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Offener Wettbewerb | 11/2014

BUGA Erfurt 2021 ─ Teilbereich Nördliche Gera-Aue

1. Anerkennung

Preisgeld: 15.000 EUR

Atelier Loidl

Landschaftsarchitektur

REINHART + PARTNER

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

G R Ü N E S G E R A - B A N D

Die Erfurter Bundesgartenschau findet 2021 auf drei großen innerstädtischen Arealen statt: dem ega-Park mit seiner langen Gartenschautradition, dem Petersberg in direkter Verknüpfung mit der Altstadt und dem historischen Nordpark. Alle drei Kernbereiche sind mit der Gera verbunden. Sie ist der Leitfaden der Schau und wird aufgrund ihres besonderen Potential auf den erweiterten BUGA-Flächen besonders gewürdigt, in Szene gesetzt und auf vielfältige Weise für die Besucher zugänglich und nutzbar gemacht.


Ziele

1. Linearität und Leitfunktion stärken
Der Gera, als vorhandenes Leitelement mit großem Potential, wird auf der westlichen Hangkante des neuen Parks eine großzügige Stadtpromenade gegenüber gesetzt, wodurch das Grüne Gera-Band in seiner Linearität gestärkt und klar ablesbar gemacht wird. In unmittelbarer Symbiose durchdringen die Landschaftselemente Promenade, Rasenhang, Aue, Gera und Uferweg das Entwurfsgebiet als zusammenhängendes, lineares Konstrukt und leiten die Besucher von der Altstadt ins Erfurter Umland.

2. Drei Parksequenzen entwickeln
Das Grüne Gera-Band wird in seinem Nord-Süd-Verlauf in drei charakteristische Parkabschnitte gegliedert. Unterschiedliche Themen und Nutzungsangebote formulieren differenzierte Parktypologien und schaffen eigenständige Atmosphären entlang der Gera. Die Potentiale und die Attraktoren der einzelnen Parksequenzen werden als Impulsgeber aufgegriffen, weiter entwickelt und mittels entsprechender Morphologie der jeweiligen Landschaftselemente inszeniert. So wird die Identität der Parksequenzen geschärft.

3. Promenade und Rundweg ausbilden
Die erhöhte Promenade wird zur Flaniermeile für BUGA-Besucher und Anwohner und übernimmt vielfältige, intensive Funktionen des neuen BUGA-Parks. Sie ist das wichtigste Leitelement, fungiert als multifunktionaler Stadtplatz indem sie viele Nutzungen (Schaugärten, Sport- und Spielflächen, Gemeinschaftsgärten) einbindet und bildet eine urbane Kante zu den angrenzenden Siedlungen. Die Verbindung der Promenade mit dem schmaleren Uferweg östlich der Gera formt individuelle Rund- und Spazierwege und verknüpft beide Uferseiten der Gera miteinander.


Entwurf

Nordpark
Als großer Volkspark ist der Nordpark im Erfurter Stadtraum verankert. Der beeindruckende Baumbestand und die großzügige, weite Hangfläche werden als maßgebendes Potential aufgegriffen und stehen im Mittelpunkt dieses Parkabschnitts. Die Promenade markiert an der Haltestelle „Altes Garnisonslazarett“ das Entrée zum Grünen Gera-Band und leitet die Besucher über den BUGA-Markt in den Park. Während der BUGA wird die Nordpark-Promenade von opulenten Hanggärten begleitet. Thematisch gegliederte Heil- und Duftgärten sowie extensive Staudenfelder unter einem lichten Baumdach werden zum farbenfrohen Highlight der Kernfläche Nordpark. In diesem Bereich wird dem Besucher eine sehr vielfältige Konzentration von Gartenschau-Themen präsentiert, die als eindrucksvoller Auftakt Lust auf die Erkundung des gesamten Gera-Bandes machen. Im Kontrast zu dieser bunten Gartenwelt am Hang werden großzügige Sport-, Entspannungs- und Picknickorte auf der freien Rasenlandschaft im Zentrum des Parks geschaffen. Der Dialog zwischen Hang und Rasenweite bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten wie Spazierengehen, Picknicken, Spielen, Baden und GartenSchauen. Durch den gezielten Rückbau der Auenstraße wird eine große, zusammenhängende Fläche geschaffen und somit der Volkspark-Charakter des Nordparks an der Gera gefördert.
Durch zwei punktuelle Eingriffe in die Uferzone wird die Gera im Abschnitt des Nordparks erlebbar gemacht. Kleine Kiesbuchten laden zum Spielen ein, werden zum Kanutentreffpunkt und vervollständigen den Nordpark in Kombination mit dem neuen Kleinkinderspielplatz und dem großen Spiel- und Sport- Tartanfeld am Nordbad in seiner Nutzungsvielfalt zum Volkspark.
Die Stellplätze und Zufahrten zum Nordbad werden zusammen geschaltet und zukünftig gemeinschaftlich mit der Lutherschule an der Karlstraße genutzt. Das angrenzende Areal der „Alten Fliegerschule“ wird dem Nordpark zugeschlagen und punktuell mit Baumpflanzungen ergänzt. Während der BUGA kann diese Fläche aufgrund ihrer Lage und infrastrukturellen Anbindung als temporäre Veranstaltungs- oder PKW-Stellfläche genutzt werden. Am gegenüber liegenden Ende des Volksparks, entlang der Marie-Elise-Kayser-Straße, wird der Hungerbach frei gelegt und vervollständigt durch sein naturnahes Profil den Auencharakter der Gera.

