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Kooperativer Planungsworkshop | 12/2014

Neugestaltung MarktstÀtte

1. Rang

club L94

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Die MarktstĂ€tte spielt im Ensemble der mittelalterlichen Altstadt eine besondere Rolle. Der Platz ist ein wichtiges Gelenk fĂŒr die Laufbeziehungen von der Innenstadt zum Ufer des Bodensees, als auch fĂŒr die Bewegungen in den Bahnhofsplatz, der in Zukunft boulevardartig ausgebaut wird und den GrĂŒnring um die Altstadt weiterentwickelt.
Die MarktstĂ€tte ist heute geprĂ€gt von ĂŒberwiegend kleinteiliger BĂŒrgerhausbebauung an der Nordseite und grĂŒnderzeitlichen Verwaltungs-, GeschĂ€fts-, und Hotelbauten an der SĂŒdseite. Der Platz lebt von seinen RĂ€ndern, denn hier wechseln sich Gastronomie und Einzelhandelsnutzungen ab, wobei die Nordseite deutlich lebendiger ist, denn das PostgebĂ€ude mit seinem prĂ€gnanten Turm an der Ecke zum Bahnhofsplatz bespielt den Raum nicht, so dass der vorgelagerte Bereich heute als Fahrradstellplatzt genutzt wird.
WĂ€hrend im spĂ€ten Mittelalter die MarktstĂ€tte zum See hin noch mit SpeichergebĂ€uden einen Raumabschluss erfuhr, spielt die heute offene Platzkante mit dem Bezug zum See eine ganz andere Rolle. Der ehemalige lang gestreckte Straßenmarkt ist heute einer der am stĂ€rksten frequentierten PlĂ€tze Konstanz und dient hunderten von Touristen als Stadteingang.
Die Erschließung der MarktstĂ€tte vom See aus erfolgt ausschließlich durch die UnterfĂŒhrung, die ĂŒber Treppen auch mit den Bahnsteigen verbunden ist. Das BrĂŒckenbauwerk ist heute zwar breiter, offener und heller als viele andere UnterfĂŒhrungen, hat aber mit seinen vielen terrassenartigen Pflanzbecken und Einbauten wenig QualitĂ€t.
Konzept
Der Entwurf zur Umgestaltung der MarktstĂ€tte hat zwei wesentliche Ziele. Zum einen wird der Raum von seinen vielen Einbauten befreit. Als steinernen `Festsaal` fĂŒr die BĂŒrger und Besucher der Stadt soll er eine offene, reduzierte und reprĂ€sentative Gestaltung erhalten, die seine mittelalterliche Raumstruktur wieder stĂ€rker in den Vordergrund stellt.
Zum anderen soll der Bezug zum Bodensee ĂŒber die StĂ€rkung von Sichtbeziehungen deutlicher spĂŒrbar sein und die Verbindung durch die UnterfĂŒhrung attraktiver gestaltet werden.
Entwurf
Die vorhandenen Linien der Mastleuchten entfallen. Der Platz erhĂ€lt eine neue abgehĂ€ngte Beleuchtung, die auch fĂŒr temporĂ€re Installationen wie Weihnachtsbeleuchtung, Fahnen oder andere Themen genutzt werden kann. Ohne die Einbauten wirkt der Platz wieder von Fassade zu Fassade, was seiner engen langgestreckten Form entgegen wirkt und ihm mehr GroßzĂŒgigkeit verleiht. Die OberflĂ€chengestaltung des neuen Festsaals ist von den edlen Holzböden reprĂ€sentativer RĂ€ume inspiriert und wird als Stadtparkett im FischgrĂ€tverband verlegt. Die Belastungen der Verkehre auf der MarktstĂ€tte können durch den Verband in besonderer Weise aufgenommen werden, da die wirkenden ScherkrĂ€fte ĂŒber den 45` Winkel optimal abgeleitet werden können. Die Pflasterplatten werden auch den Laufkomfort erhöhen und die glatte OberflĂ€che soll die Stellung des Platzes, in der ansonsten mit Kopfsteinpflaster dominierten Innenstadt, herausheben. Vor diesem Hintergrund soll der Belag als besonderes Gestaltungsthema nur in der MarktstĂ€tte verlegt werden und kann nicht als Vorlage fĂŒr die angrenzenden StraßenrĂ€ume herangezogen werden.
Material in den angrenzenden StraßenrĂ€umen
Wir empfehlen den Altstadtbereich im Anschluss an die MarktstĂ€tte mit großformatigem Granitreihenpflaster zu verlegen. Wobei die Randbereiche vor den GeschĂ€ften mit gesĂ€gten OberflĂ€chen hergestellt werden sollten, um den Laufkomfort zu erhöhen. In schmalen Gassen sollte es eine zentrale offene Rinne geben. In grĂ¶ĂŸeren Querschnitten kann eine mittig liegende Fahrbahn mit DachgefĂ€lle und Fassung aus offenen Rinnen in den Straßenraum eingelegt werden. Die Fahrbahn sollte im Kontrast zu den gesĂ€gten OberflĂ€chen der Randbereiche mit Kopfsteinpflaster ausgebildet werden.
Möblierung
Die Möblierung des öffentlichen Raumes der MarktstĂ€tte reduziert sich auf den historischen Brunnen und wird durch ein langes Bankmöbel aus Holz ergĂ€nzt. Das Möbel nimmt formal die beiden Seiten des Platzes auf. Es ist zur SĂŒdseite linear und zu Platzmitte hin mit versetzten Linien gestaltet, so dass man auch in Richtung Brunnen oder See sitzen kann. Da der Platz in den Sommermonaten von der angrenzenden Gastronomie dominiert wird können die neuen Sitzstufen an der UnterfĂŒhrung nochmal mehr, vor allem fĂŒr junge Menschen, als freies Sitzen in der Sonne eine große Rolle spielen und ein interessanter Treffpunkt werden.
EntwÀsserung
Die EntwĂ€sserung der PlatzoberflĂ€che erfolgt ĂŒber Schlitzrinnen, die abgesetzt von den Raumkanten die WĂ€sser von den GebĂ€uden weg aufnehmen wird. In der Mittelachse des Platzes wird ein DachgefĂ€lle zu den Seiten ausgebildet, so dass die WĂ€sser auch den Rinnen zu geordnet werden. Vor den Stufenpaketen und der UnterfĂŒhrung werden im Übergang zur Rampe Rinnen eingebaut.
Gastronomie
In den Sommermonaten ist der schmale langgestreckte Straßenraum durch Außengastronomie stark beengt. Der Entwurf schlĂ€gt vor die FlĂ€chen der Bestuhlung nĂ€her an die Fassaden heran zuschieben. Ein schmaler Korridor von ca. 3m kann entlang der Fassaden freigehalten werden. GrundsĂ€tzlich sollten die SitzplĂ€tze stĂ€rker von den Markisen beschattet werden, so dass eine ErgĂ€nzung von Schirmen nur einreihig möglich sein kann. Damit wĂŒrde man der beengten Situation entgegen wirken und die Sichtbeziehungen zum See stĂ€rken. Es wĂŒrde ein zentraler Bewegungskorridor in der Mitte des Platzes entstehen, der die Besucherströme direkt vom See in die Innenstadt fĂŒhrt.
Fahrradparken
Mit der neuen Stufenanlage auf der SĂŒdseite der UnterfĂŒhrung wird die PlatzflĂ€che vor dem PostgebĂ€ude grĂ¶ĂŸer. Dadurch kann dieser Bereich im Übergang zum Bahnhofsplatz gut gequert werden und vertrĂ€gt auch eine Ausstattungslinie von FahrradbĂŒgeln. GrundsĂ€tzlich sollen in Zukunft die FahrrĂ€der im Bereich des Bahnhofes im Sinne eine Parkhauses untergebracht werden.

