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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2017

Bensberg - Schloßstraße

1. Preis

Preisgeld: 43.000 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

NEUER GLANZ FÜR DIE SCHLOSSSTRASSE IN BENSBERG

EINLEITUNG
Der Stadtteil Bensberg liegt südlich des Stadtzentrums der Stadt Bergisch Gladbach und gilt als attraktiver Wohnstandort mit vielfältigen Versorgungsangeboten. Der Stadtteil ist geprägt durch seine Baudenkmäler sowie seine besondere topographische Lage innerhalb des Stadtgebietes. Unterhalb der Pfarrkirche St. Nikolaus, dem Neuen Schloss Bensberg sowie dem zum Rathaus umgebauten Alten Schloss erstreckt sich über mehrere Topographieebenen das Zentrum von Bensberg. Die Schloßstraße bildet dabei das urbane Rückgrat von Bensberg und verbindet diese wichtigen kulturellen und kommerziellen sowie die geistliche und weltlichen Gebäude miteinander. In ihren Funktionen als Hauptgeschäftsstraße mit Einzelhandel, Dienstleistung, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen, Veranstaltungsort für Feste und Märkte, zentraler Treffpunkt und Aufenthaltsort für die Bürgerinnen und Bürger sowie als Wohnstandort in zentraler Lage, besitzt die Schloßstraße ein hohes Maß an Zentralität.

KONZEPT
Unter den Leitbildern „Stadtkrone in neuem Glanz“ und „Straße der vielen Begegnungen“ erhält die Schloßstraße ein neues, zeitloses und zukunftsfähiges Freiraumkonzept mit eigener Identität. Eine klare, auf wenige Elemente reduzierte Gestaltung mit stadträumlich verbindenden Leitlinien verleiht der Straße ihren eigenen Charakter und gibt ihr ihre zentrale Bedeutung innerhalb des Stadtgefüges wieder. Auf der Südseite der Straße bildet eine Baumreihe aus Blütenbäumen das neue räumliche Rückgrat der Straße aus. Aufgrund der städtebaulichen Raumkanten entstehen auf der Nordseite der Straße mehrere platzartige, multifunktional nutzbare Teilräume. Ein einheitlicher Stadtboden bildet den Boulevard der Begegnung, der alle stadträumlich wichtigen Orte der Stadt miteinander verbindet. Er stellt zudem den Fußgänger und den Radfahrer in den Mittelpunkt. Der derzeitig dominierenden Verkehrscharakter und die Vielzahl der Parkplätze der Schloßstraße werden reduziert und die Straße bekommt einen urbanen, barrierefreien Platzcharakter. Aufgrund der topographischen Situation wird die Treppe als identitätsstiftendes Motiv aufgegriffen und an verschiedenen Orten zur Überwindung der Höhenunterschiede eingesetzt. Die Geschichte der Stadt Bensberg wird in Form des damals geförderten Bleiglanzerzes aufgenommen und dient mit seiner prägnanten grau-beigen Farbgebung als farbliches Motiv für die Gestaltung der Schloßstraße.

ENTWURF
Boulevard der Begegnung
Ein neuer Stadtboden legt sich als einheitliches Material in die gesamte Schloßstraße und verwandelt sie von einer verkehrsdominierten Straße zu einem Boulevard der Begegnung. Beton,- oder Natursteinplatten (z. B. 60x40 cm) sorgen für eine barrierefreie Bewegung und einen großzügigen, platzartigen Charakter der Schloßstraße. Der Bodenbelag erhält eine grau-beige Färbung in Anlehnung an die Farbigkeit des in Bensberg geförderten Bleiglanzerzes.

Leitlinien
Die Leitlinien dienen zur Verbindungen der wichtigen städtischen Bauten. Sie leiten die Bewohner und Besucher der Stadt durch die Schloßstraße und sorgen gleichzeitig für eine hohe Aufenthaltsqualität. Die Leitlinien zonieren die Schloßstraße und bestehen sowohl aus räumlichen Elementen als auch aus bodenbündigen Materialien, die gleichzeitig eine Leitfunktion für Sehbehinderte übernehmen können.
Die Blütenbaumlinie legt sich als räumliches Element auf die Südseite der Schloßstraße und nimmt deren eleganten Schwung auf. Sie besteht z. B. aus Prunus avium „Plena“, Prunus accolade oder Prunus serrulata „Kanzan“ und bringt mit deren Blütenpracht neuen Glanz in die Schloßstraße, der überregionalen Anziehungskraft erzeugen kann. Die Baumlinie markiert gleichzeitig den Längsparkstreifen. Die Blütenbaumlinie wird im Boden durch repräsentative Baumscheiben sowie Abdeckungen der beidseitigen Kastenrinnen aus Stahl abgebildet.
Die Straßenlinie wird auf der Südseite durch die Blütenbaumlinie und auf der Nordseite durch eine weitere Entwässerungslinie mit Stahlabdeckung markiert. Zudem erhält die Straße eine kleineres Betonstein,- oder Natursteinpflaster (z. B. 40x20) als die Gehwegbereiche, um den Belastungen des Fahrverkehrs gerecht zu werden.
Die Ausstattungslinie schließt sich nach Norden an die Straßenlinie an und besteht aus einer durchlässigen Reihe aus Lichtstelen, Bänken, Papierkörben und Fahrradständern im Wechsel. Sie dient zum einen zur Ausstattung des öffentlichen Stadtraums und zum anderen zur räumlichen Orientierung für die Autofahrer. Die schlanken, multifunktionalen Lichtstelen übernehmen dabei neben einer guten Ausleuchtung des Stadtraumes noch weitere Funktionen wie Wasser und Stromanschlüsse für den Markt, ggf. W-LAN, Video und Ladestation für E-Bikes. Die Bänke laden zum kurzweiligen Verweilen während des Einkaufs ein. Die Ausstattungselemente erhalten eine glänzend-beige, messingähnliche Lackierung, die an das ursprünglich in Bensberg geförderte Bleiglanzerz erinnert.

