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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2015

Sanierung und Erweiterung des Badischen Staatstheaters

ein 1. Preis / Zur Überarbeitung aufgefordert

Preisgeld: 120.000 EUR

Dietrich | Untertrifaller Architekten ZT GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Zwischen 1843 und 1913 befand sich auf dem Gelände des heutigen Staatstheaters der Badische Hauptbahnhof und erklärt die heutige Sonderstellung und -form des Staatstheaters im Stadtgefüge, welche als hohe Qualität erkannt wird und auch – nach den zu allen Seiten notwendigen Erweiterungsschritten – beibehalten werden soll.

Das KLEINE HAUS schiebt sich weit in den Platzraum, definiert diesen neu und erhält durch seine Stellung eine eigene Identität ohne die Präsenz und Bedeutung des GROSSEN HAUSES in Frage zu stellen. Ebenso soll der Habitus des Bestandes, seine Struktur, Schichtung und Materialisierung nicht gänzlich aufgegeben sondern behutsam daraus weiterentwickelt und lediglich etwas nobilitiert werden. Junges Theater, Studiobühne, der Orchesterprobesaal, diverse Probebühnen und auch die Montagehalle können im Sinne eines offenen, mit der Außenwelt kommunizierenden, Kulturkomplexes künstlerische Ergebnisse sowie deren Entstehungsprozesse der Öffentlichkeit näherbringen.

Durch die unmittelbare Anbindung des Kleinen Hauses sowie des Jungen Staatstheaters an die Anlieferung und die Werkstätten im Großen Haus und das verbindende, gemeinsam nutzbare Foyer – nicht zuletzt im Sinne eines offenen Hauses – können bestmögliche Synergieeffekte lukriert werden. Die erweiterte Foyerlandschaft eröffnet neue und vielfältige Möglichkeiten für Kommunikation, Aufenthalt und großzügigere Gastronomiezonen. Die restrukturierten und erweiterten Werkstätten werden in ihren Zuordnungen und Abmessungen, sowie den Transportwegen zu Aufführungsstätten, Bereitstellungsflächen und Probebühnen, optimiert. Die Sanierung und die Erweiterungen werden in klaren Bauetappen strukturiert, Konzepte zur Akustik, Energietechnik und Platzgestaltung liegen vor.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur

Der gewählte Entwurfsansatz umschließt dreiseitig den Bestand als zweite Schicht.
Nach Norden zum Eingang hin bleibt der ursprüngliche Baukörper in seiner Haltung dadurch erkennbar. Von diesem Grundgedanken ausgehend werden schlüssig die innere Ordnung, das Raumkonzept und der Baukörper von innen nach außen entwickelt. Stadträumlich will der Baukörper mit all seinen Erweiterungen den ursprünglichen Typus
des Solitärs weiterdenken, weiterbauen.

Die komplexen inneren funktionalen Verknüpfungen, Zusammenhänge und Bauabschnitte sind im Vergleich sehr gut gelöst. ln der nachvollziehbaren Abwägung zwischen einer reinen neuen Theatertypologie und der Notwendigkeit des Um- und Weiterbauens hat dieser Entwurf mit die größten Potentiale einer Weiterentwicklung.

Ob die von den Verfassern beabsichtigte Anmutung und Intention, "den Habitus des Bestandes, seine Struktur, Schichtung und Materialisierung behutsam weiterzuentwickeln", wirklich eingelöst werden, bleibt fragwürdig.

So wird die schematisch wirkende Metallfassade ( mikroperforiertes Blech) über die gesamte Länge von annähernd 200 Metern als Vis-a-vis der Baumeisterstraße nur über vertikale, konkave Lisenen strukturiert. Auch die großformatigen, eher zeitgebundenen als dauerhaften Multimediascreens verändern diesen Eindruck nicht. Die horizontale Schichtung, Tiefe und Plastizität des Ursprungsgebäudes werden durch die neue tektonische Hülle negiert und überformt Dies steht im Widerspruch zur Aufgabenstellung,
die einen Erhalt bzw. eine qualitative Fortschreibung der "Wesensmerkmale der architektonischen Gestalt" vorgibt.

Zusammenfassend liegt die wesentliche Qualität dieser in vielen Punkten angemessenen Arbeit in ihrer reibungslosen Funktionalität und den Raumqualitäten. Exemplarisch seien hier die Raumfolge und der Weg vom öffentlichen Platz über das Foyer mit dem zentral angeordneten Großen Haus und den kontrapunktisch als Endpunkten gesetzten Kleinen Haus bzw. Orchesterprobenraum genannt.

