man noch mitten in der Stadt ist. Die Vorstellung diesen attraktiven landschaftlich geprägten Raum zu bebauen ist faszinierend, stellt aber auch eine planerische Herausforderung dar im Umgang mit den zweifelsohne bestehenden Qualitäten. Die wertvollen Landschaftselemente wie Biotopfläche, Baumgruppen, und Reste von Bauerngehöften konzentrieren sich vor allem entlang der Knollstraße, der Hauptbewegungsachse für Wanderer und Freizeitaktivitäten in das nordöstliche Umland. Diese charakteristischen landschaftlichen Elemente sichern dem Standort schon vor der Erschließung des ersten Baufeldes eine starke Identität vor allem im zentralen Bereich.



Agrarkulturpark Knollstraße
Die Landschaft im Einzugsgebiet der Knollstraße zeigt ein sehr heterogen gestaltetes Bild. In den Überlagerung und Überschneidungen verschiedener Zeitabschnitte, angefangen von einer ausgeprägten Agrarlandschaft hin zu einer Erweiterung des Wohnungsangebotes in den 50iger Jahren, gilt es die charakteristischen Elemente zu analysieren und zu bewerten. Das Erkennen der landschaftstypischen Elemente und hieraus eine Kontinuität für die weitere Entwicklung zu formulieren ist der konzeptionelle Ansatz für den Agrarkulturpark Knollstraße. Die Ableitungen der kulturlandschaftlichen Charakteristika werden konkret für die übergeordnete Struktur in der Hierarchisierung des Städtebaus genutzt, wobei die Gewichtung auf die landschaftlichen Bezüge und den öffentlichen Freiraum genommen wird.
Der Übergang von Siedlungsflächen zur Kulturlandschaft soll in dem Konzept thematisiert werden. Die heute bestehende Waldlichtung soll nicht einfach als Bauland „vereinnahmt“ werden, sondern durch eine differenzierte Typologie aus bestehenden Landschaftselementen und neuen Strukturen in seinem Charakter weiterentwickelt werden.


Erschließung
Die historische Wegetrasse Knollstraße soll als Rad- und Wanderweg mit seinen Landschaftsbezügen erhalten bleiben und nur für Anliegerverkehre zu den Höfen befahrbar sein, sowie die Buslinie aufnehmen. Nach dem Vorbild eines „Parkdrive“ könnte damit der heute bestehende Asphaltweg für Radfahrer, Skater und Fußgänger erhalten bleiben. Die Buslinie erhält am Friedhofseingang eine Wendeschleife mit Haltestelle, die von den Bewohnern autofrei erreichbar ist.
Der Individualverkehr wird von Westen über die Knollstraße in das Gebiet hineingeführt und verzweigt sich an der Stelle wo Kindertagesstätte und Gemeinschaftseinrichtungen vorgesehen sind zu einer Ringerschließung. Die Haupterschließungsstraßen erhalten in den Siedlungsclustern kleine Versätze und gliedernde Aufweitungen zur Verkehrsberuhigung. Im Profil sind Öffentliche Stellplätze einseitig vorgesehen. Die Parzellierung ist so organisiert, dass verkehrsberuhigte Wohnhöfe erschlossen werden, die als Mischverkehrsflächen angelegt sind und somit gefahrlos als Nachbarschaftstreff und wohnungsnahe Spielflächen genutzt werden können. Durch die Einsehbarkeit dieser wohnungsnahen Spiel- und Freiflächen können Familienfreundliche Situationen gebildet werden. Die Ausrichtung der Stichwege mündet immer im Freiraum, so das auch innenliegende Grundstücke Blickbeziehung haben.

Wegenetz und Freiraum
Unabhängig von der verkehrlichen Erschließung zeichnet sich das Gebiet durch ein feingliedriges Netz an Fuß- und Radwegen aus, das einerseits die historische Wegetrasse von Osnabrück nach Hunteburg aufnimmt, andererseits „autofreie“ Verbindungen zwischen den Clustern und zu den öffentlichen Freiflächen sichern.
Die Struktur der Bepflanzung hat großen Einfluss auf die Wahrnehmung und somit auf die Orientierung in einem Gebiet. Als seitliche Richtmarken bieten Heckenstrukturen sowie das Rückgrat der privaten Grünflächen einen starken Rahmen, der die Anliegerstraßen umgibt. Durch die Verwendung von Großgehölzen und vorhandenen vegetativen Elementen wird eine gliedernde Funktion erreicht. Mit der Hierarchisierung in Art und Auswahl der Baumarten werden markante räumliche Situationen hervorgehoben.

