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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2014

Neubau Oberstufengebäude mit Aula, Hort- und Ganztagsflächen am Standort der Stadtteilschule Winterhude

3. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

Wacker Zeiger Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Zwei Gründe haben die Verfasser veranlasst, von der vorgegebenen Baufigur abzuweichen. Der erste Grund ist städtebaulich.
Die Breite des Neubau-Entwurfs entspricht der Breite der gegenüberliegenden Schumacher-Zeile und nicht der Gesamtbreite des Hauptgebäudes.
Der zweite Grund leitet sich aus den Funktionen, insbesondere aus dem Brandschutzkonzept ab. Will man Nutzungseinheiten von nicht mehr als 200 qm in Deckung bringen mit dem Raumprogramm der Reformschule Winterhude, außerdem mit den Vorgaben für eine gute Belichtung, landet man bei einer Gebäudetiefe von
etwa 15 m. Eine solch reduzierte Breite und Tiefe führt zwangsläufig zu einer Viergeschossigkeit. Diese Höhenentwicklung halten wir im städtebaulichen Umfeld sowohl gegenüber dem Schul-Hauptgebäude als auch gegenüber der benachbarten
Wohnbebauung für angemessen. So kann eine Ensemblewirkung entstehen. Niedrige Gebäude würden im morphologischen Kontext immer als Pavillon wahrgenommen werden. Dass der vorgelagerte Aulabau nicht symmetrisch angeordnet ist, hat zum einen den Grund, dass sich so in der nach Südwesten ausgerichteten Vorzone ein sehr gut nutzbarer Außenraum (Vorplatz Eingang, Mensaterrasse) ergibt, zum anderen kam uns die Mittigkeit gerade im Vis-a-vis zum Schumacher etwas penetrant vor.


Die äußere Erschließung erfolgt über die vorhandenen Zugänge zum Schulcampus. Der Haupteingang ins Gebäude ist in der Mitte der Nordwestfassade zum Schulhof hin angeordnet. Ein zweiter Eingang führt von der Nordtangente ins Haus.Innen münden beide Eingänge in ein geräumiges Foyer, an dem die Gemeinschaftfunktionen platziert sind.
Die Anlieferung für die Mensa ist an der Südostseite geplant. Die vertikale Erschließung ist so konzipiert, dass in den Etagen bis zu vier Nutzungseinheiten untergebracht werden können. Dafür sind zwei innere Treppenhäuser und zwei jeweils an die
Giebelseiten angedockte offene Treppen (Flügelbauten) erforderlich. An die inneren Treppenhäuser sind die Nutzungseinheiten wie Zwei- bzw. Dreispänner angeschlossen. So hat jede Nutzungseinheit zwei bauliche Rettungswege.

Die Gliederung der Nutzungseinheiten ist in den Zeichnungen angedeutet. Sie entspricht eher einem "Großraumbüro" als klassischen Reformschul-Vorbildern, die in der Regel mehr Flächen verzehren. Der 240 qm große Gruppenraum der Sekundarstufe II ist nicht kompatibel mit dem Brandschutzkonzept. Die Flächen sind nachgewiesen. Eine zusammenhängender Gruppenraum kann aber nur in einer Größe von 200 qm (maximale Größe einer Nutzungseinheit) angeboten werden. Für die Holzwerkstatt und das Forscherlabor der Primarstufe besteht die Möglichkeit, das Dach der Aula als Terrasse (äußerer Werkhof) zu nutzen.

Der Neubaukörper stellt sich als backsteinverblendeter, präziser Kubus dar. Unterschnitte und Rückstaffelungen (zunächst sind es raumprogrammbedingte Verkleinerungen) bringen eine feine Differenzierung. Die Fassadengliederung interpretiert die Rasterung des gegenüberliegenden Schumacher-Baus. Über die geschlossenen Fassadenflächen gezogene Rollschichten stehen als feine horizontale Linien den weißen Geschossplattenabzeichnungen von FS gegenüber. In der Vertikalen sind die Fensterbänder durch Betonschotten rythmisiert. Die beiden die offenen Treppenhäuser flankierenden Betonscheiben verlängern diesen Rythmus über das Gebäude hinaus. Gleichzeitig korrespondieren diese "Flügel" mit den zweigeschossigen Flügelbauten Schumachers. Die Wände sind in Massivbauweise aus Stahlbeton und Mauerwerk konstruiert. Als Decken kommen Stahlbeton-Filigrandecken zum Einsatz. Die Aula ist mit Stb-Bindern überspannt. Die Dächer sind als Flachdächer (mit Gefälledämmung)
konzipiert. Der Verblender entspricht dem rotbraunen, dunkel verfugten Stein, den Schuhmacher für den Sockel und die Nebenbauteile verwendet hat. Damit ordnet sich der Neubau als Nebengebäude dem Haupthaus mit seinem helleren Stein und der roten Verfugung unter. Die Rahmen der Holz-/Alu-Fenster sind anthrazitfarben lackiert. Im Inneren prägen das Weiß der Wände, Materialfarben (Holz, Beton), dunkle Fußböden und punktuelle Farbakzente den Raumeindruck.

