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Nichtoffener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 12/2014

Neubau eines Eingangs- und Ausstellungsgebäudes für das Freilichtmuseum Molfsee – Landesmuseum für Volkskunde

3. Preis

EVERSMANN STUDIO

Architektur

die-grille selbständige Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Sarah Markert

Architektur

Erläuterungstext

www.eversmann.fr

Gebäudeensemble
Es war unser Anliegen, ein klares städtebauliches Ensemble zu schaffen, das eine großzügige Eingangssituation für das Museum ermöglicht, und zugleich neue Landschaftsräume ablesbar macht und die Ausstellungsflächen des Museums für Volkskunde in idealen Bedingungen präsentiert. Das neue Gebäude liegt am Rande des bisherigen Parkplatzes in Nord-Süd-Ausrichtung, und trennt den Parkplatzbereich klar vom Museumsbereich ab. Das bisherige Museumsgelände wird dadurch erweitert.

Landschaft
Der Museumseingang wird zu einem einladenden Raum, der die Besucher anders als bisher intuitiv und selbstverständlich leitet. Durch einen gerahmten Blick über den vergrößerten See auf das Gelände entsteht eine positive Spannung, die in der weiten Torsituation des Foyers und dem Weg über den See aufgelöst wird.
Die Fläche vor dem Gebäude wird kompakt als Parkplatz angelegt, der aber durch ein großzügiges, sich aufweitendes Zugangsband gegliedert ist, das durch das Eingangsgebäude hindurch ins Gelände leitet.
Das Baumraster des Parkplatzes ist mit verschiedenen Arten besetzt, die von den Randbereichen mit Kiefern und Birken bis zu den gebäudenahen Teilen mit Zierbirne, Traubenkirsche und Hainbuche ineinander übergehen. Je nach Erfordernissen sind Lenkungen möglich, eine klare Organisation der Stellplätze optimiert die Flächenausnutzung, der Befestigungsgrad ist gestaffelt, Bus-, Fahrrad- und Behindertenstellplätze sind bevorzugt positioniert. Die Stellplätze sind gebündelt angeordnet, die Flächen vor dem alten Torhaus oder der Gaststätte verbleiben und können ihre Funktionen weiterhin erfüllen.
Die Vergrößerung des Sees löst den bestehenden Teich aus seinem Dornröschenschlaf und nützt die Wasserfläche zur Inszenierung des Zugangs ins Museum und zur sinnlichen Teilung von Innen und Außen.
Die Gaststätte erfährt durch die Lage am See ebenfalls eine Aufwertung. Uferbereiche können, als Seegras- oder Reetzonen angelegt, die Themen Baumaterial und Ressourcen anschaulich machen und ins Museumskonzept einbezogen werden. Die Freihaltung des eigentlichen Museumsgeländes vom Neubau erlaubt dann einen Blick ins parkartige Gelände, an dessen Erschließungsnetz der sich aufgabelnde Weg logisch anschließt.

