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Offener Wettbewerb | 02/2015

Nationalpark Schwarzwald

4. Preis

Preisgeld: 28.000 EUR

Hess / Talhof / Kusmierz Architekten und Stadtplaner

Architektur

Kürz Obst Architekten

Architektur

Burger Landschaftsarchitekten Susanne Burger und Peter Kühn Partnerschaft

Landschaftsarchitektur

Ackermann Ingenieure

Tragwerksplanung

Zickler + Jakob Planungen GmbH & Co. KG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

LEITIDEE

Leitidee für das Besucher- und Informationszentrum ist es, dem Besucher den Naturraum Wald direkt erlebbar zu machen. Das Gebäude stellt sich als prägnanter Baukörper dar, der sich in den umgebenden Wald einbettet und diesem die Hauptrolle überlässt. Ein direkter und unmittelbarer Bezug zwischen innen und außen ist überall im Gebäude spürbar, der Wald und die Bäume werden zum Teil des Gebäudes und umgekehrt.

BAUKÖRPER 

Der Baukörper wird aus drei aufeinandergestapelten, rechteckigen Riegeln gebildet, die jeweils einen spezifischen Funktionsbereich aufnehmen.  Der mittlere Riegel nimmt dabei den Eingangsbereich, das Restaurant und den Vortragsraum auf, der obere Riegel den Bildungs- und Verwaltungsbereich. Auf dem unteren Riegel ist die Ausstellung angeordnet. Hinzu kommt darunter noch ein Kellergeschoss, das nach außen nicht in Erscheinung tritt und Räume für Lager und Hausmeister aufnimmt.
Durch gegenseitiges Verdrehen der einzelnen Riegel entsteht ein markanter Baukörper mit auskragenden Decks. Die Überkragungen werden dabei ganz bewusst gesetzt: Durch die Auskragung des obersten Decks wird zum Vorplatz und Straße nach Norden der Eingang des Gebäudes markiert. Zudem entstehen hier und zur anderen Seite Überdachungen, die den Zugangsbereich und den Freibereich des Restaurants vor Regen und Sonne schützen. Außerdem entstehen in der Eingangsebene und der Ausstellungsebene weit in den Wald hineinführenden Decks, die durch die Hanglage alle Bereiche des Waldes von den Wurzeln bis zu den Kronen erlebbar machen.  Auch die entstehenden Dachflächen werden teilweise genutzt, die Dachfläche der Ausstellungsebene ist als Aussichtsdeck begehbar und führt als Skywalk mit zwischen die Baumwipfel.

EINGANGSEBENE

Der Zugang des Gebäudes ist durch die Überkragung gut ablesbar. Das Foyer bildet den Mittelpunkt. Alle Funktionsbereiche sind direkt von hier aus zugänglich und sichtbar, so dass sich der Besucher gut und schnell orientieren kann. Beim Betreten des Foyers richtet sich der Blick zunächst durch den Foyerbereich hindurch auf das Aussichtsdeck und den umgebenden Wald. Zur einen Seite des Foyers ist der Restaurantbereich angeordnet. Zur anderen Seite schließt an das Foyer der Shop, WCs und Schließfächer. Den Abschluss des Decks bildet der große Vortragssaal, die auch zu einem großen Saal mit Panoramablick in den Wald.

AUSSTELLUNGSEBENE

Über eine vom Foyer nach unten führende Treppe taucht der Besucher in das Ausstellungsgeschoss ein. Direkt unter dem Foyer liegt dabei das Kino, dessen Besuch als Auftakt oder Abschluss in den Ausstellungsrundgang einbezogen werden kann. Der zentral angeordnete Kinosaal gliedert den Ausstellungsbereich: nördlich hierzu schließt die Wechselausstellung an, südlich davon die Dauerausstellung. Alle Bereiche sind vom Foyer aus separat zugänglich, können aber auch in einem gemeinsamen Ausstellungsrundgang verbunden werden. Der Bereich der Dauerausstellung kragt als offenes Deck weit in den Wald hinein. Durch die abfallende Topographie des Grundstücks kann beim Gang durch die Ausstellung der umgebende Wald in seiner Gänze - vom Wurzelraum über den Stamm bis zum Kronendach - in die Ausstellung einbezogen und durch gezielte Ausblicke in Szene gesetzt werden. Introvertierte und extrovertierte Zonen wechseln sich beim Rundgang miteinander ab. Der Weg führt dabei auf der einen Seite hinaus in den Wald und auf der anderen Seite wieder zurück. Der Raum der Stille bildet dabei den Abschluss des Decks bzw. den Wendepunkt des Rundgangs. Er lädt zum kontemplativen Verweilen ein und bildet als Naturkino einen Ausblick in die Baumwipfel und darüber hinaus. Am Ende des Rundgangs erreicht der Besucher über eine zweite Treppe wieder das Foyer.

VERWALTUNG- UND SEMINARBEREICH

Das obere Geschoss nimmt die Verwaltung und zwei Klassenräume des Bildungsbereichs auf. Es ist über eine öffentliche Treppe für die Besucher und eine interne Treppe für das Personal an das Foyer angebunden. 