UnterfĂŒhrung
Die UnterfĂŒhrung erhĂ€lt an den Übergangsbereichen MarktstĂ€tte und Hafenareal jeweils Sitzstufen. Dadurch wird der Raum vor dem eigentlichen BrĂŒckenbauwerk auf geweitet und nimmt die Laufbeziehungen trichterartig auf. Die Pflanztröge werden zurĂŒckgebaut, so dass die Sichtbeziehungen zum See verbessert werden. Der Barriere freie Zugang auf die beiden Stadtniveaus wird ĂŒber Rampen hergestellt. Eine zweite Rampe an der Konzilstraße kann die Laufbeziehung vom Fischmarkt und dem KonzilgebĂ€ude aufnehmen.
Die UnterfĂŒhrung soll thematisch stĂ€rker mit dem Bodensee verbunden werden. Neben einem neuen Fassadenkonzept, dass die Farben des See zur Vorlage hat, wird ein Seeteppich in den Bodenbelag eingelegt, dessen Material von den geologischen Schichten des Seeufers inspiriert ist.
Material
Mit dem Konzept die MarktstĂ€tte als stĂ€dtischen Festsaal zu verstehen, kann auch ĂŒber die MaterialitĂ€t und Möblierung des Raumes das Gestaltungsthema sichtbar gemacht werden, damit sich der Platz von den anderen AltstadtplĂ€tzen abhebt. Dabei spielt das Material des Stadtparketts die wichtigste Rolle. Wir stellen uns eine parkettartige Pflasterplatte aus Naturstein vor, die mit einer Maserung versehen ist. Der Stein muß mit den technischen Anforderungen, Belastung, Streusalz etc. abgeglichen werden. GrundsĂ€tzlich soll die Pflasterplatte schmal sein. Wir schlagen einen 50x10cm FischgrĂ€tverband in einer 16cm starken Dicke vor. Da die Materialwahl fĂŒr die Herstellungskosten die entscheidende Stellschraube ist, wird man hier gut recherchieren mĂŒssen, eventuell kommt auch ein `Sandwich-Verfahren` (TrĂ€gerplatte Betonwerkstein) in Frage. Wir könnten uns ein Gneis- oder Dolomitmaterial aus den Gebirgen der Region vorstellen. Ein neutrales Granitmaterial aus Übersee wĂŒrden wir ausschließen.
Die Ausstattungselemente auf dem Platz sollten alle aus einem Material hergestellt werden. Hierzu gehören die Leuchten ĂŒber dem Platz, neue GelĂ€nder an den Mauern und AbgĂ€ngen der UnterfĂŒhrung, FahrradstĂ€nder, AbfallbehĂ€lter und mögliche Infostelen und Tafeln. Hier orientiert sich der Entwurf an vorhandenen Objekten in der Innenstadt bei denen oft Messing verwendet wurde.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch die QualitĂ€t und den konsequenten Einsatz der gewĂ€hlten Gestaltungsmittel. Die MarktstĂ€tte wird von Fassade zu Fassade mit einem einheitlichen Belag ausgelegt, der als schlichtes FischgrĂ€tmuster („Stadtparkett“), der Bedeutung des Platzes angemessen, singulĂ€r in Erscheinung treten soll. Es wird also nicht der Anspruch erhoben, Gestaltungsbeispiel fĂŒr angrenzende Wegebereiche zu sein. Der Platz erhĂ€lt dadurch Ruhe, Tiefe und GroßzĂŒgigkeit, die QualitĂ€ten der flankierenden Fassaden kommen zur Geltung, ebenso der vorhan-dene Baum. Auch die Funktionen der Rettungswege und die Andienung der Betriebe sind dadurch in einer selbstverstĂ€ndlichen Weise gewĂ€hrleistet.

