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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2015

Bastinsweiher

3. Preis

Preisgeld: 4.500 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Stolberger Innenstadt erstreckt sich über eine Länge von rund 2 km entlang der Talachse der Vicht, welche das Stadtgebiet von Süden nach Norden durchfließt.
Der südliche Endpunkt dieser Talachse wird durch die angrenzende historische Altstadt mit der ansehnlichen Burg Stolberg markiert. Die übrige Innenstadt ist durch eine heterogene Bau- und Nutzungstruktur geprägt und vermittelt eher das Bild einer Aneinanderreihung mehrerer kleiner Zentren. Eine identitätsstiftende Mitte ist nicht erleb- oder wahrnehmbar.
Als einer der Trittsteine des neuen Innenstadtkonzeptes befindet sich der Bastinsweiher in Richtung des nördlichen Endes der Innenstadtachse. Die angrenzende Rathausstraße ist zentraler Standort für Dienstleistungen und Einzelhandel. Im Vergleich dazu stellt der Bastinsweiher den einzigen grünen Ruhebereich dar. Als ehemaliger Wasserspeicher ist der Teich ein Relikt der früheren Industriegeschichte Stolbergs und stellt neben der Vicht die einzige größere erlebbare Wasserfläche in der Stolberger Innenstadt dar.
Der Entwurf setzt sich zum Ziel, die Innenstadtachse Rathausstraße mit dem Flußlauf der Vicht über den Freiraum zu verknüpfen und den Bastinsweiher in eine Grünanlage mit hohem Aufenthaltswert umzugestalten.

Heute wird der Freiraum Bastinsweiher zweigeteilt erlebt: zum einen gibt es die Wasserfläche des Teichs, zum anderen die angrenzende Grünfläche, welche sich durch die Höhensituation aber nicht dem Weiher zuwendet, sondern einen eigenen Raum bildet.
Der Entwurf schlägt vor, den bestehenden „Wall“ nach Osten zu verschieben, wodurch sich die Grünfläche zum Weiher hin öffnet. Der bestehende Wildwuchs auf der Grünfläche wird beseitigt und durch Rasen ersetzt, der Baumbestand durch Baumneupflanzungen an den Rändern ergänzt.
Die Ränder des Weihers werden mit neuen Nutzungen versehen: die grüne Ostseite erhält einen „Strand“ mit Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten am Wasser, während die nördliche und westliche Seite als urbane Kante ausgebildet werden. Sitzstufen an der Wasserfläche laden zum Verweilen in der Sonne ein, die nördlich angrenzende Gastronomie erhält eine einladende Terrasse. Von hier lässt sich der Blick über den Weiher mit Strand und anschließender Grünfläche kontemplativ genießen.
Weitere Sitzmöglichkeiten werden entlang der Wege in der Grünfläche und an der Rathausstraße verortet.
Der bestehende historische Mühlenbachgraben, welchen den Weiher mit Wasser speist, wird punktuell über ein Wasserspiel sichtbar und erlebbar gemacht. Zwei Öffnungen der Abdeckelung werden mit begehbaren und diebstahlgesicherten Gittern aus Kupfer-Lochblech versehen, welche mit stilisierten Galmei-Veilchen versehen werden. Die Galmei-Veilchen dienen als Hinweis auf die identitätsstiftende Vergangenheit der Kupferstadt Stolberg: aufgrund seiner langjährigen Tradition der Messingherstellung bietet Stolberg eine der wenigen ökologischen Nischen, an denen die ansonsten eher konkurrenzschwache Galmeiflora gedeiht.
Die Bastion bleibt erhalten, lediglich für die Bestandsmauer wird eine Sanierung vorgeschlagen.
Eine neue Wegeführung bindet die fußläufige Querung der Vicht vom Ritzefeld-Gymnasium über den Bastinsweiher optimal an die Rathausstraße und den Mühlener Bahnhof an.
Die Frankentalwiese erfährt eine gestalterische Aufwertung und bleibt als öffentliche Grünfläche erhalten. Der bestehende Kiosk mit Toiletten wird durch eine neue „Stadtvitrine“ ersetzt – ein multifunktionaler Pavillon, welcher für Ausstellungen, ein kleines Café oder andere Events genutzt werden kann. Eine großzügige Fläche aus wassergebundener Decke ermöglicht vielfältige und flexible Nutzungen der Grünfläche, Kinderspiel findet unter Bäumen statt und die angrenzende Wohnbebauung erhält eine Abpflanzung aus Hecken als grünen Puffer zum öffentlichen Raum.
Das Materialkonzept des Entwurfs orientiert sich zunächst an dem bestehenden Gestaltungskonzept des bereits neugestalteten Olof-Palme-Friedensplatzes und des angrenzenden Straßenraumes. Das hier vorgefundene Betonsteinpflaster wird als „Stadtparkett“ fortgeführt und für den gesamten Straßenraum verwendet. Der Verzicht auf eine asphaltierte und stattdessen im selben, aber kleinformatigen Betonpflaster ausgestattete Fahrbahn wird zu einer Verlangsamung des motorisierten Verkehrs und besseren Querungsmöglichkeiten für Fußgänger führen.
Die Rathausstraße wird gemäß der aktuell erprobten neuen Verkehrsführung als Zweirichtungsverkehr mit je einer Fahrspur ausgebildet. Der dadurch gewonnene Raum neben den Fahrbahnen wird durch Baumpflanzungen aufgewertet, entlang der Straße wird ausreichend Platz für Parken in Längsaufstellung geboten.
Im Bereich des Bastinsweihers und der Frankentalwiese öffnet sich die Allee der Rathausstraße und leitet in die Grünflächen über.

