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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2015

„Am Volkspark“ Lichtenberg

2. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

GRÜNTUCH ERNST ARCHITEKTEN

Architektur

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Freiraum und Erschließung: Eine spezifische Urbanität
Typologie
Die städtebauliche Figur bedingt ein differenziertes Freiraumsystem mit auf den Ort bezogenen, großstädtischen Raumqualitäten. Dabei wird die großmaßstäbliche Umgebung auf repräsentative Weise reflektiert, für das nachbarschaftliche Zusammenleben im Quartier entstehen aber geschützte Räume in seinem Inneren. Dabei liegen die Raumtypen wie Schalen ineinander:
- Ein variabler, abwechslungsreicher Promenadenring umschließt das Ensemble. Er nimmt die Erschließungsverkehre auf und verarbeitet räumlich die Bezüge zu den Nachbarschaften. Ein großer, multifunktionaler Baumplatz an der Kreuzung Hohenschönhauser Straße / Weißenseer Weg bildet die äußere Adressierung und Hauptansicht des Quartiers. Strenge (Hohenschönhauser) und lockere Baumsäume mit markanten Arten bilden identifizierbare Außenaspekte aus.
- Ein zentraler Gartenplatz im Zentrum der Blöcke bildet das Herz des Quartiers. Die öffentlichen EG-nutzungen aktivieren die Platzränder, das Platzzentrum wird von einem Baumfeld besetzt. Wie Windmühlenflügel vom Platz ausgehende, baumbestandene Wohngassen bilden die innere Erschließung; Grüne Säume um die Gebäude bilden schützende Zonen aus;
- Geschützte Innenhöfe bilden die Gemeinschaftsräume für die Quartiernachbarschaften, sie bilden dabei entsprechend der unterschiedlichen Wohnungstypen ganz unterschiedlichen Identitäten aus. Die nördlich gelegenen Höfe der Varenta liegen auf der Wohnebene bei ca. +1,00 m Höhe. Die Höfe der HOWOGE im Süden überdecken die ebenerdigen Stellplatzebenen.

Erschließung Fahrverkehre
Ausgehend von den LSA-geregelten Zufahrtsknoten an der Hohenschönhauser Straße und dem Weißenseer Weg wird eine L-förmige öffentliche Erschließungsspange entwickelt, die sowohl die Zufahrt zum westlich gelegenen Wohnblock als auch der Kleingartenanlage gewährleistet. Die öffentliche Erschließung dient auch der Binnenerschließung des Quartiers mit seinen Wohngassen und den Stellplatzzufahrten. Bei einem Profil von 5,50m Breite wechselt der Ausbau in Reaktion auf den Versatz der Gebäudekubaturen, die Fahrbahnachsen verschwenken immer wieder. Demgemäß wird eine Ausweisung als verkehrsberuhigter Bereich vorgeschlagen. An der Erschließung per Positivmarkierung ausgewiesen sind die ungedeckten öffentlichen Stellplätze.
Ausgehend von den Grundstückszufahrten schließen sich nach Osten bzw. nach Süden private Erschließungen in Fortführung der öffentlichen Anlage an und sind im gleichen Duktus ausgeführt. Die privat hergestellten Stellplätze stehen wiederum der öffentlichen Nutzung zur Verfügung.
Wohngassen und Platz im Inneren des Quartiers stellen einen Gemeinschaftsraum mit ausgeprägt öffentlichem, urbanen Charakter dar, alle Flächen sind verkehrsberuhigte Bereiche (VZ 325). Unter den Gassenbäumen werden privilegierte Kurzzeitstellplätze für die Anlieger angeboten, insgesamt stehen so 205 Stellplätze im Freiraum zur Verfügung, weitere 85 sind in den Parkhäuser der VARENTA (15 Stk.) und HOWOGE (70 Stk.) integriert.

Fahrräder
Neben einem geringeren Anteil (von 17,5%) von eingangsbezogener Fahrradstellplätze (298 Stk.) für Besucher werden zwei sofort identifizierbare zentrale Abstellschwerpunkte entwickelt: Für die Blöcke der Varenta entsteht an der Zufahrt Weißenseer Weg im dreieckigen Grundstücks-Appendix eine gedeckte Parkpalette mit 416 regengeschützten Stellplätzen auf 2 Etagen. Das Fahrradparkhaus ist mit einem halben Geschoss eingesenkt, um so eine bessere Erschließung für die Nutzer zu gewährleisten. Für die Bedarfe der HOWOGE stehen 234 Stellplätze am Baumplatz am Kreuzungsbereich zur Verfügung, sowie 920 unterirdische Stellplätze in den Gebäuden der VARENTA (450 Stk.) und der HOWOGE (470 Stk.)

