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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2015

Neubau eines Stadtparks

Perspektive 1: Blick in den Park mit Beltwalk
(Perspektive Antoine Fourrier)

Perspektive 1: Blick in den Park mit Beltwalk (Perspektive Antoine Fourrier)

Anerkennung

Preisgeld: 3.400 EUR

HOLZWARTH Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

TRU ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Der Stadtpark Neutraubling wird gestalterisch von unterschiedlichen Vegetationstypologien dominiert. Waldgesellschaften vom Parkwald bis zum naturnahen Laubmischwald formen als urbanes Waldensemble den stimmungsvollen Rahmen für die gemeinschaftliche Parkwiese. Ein sehr solides Parkwegenetz, gefasst von einem Rundweg führen den Besucher durch spannende Raumabfolgen und zu Orten der Entspannung und Erholung.

Einordnung
Neutraubling ist als sehr junge Stadt trotz seiner kurzen Geschichte bereits heute zu einem wertvollen Mittelzentrum in der Oberpfalz herangewachsen und mit fast so vielen Arbeitsplätzen wie Einwohnern ein bedeutender Industriestandort. Die historische Vertriebenenstadt, als Hort diverser Kulturen und Geschichten, bot in früheren Zeiten Menschen, die alles verloren hatten und nach einer neuen Heimat suchten, Platz sich selbst zu verwirklichen. Viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Regionen und Ländern trafen hier zusammen und verhalfen Neutraubling zur Gründung. Auch heute noch bietet Neutraubling durch das reiche Arbeitsangebot ganz vielen unterschiedlichen Menschen, Nationalitäten und Kulturen ein neues Zuhause - siebzig unterschiedliche Nationalitäten aus aller Welt haben in Neutraubling ihre neue Heimat gefunden.
Diese Vielfältigkeit, welche die Stadt Neutraubling einzigartig macht, soll die Basis für den Charakter des neuen Stadtpark schaffen.

Rahmenbedingungen
(Ideenteil Haidauer Straße, Firma Kornes, Ideenteil “An der Pirkacher Breite”)
Der Ideenteil nördlich der Haidauer Straße wird städtebaulich arrondiert und bekommt einen direkten Anschluss an den Stadtpark. Auf dem westlichen Teil der Fläche vermitteln zwei eingeschossige Bauten den Übergang zum bestehenden Einzelhandel. Entlang des nördlichen Birkenfeldweges wird die schon vorhandene Reihenhaustypologie fortgesetzt, zur Haidauer Strasse bilden zwei- bis dreigeschossige Parkvillen die städtebauliche Kante zum Stadtpark.
Die Parkplatzfläche östlich des Stadtparks kann sowohl als Parkplatz, als auch von der Firma Kornes für eine Erweiterung der Produktionsstätte genutzt werden. Der Stadtpark wird durch eine spätere Bebauung nicht in seiner Qualität verändert. Das solide Grundgerüst und der Gehölzrahmen verschaffen eine gewisse Unabhängigkeit von zukünftigen Entwicklungen.
Der Ideenteil “An der Pirkacher Breite” wird ausgehend von der bestehenden Ein- und Mehrfamilienhausbebauung analog zu dieser Struktur weiter entwickelt.
Bis zur südlichen Grenze des Stadtparks werden gut dimensionierte Grundstücke für eine Wohnbebauung erschlossen. Entlang der Traunreuter Straße werden die Gewerbebauten bis an den Stadtpark fortgesetzt. Mittig bleibt ein großzügiger Grünkorridor frei, der die südliche Anbindung des Stadtparks sicher stellt.