Die Beleuchtung des Freiraums dient nicht nur der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer bei Dunkelheit sondern bietet auch die Möglichkeit einer attraktiven Inszenierung des Stadtraumes. Für die Grundausleuchtung des Bastinsweihers sowie der Frankentalwiese schlägt der Entwurf vor, die bestehenden sogenannten „Nadelleuchten“ des Olof-Palme-Friedensplatzes aufzunehmen und fortzuführen.
Wasserspiel und Sitzstufen am Bastinsweiher werden durch dezente atmosphärische Beleuchtung in den Abendstunden in Szene gesetzt schaffen eine besondere Atmosphäre.
Bodenbündige Baumstrahler an einigen Bäumen der Grünfläche erhellen die Baumkronen und setzen vereinzelte Lichtakzente.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag wird durch eine klare Haltung bestimmt, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass der Bastinsweiher und die östlich angrenzende Flora als ein gemeinsamer Freiraum interpretiert werden. Die Verfasser belassen dabei die südliche und südwestliche Uferkante des Weihers. Die nördliche Hälfte des Westufers und das Nordufer erhalten eine großzügige, aber angemessene Stufenanlage über die man ans Wasser herantreten kann. Am Ostufer wird im Übergang zur geöffneten Grünfläche der Flora ein neuer „Stadtstrand“ vorgeschlagen der zum unkommerziellen und spielerischen Aufenthalt einladen soll.

Für alle befestigten Flächen wird die gleiche Materialität vorgeschlagen. Lediglich bei den Formaten wird zwischen Fahrbahn und fußläufigen Bereichen unterschieden.

Die Frankentalwiese erhält einen wassergebundenen Platz, der in eine Rasenfläche mit Hecken eingeschrieben ist. Der ehemalige Kiosk soll durch eine neue „Stadtvitrine“ ersetzt werden, die neben einem gastronomischen Angebot auch kleine Ausstellungen aufnehmen soll. Der Beitrag ist auf die dargestellte städtebauliche Entwicklung an der Südkante (Straße am Bastinsweiher) angewiesen. Bei einer Umsetzung müsste man zunächst mit dem städtebaulichen Defizit leben.

Der grundsätzliche Ansatz eines neuen großen Freiraums Bastinsweiher erzeugt insbesondere im nördlichen Abschnitt des Weihers eine große Aufenthaltsqualität, insgesamt leidet die vorgeschlagene Lösung aber unter der Vielgestaltigkeit der einzelnen Ufersituation. Die erreichte Großzügigkeit auf der visuellen Ebene findet keine funktionale Entsprechung am nordwestlichen Ufer. Das gilt auch für den Bereich der Rathausstraße in dem die Gestaltsprache nicht den funktionalen Ansprüchen einer Haupterschließungsfunktion gerecht wird. Der konsequente Einsatz der Beleuchtung betont die städtebauliche Figur, belässt das Ostufer des Weihers im Dunkeln.

Die Programmierung der Frankentalwiese erscheint überfrachtet und schafft keine neuen städtebaulichen Qualitäten. Das neue gastronomische Angebot steht in Konkurrenz zur vorhandenen Gastronomie und der Stadtraum an dieser Stelle in Konkurrenz zum neuen Freiraum Bastinsweiher. Dieser Eindruck wird leider mit der verwendeten Formensprache noch verstärkt.

Schwierig erscheint der undifferenzierte Einsatz des Materials bei den befestigten Flächen. Die Bedeutung, die dem Wettbewerbsgebiet über die eigentlichen Platzbereiche (Bastinsweiher, Frankentalwiese) hinaus damit zukommt, wird seitens der Jury als unangemessen empfunden. Das ansonsten in Stolberg vorhandene Prinzip einzelner Stadträume entlang der Rathausstraße wird mit der Gleichbehandlung der Straßenräume nicht aufgegriffen und konterkariert. Der zunächst aufgrund der sparsamen Veränderungen der Uferkante wirtschaftlich erscheinende Entwurf investiert die zu Verfügung stehenden Mittel zum Großteil in den Belag.