Urheberrecht

Der Baukörper an sich weist eine geeignete Weiterentwicklung auf. Die Tektonik ist jedoch so verflacht, dass die architektonische Qualität durch fehlende horizontale Gliederungselemente leidet.

Die so entstehende Massivität und Geschlossenheit wirkt dem Grundgedanken eines einladenden, eines offenen (geöffneten) "Hauses für alle" entgegen.

Freiraum

Entlang der Baumeisterstraße und der Meidingerstraße schafft der Entwurf durch Baumreihen angenehme Straßenräume und Übergänge zur angrenzenden Wohnbebauung.

Ein großer Platz führt die Besucher mit einer gewissen Selbstverständlichkeit zum Haupteingang, der zudem durch eine lang ausgezogene Treppe betont wird. Auch der Durchweg in die Südstadt ist gut ablesbar. Zu- und Ausfahrt der Tiefgarage entlang der Kriegsstraße beengen den Platzraum ein wenig. Dennoch bleibt genug Raum für ein Promenieren entlang der Straße.

Der Platz selbst wird durch Wasserspiele aufgewertet, lässt aber eine kräftige Gestaltungsidee vermissen, welche die Vielzahl der angebotenen Elemente wie Bäume, Fahrradständer oder Tiefgaragenaufgänge integrieren kann. Auch wird auf die Möglichkeit verzichtet, durch die Gestaltung einen visuellen Brückenschlag zum Platz am Landratsamt aufzubauen.

Funktionen

Alle für den Betrieb geforderten Funktionen des Foyers sind in hervorragender Weise eingelöst. Die Öffnung des Jungen Staatstheaters und des Orchesterprobenraums zum Straßenraum macht die Theaterarbeit sichtbar. Die geforderte Publikumsgastronomie ist grundsätzlich funktional, jedoch fehlen Betischungen für die Gastronomie im Großen Haus. Die dargestellte Außengastronomie und der direkte Zugang aus der Bestandstiefgarage werden positiv bewertet. Die Organisation aller Betriebsbereiche ist hervorragend umgesetzt, einzig die Bereitstellungsflächen im Kleinen Haus werden durch Transporte eingeschränkt. Der Entwurf setzt in seinen Funktionen einen hohen Standard und hebt sich dadurch von den übrigen Entwürfen ab. Die Umsetzung der Module im Spielbetrieb ist schlüssig und funktional dargestellt.

Baukonstruktion und Gebäudetechnik

Das statisch-konstruktive Konzept ist nicht ausreichend beschrieben und entspricht damit nicht den Anforderungen. ln die tragende Struktur der vorhandenen Bausubstanz wird wesentlich eingegriffen. Die in der Auslobung geforderten Eckpunkte für das Gebäudetechnikkonzept wurden nur teilweise dargestellt. Angaben zur vertikalen und horizontalen Erschließung liegen nicht vor. Die ausgewiesenen Technikflächen sind plausibel.

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

Der Entwurf hat die Voraussetzung für die in der Auslobung vorgegebenen energetischen Ziele. Er zeichnet sich darüber hinaus durch eine hohe Kompaktheit aus.

Nachvollziehbare Angaben für die geforderte Nutzung erneuerbarer Energien wurden nur in geringem Umfang (Photovoltaik) gemacht.

Zum geforderten Konzept zum winterlichen Wärmeschutz und sommerlichen Komfort liegen ausreichende Angaben vor. Das Tageslichtkonzept ist zeichnerisch dargestellt und exemplarisch beschrieben.

Wirtschaftlichkeit

Die Soll-Nutzflächen wurden um 18 % überschritten. Die Überschreitung liegt im oberen Bereich aller Entwürfe.

Das Verhältnis Nutzfläche zu Bruttogrundfläche (BGF/NF) als Kennzeichen für die Flächeneffizienz liegt im mittleren Bereich aller Entwürfe.

Die prognostizierten Gesamtbaukosten des Entwurfs liegen um ca. 26 % über den berechneten Kosten der Aufgabenstellung im mittleren Bereich aller Entwürfe.

Die prognostizierten Gesamtbaukosten des Moduls 1 überschreiten die berechneten Kosten der Aufgabenstellung für dieses Modul im Vergleich aller Entwürfe durchschnittlich.

Ausgehend von funktionalen Gesichtspunkten ist mit einem im Vergleich zu allen anderen Entwürfen optimalen, d.h. geringen personellen Aufwand für den Gebäudebetrieb zu rechnen.