modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 06/2015

Erweiterung der Goethe-Schule-Harburg um ein Naturwissenschaftszentrum, einen Mensa- und Aulabereich sowie eine Sporthalle

Perspektive

Perspektive

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 13.500 EUR

Prof. Jörg Friedrich | Studio PFP GmbH Hamburg

Architektur

Erläuterungstext

Dieses Ensemble gilt es als Wert zu begreifen und erfahrbar zu stärken. Was fehlt ist der „Kopf“ und der „Schwanz“, oder vielleicht doch eher: „zwei Köpfe“. Anfang und Ende, Eintritt und Austritt werden betont, durch zwei verwandte, dem gleichen Geist entsprechende Baukörper: zur Eißendorfer Straße das Eingangsgebäude, welches neben der Mensa und Aula auch die neue Sporthalle aufnimmt. Oben zur Kerschsteinerstraße gelegen der neue Unterrichtstrakt für die Naturwissenschaft. Beide Häuser werden von den Nachbar-Bestandsgebäuden durch abgesetzte niedrigere Passstücke getrennt, um das vorgefundene Spiel des artikulierten Übergangs von Alt und Neu fortzuführen. Sie bilden eine Klammer, welche die fragmentierten Freiräume fassen, begrenzen und als neue Orte definieren, um eine geschützte Schullandschaft, ein „Schulcampusgelände“ zu gestalten. Ziel ist die Adressenbildung, die eindeutige Erkennbarkeit des neuen Hauptzugangs zur Schulanlage und die Lesbarkeit der einzelnen Bestandteile der „Perlenkette“.

Beurteilung durch das Preisgericht

Was macht man mit einem heterogenen Schulensemble in einem heterogenen Umfeld aus unterschiedlichen Bauperioden? Man kann es als Problem sehen und zu vereinheitlichen suchen, oder man kann es als Qualität sehen und die Ideen einer „Schule in der Stadt“ verfolgen.

Letzteres tun die Verfasser und präsentieren zwei architektonisch wunderschön gestaltete Ergänzungsbauten die auf ihre unmittelbaren Nachbarn reagieren. Der Bau an der Eißendorfer Straße schafft eine überzeugende Adresse, ohne den historischen Bestand zu bedrängen oder in Monumentalität zu verfallen. Ein großzügiger Eingang, der zugleich als Pausenhalle fungiert, bleibt dem dahinterliegenden Essbereich zuschaltbar. Die große Höhe lässt ihn gut auch als Aula funktionieren, was durch die quadratische Proportion unterstützt wird. Die räumlich funktionale Anordnung von Essbereich und Bühne schließt jedoch eine gleichzeitige Nutzung aus, welche vor allem für die Proben zu Schulzeiten notwendig ist. Die höherliegende Turnhalle und das Bestandsgebäude werden von dem zwischen Altbau und Neubau gelegenen Treppenhaus erschlossen, das eine unabhängige Zugänglichkeit der einzelnen Bereiche und einen Zugang zum Schulhof sicherstellt. Zu Lasten der großzügigen und eindeutigen Funktionsanordnung gehen allerdings die Umkleideräume, die hinter dem Dach ungünstig für Sport- und Bühnenbetrieb angeordnet sind.

Der gewissen Grandezza des Hauptgebäudes steht ein bescheidener naturwissenschaftlicher Ergänzungstrakt gegenüber, der aber im architektonischen Detail die Proportionen und Feinheiten des Bestandsgebäudes mit stilsicherer Hand aufnimmt, ohne ins Historistische abzugleiten. Die Ebenen des Altbaus werden konsequent aufgenommen, so dass mit dem ergänzten Aufzug ein komplett barrierefreies Gebäude entsteht und im Sockelgeschoss ein regengeschütztes Fahrradparkhaus entsteht. Die pädagogische Funktionalität des Naturwissenschaftsgebäudes wird kritisch diskutiert, da besonders der Flurbereich nicht die geforderte multifunktionale Nutzung zulässt. Ebenso bedarf die Anordnung der Fachräume und Ausbildung der Differenzierungsflächen, besonders im Bereich Physik, einer Überarbeitung. Die Differenzierungsräume hätten durch eine zentralere Anordnung mehr Integrationskraft entwickeln können.

Im Bereich des nördlichen und südlichen Parkplatzes sind im Kronentraufbereich der „unbedingt zu erhaltenden Bäume Kat. I“ keine Eingriffe zur Bodenversiegelung erlaubt. Stellplätze und Zufahrten sind entsprechend zu verschieben und die in Hamburg vorgeschriebenen Regelungen zur Stellplatzbegrünung sind einzuhalten.

Klinkerfassade und Holz-Alufenster fassen das Schulensemble trotz der stilistischen Unterschiede überzeugend zusammen. Die sehr schöne architektonische Differenzierung
mag Ursache sein, dass an der Einhaltung der Bruttobaukosten nach Verfasserangaben, seitens der Vorprüfung trotz der rationalen Grundrisse gewisse Bedenken bestehen. Faktisch liegen sie geringfügig über dem Mittelwert. Dies könnte für die Verfasser wie die Bauherren Ansporn sein, durch gegenseitige Annäherung der Goetheschule eine gleichermaßen funktionierende wie würdevolle Zukunft zu eröffnen: Nichts als notwendiges Übel, sondern verheißungsvoller Lernort.
Lageplan

Lageplan