Nichtoffener Wettbewerb | 10/2005
Bahnhof Luxemburg - ein Stadtviertel / Luxembourg-gare un quartier de ville
Masterplan
1. Preis
Preisgeld: 70.000 EUR
Architektur
Landschaftsarchitektur
HIG Hensel Ingenieurgesellschaft
Bauingenieurwesen
Erläuterungstext
Erläuterung Grünkonzept Bahnhof Luxemburg
Mit der Neuordnung des Bahnhofs Luxemburg und seines städtebaulichen Umfeldes wird ein neues Quartier im Herzen der Stadt entstehen, das durch seine Attraktivität einen positiven Impuls für Dienstleistung, Wohnen, Gewerbe und Freizeit generieren wird.
Das freiraumplanerische Konzept stärkt diesen Prozess in dem sich der Entwurf auf drei Schwerpunkte konzentriert.
Vernetzung
Eine Vernetzung mit den angrenzenden Wohnquartieren und den übergeordneten Landschaftsräumen durch Alleen steigert die Orientierung innerhalb des Stadtgefüges. Über Fuß- und Radwegeverbindungen werden qualitätsvolle Bewegungslinien innerhalb der bebauten Stadtstruktur entwickelt und durch die Verknüpfung der vorhandenen Park- und Grünräume ein komplexes Grünsystem geschaffen.
Plätze
Eine Hierarchie von Plätzen schafft Adressen und gewährleistet Raum für städtisches Leben. Dabei spielt der Bahnhof eine zentrale Rolle als Orientierungspunkt in der Stadt. Er ist die Spange zwischen Innenstadt und dem westlich der Gleisanlage gelegenen Stadtteil Bonnevoie. Der Platz vor dem historischen Hauptgebäude wird freigestellt und dient als multifunktionale Bewegungsfläche. Ein Wasserbecken markiert den Ort und dient als Gelenk der wichtigen Hauptlauflinien. Flankierend werden auf der Nordseite die Kiss&Ride-Plätze und die Taxizone verortet. Im Süden wird eine große Freitreppe den Weg auf das obere Parkniveau lenken. Sie wird sicherlich auch als Sitzbereich am Rande des Platzes einen reizvollen Blick auf das Geschehen vorhalten.
Die ehemalige Rückseite des Bahnhofes erhält durch den städtebaulichen Entwurf einen neuen repräsentativen Charakter. Im Kontrast zur historischen Situation auf der anderen Seite wird hier ein moderner Stadtplatz entstehen der zukunftsweisend für die Stadtentwicklung im Westen der Stadt Luxemburg ist.
Ergänzend zu den beiden großen Bahnhofsplätzen erhalten die bestehenden und neuen Kulturbauten repräsentative Vorzonen. Die Hauptzugänge in den Park werden durch kleine platzartige Entreesituationen gestärkt.
Plateau der Bourbon (Park)
Durch die Überbauung der Gleistrasse entsteht die große Chance an der Fuge zwischen Innenstadt und den angrenzenden Stadtquartieren einen neuen Freiraum zu entwickeln. Dieser wird dem Defizit an öffentlichen Freiflächen in der Stadt entgegen wirken und dem Quartier eine positive Identität verleihen.
Kernthema ist die Vernetzung der Raumfugen durch Rad- und Fußwege, so dass die Barrierewirkung der Bahn überwunden wird. Die freien Wegelinien strukturieren den Park. Die Parkgestaltung leitet sich aus den typischen Landschaftselementen Wald, Felder und Fluss ab. In stilisierter Form tauchen sie im Park wieder auf. Die einzelnen Flächen werden als Wiesenfelder ausgebildet oder mit Sport- und Spielnutzungen belegt. Gerahmt wird der Park mit Baumpflanzungen die auf der Stadtseite als Allee einer Promenade folgen und auf der westlichen Seite dem Wohnquartier als freier Baumfilter vorgelagert sind, dessen Gestaltung auf kontemplativere Nutzungen ausgerichtet ist. Wasserbecken an den Parkzugangsbereichen stärken die Identität des Ortes.