Typologie & Funktionale Organisation
Die vorherrschenden Sattel- und Walmdächer dienen als Vorlage für die Kubatur des langestreckten Neubaus. Angrenzende Dachneigungen und Trauf- bzw. Firsthöhen werden im neuen Gebäude aufgenommen und neuinterpretiert weitergeführt. Wo höhere Räume bzw. gutes Tageslicht notwendig sind wie in der Ausstellung und den Büroräumen hebt sich das Dach nach oben, in Erschließungsräumen kann sich das Dach senken. Dadurch entsteht eine Dachform, die Assoziationen an die alten Gebäude weckt, jedoch einen starken eigenständigen Charakter aufweist.
Die Anordnung des Baukörpers schafft eine durchgängige, großzügige Erschließung zum Freilichtmuseum, über den das Museumsgelände mit der Windmühle bereits beim Heranschreiten an das Gebäude sichtbar wird. Das Foyer ermöglicht die freie Besichtigung der Schaupunkte. Im Sommer und an Tagen mit hohen Besucherzahlen kann das Foyer über Schiebetüren großflächig geöffnet werden. Die Ausstellungsräume des Museums für Volkskunde im Erdgeschoss und 1.Obergeschoss werden über ein 2-stöckiges längliches Atrium erschlossen. Der Tagungsraum und die Büros befinden sich im 1. Obergeschoss und erhalten durch ihre Blickbeziehungen auf den See und das Gelände eine hohe Aufenthaltsqualität und können separat erschlossen werden. Der Bauhof befindet sich leicht verborgen hinter den Reetanpflanzungen, ist jedoch über einen schmalen Steg vom Hauptsteg erschließbar. Als Nutzung ist eine neue Ausstellung für Fischerei, Boote, Netze angedacht. Es wäre jedoch ebenso denkbar, das Gebäude weiterhin als Bauhof zu nutzen, da das Gebäude vom Steg aus mit der Vegetation im unteren Bereich gut abgeschirmt ist.

Lichtkonzept und Fassade
Erschließungsräume und Büros können natürlich beleuchtet werden. Der Ausstellungsbereich erhält über die Fassade und Oberlichter gleichmäßiges Nordlicht, das über einen außenliegenden textilen Sonnenschutz variabel von kompletter Verdunkelung zu offenem Tageslichteinfall geregelt werden kann. In den Zwischenräumen der hohen Dachsparren sind Schienen untergebracht, an denen energieeffiziente LED- Spots für eine komplett variable Punktbeleuchtung der Ausstellungsstücke sorgen und stufenlos verschieb- und regelbar sind.
In den Fassadenfeldern der Büronutzung steht ein großformatiger Öffnungsflügel für freie Lüftung.
3-Scheiben-Verglasung und Dämmschichten sind an den Außenfassaden wärmeschutztechnisch optimiert.
Als Sonnenschutz kommen außenliegende, textile Markisen zum Einsatz. Die vorgesetzten Vertikallamellen sorgen vor allem an der Ostfassade und im Dachbereich für eine effiziente Verschattung.

Struktur
Das Projekt besteht aus einem 100m x 20m großen Gebäude, das sich über drei Geschosse verteilt. Durchgängige Wände und das Untergeschoss sind in Stahlbeton vorgesehen. Der offene Foyereingang wird vom Tagungs- und Konferenzraum stützenfrei überbrückt. Dachstruktur und Stützen bestehen aus Brettschichtholz. Das Gebäude selbst hat 4 Strukturachsen (eine Stahlbetonwand und drei Achsen aus Brettschichtholzstützen), auf denen die Decke des 1.Obergeschosses (Typ Kerto-Ripa oder äquivalent) und das Satteldach aufliegen. Die horizontalen Kräfte, die von der Dachkonstruktion ausgehen, und die variablen Lasten werden auf Höhe der Decke des 1.OGs von Zugstäben an der Nordfassade aufgenommen.
Die Dachstruktur (Pfetten, Dachsparren, Konterlattung, Lattung) besteht ausschließlich aus linearen Elementen ohne Krümmung, da die Dachgeometrie aus einer doppelt geregelten Fläche aufgebaut ist. Die leichte Krümmung der Gesamtfläche (auf 14.5m x 1.5m nur eine Abweichung von 5cm von einer planaren Fläche) kann durch Biegung der Schichtplatten der Dachhaut aufgenommen werden (per Platte etwa 1cm)
Der Tagungsraum über dem Foyer wird mit zwei Fachwerkträgern mit Ober- und Untergurten aus Holz und Zugstäben aus Stahl getragen.

