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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2014

Ergänzender Museumsbau am Peter-August-Böckstiegel-Haus

Aussenansicht

Aussenansicht

Anerkennung

Preisgeld: 1.500 EUR

Hauer Dipl. Ing. Architekten BDA

Architektur

loomn architekturkommunikation

Visualisierung

Modellwerkstatt Mijalski + Nasarian GmbH

Modellbau

Erläuterungstext

Ergänzender Museumsbau am Peter-August-Böckstiegel Haus / Werther

Der Neubau ist als Kontinuum aus zusammengesetzten Bauteilen entwickelt, der dem Geburtshaus von Peter-August Böckstiegel in Platzierung und Ausprägung angemessen in eher kleinteiligem Maßstab begegnet.
Mit der Anordnung entlang der nordwestlichen Waldkante wird die das Areal prägende Streuobstwiese nur unwesentlich beeinträchtigt. Unter weitestgehender Beibehaltung des freien Einblicks auf das Bestandsgebäude versucht der Entwurf die harmonische Einbindung in das sensible Gefüge aus Landschaft und historisch gewachsener Bausubstanz fortzusetzen.

Die Gebäudestellung bildet mit der rechtwinklig angeordneten Eingangsseite einen Hof, über den die gegenseitige Sichtbeziehung und die Parallele zu den Bildmotiven jederzeit gewahrt bleibt und wahrnehmbar ist. Gleichzeitig werden dabei Angebote der künstlerischen Aktivität und Erholungsmöglichkeiten für die Besucher im Außenbereich offeriert. Unter Berücksichtigung der besonderen Topographie des Areals ist der Neubau so eingebettet, dass der freistehende Charakter des Künstlerhauses nicht eingeschränkt wird. Die eingeschobene Lage im Hang bewirkt eine optische Reduktion der neuen Baumasse.
Die fußläufige Erschließung mit der asphaltierten Zuwegung bleibt unangetastet und erfolgt über den als Hof erweiterte Fläche im Bereich der abgängigen Garage. Über diese Strecke findet auch der Anlieferverkehr für Museum und Gastronomie statt.

Das Museumskonzept basiert auf einer grundsätzlichen Teilung der gewünschten Ausstellungsfläche in drei Pavillons, die eine ausreichende Großzügigkeit der Präsentation erlauben, aber auch Möglichkeiten zur Separierung, für Themenbereiche oder Wechselausstellungen bieten.
Dazu wird eine Folge von drei Großräumen vorgeschlagen, die jeweils über Eck verknüpft sind und dessen Wegesystem parallel zu den hangseitigen Außenwänden geführt ist. Mit frei eingestellten Wandscheiben oder Kabinetten sind auch temporäre oder veränderbare Flächen über die umschließenden Raumwände hinaus für die Exponate darstellbar. Mit einer lichten Raumhöhe von 3,20m bzw. von bis zu ca. 5,0m im Bereich der Oberlichtkonstruktionen und ca. 2,30m bei den freien Wandstellungen sind Präsentationsmöglichkeiten für unterschiedlichste Formate möglich und frei zu kombinieren.
Die Belichtung erfolgt über eine vollflächige Kunstlichtrasterdecke, die nur über der Hauptgangachse ausgespart ist und dort den Einfall von blendfreiem Nordlicht über eine Oberlichtaufsatzkonstruktion auf je einer ganzen Längsseite des Pavillons ermöglicht. Über ein innenliegendes, elektrisches Rollo ist die Möglichkeit zum Abdunkeln gegeben.
Sonstiges natürliches Licht fällt je über ein großformatiges Ostfenster an der Hauptgangachse ein, das an den Verschneidungen der Ausstellungsbaukörper angeordnet ist und hier den Sichtbezug nach außen mit Blick auf die Streuobstwiese ermöglicht. Diese Öffnungen können bei Bedarf über innere Drehflügel verdunkelt oder blickdicht verändert werden.
Wenige Materialien sorgen für die Konzentration auf die Exponate: Wandflächen sind verputzt/gespachtelt glatt mit hellgrundiger Beschichtung – pavillonweise oder ausstellungsabhängig auch in Volltönen denkbar – Böden in massivem Eichenparkett, Deckenflächen als transluzentes Raster mit weißlichen, abgehängten Platten in umlaufend weißem Glattfries.