Cluster
Drei Siedlungseinheiten fügen sich als Cluster in die vorhanden landschaftlichen Strukturen ein und treten in Dialog zur agrargeprägten Kulturlandschaft sowie zum umgebenden Wald. Die Struktur ist in Anlehnung an Landwirtschaftliche Felderstrukturen streng geometrisch. Die „streifige“ Parzellierung garantiert für jedes Grundstück den Bezug zum öffentlichen Freiraum. Die gewünschten Grundstücksgrößen für Einfamilien- und Doppelhäuser sind vorgesehen. Für die Kopfseiten sind Grundstücke für verschiedene Modellprojekte vorgesehen wie verdichteter Geschossbau am Haster Weg oder Stadthäuser am zentralen Freiraum. Freiraumverbindung akzentuieren als „Cuts“ die Struktur und ermöglichen weitere Biotopvernetzung z.B. für die Krötenwanderung oder die Freihaltung der Altlastfläche.

Höfe
Die Typologie der Höfe ist aus der Historie des Ortes heraus entwickelt. Die verstreuten Siedlungsfragmente werden eingebunden in ein System aus Höfen die unterschiedlichsten Modellprojekten dienen können. Alternative Angebote wie Baugemeinschaften, Ökoinitiativen oder Selbstbauexperimente finden hier klar definierte Orte. Prägend ist jeweils die Gruppierung der Häuser zu einer Nachbarschaftseinheit mit kommunikativer Mitte. Die Höfe werden zum integralen Bestandteil des Agrarkulturparks, wenn einzelne Felder des Parks zur Gestaltung und Bewirtschaftung angeboten werden (Gemüsegarten, Ponywiese, etc.). Werden aus den neuen Bewohnern nicht nur Nutzer sondern Aktivisten, die Wohnkultur und Kulturlandschaft miteinander verbinden, bietet sich für die Entwicklungsfläche an der Knollstraße die Chance zu einem vielfältigen Experimentierfeld für das Wohnen zu werden. Die Kultivierung der Landschaftsfelder wird zum Bestandteil des langfristigen Freiraum- und Siedlungskonzepts und generiert somit zahlreiche Identifikationskerne, die neue Möglichkeitsräume für suburbane Wohnformen aufspannen.

Baukultur
Der Typus des Einfamilienhausgebiets führt häufig zu monofunktionalen Strukturen, fehlender Urbanität und Vielfalt. Die Frage der Architektur der Bebauung tritt in solchen Gebieten meist in den Hintergrund, oder reduziert sich auf Dachform und Gebäudestellung. Der öffentliche Raum wird eher von der „Architektur“ der Vorgärten bestimmt: Jägerzaun, Gartenzwerge, Müllbox und Carport sind spontane Assoziationen beim Thema „Vorgarten“. Letztlich ist dieser trotz Einfriedung ein unprivater mindergenutzter Restraum der zur Anonymität des öffentlichen Raums beiträgt. Wir wollen Möglichkeiten aufzeigen wie der Vorgarten integraler Bestandteil des Straßenraums werden kann, ohne die Eigentumsrechtliche Bedeutung zu verlieren. Durch Festlegung einer Straßenseitigen Flucht für Gebäude und das Zurückversetzen der Einfriedung in diese Flucht als Mauer entsteht ein klar konturierter und großzügiger Raum, der nicht nur der Erschließung der Grundstücke, sondern vielfältigen nachbarschaftlichen Aktivitäten dient (Vorplatz, Sitzbank, Spielflächen, Hausbaum, etc.). Die Gartenseite steht hierzu im Kontrast nicht nur in seiner Nutzung als geschützter privater Raum sondern auch in seiner baulichen Besetzung. Bautiefe und Stellung der Gebäude sollten im Sinne der individuellen Bauherrenwünsche offen bleiben.

