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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2015

Zentralparkplatz und Tiefgarage

1. Preis

H2M Architekten

Architektur

club L94

Landschaftsarchitektur

TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Der Zentralplatz in Kulmbach spielt im Gefüge der Stadt in vieler Hinsicht eine besondere Rolle. Zum einen liegt er im Schnittpunkt überörtlicher Erschließungsstraßen und dem Maintal Radweg am nordöstlichen Rand des Geschäftszentrums, und dient daher den Nutzern der Innenstadt als zentraler Parkplatz. Zudem hat er sich in den letzten Jahrzehnten als öffentliche Platzfläche mit Markt und anderen Kulturveranstaltungen bewährt, die im Übergang zur Altstadt für eine Attraktivierung des städtischen Lebens geführt hat. Aus Sicht der Stadtgeschichte ist der Platz im Vergleich zum historischen Marktplatz ein junger Platz, der auf den Flächen des ehemaligen Brauhauses der Kulmbacher Aktienbrauerei zwischen Grabenstrasse und Sutte erst in den 1970er Jahren entstanden ist. Seine 2-3 geschossigen Ränder schaffen es heute leider nicht dem Platz eine angenehme Proportion zu verleihen, die ihn, neben seiner Funktion als öffentlicher Parkplatz, auch als Ort der Begegnung erlebbar werden lässt. Zudem haben die Zufahrten in die Tiefgarage und die Fahrbahnen der Sutte heute eine starke Barrierewirkung, die vor allem die angrenzende Stadthalle vom Platzgeschehen ausschließt. Dabei hat der Zentralplatz durch seine Lagegunst am Fuße der Obermainschen Hügellandschaft einen direkten Sichtbezug zur imposanten Plassenburg und das Potential, als Trittstein zu den angrenzenden Naherholungsbereichen entlang der Mainauen genutzt zu werden Diese sind im Rahmenplan ISEK `von der Stadt im Grünen, zur grünen Stadt` bereits nachvollziehbar formuliert.

Konzept
Das landschaftsarchitektonisch- städtebauliche Konzept zur Umgestaltung des Zentralplatzes basiert auf drei grundsätzlichen Zielvorgaben. Zum einen soll die Proportion des Platzes durch die Setzung eines Baumblockes an der Grabenstrasse geheilt und die historische Raumsequenz der Grabenstrasse wieder nachgezeichnet werden. Die Rückzugsmöglichkeit im Schatten eines Baumdaches und die grundsätzliche Ergänzung des Platzes mit einem starken vegetativen Thema, wird die Aufenthaltsqualität deutlich verbessern. Zum anderen wird die Neuorganisation des Parkens, die Zufahrten in die Tiefgarage und die Führung der Verkehre mit den Bushalten zu einer insgesamt besseren Orientierung auf dem Platz führen. Die Stadthalle mit ihrem Umfeld erhält einen Anschluss an den Platz und kann somit als Trittstein in die angrenzenden Quartiere und Grünzüge fungieren. Der dritte Baustein des Konzeptes ist der Bezug der Gestaltungselemente auf die Besonderheit des Ortes und die Kulturgeschichte der Stadt, dessen Schwerpunkt in der heimischen Brauereikultur liegt. Dieses Thema durchzieht die einzelnen Gestaltungselemente wie die Plaza Cervisia oder den Bierbrunnen im Übergang zur Altstadt.