Die Nebenräume sind hinter den Ausstellungsbereichen und Besucherfunktionen angeordnet und bilden als Puffer den nördlichen Abschluss zur angrenzenden Waldkante. Die lichte Rohbauhöhe ist in diesen Bereichen um 80cm abgesenkt.
Das klimastabile Depot ist neben dem Technikraum zentral angeordnet, um mit kurzen Wegen die zu klimatisierenden Ausstellungsbereiche zu beschicken. Ein Lüftungssystem sorgt für Quellluft über in Fundamentaufweitungen geführten Bodenkanälen. Die Fortluft wird über die Lichtdecke abgeführt, die mit einem offenen Fugenraster die gleichmäßige Luftabsaugung durch den Deckenhohlraum gewährleistet.

Der auf der Südostseite vorgesehene Eingangsbereich nimmt mit Anordnung von Kasse/Shop/Entree die Grundrissfigur der Ausstellungspavillons auf und bildet den Verteiler für den Zugang zur Sammlung und den sonstigen Museumsfunktionen. Von hier aus sind Garderobe, Sanitäranlagen, Besuchercafe und der museumspädagogische Bereich direkt angebunden. Die Verknüpfung ermöglicht die gleichzeitige Betreuung von Gastronomie und Kasse mit geringem Personaleinsatz.

Mit der Museumspädagogik bilden diese Bereiche eine räumliche Einheit, die auch außen mit einem überdachten Freibereich fortgeführt wird, um Arbeiten auch hier zu ermöglichen. Die direkt angrenzende Terrasse des Cafes befindet sich dabei inmitten aller Sicht- und Wegebeziehungen zwischen Museumsneubau und vorhandenem Künstlerhaus.

Mit der Ausführung einer mobilen Trennwand zwischen Cafe und dem pädagogischen Trakt wird darüber hinaus ein optionaler Flächenanspruch erfüllt, der die Möglichkeit zu gesonderten Veranstaltungen, Vorträgen und Ausstellungseröffnungen bietet. Diesen Varianten wird mit gesonderten Zugängen und Raumhöhen von ebenfalls 3,20m i.L. Rechnung getragen. Alle Flächen sind auf kurzen Wegen gut erreichbar und barrierefrei angebunden.

Mit der an den Ausstellungsbaukörpern entlang geführten Wegeverbindung wird ein Museumspfad angeboten, der beginnend vom neu angelegten und in Beziehung von Neubau und Bestandgebäude angelegtem Skulpturengarten die thematische Auseinandersetzung in den Freianlagen erlaubt und an dem als Platzfläche und ebenfalls für Exponate vorgehaltenen Plateau hinter dem letzten der drei Ausstellungspavillon endet.

Dieser Bereich zeigt somit die bereits im Gelände abgebildete additive Erweiterungsmöglichkeit für einen Vortragssaal oder zusätzliche Ausstellungsflächen, die hier mit einer externen Erschließung von der Schloßstraße aus möglich sind und zukünftig auch einen Rundgang auf dem Freigelände in Aussicht stellen.

Das Gebäude ist in massiver Bauart konzipiert. Hochwärmegedämmte Fassaden sorgen für ein sehr träges klimatisches Verhalten, das nur geringer Primärenergie bedarf. Lediglich die Ausstellungsbereiche und das Depot sind klimatisiert, sonstige Bereiche werden fenstergelüftet und benötigen keine aktiven Kühlkomponenten. Somit sind geringe Betriebskosten zu erwarten. Die Beheizung erfolgt über eine Wasserwärmepumpe, vorbehaltlich über Geothermie mit Erdsonden.