Wegenetz
Der Stadtpark wird durch ein sehr solides Grundgerüst strukturiert. Die nötigen und sinnfälligen Anbindungen und Durchwegungen werden hergestellt, wobei die Querungen bewusst stark reduziert gehalten werden. Hauptelement ist der Rundweg, der als Beltwalk durch den gesamten Park führt.
Dieses Element führt den Parkbesucher durch alle unterschiedlichen Raumsituationen und ermöglicht gleichzeitig eine lange durchgehende Wegstrecke im Park.
Der Beltwalk erhebt sich sowohl an der nord-östlichen Ecke des Parks als auch an der westlichen Seite des Parks 90 cm über Parkniveau. Am südlichen Ende des Rundwegs fällt die Rasenfläche zum Weg hin ab, so dass der Betrachter auch hier 90cm über Parkniveau steht. An diesen drei Punkten wird parallel des Weges eine Balkonsituation zum Sitzen und Verweilen ausgebildet. Diese Balkone werden mit einer vertikalen Cortenstahlwand gefasst, wohingegen alle anderen Niveauunterschiede über seichte Böschungen vermittelt werden.
Der Rundweg wird als prägendes Element aus Ortbetonplatten gefertigt, alle anderen Wege, sofern möglich, aus wassergebundener Decke. Dadurch gewinnt der Beltwalk als durchgehendes Element an Prägnanz und Eigenständigkeit.
Rechteckige “Inseln” lagern sich entlang des Rundweges wie Perlen auf einer Kette an. Hier gibt es ein interessantes und differenziertes Angebot an Sitz - und Liegemöglichkeiten, einzelnen Spielgeräten oder Informationstafeln.
Ein Highlight bildet der “Tower”, ein kleiner Aussichtsturm, der in Erinnerung an den historischen Flugplatz als Landmark im Stadtpark verortet wird und den Besuchern einen wunderbaren Blick, über die Baumkronen, den Stadtpark und die Stadt Neutraubling bis zu den Bergen gewährt.
Am westlichen Rand des Parks befindet sich entlang des Hauptweges ein schmales “Aktivitätsband”. Hier findet sich ein kleines Café mit Außensitzplätzen und WC. Innerhalb des Bandes wird ein spannender Waldspielplatz vorgesehen, zudem Boulebahnen, Spielgeräte und verschiedene Sitzmöbel.
Den östlichen Parkrand bildet die Straße “An der Pirkacher Breite”, die zur Wohnstraße ausgebaut wird und sowohl einen Fahrrad- als auch Fußgängerweg erhält.

Vegetation
In Analogie zum heimischen Standort wird die potentielle natürliche Vegetation als Ausgangspunkt für die Gehölzpflanzungen herangezogen. Ohne das Eingreifen des Menschen würde sich ein artenreicher Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald etablieren, sofern dieser nicht von konkurrenzstärkeren Rotbuchen verdrängt wird. Eichen und Hainbuchen stehen stellvertretend für den heimischen Standort - die bayrische Kultur, die hier symbolisch in jedem “Waldpatch” durch eine standortgerechte Baumart ergänzt wird, welche die Vielfalt der in Neutraubling lebenden Kulturen symbolisiert. Es entstehen in den Patches des Rahmens “Waldgesellschaften” aus zwei bis drei Baumarten, die sich als Solitäre auf der Parkwiese vermischen.
Den vegetativen Rahmen des Parks bilden die unterschiedlichen “Waldpatches”. Diese Patches gliedern sich hauptsächlich durch ihre Nutzungszuweisung. Parkwälder sollen von den Parkbesuchern genutzt und begangen werden, dagegen sollen die Laubmischwälder vorrangig dem Naturschutz dienen.
Die Parkwälder bestehen aus der PnV und werden jeweils um eine Baumart in einem Patch ergänzt. Die Parkwälder sind durch die unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeiten der Gehölze sowohl einschichtig als auch mehrschichtig. Um diese Wälder licht zu halten, wird hier die extensive Wiese unter den Bäumen gemäht und damit der Aufwuchs von Gehölzen unterbunden. Hier bieten sich spannende Räume für die Parkbesucher, Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten aber auch ruhige Plätze im Schatten an. Der Besucher kann jederzeit vom Rundweg in den Parkwald diffundieren.

Der Laubmischwald dagegen ist als Ausgleichsmaßnahme dem Naturschutz vorbehalten. Um die Lebensräume und die Artenvielfalt zu erhalten und vor zu viel Störungen zu schützen, werden die Vorranggebiete des Naturschutzes von einem Aha umgeben. Optisch stellt dieser ca.1 m tiefe Graben keine Grenze dar, allerdings wirkt er als Betretungsbarriere. Ein klassisches Element des Landschaftsparks, dient hier sowohl dem Naturschutz als auch dem Inszenieren von unterschiedlichen Situatio-nen entlang des Beltwalks. Lediglich dünne Stege führen den Parkbesucher durch drei dieser Patches. Ziel ist es in diesen Patches eine möglichst hohe Artenvielfalt durch eine forstwirtschaftlich gelenkte Sukzession zu erzielen. Durch das gezielte Pflanzen von Gehölzen neben der natürlich aufkommenden Pioniervegetation können Artenzusammensetzung und Waldcharakter beeinflusst werden. Im Ergebnis wird ein mehrschichtiger Laubmischwald mit einer hohen Diversität angestrebt, der durch forstwirtschaftliche Maßnahmen und gezielte Rodungen kein Klimax Stadium erreicht und im besten fall einem gesteuerten Mosaikzyklus unterliegt.
Dadurch bietet er sehr viele Lebensräume sowohl für Vögel als auch für Insekten.
Neben dem vegetativen Rahmen, werden noch einzelne Solitärgehölze auf der Parkwiese verteilt, diese sind aus allen in den Patches gepflanzten Baumarten zusammengesetzt. Die Vermischung der Baumarten in der Mitte des Parks steht symbolisch für die Durchmischung der Kulturen in Neutraubling.
Eine großzügige Parkwiese bildet die gemeinschaftlich nutzbare freie Mitte des Stadtparks. Die Wiese bietet sowohl einen Anteil an Nutz- und Gebrauchsrasen, aber auch einen Wiesenflor, der durch ein spezielles Mahdkonzept alle zwei Jahre an einer anderen Stelle im Park entwickelt wird. Durch die Mahd während der Blütezeit werden ausdauernde Pflanzen wie rasige Gräser und Seggen begünstigt.
Vorgeschlagen wird eine Staffelmahd, die über das Jahr hinweg Rückzugsräume für verschiedene Tierarten bietet. Bei diesem parzellierten Mähen entstehen Mosaike (siehe Piktogramm) von gemähten und ungemähten Flächen, welche ein Springen der Arten ermöglicht.