Das Haus ist, wie die NF1-6/BGF-Überprüfung zeigt, kompakt aufgestellt. Es kann durchweg mit einfachen Konstruktionen errichtet werden. Die verwendeten Baumaterialien sind aus ökologischer Sicht sowohl in der Produktion, wie auch im Betrieb und einer späteren Entsorgung gut vertretbar. Dies sind die primären Entscheidungen, die bereits den Vorentwurf konditionieren. Alle weiteren baukonstruktiven und haustechnischen Entscheidungen (Dämmstärken, Wärmebrükkenminimierung, Heizungs- und Lüftungssystem, Einsatz regenerativer Energieträger etc.) optimieren die Planung in ihrem weiteren Verlauf.

Im Außenraum wird an die vorhandenen Planungen angeknüpft. Die Pausenfläche zwischen Neubau und Haupthaus kann in der vorgefundenen Gestaltung verbleiben bzw. nach der Baumaßnahme wieder hergesteltt und ergänzt werden. Zu überlegen wäre, ob sich der äußere Bodenbelag des Schulhofs mit dem inneren (Foyer, Mensa) und wieder mit dem äußeren auf der Südostseite verweben könnte. Das "grüne Klassenzimmer" auf der Südostseite wird durch die Baumaßnahme voraussichtlich so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass eine Neugestaltung - aber wieder im Sinne eines Schulgartens - erforderlich sein wird. Die Tangenten ("Hosenträger") sehen wir in Zukunft nicht mehr als überdachte Gänge, wohl aber als Erschließungswege mit einer baulichen Fassung. Diese kann sich aber sehr viel dezenter (z.B. durch Sitzmauern) darstellen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser setzen dem Haupthaus von Fritz Schumacher einen schmalen, in dunklem Backstein gestalteten Baukörper gegenüber, der das vorgegebene Baufeld nicht vollständig ausfüllt. Die Breite des Neubaus entspricht der Breite des Fritz-Schumacher-Baus. Die Entscheidung, die auch an Externe zu vermietende Aula mittels einer Fuge vom Hauptbaukörper zu trennen, schafft klare funktionale Abgrenzungen; sie ragt aber auch in den Schulhof hinein, was von Teilen des Preisgerichts kritisch betrachtet wird.

Der Hauptzugang erfolgt vom Schulhof in eine großzügige Halle, die neben den zwei Treppenhäusern auch die Mensa und den Hortbereich erschließt. Für die Externen wären eine selbstverständlichere Erschließung und ein Bezug nach außen wünschenswert. Die Aula und der zuschaltbare Mehrzweckraum werden separat von Norden erschlossen, was den störungsfreien Betrieb von Schule und parallel stattfindenden Veranstaltungen begünstigt.

Der schlanke Baukörper ist viergeschossig ausgebildet, was zu Lasten der Flexibilität des pädagogischen Konzepts geht. Es entsteht ein eher klassisches Schulraumgefüge, in dem sich die Schule nicht wiederfindet. Die Anordnung der Primarstufe im 1. und 2. OG verhindert gewünschte, selbstverständliche Beziehungen.

Der Baukörper wirkt zunächst etwas industriell, insbesondere durch die offenen Fluchttreppenhäuser an den Enden, die zwischen Fassade und kraftvolle Betonscheiben eingespannt sind. Die klare Form des Schulneubaus erfährt im oberen Geschoss durch schmale Balkone eine feingliedrige Differenzierung. Sie bildet, wie auch das begehbare Auladach, interessante Möglichkeiten des Außenaufenthalts.

Insgesamt findet sich der reformpädagogische Ansatz im ansonsten robusten städtebaulicharchitektonischen Konzept nicht wieder. Die zeitgemäße Interpretation Schumacher’scher Architekturmotive wie die horizontale Fassadengliederung und die Materialität sind gute Ansätze für einen modernen, aber eher konventionellen Schulbau.