Entwurf
Grüne Arkade
Die durch den Abbruch der EKU-Brauerei entstandene Platzlücke des Zentralparkplatzes, die maßstäblich, räumlich proportional und gestalterische Defizite aufweist, gilt es im städtebaulichen Kontext zu integrieren. Die Entwurfsidee leitet sich von der ehemaligen Blockrandbebauung ab. Eine neue grüne Insel bildet eine subtile Raumkante, die zwar durchlässig für fußläufige Bewegungen in alle Richtungen ist, aber den Verkehr der Grabenstrasse weniger stark auf den Platz einwirken lassen wird.
Der Bereich unter dem Blätterdach, welches aus Linden (Arten ohne Honigtau) gesetzt werden könnte, wird mit einer langen Bank ergänzt. Diese wird sicherlich, sowohl von den pausierenden Stadtbummlern und Touristen, als auch von den auf den Bus wartenden Menschen dankbar angenommen. Zudem kann der Bereich mit einem kleinen Pavillon, z. B. mit Wurstverkauf, Kassenautomat etc., oder auch mit kleinen Spielobjekten ergänzt werden. In der Zeit der Bierwoche könnte hier ein Biergarten eingerichtet werden.
Plaza Cervisia
Die eigentliche Stellplatzfläche wird neu strukturiert. Ein 6m x 2,50m großes Raster markiert einen zentralen Teppich, auf dem die PKW´s abgestellt werden können. Die einzelnen `Parkfelder` werden aus durchgefärbten großformatigen Betonplatten ausgefüllt, die mit Ornamentsteinen ergänzt werden. Das Raster bietet zudem die Möglichkeit, einzelne Felder mit mobilen Pflanzkübeln zu besetzten, um eine Begrünung gerade in den Sommermonaten auf dem Platz zu ermöglichen.
Ziel der Gestaltung ist es, neben den funktionalen Anforderungen einer Stellplatzanlage, dem Ort durch seine Gestaltung eine starke Identität zu verleihen und die historische Altstadt mit einem modernen, zeitgemäßen Platz zu ergänzen. Die Randbereiche vor den Fassaden werden im stadttypischen Naturstein ausgebaut und sollen mit Außengastronomie belebt werden. Der Bereich zwischen Parkplatz und der Stadthalle wird als Mischverkehrsfläche im Sinne eines Shared Space ausgebaut. Der Verkehr erhält eine Führung über 2cm abgesetzte Borde, so dass die barrierefreie Erschließung der Bushaltestellen an der Stadthalle möglich ist. Zudem ist der Bereich vor dem Stadthallenplateau über eine neue Freitreppe deutlich angebunden. Während des Bierfestes dient die Fläche den Gästen des Zeltes als großzügiger Vorplatz.
Bierbrunnen
Den Übergang in die Altstadt mit dem malerischen Marktplatz akzentuiert ein neuer Brunnen. Seine Form ist von den alten Braukesseln abgeleitet, die mit hölzernen Wannen gefasst waren. Wasser läuft über eine Kupferfläche und kann berührt und bespielt werden, so dass dieser Ort ein spannender Treffpunkt für Jung und Alt sein kann. Wenn in der Zeit der Frostgefahr das Wasser abgestellt ist, kann der Brunnen als Objekt wirken und behält seinen Reiz im Kontrast zu den sonst leeren Becken üblicher Brunnen in der Stadt.
Festzelt Bierwoche
Der Entwurf schlägt vor, das Bierzelt mit seiner Giebelseite in Richtung Stadthalle zu orientieren, da hier das Entwicklungspotenzial wesentlich größer sein wird, als in der sehr beengten Nebenstraße/Grabenstraße. Ferner bietet dieses Vorfeld Stadthalle/Bierfest einen würdigen Vorplatz für dieses Großereignis in Kulmbach. Zukünftig könnte die Stadthalle in das Bierfest stärker mit einbezogen werden und bietet eventuell Erweiterungskapazitäten und Möglichkeiten, die bei einer Orientierung zur Grabenstraße räumlich nicht gegeben wären.
Der neue Vorplatz mit ca. 1.000 – 1.300 m² bietet Möglichkeiten zu einer weiteren funktionalen Bespielung. Die Grüne Arkade parallel zur Grabenstraße wird der neue Kapuziner-Biergarten mit Sitzen unter den Bäumen.
Die Sanitärzellen werden abseits zur Tiefgaragenzufahrt Dr.-Stammberger-Halle gestellt.
Das Bierfest ist nunmehr keine Insellösung auf dem vorhandenen Parkplatz, sondern vielmehr ein belebendes Element, das die Stadträume der Umgebung funktional ausnutzt und große Entwicklungspotenziale bietet. Die Erschließungen für Lieferanten und Brauereien erfolgen größtenteils über die Tiefgarage Dr.-Stammberger-Halle mit dem neu gebauten Durchstich. Die Zufahrt Tiefgarage Zentralparkplatz wird durch die Einhausung verschlossen und bietet somit kein Risikopotenzial. Diese Flexibilität bietet den enormen Vorteil, dass das Bierfest auch während der Kernzeiten voll umfänglich durch die Tiefgarage bestückt werden kann. In der Decke der Tiefgarage sind Aussparungen möglich, um per Lastenaufzug die entsprechenden Bereiche anzufahren.
Bezug nehmend auf die Sicherheit, wie Brandschutz, Abflussdiagramm und Fluchtwege, können diese an den bereits bestehenden Stellen weiter genutzt werden und es wird sich somit keine gravierende Änderung des Konzeptes ergeben. Durch diesen großen vorgelagerten Platz des Bierzeltes wird sogar ein besserer Personenabfluss erwartet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Entwurfsverfassern gelingt es auf besondere Weise aus dem Zentralparkplatz einen urbanen Raum zu entwickeln, der zu seinen einzelnen Rändern ein überzeugendes Flächenangebot macht. Kennzeichnend für die Arbeit ist die starke Orientierung des Platzes auf die Stadthalle. Somit rückt die Stadthalle aus ihrer peripheren Lage und wird zum Haus am Platz. Die Fläche für die Parkierung ist so orientiert, dass sich an den Rändern des Platzes angemessen proportionierte Zonen ergeben, die im Süden durch eine grüne Baumarkade besetzt, Bereiche mit einer hohen Aufenthaltsqualität bieten. Auch während des Kulmbacher Bierfestes bleibt die Großzügigkeit des Platzes erhalten. Einzig der Fluchtweg des Festzelts Richtung Norden und die räumliche Ausgestaltung der Querung der Sutte müssten überprüft und ausreichend verdeutlicht werden. Die Differenzierung der einzelnen Platzzonen erfolgt über einen subtilen Wechsel der Bodenbeläge. Dabei überzeugt die Wahl der großen Formate und der hellen Farben im Bereich der Parkierungsfläche mit Blick auf die intensive Nutzung während des Bierfestes noch nicht.