Spielen und Freiraum
In jedem der Gartenhöfe werden wohnungsbezogene Spielorte in die Wohngärten integriert. Grundsätzlich liegen die gemeinschaftlichen Freiräume dabei im Zentrum der Höfe, abgerückt von den privaten Wohnzonen. Im Bereich des Studentenwohnens werden Spielplätze durch kleinteilige Sportangebote und Loungemöbel ersetzt. In jedem der Blockinnenbereiche stehen Vegetationszellen für das Gärtnern der Bewohner zur Verfügung.
Der Freiraum der Kita im nordwestlichen Block ist in zwei Bereiche gegliedert: Während die Kleinkindgruppen im geschützten Innenbereich Sandspielbereiche nutzen, bespielen ältere Kinder einen Bewegungsspielplatz im heckengefassten Garten westlich des Gebäudes. Dieser robuste Platz kann auch Quartierskindern außerhalb der Kita-Zeiten zur Verfügung stehen. Im Sinne eines „bespielbaren“ öffentlichen Raums werden Spielangebote auch unter dem Kronenschirm am Gartenplatz sowie einfache Fitnessgeräte am Baumplatz mit angeboten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Einbindung in den Kontext

Die Arbeit formt das neue Wohnquartier zu einem sehr schlüssigen und robusten Ensemble aus vier differenziert ausgestalteten Blockfiguren, gruppiert um einen inneren, zentral gelegenen Quartiersplatz. Der Versatz der Blöcke gegeneinander schafft eine gelungene Einbindung in alle Richtungen und formuliert dabei einen repräsentativen Antrittsplatz an der Hohenschönhauser Straße Ecke Weißenseer Weg. Die Setzung von Hochpunkten entlang des bestehenden Straßenraums ist prinzipiell nachvollziehbar, wird jedoch bezüglich der vorgeschlagenen Anzahl, Positionierung, Höhe und Anmutung kontrovers diskutiert.
Die bewegte Dachlandschaft mit Dachgärten zum Park wird positiv bewertet, jedoch scheint der Entwurf, insbesondere am zentralen Quartiersplatz, zu dicht und beraubt sich hierdurch teilweise selbst seiner vorhandenen binnenräumlichen Qualitäten. Der Entwurf verfügt allerdings aufgrund seiner massiven Ausnutzung in Hinblick auf seine Dichte über etwas „Luft nach unten“.

Erschließung und Freiraum

Die gewählte Erschließung über den sogenannten Promenadenring erscheint schlüssig. Die konsequente Adressierung der Blöcke nach außen ist eindeutig und bietet aufgrund der attraktiven Binnenräume eine hohe Adressqualität. Neben dem attraktiven öffentlichen Raum bietet der Entwurf mit seinen gemeinschaftlichen Hofbereichen und privaten Hof- und Dachgärten sehr gut ausgearbeitete und differenziert gestaltete Freiräume von hoher Aufenthaltsqualität, welche eine aktive und vitale Nachbarschaft ermöglichen. Die Positionierung der Kita-Freifläche zum Park und die Vermeidung von Stellplätzen in diesem Bereich schaffen einen angemessenen Übergang an dieser Stelle. Kritisch gesehen wird das hohe Ausmaß an Tiefgaragen sowie das Parken innerhalb der vorgeschlagenen, wenig belebenden Sockelzonen.

Gebäude- und Wohnungstypologie und Schallschutz

Der Entwurf bietet ein breites Spektrum unterschiedlicher Wohnformen, welche sich auf zwei Blöcke je Investor verteilen. Die Kita-Innenfläche wird unterschritten. Aus sozialer Hinsicht wird die kleinteilige, hausweise Mischung der Eigentumsverhältnisse im Block sowie die teilweise Mischung unterschiedlicher Wohnungsgrößen innerhalb eines Gebäudes bzw. einer Etage positiv bewertet. Die Wohnungen werden dabei überwiegend über Lärm abschirmende Laubengänge im Süden und Osten oder Mehrspänner im Norden erschlossen. Aufbauend auf eine nach außen geschlossene Blockstruktur wird das Thema Lärm lediglich im Bereich der Fuge zum Weißenseer Weg und an den im Lärm stehenden Hochpunkten kontrovers diskutiert.