Erläuterung Verkehr
Die heutige Rampe von der Pont Jean-Pierre Büchler zum Place de la Gare entfällt zugunsten einer direkten Lichtsignal geregelten Verbindung mit dem Boulevard de Hollerich, der als Stadtboulevard zur Innenstadt fortgeführt wird.
Die Untertunnelung der Avenue de la Liberté für den Pkw-Verkehr in Fahrtrichtung Nord-Süd wird mit seinen Ein- und Ausfahrten im Konzept übernommen. Die Rocade de Bonnevoie wird östlich der Gleisanlagen geringfügig tiefer gelegt und komplett abgedeckelt. Von dieser Straße ist eine dreigeschossige Tiefgarage direkt bzw. über Underflys aus und in alle Richtungen zu erreichen – der wesentliche auf den Bahnhof und die geplanten neuen Nutzungen bezogene Pkw-Verkehr kann damit in Zukunft auf der östliche Seite der Gleisanlagen abgewickelt werden. Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs über den Place de Gare wird damit gegenüber heute deutlich reduziert.
Weitere Parkierungsanlagen zur Abdeckung des Gebäude und Nutzung bezogenen Bedarfs sind dezentral in kleinen Einheiten jeweils unter den Baukörpern vorgesehen.
Die geplante Train-Tram taucht von der Avenue de la Liberté kommend nördlich vor dem Place de la Gare (ggf. auch schon früher) in Tieflage ab und wird mittig unter dem neuen Zentralen Busbahnhof durch- und südlich weitergeführt. Sie erhält einen Haltepunkt vor den Bahnhof; von dem Mittelbahnsteig der unterirdischen Train-Tram ist über Rolltreppen und Aufzüge ein direkter Zugang zum Mittelbussteig (mit umlaufender Sägezahn-Aufstellung) des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB), auf den Place de la Gare (Zugang zur Stadt und dem Taxistand) und zum Bahnhof (Zugang zum Regional- und Fernverkehr) gegeben um auf diese Weise ein attraktives Umsteigen zwischen den einzelnen Verkehrsträgern sicher zu stellen. Der ZOB ist im Erdgeschoss unter der geplanten Neubebauung angeordnet; die am südlichen und nördlichen Ende angeordneten kombinierten Ein- und Ausfahrten ermöglichen ein An- und Abfahren der Busse aus und in alle Richtungen einschließlich Wendefahrten. Bei Bedarf ließe sich der ZOB auch noch in südliche Richtung erweitern. Taxi-Vorfahrten und Wartemöglichkeiten sind sowohl am heutigen Standort nordwestlich des Bahnhofsgebäudes als auch auf der östlichen Seite vor dem Eingang vorgesehen (ggf. ist auch eine Anfahrt direkt über die über die Tiefgarage im Untergeschoss möglich).
Der Bahnhof
Der Entwurf für den Hauptbahnhof sieht vor, das historische Empfangsgebäude weiterhin als Entrée in den Hauptbahnhof zu nutzen. In den Seitenflügeln liegen notwendige Infrastrukturen wie Reisezentrum, Mobilitätszentrale, Polizei und Gepäckaufbewahrung. Der vorhandene Gepäcktunnel könnte weiterhin genutzt werden. Durch den südlichen Flügel erreicht man kreuzungsfrei und witterungsgeschützt den zentralen Busbahnhof und die darunter liegende Station des Train-Tram. Auch die Fahrradstation ist direkt über diese „Verbindungsmall“ erreichbar.
Die Erschließung der Bahnsteige erfolgt nicht mehr von der –1 Ebene, sondern über eine neue Verteilerebene welche auf Höhe des „Plateau de Bourbon“ über den Gleisen angeordnet ist. Eine großzügige Treppen- / Rolltreppenanlage führt aus der historischen Eingangshalle auf die Verteilerebene. Logisch und selbstverständlich werden die Bahnsteige über Treppen- / Rolltreppen und entsprechende Aufzüge direkt von der Verteilerebene erschlossen und ermöglichen eine sehr gute Orientierung. Alle Bahnsteige sind mit der Verteilerebene über einen großen Luftraum verbunden und von oben einsehbar. Die offene und leichte Konstruktion der neuen Bahnhofshalle sowie die Klarheit der Erschließung tragen zum Wohlbefinden der Reisenden bei.