Klimakonzept
Das Gebäudekonzept hat eine maximale Reduzierung des Verbrauchs an Energie und Ressourcen durch passive Maßnahmen zum Ziel. Die Strategie stützt sich auf eine hoch effiziente Gebäudehülle sowie ein integrales Raumklimakonzept.
Wo möglich und sinnvoll, werden Belüftung und Raumkonditionierung von der Funktion getrennt. Der Großteil des Gebäudes wird natürlich belüftet, lokal kommen dezentrale Lüftungseinheiten zum Einsatz. Die Luftwechsel werden auf das hygienisch erforderliche Maß begrenzt, während wasserbasierte Systeme über Strahlung auf das Komfortempfinden der Besucher einwirken (Fußbodenheizung). Die Versorgung von Wärme und Kälte wird über einen Wärmetauscher mit dem ausgebauten Teich oder geothermische Erdsonden sichergestellt.
Es wird auf die Verwendung schadstoffarmer Materialien geachtet. Außerdem kommen lokale Materialien zum Tragen, um lange Transportwege und graue Energie zu vermeiden.
Zusammenfassend sehen wir in diesem Ansatz eine flexible, zukunftssichere Konzeption. Der Schwerpunkt liegt auf einer hochwertigen Ausführung der langlebigen baulichen und technischen Maßnahmen