Durch die Verlegung der neuen Tiefgaragenein- und ausfahrt an den Nordrand des Platzes und durch die Ausbildung einer Mischverkehrsfläche im Bereich der Sutte wird die Stadthalle optimal und barrierefrei an den Zentralparkplatz angeschlossen. Diese räumliche Beziehung könnte dadurch zusätzlich verstärkt werden, dass die Bushaltestelle für Touristenbusse von der Stadthalle an die Kreuzung Klostergasse / Grabenstraße verlegt wird. Der notwendige Wetterschutz müsste den Bushaltestellen direkt zugeordnet werden.

Die vorgeschlagene Lösung für die Tiefgaragenerschließung bietet den großen Vorteil, dass sie sowohl mit als auch ohne Verbindung zur Tiefgarage unter der Stadthalle voll funktionstüchtig ist. Im Bereich der Tiefgarage planen die Verfasser den Abbruch der Decken und Stützen. Die Wände sollen erhalten bleiben. Das neue Deckenkonzept sieht vorgespannte Pi-Platten vor, die sich auf Hauptunterzügen stützend ablasten. Punktuell werden die Fundamente unter den Stützen verstärkt. Im Wesentlichen ist dieses Tragwerk realisierbar.

Mit dem neuen Platz gewinnt Kulmbach einen urbanen Raum mit einer hohen Aufenthaltsqualität, der seine Ränder optimal an die Platzfläche anbindet.
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Tafel_02

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