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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2015

Neubau 3-gruppige Kindertagesstätte St. Franziskus

Erdgeschoss

Erdgeschoss

2. Preis

Preisgeld: 4.500 EUR

Harris + Kurrle Architekten BDA Partnerschaft mbB

Architektur

Erläuterungstext

Das Grundstück: ein dörfliches Idyll, gleichzeitig eine „Ortsmitte“ und ein Ortsrand; Kirche, Pfarrhaus und Kindergarten, eine Ruine und der Weg ins Grüne...

Entsprechend der Situation sind es sehr einfache Grundsätze, die dem Entwurf zugrunde liegen: ein einfaches zweigeschossiges Haus aus Holz, fast wie eine Scheune, selbstverständlich mit Dach.
Das Haus soll auch möglichst niedrig bleiben und nicht höher als die Nachbarschaft werden.
Mit Abstand zur denkmalgeschützten Scheune wird der Baukörper entlang der nördlichen Grundstückskante positioniert. Die wertvollen Außenflächen nach Süden und Osten bleiben so frei und unverschattet. Außerdem profitieren die Innenräume von der schönen Aussicht zur Ruine und ins Neckartal.

Der Zugang zum Gelände des Kindergartens befindet sich wie vorgegeben an der Hartwaldstraße.
Um die gewünschte Eigenständigkeit gegenüber dem Pfarrhaus zu gewährleisten, wird der Zugang jedoch an den östlichen Rand des Grundstücks verlegt. Die schöne Natursteinmauer kann so komplett erhalten werden. Außerdem ist von hier aus problemlos eine barrierefreie Erschließung des Kindergartens möglich. Der Eingang zum Haus liegt nämlich auf halber Höhe zwischen Hartwaldstraße und der nördlichen Grundstücksgrenze und vermittelt somit in der Topografie des Grundstücks.

Eine pavillonartige Eingangssituation vermittelt zwischen Pfarrhaus und Hauptbaukörper. Der Eingang selbst erfolgt über einen kleinen Hof mit Sitzbänken und ist großzügig überdacht.
Über einen Windfang mit Platz für Kinderwägen betritt man das Haus. Man gelangt in ein zentrales, kommunikatives Foyer, auch als Begegnungsort für die Eltern, mit Garderobe und einer Treppe, die auch zum Sitzen einlädt.
Direkt ans Foyer angeschlossen sind mit dem Mehrzweckraum und dem Essplatz zwei Räume, die nach Bedarf dem Foyer zugeschaltet werden können. So entsteht ein großzügiger Raumverbund, offen, kommunikativ und flexibel in der täglichen Nutzung.
Ebenfalls im Erdgeschoss wird der Bereich für die ganz Kleinen als autarke Einheit mit direktem Außenbezug geplant.

Das Obergeschoss ist dem Gruppenbereich der 3-6-jährigen vorbehalten. Ein zentraler Kern mit Nebenräumen gliedert diese Ebene. Um diesen Kern entsteht ein offener Raumzusammenhang aus Gruppen- und Bildungsräumen. Durch einfache Türen kann dieser Raumzusammenhang offen gehalten oder geschlossen werden.
Große Fenster sorgen für Licht und Außenbezug aus den Gruppenräumen. Es bleiben aber immer ausreichend Wandflächen als Stellfläche und Rückzugsmöglichkeit.
Eine zusätzliche Besonnung der Ebene ist über ein durchgehendes Fensterband von Süden gewährleistet.
Als besonderer Raum für die Kinder wird ein „Spieltunnel“ über dem Nebenraumkern angeboten. Über diesen Erlebnisraum mit Rutschen, Treppen, Hügeln, Kissen entsteht eine zusätzliche, spannende Verbindung zwischen den Gruppenräumen, die selbstverständlich auch räumlich und akustisch getrennt werden kann.
Ebenfalls im Obergeschoss befindet sich der Pausenraum der ErzieherInnen.
Von allen Aufenthaltsräumen kann man direkt auf eine schmale Terrasse und eine Außentreppe ins Freie. Dadurch werden sowohl der zweite bauliche Rettungsweg und eine zusätzliche Verbindung in den Außenspielbereich gewährleistet.
Die Baugrenze wird hier leicht überschritten, was jedoch im Rahmen des lt. Baunutzungsverordnung „geringfügigen Ausmaß“ liegen sollte.