Brandschutzkonzept
Entsprechend der Landesbauordnung Schleswig-Holstein wird das Gebäude als Gebäudeklasse 3 und als Sonderbau bewertet (Höhe FFB 1.OG < 7 m; Fläche > 400 m², geplante Nutzung). Eine Anwendung der VkVO und VStättVO sind aufgrund der Anwendungsgrenzen nicht gegeben. Die Bereiche Verkauf, Tagungs- und Seminarraum, Foyer und Ausstellungsraum werden daher schutzzielorientiert betrachtet, dabei werden VkVO und VStättVO meinungsbildend herangezogen. Eine Feuerwehrzufahrt ist über den Parkplatz vorgesehen. Der erste und zweite Rettungsweg aus dem Erdgeschoss führt entweder direkt oder nach kurzem Weg über einen Treppenraum ins Freie. Dabei wird eine maximale Rettungsweglänge von 30 m bzw. 35 m (je nach Nutzung) berücksichtigt. In dem Obergeschoss führt der erste Rettungsweg über einen Treppenraum. Der zweite Rettungsweg wird über das Foyer geführt. Auch hier wird eine Rettungsweglänge von 30 m bzw. 35 m eingehalten. Tragende und aussteifende Bauteile, Decken sowie Trennwände werden entsprechend der Gebäudeklasse 3 feuerhemmend geplant. Im Untergeschoss sind sie feuerbeständig. Verglasungen in den Trennwänden müssen der Trennwandqualität entsprechen. Es ist ein Deckendurchbruch im Bereich der Ausstellungsräume vorgesehen. Dieser wird mittels einer Brandmeldeanlage kompensiert. Das Foyer wird zweigeschossig ausgebildet. Es kann somit als eine Art Deckendurchbruch angesehen werden. Die Qualität der Decke (feuerhemmend) wird in die Wände umgeklappt, sodass eine geeignete Kompensation des Deckendurchbruchs stattfindet. An die Außenwände werden aufgrund der Gebäudeklasse und der zwei Geschosse keine besonderen Anforderungen gestellt (mind. normalentflammbar). Die Dämmung ist in Anlehnung an die VStättVO nicht brennbar auszuführen (Ausnahme: Perimeterdämmung).
Gebäudeabschlusswände sind bei dem Gebäude nicht notwendig, da ein ausreichender Abstand zur Nachbarbebauung eingehalten wird. Das Gebäude wird mittels einer hochfeuerhemmenden Wand (Wand anstelle einer Brandwand) in zwei Brandabschnitte unterteilt. Die Brandabschnittsflächen sind unter 1.600 m².Die Wand anstelle einer Brandwand wird mit notwendigen Öffnungen und hochfeuerhemmenden Abschlüssen versehen. Die notwendigen Treppen sollen aus nicht brennbaren Baustoffen hergestellt werden. Die Treppenräume werden entsprechend der Bauordnung feuerhemmend (im Untergeschoss feuerbeständig) abgetrennt. Aufzugsschächte, die nicht im Treppenraum liegen, und ggf. Installationsschächte werden feuerhemmend abgetrennt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der lange Baukörper des Museums trennt den Vorbereich mit Parkplatz klar vom Park des
Freilichtmuseums ab und schafft eine überzeugende städtebauliche Situation.
Ein Weg verbindet in Nord-Süd Richtung den Parkplatz durch das offene Foyer mit dem
Park. Der Zugang vom Parkplatz funktioniert dabei sehr gut, für Fußgänger die mit dem öffentlichen Verkehr anreisen dürfte der seitliche Weg zum Eingang allerdings durchaus noch interessanter inszeniert sein. Der Dialog zum bestehenden Restaurant ist räumlich gegeben, der Weg dürfte hier allerdings noch eindeutiger sein. Der Bauhof wie auch die anderen Bestandsbauten wirken in dieser Situation in ihrer Lage selbstverständlich.
Der lange schmale Baukörper ist gegen die Zugangsseite, mit Ausnahme des eigentlichen
Zugangs, und an den beiden Schmalseiten komplett mit einer Holzfassade geschlossen, was durchaus positiv bewertet wird. Die westliche schmale Fassade wirkt hierbei allerdings nicht einladend und wird kritisch bewertet. Gegen Norden zum Park öffnet die verglaste Fassade den Blick von den zwei Geschossen in das Freilichtmuseum. Das Giebeldach verwindet sich an beiden Seiten über die ganze Länge und dynamisiert dadurch den Bau. Das Verwinden des Daches wird als wesentliches Merkmal des Entwurfs kontrovers diskutiert.
Der Bau nimmt das Baumaterial Holz vieler umgebenden Bauten auf, ohne sich in Form und Bauart mit dem Bestand anzubiedern. Die einfache Bauart mit herkömmlichen Materialien
und Baumethoden wird zwar positiv beurteilt, der Architektur aber zu wenig Ausstrahlung
zugesprochen.
Der Innenraum ist in zwei Bereiche geteilt. Gegen Osten sind die Serviceräume und darüber die Tagungsräume und die Büros angeordnet. Westlich des Atriums sind auf zwei Geschossen die Ausstellungräume platziert. Die zwei Bereiche lassen sich dadurch separate bedienen und erlauben hohe Flexibilität im Betrieb. Ein zweigeschossiges Atrium öffnet einen wunderbaren Blick in das Freilichtmuseum, die Sichtbezüge sind museal gut einzubinden.
Die Ausstellungsräume lassen sich gut unterteilen und von beiden Geschossen von Norden her über das Foyer und im ersten Obergeschoss über einen Steg einfach erschließen. Die Tagungsräume und Büros lassen sich über das Foyer oder separat von außen erschließen, was für den Betrieb sehr gut funktioniert.
Der Entwurf überzeugt in der horizontalen und vertikalen Erschließung von Funktions- und
Servicebereichen im Verhältnis zum Ausstellungsbereich. Er bietet viele Wandflächen und
lässt durch große gliederbare Ausstellungsflächen eine hohe Flexibilität für Dauer- und Sonderausstellungen zu.
Der Bau steht auf der ganzen Länge in einer Wasserfläche, die im Parkbereich über einen
breiten Holzsteg in die Freilichtausstellung führt. Dieser attraktive Auftakt in das Freilichtmuseum verbindet und trennt den Neubau mit den musealen Bauten des Freilichtmuseums.
Insgesamt ist das Programm gut erfüllt und es ist ein atmosphärisches Projekt mit einer starken Identität und einer verführerischen Außengestaltung entstanden.
Schemata und Gesamtplan, Original 1:500

Schemata und Gesamtplan, Original 1:500

Raumsequenz und Blickführung

Raumsequenz und Blickführung

PLAN EG

PLAN EG

PLAN 1.OG

PLAN 1.OG