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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2015

Neubau eines Stadtparks

Blick von Nordwest nach Südost in den Wiesenraum

Blick von Nordwest nach Südost in den Wiesenraum

4. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Park @ Landschaft

Neutraubling erhält einen neuen zeitgenössischen Stadtpark für die Bevölkerung der Stadt.
Eine weite offene und doch differenziert gegliederte Parklichtung wird umschlossen von einem artenreichen Gehölzsaum der sich im Westen, das Gewerbegebiet verdeckend, zu Wald verdichtet. Die sich am Standort orientierende Artenwahl der Gehölzaufpflanzungen lehnt sich in der Artenzusammensetzung an den Eichen- Hainbuchenwald ( Querco-Carpinetum) an und wird in der Erstanlage an einem Raster orientiert aufgepflanzt. Im Lauf der Entwicklung wird sich die geometrische Struktur auf Grund im Detail unterschiedlicher Standorteigenschaften sowie der spezifischen Entwicklung der einzelnen Pflanzen und Baumgruppen dekonstruieren. Im Verlauf der Zeit wird sich durch Zuwuchs und Ausfall ein landschaftlicher Aspekt, nahezu ohne Zutun der Gärtner, einstellen und ein naturnaher Wald Saum entstehen. Die vitalsten Exemplare werden im Zusammenwirken mit den sich einstellenden unterschiedlichen mikroklimatischen Standorteigenschaften malerische Solitärgruppen bilden. Eine extensive Pflege wird bei einer naturnahen Entwicklung der Aufpflanzung eine Gehölzkulisse mit der Anmutung eines Landschaftsgartens idealtypisch entstehen lassen. Neben Quercus petrea und Carpinus betulus sind als Solitäre Gymnocladus dioicus (Geweihbaum), Sorbus aria (Mehlbeere) und Morus alba (Maulbeere) denkbar.

Im Osten gelegen zum offenen Landschaftsraum jenseits der Pirkacher Breite zusammen mit den dortigen Pferdekoppeln und Gehöften wird die weite Mitte des Landschaftsparks durch einen Saum von unterschiedlichen Obstgehölzen, Malus und Prunus in Sorten, ( Streuobstwiese) transparent gefasst.
Das bereichernde Gegenüber der östlichen Kulisse malerischer Gruppen von Großgehölzen mit der optische Öffnung und Einbeziehung des ländlichen Umgebungsaspekts im Westen erschafft einen an den Bildern klassischer Landschaftsparks erinnernden Parkraum mit entspannender Wirkung und großer meditativer Ruhe.
Der weite Wiesenraum der Mitte des Parks wird durch drei dichte Gehölzinseln ganz eigener Ausprägung und vegetativer Kraft gegliedert. Zwei flache, feuchte Senken, die durch einen Steg erschlossen werden, sind von dichtem Baumbestand überstanden und weisen die artenreiche Gehölz- und Krautschicht eines standortgerechten Feuchtgebietes auf. Zu erwarten und anzupflanzen sind voraussichtlich Betula pubescens (Moor-Birke), Alnus glutinosa (Schwarz-Erle), Salix caprea (Sal-Weide) mit Farnen und Gräsern. Die dritte Gehölzinsel, eine leichte Anhöhe, ist als eher trockener Standort vorgesehen und bereichert den gegliederten Aspekt der offenen Parkmitte. Hier wird an Betula verrucosa (Hänge-Birke), Betulus utilis „Doorenbos“ (Himalaya-Birke), Betula papyrifera (Papier.Birke), Robinia pseudoacaria (Scheinakazie) und Gräser gedacht.
Die hinzuziehende Verwendung einzelner in Habitus und Phänologie ausgesuchter Solitäre gibt im Kontext zum Natur nahen Querco carpinetum der Anmutung der Parkanlage einen besonderen artifiziellen und Garten kulturellen Aspekt.
Im Übergang von der weiten, offenen Mitte zu der durch lockeren und dichten Wald charakterisierten Rahmung der Gesamtanlage sind zwischen inneren den Park erschließenden Rundwegen großzügige Liege- und Picknickwiesen mit leichter Hanglage hin zur Mitte vorgesehen.
Die vier unterschiedlich charakterisierten Raumeinheiten der neuen Parkanlage bieten den Besuchern und Erholungssuchenden eine Vielfalt an differenzierten Erlebnisbereichen und Erholungsmöglichkeiten. Vom lichten bis dichten Wald mit gepflegten Rasenpartien als Rückzugsraum, vom Gehölzsaum mit Liegewiesen und Blick in die offenen Wiesenlandschaft bis hin zu dichten, feuchten Gehölzinseln mit dem Charakter eines in sich ruhenden, gleichsam magischen Ortes oder der eher trockenen Anhöhe reicht, das durch einzelne Spiel- und Möblierungsangebote an den Parkwegen ergänzte Angebot der neuen Parklandschaft.
Die Erschließung und Anbindung des Parks folgt ganz rational sowohl den gegebenen Anschlüssen an die Umgebung als auch logisch der Struktur des Konzeptes mit seinen landschaftlichen Setzungen und den Nutzungsangeboten. Ein bis zu 6m breiter Hauptweg (mit Tennen Asphalt befestigt) im Zusammenspiel mit einem 2m breiten Flanierweg (mit wassergebundener Decke befestigt) bildet das als Rundweg konzipierte Spazierangebot unter einer nicht störenden Einbeziehung der den Park querenden Fahrradwege. Der Anschluss dieses Wegesystems an die Umgebung erfolgt durch präzis gesetzte Stichwege die zum Teil in schmaler Breite bis hinein in die weite Wiesenmitte fortgeführt werden. An ausgesuchten Schnittpunkten des Wegesystems sind kleinere und größere Aufweitungen, Plätze vorgesehen. Im Besonderen sind hier Möblierungen (wie Bänke, Spielangebote, Informationstafeln etc.) und der gewünschte Kiosk / Pavillon angeordnet.