Sportpark
Bewegung und Aktivität prägen den Charakter des Sportparks. Die Promenade erreicht in diesem Parkabschnitt ihre breiteste Ausdehnung, sodass sie in direkte Berührung mit der Gera kommt und einen urbanen Uferbereich in Form einer Kanuarena/Eisbahn ausbildet. Über Treppen gelangen Sportler und Besucher ans Wasser, können sich im Fluss erfrischen oder das rege Treiben im und am Wasser von der Tribüne aus beobachten. Die Großzügigkeit und Offenheit dieses Promenadenabschnitts begründet sich in der Funktion der Fläche alle vorhandenen Sportfelder, die Radrennbahn Andreasrieth sowie die neu ergänzten Spiel- und Sportfelder zu integrieren und einen zusammenhängenden Sportpark zu entwickeln. Der Schul- und Vereinssport kann hier aufgrund des großzügigen Raumangebotes weiterhin stattfinden. Die Multifunktionalität des Sportparks wird durch die Nutzung und Aneignung der vielfältigen Flächen und informellen Strukturen nach und nach deutlich werden. Die Mischung und das Nebeneinander von Skatern, Läufern, Basketballern und Kanuten machen den Sportpark zu einem temperamentvollen, lebendigen Ort direkt an der Gera.

Auenpark
Die größte Parksequenz bildet der Auenpark. Hier wird der Naturraum und die Aue der Gera durch sanften, ökologischen Umbau besonders in Szene gesetzt und für die Besucher zur Auenerlebnislandschaft weiter entwickelt. Um der Aue ausreichend Raum zu geben und die Wiesenweite für die Besucher erlebbar zu machen werden der Wohngebietspark Rieth, Nördliche Gera-Aue und der Kilianipark zusammen gefasst. Pflanzen, Tiere und Menschen erhalten durch diese ökologischen Maßnahmen einen atmosphärisch dichten und naturnahen Raum, der die angrenzenden Wohngebiete gekonnt kontrastiert.
Durch gezieltes Freiräumen wird die Aue als Gesamtraum wahrnehmbar, ihre Bedeutung für die Stadt deutlich gemacht und gleichzeitig ein Maximum an Hochwasserschutz und Vorhaltefläche als Retentionsraum erzeugt, wodurch außerdem der Rückbau der Wehre möglich wird. An die vorgesehenen Geraschleifen werden im Entwurf punktuell weitere Schleifen und schmale Läufe hinzugefügt. Flache Ufer- und Wasserbereiche mit Kiesbänken verbessern die bewusste Wahrnehmung des Flusses von der Promenade und binden den Flusslauf in den Nutzungskatalog des Parks ein. Die naturnahen Ufer und Strandbereiche werden zu einem spannenden Naturerfahrungsraum für Kindern und Eltern.
Um den visuellen Bezug zur Gera zu stärken werden die linear gesetzten Bestandsgehölze in Clustern zusammengefasst. Ein Vis á Vis der gegenüberliegenden Uferzonen und Blickbeziehungen zur Umgebung sind nun gegeben. Die Promenade auf der Hangkante wird als urbanes Gerüst demnach besonders bedeutsam, sie übernimmt die Funktion der Bündelung der gewünschten Programmatik. Spielplätze, Gärten, Kioske und Community Gärten sind in diesem Abschnitt in die Promenade integriert und werden als Kommunikations- und Nachbarschaftsorte eingesetzt. Eine Partizipation mit den Bewohnern der umliegenden Siedlungen zeigt zur BUGA einen zeitgenössischen Gartengedanken auf und bieten Raum für gemeinsame Projekte und Ideen. Entlang der Promenade geben Aussichtsbalkone Blicke in die Aue frei.
Am „Alten Heizkraftwerk“ gruppiert sich ein neues Zentrum des Auenparks. Das Industriedenkmal kann im Wesen erhalten werden, wobei die Dächer entfernt werden, sodass in den Hallen offene Ausstellungsräume entstehen. Auf den ebenen Nebenflächen des Kraftwerks ist ausserdem Platz für eine Festwiese und einen Biergarten, die den neuen Kulturort am Ortskern Kiliani stärken. Während der Durchführung der BUGA dient dieser Ort als Kulturkraftwerk mit Informations- und Veranstaltungsflächen. Der angrenzende Kilianipark schafft die Verbindung des Auenparks mit dem Landschaftsraum Gispersleben. Die Erinnerungsstätte und der ehemalige Friedhof werden als ruhiger und kontemplativer Auenwald weiter entwickelt und in das Gesamtkonzept eingebunden. Die neue Brücke verbindet in diesem Abschnitt die beiden Dorfkerne Gispersleben-Kiliani und Gispersleben-Viti und ergänzt die Vielzahl der Rundwege.