Kunst
In den Parkwäldern finden sich versteckte Orte, welche den Besucher ab vom Weg und hin zum Parkwald locken. Das Wachstum Neutraublings, zu dem über die Jahr-zehnte die Zuwanderung aus den unterschiedlichsten Kulturen beigetragen hat, wird anhand der Zuwanderungsstatistik nach Jahren und Bevölkerungsgruppen metaphorisch lesbar. Jahresringe aus Messing, welche dem Umfang und der Breite nach je einem Jahr entsprechen, legen sich um die Bäume und glänzen aus der Ferne. Neben der Jahreszahl sind die Namen der hinzugezogenen Familien eingraviert und zeugen sprachlich von der Vielfalt und Offenheit der städtischen Gesellschaft.

Ensemble
Neutraubling bekommt einen einzigartigen Stadtpark, als Raum für naturnahe Erholung aber gleichzeitig auch als Versprechen an die Zukunft. Mit ca. 45% “Ausgleichsfläche”, also ökologisch und ästhetisch hochwertigen Strukturen fungiert der Stadtpark nicht nur als Erholungsraum und Grüne Lunge für Neutraubling, sondern auch als neuer Ort der Ökologischen Vielfalt. Es entsteht ein extensiver Stadtpark mit unterschiedlichsten Qualitäten und Raumabfolgen, eigenem Charakter und Identität - hergeleitet aus der Geschichte Neutraublings, wächst er zusammen mit der Stadt und den Menschen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Es gelingt den Verfassern mit einem einfachen Element, einem patchartigen Feld, den neuen Park als erkennbaren Ort in einem heterogenen Umfeld zu verankern. Dabei werden die Ränder mit baumbepflanzten Patches definert und die polygonal ausgeformte Mitte freigehalten.

Die städtebauliche Fassung der Haidauer Straße mit punktförmigen Einzelbaukörpern stellt eine gute Antwort auf den Wunsch einer Fassung des Straßenraumes bei gleichzeitiger Sichtdurchlässigkeit für die weiter nördlich liegenden Bestandsbauten dar.
Die bauliche Ausbildung des südlichen Parkrandes weist eine deutlich geringere Qualität auf.

Die Zugänge zum Park wurden an den städtebaulich relevanten Stelllen platziert und in einer angemssenen Größe ausgebildet. Zwei der wichtigsten Zugänge, der im Norden an der Haidauer Straße und der an der Böhmerwaldstraße sind mittels eines Aktivitätsbandes verbunden. Dieser funktionale Schwerpunkt stärkt die Wegeverbindung ohne die Parkflächen zu beeinträchtigen.

Die Bepflanzung entlang der Grenze zum westlich gelegenen Parkplatz erscheint zu schwach ausgebildet. Im Gesamteindruck entsteht das Bild einer falschen Gewichtung zwischen der Dichte der Bepflanzung am westlichen und am östlichen Rand.

Das Angebot an Spiel und Aktivitätsflächen erfüllt die Anforderungen, ist jedoch in Einzelpunkten wie den von Wegeflächen durchschnittenen Parkinseln zu hinterfragen.

Die Arbeit bietet mit den Waldpatches ein gutes Angebot an ökologischen Ausgleichsflächen. Der Verzicht auf Staudenpflanzungen bringt Vorteile im Unterhalt mit sich. Der weitgehende Verzicht auf Erdbewegungen trägt zur Wirtschaftlichkeit des Entwurfes bei.
Perspektive 2: Spiel- und Aktivitätsband
(Perspektive Antoine Fourrier)

Perspektive 2: Spiel- und Aktivitätsband (Perspektive Antoine Fourrier)

Strukturkonzept

Strukturkonzept

Isometrien mit Lage und Bezügen der Ahas

Isometrien mit Lage und Bezügen der Ahas

Verwunschene Orte

Verwunschene Orte

Lageplan Ursprungsmaßstab 1:500

Lageplan Ursprungsmaßstab 1:500