Im Norden sind vereinzelt Picknick-Decks in der Wiesenfläche vorstellbar. An den Wegrändern können Spielgeräte „für Jedermann“ ergänzt werden (z.B. Seniorenspielgeräte). Möglich ist auch die Integration einer kleinen Holzbaustelle für Kinder, z.B. 20 x 20 m im Baumraster in Sichtweite zur Wohnbebauung.
Wegeführung und Plätze zeichnen zudem die auf die weite Mitte hin ausgerichtete leicht bewegte Topographie der Gesamtanlage nach. So entstehen Wegepartien und kleine Aufenthalte die erhaben mit Blick in die Mitte und auf die Landschaft im Westen den Park überschauen lassen. Der innere Flanierweg und die querenden Parkachsen hingegen ducken sich gleichsam im Wiesenmeer. Hier erfährt der Besucher das Gefühl der Eingebundenheit in den Landschaftsraum und die Erfahrung des Eintritts in die magisch versteckten Orte der feuchten Wäldchen und der kleinen, dicht bewachsenen Anhöhe.

Aspekte der Archäologie werden konzeptimmanent berücksichtigt und im Rahmen der topografischen Bearbeitung, Planung berücksichtigt. Im Fall von zukünftigen Grabungen und Funden wird vorgeschlagen diese Orte im Wiesengrund, falls opportun, angemessen zu schützen und zu zeigen.
Die vorgeschlagene städtebauliche Entwicklung der Baufelder im Umgriff zielt auf eine zeitgenössische Arrondierung der bestehenden Strukturen und geht im Norden von einer gemischten Nutzung aus Gewerbe und Geschoßwohnungsbau, im Süden von der Fortentwickelung der bestehenden Siedlung mit der Neuanlage eines Reihen- und Doppelhausquartiers in Teilbereichen aus. Die verkehrliche Erschließung erfolgt durch die Neuanlage von Wohnstraßen, der ruhende Verkehr ist im Geschoßbau durch Tiefgaragen oder Carports, im Siedlungsbau für die Reihenhäuser an den Wohnstraßen vorgesehen.
Besucherparkplätze für den Park sind im Norden an der Haidauerstraße vorgesehen. Die zu integrierende Stellplatzanlage mit 60 Stellplätzen befinden sich gut erschlossen am Rand des westlichen Waldsaums vorsichtig durch diesen eingegrünt. Fahrradstellplätze sind im Bereich der Zugänge in ausreichender Zahl vorgesehen.
Für die nächtliche Beleuchtung der Parkanlage wird vorgeschlagen im Verlauf des Hauptweges und der Parkzugangswege netzautarke Mastleuchten mit Solarzellen in zeitgenössischem Design aufzustellen. Eine temporäre, szenische Beleuchtung besonderer Aspekte des Konzeptes (Inseln im Wiesenmeer) kann unter Berücksichtigung der Ansprüche des Naturschutzes falls gewünscht weiterverfolgt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Motiv der großen Wiese, die durch eine sanfte Geländemodellierung und einen differenzierten Gehölzsaum gefasst ist, in sich geschlossen, aber nicht hermetisch abgeriegelt, ist eine angemessene Antwort auf die Gegebenheiten des Ortes.

Dazu passt der Verzicht auf eine Hierarchisierung der Zugänge.
Auf mehreren, sinnfällig aus dem Kontext entwickelten Wegen erreicht man das interne Wegesystem, das im Wesentlichen in zwei hierarchisch abgestuften Rundwegen um die große Wiese führt.
Die spielerische Anordnung der Wege ermöglicht die Bewegung durch eine Vielzahl unterschiedlicher Raumsituationen.

Innerhalb der Wiese versprechen die drei eingestreuten Inseln durch ihr Relief und ihre Vegetationszusammensetzung eine interessante Raumgliederung.
Das Cafe mit Platz ist sinnfällig am Saum zwischen Wiese und Wald positioniert und setzt einen angemessenen, unaufgeregten Akzent.

Die Stellplätze sind gut platziert und eingebunden.
Die Ausbildung der Ost-West-Querung als Straße wird allerdings äußerst kritisch gesehen, da hier eine Nutzung als Schleichweg zu den großen Parkplatzarealen im Westen zu befürchten ist.

Insgesamt überzeugt die Arbeit formal und funktional – sowohl im Realisierungsteil als auch in den beiden Ideenteilen.
Blick vom Norden nach Süden über den Wiesenraum

Blick vom Norden nach Süden über den Wiesenraum

Blick von Süden

Blick von Süden

Foto Modell

Foto Modell