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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Aufwertung und Nachverdichtung Wohnsiedlung Moosach in München

Lageplan

Lageplan

2. Preis

Preisgeld: 23.000 EUR

grabow klause architekten

Stadtplanung / Städtebau

P-38 Landschaftsarchitekten + Stadtplaner Part mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Konzept der „offenen und gegliederten Stadt“ der 1950/60er Jahre in Zeiten des Klimawandels bietet große Chancen für die behutsame Umformung von einer ehemaligen reinen Wohnsiedlung auf ca. 35 ha zu einem hochwertigen Quartier mit guter Grünausstattung.

Aus einem zuvor überdimensionalen Straßenraum soll eine neue zentrale lebendige Mitte geschaffen werden. Die trennende Wirkung der Straße wird aufgehoben, stattdessen wird sie zur grünen Begegnungszone mit vielen Angeboten für die Bewohner des Quartiers trans-formiert. In der unmittelbaren Umgebung finden sich ein Bildungslokal, Nachbarschaftstreff, Streetwork, Erziehungsberatungsstelle, Gesundheitszentrum, Tages- und Nachtpflege für Senioren, Co-Working Spaces und gastronomische Angebote.
Der vorgeschlagene Mix aus Erhalt, Ergänzung und Neubebauung bietet die Möglichkeiten für vielfältige Wohnformen unterschiedlichster Zielgruppen.

Zu den Zeilenbauten gesellen sich Kopfbauten in unterschiedlichen Größen und unterschiedlichen Wohn- und Nutzungskombinationen dazu. Damit wird die Erkennbarkeit der einzigartigen städtebaulichen Struktur und ihrer architektonischen Typologie gewährleistet und eine Durchlässigkeit der städtebaulichen Struktur bleibt erhalten. Begrünte Laubengänge in Kombination mit Terrassen übernehmen die Erschließung an den schmalen Gebäuden werden zum lebendigen Treffpunkt der Bewohner.

Schalltechnisch kritische Quartiersbereiche und am Mittleren Ring werden durch bauliche Maßnahmen entschärft.
Soweit als möglich werden die Lücken zwischen den bestehenden Baukörpern durch dreigeschossige Baukörper mit hohem Sockelgeschoss und mit bis zu viergeschossigen Wohngebäuden ergänzt.
Die Zwischenräume zwischen Neubauten und den Bestandsgebäuden sind soweit minimiert, dass zu erwarten ist, dass ein geringer Schalleintrag in das Quartier stattfindet. Die Höhen der Gebäude wurden so gestaltet, dass die sich dahinter befindlichen Bestandsfassaden innerhalb des Quartiers durch die abschirmende Wirkung der Neubauten schalltechnisch wesentlich aufgewertet werden. Zusammen mit der durch die Kindergärten notwendige Tempo 30 Zone verringern eine 3 m hohe geschlossene Schallschutzwand und punktuell gehaltenen Glaswänden zwischen den Neubauten und Bestand den Schalleintrag ins Gebiet deutlich.

Der ruhende Autoverkehr soll in den Siedlungsgebieten zurückgedrängt, der Radverkehr gestärkt und zielgerichtet ergänzt, sowie die fußläufigen Wege attraktiver gestaltet werden. Gestützt werden diese Ziele durch ein flächendeckendes Mobilitätskonzept. Das dichte Fußwegenetz bleibt erhalten und wird verbessert.