Das Kinderhaus ist in seiner Konstruktion vollständig in Holz konzipiert, wobei für sämtliche Bauteile die überaus wirtschaftliche Holztafelbauweise zur Anwendung kommt. Dabei wird entsprechend der Funktionen und Beanspruchungen in der Ausbildung der Bauteile differenziert: für die Dach- und Außenwandelemente fungieren einfache Sparren- und Ständerlagen aus Vollholz, die zur Aussteifung innenseitig mit einer als Scheibe wirkenden Holzwerkstoffplatte bekleidet sind.
Für die Geschossdecke werden zur Herstellung von hochtragfähigen Hohlkastenelementen Massivholzplatten mit Brettschichtholz-Rippen verklebt, womit multifunktionale Deckenbauteile mit sehr geringer Höhe entstehen. Denn bereits in der werkseitigen Vorfertigung der großformatigen Bauteile können integriert werden: deckengleiche Unterzüge für die teilweise punktgestützte Deckenplatte, luftschallmindernde Splittschüttungen, akustisch wirksame Absorber und Installationen für Elektro und Lüftung. Ihre wegen der Akustik feingelochte Unterseite bleibt genauso sichtbar wie jeweils eine Seite der ebenfalls mit Massivholzplatten bekleideten Innenwände.
Es entwickelt sich somit ein Haus, das wesentliche Teile seiner Konstruktion in seinen fertigen Oberflächen zeigt. Durch eine weitreichende werkseitige Vorfertigung lässt sich bei minimaler Bauzeit maximale Qualität bis hin zu fertigen Sichtoberflächen erzielen.
Die bauphysikalischen Aufbauten sind einfach und robust: nach außen dampfdiffusionsoffen konstruiert - hochwärmedämmend und mit bestem sommerlichen Wärmeschutz.
Außen liegender Sonnenschutz wird - wo notwendig - mit Aluminiumfeinlamellen hergestellt.
Innen kann mittels Vorhängen auf verschiedene Licht- und Nutzungssituationen reagiert werden
Die Fassade ist mit vertikalen Holzlamellen verkleidet, ebenso die Dachfläche, wobei die Wasser führende Ebene darunter als Blechdach ausgeführt wird.

Die Außenflächen bleiben weitgehend unversiegelt. Ausnahmen stellen der schon beschriebene Eingangshof sowie die Wegeflächen dar.
Direkt dem Gruppenraum der Krippe wird ein Holzdeck als Terrasse sowie ein Sandkasten zugeordnet. Die übrigen Flächen werden begrünt und punktuell mit Bäumen, Bänken und Spielgeräten zoniert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf nimmt das Motiv der Scheune auf. Ein lang gezogenes Gebäude mit Satteldach bildet in ruhiger aber klarer Formensprache einen prägnanten Ortsrand. Durch ein Abrücken an der historischen Scheune ist eine klare Trennung zwischen alt und neu ablesbar. Ein eingeschossiger Baukörper begleitet das Hauptgebäude. Dadurch können alle erforderlichen Räume untergebracht werden, jedoch mit der Konsequenz, dass das benachbarte Pfarrhaus bedrängt wird.

Der Verfasser setzt den Eingang in den südöstlichen Bereich des Gebäudes. Dadurch wird der Zugang vom Pfarrbüro getrennt und der Außenspielbereich muss gequert werden.

Um das Foyer im Eingangsbereich gruppieren sich die Gemeinschaftsräume Essbereich und Mehrzweckraum sowie die erforderlichen Funktionsräume. Es entstehen dadurch viele interessante räumliche Zusammenhänge und das Gebäude erhält ein großzügiges Entree. Über das Foyer sind der Kleinkindbereich und die Verwaltungsräume erreichbar. Eine Einbeziehung des Foyers in die Abläufe der Kleinkindgruppe ist vorstellbar, jedoch laufen die Verkehrswege für die im Obergeschoß befindlichen beiden Gruppenräume durch diese Bereiche.

Im Obergeschoß befinden sich die beiden weiteren Gruppenräume und Bildungsbereiche. Der Verfasser nutzt die Dachform für eine hohe räumliche Qualität mit Erlebnischarakter für die Kinder. Ein Spieltunnel als Galerie verbindet spielerisch und kleinkindgerecht die beiden Gruppenräume. Die Funktionsräume sind geschickt im Mittelkern des Gebäudes untergebracht und ermöglichen somit klare Zuordnungen der Räume und Außenbeziehungen aus den Gruppenräumen in verschiedene Richtungen.

In seiner Gesamtwirkung schafft es der Verfasser ein ruhiges Gebäude an den Ortsrand zu setzen. In seiner Erscheinung und Fassadengestaltung lässt sich jedoch die Nutzung als Kinderhaus nicht leicht ablesen. Der Charakter als Scheune dominiert zu sehr. Die Eingangssituation mit der Querung der Außenspielbereich hat starke Beeinträchtigungen im Tagesbetrieb und müsste in den Mittelbereich des Gebäudes rücken. Durch die langen Baukörper wird die Außenfläche der Kita auf ein Mindestmaß reduziert. Im Obergeschoß führt dies bei den beiden Bildungsräumen zu gestreckten Räumen, die eher einen Flurcharakter besitzen.

Das Gebäude ist in wirtschaftlicher Holzbauweise konzipiert. Durch die Holzlamellenfassade erhält es den Charakter einer Scheune und bietet eine passende Antwort für den Ortsrand an dieser Stelle. Die Fassadenstruktur auch über das Dach des Gebäudes zu entwickeln wird hinterfragt.
Ansicht Süd

Ansicht Süd

Obergeschoss

Obergeschoss

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Nord

Ansicht Nord