Zwischen die Bahnsteigabgänge schieben sich Verkaufsflächen welch den Weg der Reisenden zu oder von ihren Zügen begleiten.
Die für Laden- und Gastronomiebesatz beliebig teilbaren Einheiten können sich sowohl zur Bahnhofshalle als auch zum Park orientieren. Dadurch erfährt das Plateau de Bourbon eine zusätzliche Belebung. Insgesamt entstehen hier ca. 5800 m² Verkaufsfläche.
Bahnsteige und Gleistrassen sind weitgehend durch das Plateau de Bourbon überdeckt. Großzügige Öffnungen ermöglichen den notwenigen Luftaustausch und bieten spannungsvolle Blickbeziehungen aus der Gleisebene in den Park und umgekehrt.
Auf der Ostseite erhält der Bahnhof einen zweiten Zugang zum Stadtteil Bonnevoie. Unter der neuen Place de Bonnevoie liegt eine Tiefgarage mit ca. 900 Stellplätzen, erschlossen von der Rocade de Bonnevoie und mit direkten Zugängen auf den Platz und in die Bahnhofshalle.
Sämtliche öffentlichen und privaten Verkehrsmittel sind somit direkt und kreuzungsfrei an den Verkehrsknoten Bahnhof angeschlossen.
Konstruktion
Die für die Überbauung notwendige Brückenkonstruktion kann in den Bahnsteigbereichen des Bahnhofs mehrere Zwischenauflager erhalten, so dass in diesem Bereich maximale Stützweiten der Brücken von 20,0 m erforderlich werden.
Die unbebaute Deckelung der Gleisanlagen am Nord- bzw. Südkopf des Plateaus erlaubt eine ungerichtete Stützenstellung welche sich der Weichenführung unterordnet und so eine unregelmäßige Stützenstellung zulässt. Im Anschlussbereich kurz vor der Pont Büchler kann die zu überbrückende Länge ca. 70,0m betragen. An dieser Stelle wird eine Sonderkonstruktion geplant werden, bei der die Überbaukonstruktionshöhe an die benachbarten Zwangspunkte angepasst wird.
Die Bahnhofshalle selbst ist als leichter Stahlbau mit großzügig verglasten Fassaden konzipiert. Bewusst löst sich der Hallenneubau in seiner Architektur vom historischen Empfangsgebäude. Alt und Neu stehen gleichberechtigt nebeneinander und ergänzen sich zu einer spannungsvollen Inszenierung. Zusammen mit der Mehrzweckhalle und der Orangerie bildet die neue Bahnhofshalle ein Ensemble auf dem Plateau de Bourbon. Diese Beziehung wird durch die architektonische Ausformulierung noch unterstützt.
Fazit
Insgesamt lässt die klare Konzeption sowohl bei den Reisenden als auch bei der Bevölkerung der angrenzenden Stadtteile große Akzeptanz erwarten. Anstelle der Barriere des Gleiskörpers entsteht hier eine grüne Mitte mit großer funktionaler Klarheit, zahlreichen Infrastrukturen, und attraktiven Aufenthaltsqualitäten. Der gare de Luxemburg steht nicht nur für eine optimale Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsmittel sondern bildet den Nukleus einer urbanen und zukunftsorientierten Stadtentwicklung.
Masterplan
Masterplan
Masterplan
Masterplan
Lageplan
Lageplan
Lageplan
Lageplan
Lageplan
Grundriss Bahnhof
Grundriss Bahnhof
Grundriss Bahnhof
Grundriss Bahnhof
Grundriss Bahnhof
Perspektive Place de la Gare
Perspektive Place de la Gare
Perspektive Place de la Gare
Perspektive Place de la Gare
Perspektive Place de la Gare
Interconnections
Interconnections
Interconnections
Interconnections
Interconnections
Schnitt
Schnitt
Schnitt
Schnitt
Schnitt