Die Nutzungen durch Gastronomie und Einzelhandel werden direkt den Erdgeschossen zugeordnet, die MarktstĂ€tte erhĂ€lt dadurch eine freie Mitte, die den FußgĂ€ngerbewegungen vorbehalten bleibt und so auch direkt zur UnterfĂŒhrung leitet. Diese wird durch einen etwas raueren Belag abgesetzt und tritt dadurch gut erkennbar in Erscheinung. Ihre Flanken werden in Sitzstufenform abgetreppt, was vor allem auf der Nordseite eine gute Nutzbarkeit erwarten lĂ€sst. Die neu in Nord-SĂŒd-Richtung auf der Ostseite der Konzilstraße angeordneten Zugangsrampen werden im Grundsatz begrĂŒĂŸt, auch wenn ihre LĂ€nge im Hinblick auf eine Barrierefreiheit zu kurz ist und außerdem dadurch eine durchaus denkbare ebenerdige Querung der Bahnlinie in diesem zentralen Bereich verhindert wird. Es entfĂ€llt dafĂŒr die Rampe vor der Bahnhofsladenzeile, was mit einem deutlichen gestalterischen Mehrwert fĂŒr die Bahnhofsachse einhergeht. Der in der FlĂ€che großzĂŒgige Übergang von der MarkstĂ€tte in die UnterfĂŒhrung weist allerdings in der Konsequenz auch Nachteile hinsichtlich Orientierbarkeit fĂŒr mobilitĂ€tseingeschrĂ€nkte Menschen auf. Auch die nicht berĂŒcksichtigte Durchfahrtsbreite fĂŒr Rettungsfahrzeuge muss angepasst werden.

Die frei ausgeformten Sitzmöbel sind richtig verortet, FahrradstellplĂ€tze werden wie bisher bei der Sparkasse angeordnet. DarĂŒber hinaus wird ein Fahrradparkhaus im Bereich der jetzigen „BĂŒrgerstuben“ vorgeschlagen, was funktional durchaus Sinn macht, stadtrĂ€umlich aber den Blick auf das HafengebĂ€ude in Teilen verstellt. Da dieses HafengebĂ€ude durchaus als östlicher stadtrĂ€umlicher Abschluss der MarktstĂ€tte gesehen werden kann, sollte die Ausdehnung des geplanten Parkhauses entsprechend angepasst werden.

Von der Rosgartenstraße bis zur Konzilstraße werden als Beleuchtung von Fassade zu Fassade frei gespannte HĂ€ngeleuchten vorgeschlagen. Eine einfache, aber gute Lösung, die die FlĂ€che von Einbauten freimacht, Ort und Umfang der Beleuchtung sind frei auswĂ€hlbar, ohne dass damit gestalterische Eingriffe in die FlĂ€che verbunden sind.

Trotz der baulichen Maßnahmen an der UnterfĂŒhrung bewegt sich die Wirtschaftlichkeit in einem darstellbaren Bereich, die Verlegeart des Belags in Form eines FischgrĂ€tparketts lĂ€sst im Hinblick auf Dauerhaftigkeit und Unterhaltung einen vertretbaren Aufwand erwarten.

Die Arbeit verfolgt ohne Effekthascherei einen kompetenten und konsequenten Gestaltungsansatz, der der FlĂ€che ein prĂ€gnantes, singulĂ€res Erscheinungsbild verleiht, die UnterfĂŒhrung aufwertet und die flankierenden Fassaden angemessen zur Geltung bringt. Der Blick auf den See bleibt unverstellt. Kritisiert werden muss die radikale Trennung zur Bahnlinie, die in der dargestellten Form eine ebenerdige Querung der Bahnlinie nicht zulĂ€sst.