Die überwiegend geschlossenen Fassaden werden als Verblendmauerwerk vorgeschlagen, dass aus heimischen Bruchsteinen gesägt und in wechselnden Schichthöhen hell verfugt bzw. geschlämmt ist. Die Stützen der eingangsseitigen Gebäudefront bestehen aus Betonfertigteilen, die als hell eingefärbter Sichtbeton mit dem Naturstein farblich korrespondieren. Verglaste Bereiche sind als Stahl- bzw. Leichtmetallfensterkonstruktionen mit Eisenglimmerbeschichtung vorgesehen.

Der Entwurf beschreibt einen ergänzenden Museumsbau, der sich behutsam in die Landschaft einfügt
und dabei die besonderen inhaltlichen und topographischen Qualitäten des Künstlerhauses respektiert. In einem gleichwohl selbstbewussten und eigenständigen Haus werden dem Besucher alle Museumsfunktionen in zeitgemäßer Art und Weise angeboten

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf besticht durch die unmittelbare Nähe zum Böckstiegel-Haus, ohne dass er diesem seinen Raum nimmt und unter weitgehendem Erhalt der Streuobstwiese. Durch eine geschickte Gebäudestellung entsteht eine gemeinsam nutzbare Vorplatzsituation mit hoher Aufenthaltsqualität und Zentralität. Dem Baudenkmal wird seine zentrale Stellung erhalten. Der Museumsneubau entwickelt sich entlang des westlichen Waldsaumes und gräbt sich in das Gelände ein. Durch eine geschickte Untergliederung des Baukörpers in das Museumsfoyer mit Kasse, Café und Museumspädagogik und den drei angegliederten, gestaffelten Ausstellungspavillons, die sich sukzessive in das Gelände eingraben, entsteht ein den Waldsaum begleitender Spannungsbogen.
Die turmartige Überhöhung der Ausstellungs-Eckbereiche als Lichtanker ist sehr markant. Die funktionale Anordnung und Abfolge bei durchgehend barrierefreien Grundflächen sind stimmig und effektiv. Insbesondere der Bereich der Museumspädagogik bietet in seiner Orientierung zum Böckstiegel-Haus, zu Hofflächen und Waldsaum eine hohe Wertigkeit.
Die hintereinander geschaltete klare Abfolge der drei Ausstellungsbereiche ist von hoher Funktionalität und lässt flexible Nutzungen mit großem Hängepotential für Ausstellungsflächen zu. Die Lichteinbringung im Bereich der Lichttürme ist hochwertig in der Lichtführung und der Schaffung punktueller Ausblicke. Hier ergibt sich aufgrund der Höhe auch die Möglichkeit der Anbringung hochformatiger Bilder.
Die Technikräume sind im rückwärtigen Bereich zentral und mit kurzen Wegen untergebracht. Die Andienung als solche erscheint zunächst folgerichtig. Jedoch stellt sich die Frage der Anfahrbarkeit mit größeren Wagen.
Die Fassade wird hochwertig mit einem Verblendmauerwerk aus gesägtem Bruchstein ausgebildet und harmonisch ergänzt durch hell eingefärbte Sichtbetonstützen.
Die Anforderungen an das Raumprogramm werden eingehalten. In seinen Kenndaten bezüglich Nutzfl ächen und Bruttorauminhalt liegt der Entwurf im höheren Mittelfeld.
Der Entwurf dürfte aufgrund der ebenerdigen Bespielbarkeit und Nähe zum Altbau in seiner Personalkostenstruktur günstig sein.
Durch die durchdachte natürliche Lichtführung wird ebenfalls eine wirtschaftliche Unterhaltung unterstützt.
Insgesamt handelt es sich um einen sensiblen städtebaulichen Entwurf von hoher Funktionalität, der der Entwurfsaufgabe in hohem Maße gerecht wird.
Ausstellung

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