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Nichtoffener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 12/2014

Neubau eines Eingangs- und Ausstellungsgebäudes für das Freilichtmuseum Molfsee – Landesmuseum für Volkskunde

Außenperspektive

Außenperspektive

1. Preis

Preisgeld: 23.200 EUR

ppp architekten + stadtplaner

Architektur

Breimann & Bruun

Landschaftsarchitektur

Bruun & Möllers GmbH & Co. KG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitbild
Das Freilichtmuseum Molfsee stellt sich dem Besucher als idealisiertes Abbild der Schleswig-Holsteinischen Kulturlandschaft dar. Wald, Wasser und die bewegte Topographie repräsentieren die von der letzten Eiszeit geprägte Endmoränenlandschaft.
Von den letzten Ausläufern der Stadt Kiel, aber auch von der umgebenden Landschaft wird das Museumsgelände durch einen grünen Saum aus Gehölzen und Waldstücken abgeschirmt. So entsteht ein fast ungestörtes Bild von Landschaft, in das reetgedeckte Bauernhäuser und Wirtschaftsgebäude eingebettet sind.
Entwurflicher Ansatz des neuen Empfangsgebäudes ist es, ein ungleiches Paar aus Baukörpern am ungeordneten Südrand des Museumsgeländes anzufügen, das sich in Korngröße und Duktus selbstverständlich in die Museumslandschaft einfügt und diese abrundet. Angeknüpft wird an das Bild der großvolumigen grauen Reetdächer, die Teil der Landschaft werden. Die Neubauten greifen das Bild auf. Dach und Wand werden aber zu einer skulpturalen Großform, die Gebäude zu Artefakten, die für die Künstlichkeit des Museums stehen. Die neuen Gebäude werden Teil des Gesamtensembles.
Der Baustoff Beton stellt den zeitlichen Bezug her. Härte und Strenge der Form stehen im Kontrast zu den Altbauten. Eingangs- und Nebengebäude des Museums spannen mit der Scheune einen Platz auf und machen die Feldscheune zum ersten Exponat des Freilichtmuseums, aber auch zum Raum für Wechselausstellungen oder zur Präsentation von landwirtschaftlichem Großgerät.
Die Ausstellungsflächen des Landesmuseums für Volkskunde legen sich ringförmig um einen eingelassenen Innenhof unterhalb der Dächer. Eher introvertiert und konzentriert wird im Untergeschoss Raum geschaffen für die Präsentation von Exponaten der Volkskundesammlung. Der Besucher taucht über eine Treppe in die Museumswelt ein und blendet dabei die ländliche Umgebung aus. Der ringförmige Gang um den Innenhof schafft eine besondere Atmosphäre, stellt aber über die Präsenz der beiden beschirmenden Dächer und den sich öffnenden Hof den Bezug zwischen innerer und äußerer Museumswelt her.
Während sich im Empfangsgebäude die Eingangshalle mit Schauvitrinen und den ersten Exponaten sowie die Kasse und der Bookshop befinden, nimmt das Nebengebäude den Raum für Kulturvermittlung, die Anlieferung sowie die Werkstätten auf.
Der Konferenzraum befindet sich im Obergeschoss des Empfangsgebäudes und wird direkt aus dem Kassenbereich erschlossen. Eine Technikzentrale befindet sich im Dachgeschoss des Nebengebäudes.
Die ringförmige Anordnung der Ausstellungsräume lässt eine Vielzahl von Ausstellungsszenen zu. Die stützenfreien Räume lassen sich zu einzelnen vom Ringflur aus erschlossenen Kabinetten oder bis zu 800 m2 großen zusammenhängenden Einheiten organisieren.

Material
Neben dem Material der sichtbar geschalten Dächer aus Glasschaumbeton sind hölzerne Einbauten sowie Windfangelemente aus vorpatiniertem Kupfer geplant.
Im Sockelgeschoß kontrastieren weiße Betonbrüstungen und glatte weiße Wandflächen. Helle Terrazzoböden binden die Geschosse zusammen. Der Innenhof ist mit hellem Kies
belegt.

Freiraum
Das Konzept für den Freiraum sieht behutsame kontextuelle Eingriffe vor, die das bisherige räumliche Gefüge des Freilichtmuseums weiter stärken und für das neue Gebäudeensemble und seine erweiterten Inhalte ein angemessenes Umfeld schaffen.
Der auf weiten Teilen des Geländes umlaufende Gehölzsaum bildet sowohl einen ruhigen landschaftlichen Hintergrund für die ausgestellten Gebäude, als auch ein räumliches Gefühl des „Innen“ und „Außen“. Durch den konsequenten Lückenschluss des Gehölzrahmens wird das Eintreten in eine abgeschlossene, „andere Welt“ möglich. Als Schleuse fungiert dabei das neue Gebäudeensemble. Die Dramaturgie des Museumsbesuchs wird dadurch maßgeblich gestärkt.

Platz und Hof
Architektur und Freiraum werden im Zusammenhang mit der bestehenden Topografie so gestaffelt, dass eine selbstverständliche Einbindung in die Landschaft entsteht. Überall dort wo topografische Kanten sichtbar werden, werden Mauern errichtet, bei denen Feldstein-Trockenmauern Pate stehen. Durch eine gebundene Bauweise und einseitig gesägte Feldsteine kann dieses Thema jedoch zeitgemäß übersetzt werden.
Dieser Duktus setzt sich auch bei den befestigten Bodenbelägen im Hof und auf dem Vorplatz fort. Um den Versiegelungsgrad dennoch gering zu halten, wird der Feldsteinbelag durch Grand- und Rasenflächen unterbrochen. Ein besonderes Moment findet sich in der Neugestaltung des bereits vorhandenen Teichs. Gebäude und Freiraum schieben sich hier bis an das Wasser heran und bieten Besuchern einen Moment des Innehaltens bevor sie das Ausstellungsgelände betreten.