FREIFLÄCHEN

Der Freiraum des Besucher- und Informationszentrums ist die Natur, ist der Wald. In seiner Ganzheit und Vielfältigkeit. Alle anderen funktional nötigen Interventionen halten sich zurück und ordnen sich unter. Ein von Wildkräuterbändern gegliederter „Grüner Teppich“ führt von einem kleinen Auftaktplatz an der Staatsstraße in das Gebäude und darüber hinaus weiter auf den Skywalk und vermittelt somit zwischen dem Ankommen und dem Weg in die Natur. Der Skywalk ermöglicht durch seine unterschiedlichen Höhenrelationen Blickbeziehungen in alle Höhenbereiche des Waldes. Auf dem Dach laden frei verteilte und bewegliche Sitzelemente die Besucher in ein Landschaftskino ein. Jeder kann sich seinen eigenen Blick einrichten. Es ist ein Ort der Kontemplation.
Wenige Informationsstelen ergänzen dort die Edukations- und Kommunikationskonzepte der Ausstellung. Der mit Bäumen in freier Stellung überstandene und minimal befestigte Parkplatz – somit weit möglichst Teil des Waldes - wird westlich des Informationszentrums angeordnet. So ist für die Besucher eine kreuzungsfreie Erschließung des Besucherzentrums möglich, bei der die zeitweise stark befahrenen Straßen nicht gequert werden müssen. Der umgebende Lebensraum Wald bleibt unverändert. Wege und Spuren können sich informell und natürlich entwickeln und werden nicht vorgegeben. Insgesamt eine Gestaltung, die durch ihre Zurückhaltung und dem Respekt gegenüber dem Hauptakteur – der Natur -  gekennzeichnet ist, gleichzeitig jedoch prägnant und erinnerbar ist. Durch die Platzierung und Ausrichtung des Baukörpers, sowie deren auf ein Minimum reduzierte erdberührte Grundfläche können sowohl eine große Anzahl an schützenswerten Bäumen erhalten werden. Weiter wird die Möglichkeit geschaffen eine Sichtbeziehung zu den besonderen Baumgruppen in direkter Umgebung herzustellen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit weist eine klare räumliche und funktionale Gliederung verbunden mit einer hohen gestalterischen Qualität im Sinne eines städtebaulich-landschaftlichen Gesamtkonzepts auf. Das aus drei zueinander verdrehten rechteckigen Riegeln geschichtete Gebäude nutzt die gegebene topografische Situation für die Positionierung in der Form, dass auf einer einzigen durchgehenden Ebene der großzügige Zugang von der Straße über das Foyer bis hin auf den zum Wald hin gelegenen auskragenden Terrassenbereich entsteht. Entree und Waldbereich werden so direkt miteinander verbunden und wahrnehmbar.

Die seitliche Anordnung des mit Bäumen bestandenen Parkplatzes erlaubt hierbei einen von querenden Fahrzeugen freien Hauptzugangsbereich, welcher durch das überkragende oberste Geschoss zusätzlich überdacht wird.

Die Kubatur und Organisation des Gebäudes folgt dem funktional klar gegliederten Gesamtkonzept und schafft optimale Orientierungen und Nutzungen: auf der Eingangsebene werden neben dem Foyer folgerichtig auch das Restaurant und der Vortragsraum angeordnet. Der obere Riegel nimmt den Verwaltungsbereich auf und integriert diesen auf angemessene Weise in das Konzept. Der im unteren Riegel entstehende Raum für Wechsel- und Dauerausstellung bietet optimale Abmessungen und flexible Nutzungen.

Im Gegensatz zur insgesamt sehr ausgewogenen Raumaufteilung des Gebäudes erscheinen die Treppen, welche die unterschiedlichen Ebenen des Gebäudes miteinander verbinden, als zu schmal.

Die oberirdischen Gebäudeteile werden als Holzkonstruktion vorgesehen, die unterirdischen Bauteile sowie Treppenkerne werden in Beton erstellt. Es handelt sich bei der gewählten Bauweise um eine wirtschaftlich herstellbare, leistungsfähige Tragkonstruktion. Die Begründung für die Verwendung von Stahlbetonscheiben im Verwaltungsbau ist jedoch nicht schlüssig.
Die Leichtigkeit des in großen Teilen schweben zu scheinenden Gebäudes wird durch ein notwendiges Stützensystem in der Untersicht beeinträchtigt. Auch bleibt die Frage der Gestaltung der Terrainbereiche unterhalb der Gebäudeauskragungen unbeantwortet.

Die Fassaden werden durch weite Glasflächen geöffnet und schaffen panoramaartige Ausblicke und Bezüge zur umliegenden Waldlandschaft. Der in Fortsetzung des Foyers gelegene Terrassenbereich ermöglicht durch das darunter abfallende Terrain das Erleben ganz unterschiedlicher Wipfelbereiche des Waldes. Allerdings erscheint dieser „Skywalk“ in Relation zu seiner Nutzung als zu groß dimensioniert.

Das dargestellte Gebäudetechnikkonzept mit Wärmeerzeugung über Pelletkessel, Fußbodenheizung und Heizkörper, mechanische Grundlüftung in ausgewählten Bereichen ist nachvollziehbar. Technikzentralen wurden zugeordnet und ausreichende Technikflächen plausibel dargestellt. Funktionsschematas fehlen.
Der Anforderungen zum Primärenergiebedarf wurden erfüllt.

Als regenerative Energiequellen stützt sich der Entwurf auf Holzpellets, thermische
Kollektoren und Photovoltaik, Leistungsangaben liegen teilweise vor.
Ein Konzept zum sommerlichen Wärmeschutz ist über einen außenliegenden
Sonnenschutz ansatzweise vorhanden, muss aber angesichts der leichten
Holzbauweise und der fehlenden Kühlung weiterentwickelt werden.

Das Verwaltungsgebäude wird anstelle des heute bestehenden Naturparkhauses
errichtet. Der hierfür notwendige Abriss des Naturparkhauses wird kritisch gesehen.

Insgesamt besticht die Arbeit durch die klare funktionale Gliederung der Grundrisse und
Fassaden und ihre zurückhaltende, wertige Architektursprache. Die architektonische
Haltung des sich zugunsten der Umgebung sehr stark zurücknehmenden Gebäudes
wird für den Zweck eines Besucher- und Informationszentrums kontrovers diskutiert.