Gestaltungselemente

Promenade
Die Buga-Promenade wird entsprechend der bestehenden Potentiale und der neuen Attraktoren in ihrer Ausdehnung variiert und kann auf diese Weise vielfältige Nutzungen integrieren und wird somit zum multifunktionalen, linearen Stadtplatz entlang der Gera. Sie wird einheitlich aus hellem Ortbeton gestaltet und weist eine Mindestbreite von sechs Metern auf, um ergänzend in ihrer Funktion als Flaniermeile als überregionaler Geraradweg zu funktionieren. Die befestigte Fläche wird durch bunte und vielfältige Inlays aufgelockert. Große Inlays fungieren als Gemeinschaftsgärten oder als Sportfelder mit EPDM-Belag, die kleineren Inlays sind bspw. Boulespielfplätze aus wassergebundener Wegedecke. Ein lockeres Baumraster aus Bestandsbäumen und ergänzten Blühgehölzen schafft schattige Bereiche auf der Promenade.

Uferweg
Der acht Meter breite Uferweg auf der Ostseite der Gera vervollständigt die Hauptpromenade zu einem großzügigigen Rundweg. Der Spazierweg aus wassergebundener Wegedecke integriert die Bestandsbäume der Geraaue, wodurch eine Baumhalle gebildet wird. Der Verlauf dieses Weges bezieht sich auf den vorhandenen Uferweg, er wird jedoch aufgeweitet, um allen Nutzern gerecht zu werden.

Hangkante
Als kontinuierliches, lineares Landschaftselement stärkt der Rasenhang die Leitfunktion der Promenade und ist Vermittler zwischen Urbanität und naturnahen Auwiesen. Die Hangkante wird in ihrem gesamten Verlauf aus Rasen gestaltet und dient den Besuchern als Ort der Kontemplation mit Blick auf die Gera.

Beurteilung durch das Preisgericht

Aus einer typologischen Beobachtung der Flusslandschaft entwickelt die Arbeit eine stringente Haltung und Strategie: Flussraum und Hang erhalten eine Ergänzung durch das neue, lineare Strukturelement "Stadtpromenade", welches eine urbane Stadtkante im Übergang zu den benachbarten Gebieten ausbildet. Obgleich dieses kraftvolle Element, welches sich durch das gesamte Wettbewerbsgebiet zieht, gewürdigt wird, erscheint es in seiner konkreten Ausprägung teilweise überzogen. Die beabsichtigte Bündelung von Funktionen und Aktivitäten entlang der Stadtpromenade und der daraus folgenden Möglichkeit einer zurückhaltenden Gestaltung der angrenzenden Flusslandschaft wird gewürdigt. Die Wohngebiete um den Moskauer bzw. Berliner Platz werden gut an den Flussraum und das übergeordnete Radwegenetz angeschlossen.

Die Anwendung der drei morphologischen Prinzipien "Kante" (als intensiver Bereich, Verdichtung von Bewegung und Funktion), "Hang" (als eher zurückhaltender Bereich) und unmittelbarer Flussbereich wird jeweils in den in den Parksequenzen "Nordpark", "Sportpark", "Auenpark" strukturell überzeugend umgesetzt.

Mit einem deutlichen Eingriff in die bestehende Struktur des Nordparks wird dessen Wegenetz auf einen umlaufenden Hauptweg und untergeordneten Nebenwegen reduziert. Die Auenstraße wird aufgegeben wodurch eine großzügige Rasenfreiheit im Zentrum der Anlage entsteht. Dieser sich von einer als historisch bedeutsam wahrgenommenen Bestandsituation abwendende Eingriff wird intensiv und kontrovers diskutiert. Die Setzung einer Öffnung an der Gerabiegung sitzt räumlich an der richtigen Stelle. Aus technischer Sicht ist die Lage am Prallufer vor der Flussbiegung jedoch kritisch zu bewerten.

Zu den städtebaulichen Maßnahmen werden nur allgemeine Aussagen getroffen. Die vorgeschlagenen Blockrandstrukturen überzeugen wenig, der Vorschlag einer stadträumlich prägenden Setzung mittels eines architektonisch ambitionierten Solitärs wird positiv bewertet.

Das Buga Ausstellungskonzept ist umsetzbar.
Insgesamt bietet die Arbeit einen mutigen und in Ihrer Haltung und Transformierung konsequenten Entwurfsansatz, welcher als solcher gewürdigt wurde.