Phasierung
Die Entwicklung des Gebiets wird sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Weder der tatsächliche Bedarf an Wohnbauflächen noch die zukünftigen Lebens- und Wohnbedürfnisse der neuen Bewohner lassen sich heute abschließend definieren.
Neben der Flexibilität im Plan für zukünftige Anforderungen sind daher Etappen erforderlich die jeweils schlüssige Einheiten bilden, so als ob es weitere Etappen gar nicht gäbe. Die Aufteilung der Wohnbauflächen in drei Cluster und zusätzliche Höfe ermöglicht eine Strategie der kleinen Schritte ohne unvollständig zu wirken.
Die erste Baustufe aktiviert vor allem das Potential der bestehenden Strukturen und soll frühzeitig die Idee des Agrarkulturparks in das Bewusstsein der Öffentlichkeit transportieren . Über die bestehende Knollstraße die nur im ersten Abschnitt als Sammelstraße ausgebaut werden müsste, wird der erste Cluster erschlossen. Dieser bindet an die bestehende Siedlungsstruktur von Osnabrück an und bildet eine Auftaktsituation am Haster Weg aus. Die vorhandenen Gebäude um das Biotop in der Mitte werden zu Höfen ergänzt, und sollen vor allem für Modellprojekte im Zusammenhang mit der Freiflächenentwicklung genutzt werden (Thema Ökohof, Reiterhof, etc.). Die Erschließung erfolgt über die auf Anliegerverkehr beschränkte Knollstraße. Auf einen Ausbau des Straßenprofils könnte somit verzichtet werden. Eine neue Buslinie sollte schon in dieser frühen Phase bis zum Friedhofseingang geführt werden um den öffentlichen Charakter des Parks zu unterstreichen. Die Freiflächenentwicklung in der ersten Phase konzentriert sich auf den zentralen Bereich zwischen Knollstraße und dem südlichen neuen Wassergraben. Somit ist ein erster Siedlungsstreifen definiert der sich zwischen Hasterweg und Friedhof aufspannt.

Mit der 2. Bauphase wird der Cluster nördlich der Knollstraße erschlossen. Damit bleibt der südliche Bereich auch im Sinne der stadtklimatischen Erfordernisse unbebaut. Bei einer Entwicklung des gesamten Grundstücks in einer 3. Baustufe wird die Erschließungsstraße zu einem Ring entwickelt der letztlich auch Infrastrukturträger für Strom, Wasser, Abwasser etc. ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit setzt sich sehr intensiv mit der vorhandenen landschaftlichen Situation auseinander und findet einen selbstverständlichen und intelligenten Umgang mit dem Vorgefundenen.

Allen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Vorgaben wie z.B. die Erhaltung der Biotope und die klimatischen Anforderungen, sind berücksichtigt. Ausgehend vom Haster Weg werden drei klar strukturierte Cluster mit Einfamilien-/ Doppel- und Reihenhäusern entwickelt, die die Entstehung von überschaubaren Nachbarschaften erwarten lassen. Die innere Erschließung der Cluster ist so ausgerichtet, dass an jeder Stelle Sicht- und Wegebeziehungen zu den Walderholungsgebieten hergestellt werden.

Der Auftakt der Bebauung am Haster Weg verknüpft das neue Quartier mit den vorhandenen und wird als städtebaulicher Auftritt begrüßt.

Im Hinblick auf die Baugrundverhältnisse und die wünschenswerte Grünverbindung zum Sandbachtal ist die Ausprägung im Detail noch zu prüfen.

Die Erschließung erfolgt über die Knollstraße, die sich jenseits des ersten Clusters zu einer Ringerschließung aufteilt. Der historische Verlauf der Knollstraße bleibt als gewohnte Fuß- und Radwegeverbindung erhalten. Die Nutzung dieser Trasse als Buslinie (`Parkdrive`) ist ein verfolgenswerter Vorschlag, der die Wohnquartiere wenig belastet. Auch die Kindertagesstätte ist sehr zentral und attraktiv plaziert.

Die drei Cluster umschließen ein zur Landschaft geöffneten zentralen Grünraum, der die vorhandene Agrarkulturlandschaft aufgreift und das Feuchtbiotop ebenso integriert wie eine offene Regenentwässerung aus landschaftstypischen Gräben.

Diese sind gleichzeitig attrakive Leitlinien für die öffentlichen Wegeverbindungen in die Landschaft.

Die vorhandenen Hofstrukturen werden als Sonderbauformen aufgegriffen und weiterentwickelt. Sie bieten in landschaftlicher reizvoller Lage ein hohe Entwicklungspotenzial.

Insgesamt ist die Arbeit als ausgesprochen überzeugender Beitrag mit vielen innovativen Ansätzen zu bewerten.
Lageplan M 1:1000

Lageplan M 1:1000

Blick über das Wettbewerbsgebiet

Blick über das Wettbewerbsgebiet

Blick über das Wettbewerbsgebiet

Blick über das Wettbewerbsgebiet

Konzeptskizze

Konzeptskizze

Konzeptskizze

Konzeptskizze

Lageplan M 1:200

Lageplan M 1:200

Lageplan M 1:200

Lageplan M 1:200

Haustypen

Haustypen

Haustypen

Haustypen

Blick in den Wohnweg

Blick in den Wohnweg

Blick in den Wohnweg

Blick in den Wohnweg