Stellplatz
Der Parkplatz für 400 Besucher-PKWs wird in den vergrößerten Gehölzsaum integriert.
Die Anordnung von Stell- und Fahrflächen erfolgt strahlenförmig rund um das neue Gebäudeensemble. Eine klassische durchgehende Befestigung wird vermieden. Vielmehr wird bei den Fahrflächen auf Grand und bei den Stellflächen auf Rasenpflaster oder Schotterrasen zurückgegriffen. Durch die Auffächerung können breite grüne Schneisen in den Parkplatz integriert werden, die lediglich zur Baumpflanzung vorgesehen sind. Zonierung und Leitung des Verkehrs wird über helle bodenbündige Plattenbänder in Beton vorgenommen.

Freilichtgelände
Der Rundgang durch das Freilichtgelände beginnt am Museumsplatz zwischen den drei Gebäuden der „Hofanlage“ des Museums und führt über eine Brücke zum bestehenden Wegenetz des Freilichtmuseums.
Im bestehenden Gelände werden einige behutsame Eingriffe vorgenommen. Zunächst werden durch Baum-, Hecken- und Strauchpflanzungen Räucherkate und Drahtenhof als extern nutzbare gastronomische Einrichtungen vom Gelände separiert. Der Ausbau der Hoffläche zwischen beiden Gebäuden erfolgt im Sinne eines baumüberstandenen Biergartens auf dem der Rundweg durch das Freilichtmuseum nach Verlassen des Geländes enden kann. Die davor liegenden Stellplätze der Gastronomie werden in das Stellplatzkonzept eingebunden. Weitere Interventionen sind der Rückbau des alten Haupteingangs sowie des zentralen Fußweges vom historischen Torhaus in das Museumsgelände. In Anlehnung an das historische Bild des Torhauses einer Gutsanlage, wird in der Achse der Durchfahrt eine Obstbaumallee gepflanzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der städtebauliche Ansatz, ein Baukörperpaar in das fast ungestörte Bild und die Ausstellungslandschaft mit reetgedeckten Bauernhäusern und Wirtschaftsgebäuden einzufügen, ist sehr gelungen. Die beiden sichtbaren Baukörper werden in ihrer Maßstäblichkeit sorgfältig aus den vorhandenen Gebäuden abgeleitet und auf dem Gesamtgelände richtig platziert. Die Zurücknahme der oberirdischen Baumasse wird allerdings auf Kosten der Anordnung der Ausstellungsräume im Untergeschoss erkauft, was aus Nutzersicht auch kritische Aspekte beinhaltet.
Die Eingangssituation von der Hamburger Straße und vom Parkplatz ist klar und eindeutig.
Von einem Vorplatz werden die Besucher ins Foyer geführt. Eingangs- und Nebengebäude des Museums fassen zusammen mit der klug integrierten Feldscheune einen Hof, der den zentralen Zugang zum Ausstellungsgelände bildet. Der Hof öffnet sich mit Sitzstufen zu einem Teich, der den Drahtenhof mit seiner Sommergaststätte sowie weitere Gebäude des Museums ins Blickfeld des Besuchers rückt.
Die architektonische Organisation der Funktionsbereiche ist selbsterklärend und gut durchdacht. Lediglich die räumliche Gliederung im Untergeschoss lässt Fragen offen. Mit den weitgehend geschlossenen, aus Glasschaumbeton erstellten Wand- und Dachflächen erhalten die Gebäude ihren eindeutigen zeitlichen Bezug. Die sorgfältig gesetzten Öffnungen lassen zusammen mit den Lichtbändern im First eine interessante Lichtführung erwarten. Die Ausstellungsbereiche werden um einen abgesenkten Gartenhof angeordnet und belichtet.
Der Entwurf verlegt die Ausstellungsfläche so in die untere Ebene, während Service und
Funktionsbereiche darüber liegen. Die Besucher könnten damit über die Ausstellung hinweg gehen, so dass die Hinführung des Publikums zum Ausstellungsbereich als schwierig bewertet wird. Die Flächen um den Innenhof ermöglichen allerdings sehr flexible Ausstellungskonzeptionen, die jedoch durch die tragenden Wände eingeschränkt werden. Der Entwurf bietet im Bereich der Ausstellungsflächen Außenraumkontakt aber keine direkten Sichtbeziehungen zum Freigelände. Der Museumsshop rückt aus dem zentralen Funktionsbereich. Die bestehende Feldscheune wird überzeugend in das museale Konzept integriert.

Die Ausformulierung der Dach- und Wandflächen zur skulpturalen Großform wird besonders gewürdigt. Mit der kunstvollen und architektonisch eigenständigen Ergänzung des baulichen Bestandes leistet die Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Inwertsetzung des Vorhandenen. Härte und Strenge der Neubauten stehen in einem wirkungsvollen und trotzdem angemessenen Kontrast.

Insgesamt stellt die Arbeit einen funktional gut durchdachten, städtebaulich und architektonischwertvollen Beitrag zur Aufwertung des Freilichtmuseums dar.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss UG

Grundriss UG

Schnitt Innenhof

Schnitt Innenhof

Innenperspektive

Innenperspektive