Architekturpreis der Stadt Leipzig 2021

Der Ende 2020 fertiggestellte 5-geschossige Neubau wurde für eine Baugemeinschaft gebaut, die solidarisch, selbstorganisiert und engagiert zusammenlebt und sich als Akteurin des gemeinschaftlichen Bauens und Wohnens in die Leipziger Stadtgesellschaft einbringt. Als Wohn-, Arbeits- und Lebensort für fast fünfzig Menschen bietet das Haus Platz für eine selbstbestimmte und in demokratischen Prozessen organisierte Gemeinschaft.

Ein zentrales Anliegen des architektonischen Entwurfs ist die enge Verschränkung der privaten Wohneinheiten mit den gemeinschaftlich genutzten Räumen und Flächen, sowie dem Quartier. Großzügige Flächen im Erdgeschoss stellen die Verbindung zwischen Garten, Hausgemeinschaft und Stadt her. Auf kurzem Weg werden von hier aus der große Gemeinschaftsraum und die Gartenterrasse erreicht. Beide stellen zusammen mit dem hellen Treppenraum mit angelagerten Gemeinschaftsbereichen die zentralen und alltäglichen Begegnungsorte der BewohnerInnen dar. Darüber hinaus findet das gemeinschaftliche Leben auch auf Gemeinschaftsbalkonen, im Garten, im Musikraum, in der Werkstatt, der Sauna, im Waschraum sowie in den vier funktionsvariablen Jokerräumen statt.

Alle dreizehn Wohnungen sind individuell organisiert und bieten den BewohnerInnen lichtdurchflutete z.T. zweigeschossige Familienbereiche (Wohn-Ess-Bereiche) mit hoher räumlicher Qualität, sowie eine Vielzahl zu Gunsten der Gemeinschafts- und Familienbereiche minimierter Individualräume.

Das Projekt „OurHaus“ zeigt einen gut durchdachten Ansatz, für die Idee der Bau- und Wohngenossenschaft einen adäquaten architektonischen Ausdruck zu finden. Dabei engagierten sich die Bewohner gleichermaßen während des partizipativen Planungsprozesses wie mittels Eigenleistungen in der Ausbauphase. In charakteristischer Weise werden die besonderen Qualitäten in der sozialen Nachhaltigkeitsdimension anhand der gemeinschaftlichen Räume deutlich. Teilweise mit spezifischen Funktionen belegt, teilweise multifunktional als „Jokerräume“ bezeichnet, ermöglichen sie eine gemeinsame Nutzung des gesamten Hauses. Das zentral gelegene Treppenhaus ist sehr großzügig geschnitten und vermag durch seine sehr gute Belichtung eine freundliche Atmosphäre zu entwickeln. Es verbindet die straßenseitige Eingangszone mit dem rückwärtigen Gartenbereich und wird zum Kommunikationsraum für alle Bewohner. Gartenseitig sind dem Gebäude auf gesamter Länge durchlaufende Balkone vorgelagert. Sie sind grundsätzlich den einzelnen Wohnungen zugeordnet, teilweise aber auch direkt vom Treppenhaus erreichbar. Damit können Räume intelligent zusammengeschaltet werden, gleichzeitig gibt es jedoch ein klar definiertes Nebeneinander von privater und gemeinschaftlicher Nutzung. Ein weiterer wichtiger Begegnungsort ist der Gemeinschaftraum im Erdgeschoss, der sich zum Garten hin öffnet. Auch die Freianlagen stehen allen Bewohnern zur Verfügung, auf private Zuordnungen wurde verzichtet. Die Wohnungen sind individuell ein- oder zweigeschossig konzipiert – auch damit wird die Vielfalt und Komplexität einer Baugemeinschaft abgebildet. Mit der für die Konstruktion gewählten Holz-HybridBauweise wurde ein moderner, ressourcensparender Ansatz verfolgt, der es ermöglicht, den KfW-55 Standard zu erreichen. Auch in der gestalterischen Detailentwicklung zeigt sich ein pragmatisches, von einer wohltuenden Einfachheit geprägtes Herangehen, gleichzeitig sind jedoch ebenso eine große Sorgfalt in der Durcharbeitung und Liebe zum Detail erkennbar. Auffallend ist auch die wilde, naturnahe Begrünung der Freibereiche, die den Familien spannende Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien bietet. Insgesamt ist das Projekt eine sehr gelungene Realisierung zeitgemäßer Wohnkonzepte und dürfte eine beispielhafte Wirkung auf andere Vorhaben entfalten.