Freiräume sind öffentlich und halböffentlich der Gemeinschaft gewidmet. Die ergänzten, durchlässigen Flachbauten definieren halboffene Hochbereiche, die mit unterschiedlichen landschaftlichen Themen bespielt werden. Es werden zusätzlich Gemeinschaftsgärten („Urban Gardening“) auf den Dächern der Flachbauten angeboten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit erhält den Charakter der Siedlung als nicht hierarchisch organisierter Städtebau, indem sie dezentral und behutsam den Bestand erweitert und ergänzt.
Keine großen Gesten – keine neue Selbstdarstellung. Lediglich an der Hugo-Troendle-Straße werden einige öffentliche Nutzungen konzentriert und bilden hier an der größeren Straße einen urbanen Treffpunkt.
Der Verkehr wird in den Bereichen nördlich der Nanga-Parbat-Straße und an der Dachauer Straße in zwei Quartiersgaragen abgefangen, dafür bekommt jedes Gebäude seine eigene Mobilitätsstation, die erdgeschossig in den neuen straßenseitigen Anbauten zu finden ist. Eine praktikable, zukunfts-gerichtete Nutzung als neuer Ort der Begegnung, der z.B. mit Coworking Spaces erweitert werden könnte.
Überhaupt sorgt sich der Entwurf um eine gute Nachbarschaft und bietet mit dem Urban Gardening auf den niedrigeren Anbauten und den Laubengängen als Alternative zur bisherigen Erschließung ein Angebot für die Gemeinschaft. Gleichzeitig zeigt sich hier ein großes Potenzial auch den bestehenden Wohnraum besser mit dem attraktiven Grünraum zu verzahnen.
In den Gebieten an der Karlinger Straße und am Wintrichring kommt der Entwurf nicht ohne neue Tiefgaragen aus, was insgesamt zu einer recht hohen Versiegelung führt. Dem Schallschutz an der Dachauer Straße und am Wintrichring wird nicht ausreichend Sorge getragen. Die Arbeit erhält ca. drei Viertel der Bestandssubstanz – am meisten von allen Beiträgen -und leistet somit einen wertvollen Beitrag bezogen auf die Nachhaltigkeit des Areals unter Berücksichtigung der Grauen Energie.
Durch die Kombination von behutsamem Anbauen und ein- bis zweigeschossigem Aufstocken der Bestandgebäude bietet der Entwurf ein flexibles Werkzeug, um individuell auf die unterschiedlichsten Anforderungen reagieren zu können.
An manchen Stellen, wie z.B. bei der Schallschutzbebauung am Wintrichring, an der Dachauer Straße oder an der neuen Mitte an der Hugo-Troendle-Straße würde man sich allerdings eine kraftvollere Architektur wünschen, die dem Bekannten einen identitätsstiftenden, zukunftsweisenden Partner zur Seite stellt.
Die öffentlichen Grünflächen bleiben erhalten und werden ergänzt durch platzartige Aufweitungen an Wegekreuzungen, die im südlichen Bereich des Quartiers gut an die weiterführenden Freiraumstrukturen anknüpfen. Eine entsprechende Einbindung des Karl-Lipp-Parks in ein übergeordnetes Freiraumsystem ist leider nur schwach ausgeprägt. Auch der Übergang der Karlinger Straße über die Hugo-TröndleStraße hinweg zur Nanga-Parbat-Wiese ist als große Aufweitung noch nicht in einer eigenständigen Qualität erkennbar.
Inwieweit die Reduzierung der Stellplätze im Straßenraum und die teilweise vorgeschlagene Einbahnregelung zur Verkehrsberuhigung und einer höheren Qualität im Straßenraum führt, ist nicht erkennbar.
Der Richtwert zur Freiflächenversorgung wird gut erreicht. Aufgrund der höheren Anzahl von zusätzlich knapp vierhundert Einwohnern wird sich der Druck auf die im Bestand erhaltenen großen Grünflächen allerdings verstärken. Insofern wird auch der Richtwert für die notwendigen Spielplätze nicht erreicht. Die ausschließlich gemeinschaftliche Nutzung der privaten Freiflächen wird positiv gesehen.
Das Thema Biodiversität und die Darstellung naturnaher Bereiche werden bedauerlicherweise nicht vertieft. Aufgrund des erhöhten Nutzungsdrucks werden sich diese nur schwer realisieren lassen. Die weitgehende Sicherung des Baumbestands und die gute Kompensation für die Baumverluste sind positiv zu bewerten. An der Dachauer Straße können große, alte Bäume zum Teil erhalten werden, weil die bestehende Bebauung für den Lärmschutz behutsam ergänzt wird. Muldenstandorte für die Versickerung und Fassadenbegrünung an den Laubenganghäusern werden sich klimatisch günstig auswirken.
Nutzungsstruktur

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