Treppenanlagen und Stadtbalkone
Die vorhandene Topographie der Stadt stellt eine besondere Herausforderung dar. Durch die neue Marktgalerie entsteht eine große geschwungene Treppenanlage als zentrale Verbindung zwischen Schloßstraße und Schloss. Ein unterbauter Bereich der Marktgalerie bildet den neuen Marktbalkon als Anfangs- und Endpunkt der Markttreppe. Außengastronomie aus der Marktgalerie belebt den Balkon. Eine lange, geschwungene Sonnenbank mit Blick auf den Markt begleitet die Treppenanlage.
Das Motiv der Treppenanlage und des Stadtbalkons wird am südlichen und nördlichen Beginn der Schloßstraße aufgegriffen. Im Süden entstehen die Rathaustreppen und der Rathausbalkon. Sie leiten mit einer großzügigen Geste zum Rathaus. Der Rathausbalkon kann auch hier angrenzende Außengastronomie aufnehmen. Im Norden ersetzt eine Treppenanlage die Mauer der Pfarrkirche St. Nikolaus und verbindet dadurch ebenfalls die Kirche direkt mit der angrenzenden Schloßstraße.

Marktplatz
Die Nordseite der Schloßstraße um die neue Marktgalerie wird an Markttagen zum zentralen Marktplatz der Stadt. Die Marktstände werden vor allem parallel zur Straßenlinie angeordnet und bildet dadurch zusammen mit den Geschäften der Marktgalerie eine Einkaufszone. Der Bereich wird weitestgehend von Einbauten frei gehalten. Lediglich ein repräsentatives, bodenbündiges Wasserspiel markiert diesen Bereich und dient als Spielplatz für Kinder im Sommer. Es kann während des Marktes abgeschaltet werden. Im Bereich des jetzigen Kinderspielplatzes werden kleinere, neue und zeitgemäße Spielobjekt für Kinder angeordnet.

Verkehrskonzept
Die Schloßstraße wird zukünftig als Einbahnstraße von Nord nach Süd befahrbar sein. Der Querschnitt der Straße sieht von Süd nach Nord ca. 3m Gehweg, ca. 2,5m Parkstreifen mit Bäumen und ca. 3,50m barrierefreie Straßenlinie vor. Die Ausstattungslinie beginnt nach weiteren 2m, sodass eine lichte Breite von 5,50m für die Feuerwehr im gesamten Straßenquerschnitt zur Verfügung steht. Im südlichen Abschnitt der Schloßstraße bleibt diese zweispurig bis zur Tiefgarageneinfahrt befahrbar. Insgesamt stehen zukünftig ca. 65 Stellplätze im Bereich der Schloßstraße zur Verfügung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Arbeit gelingt es, für den heterogenen Raum der Schlossstraße eine einheitliche ruhige Gestaltung zu formulieren und die verschiedenen Orte zu einer erkennbaren Einheit zu verbinden. Beginnend an einer neuen Freitreppe an der Kirche St. Nikolaus spannt sich der Straßenraum in durchgängigem Profil, mit gleicher Materialität und besonderer Möblierung bis zur neuen Rathaustreppe auf. Mit der Maßgabe ‚Treppen als Motiv’ werden Treppenanlagen so gestaltet und positioniert, dass sie als Freiraumelement die Abfolge der unterschiedlichen Platzräume bespielen und Aufenthaltsmöglichkeiten schaffen. Die Verfasser reagieren dabei sinnvoll auf die Erfordernisse der notwendigen Verbindungen. Sie schaffen darüber hinaus erkennbare Eingangssituationen in die Schlossstraße. Die Schnittstellen und Übergänge zu den angrenzenden Quartieren werden dabei mit betrachtet und wertvolle Lösungen dazu angeboten.

Das Profil der Schlossstraße wird im Süden mit einer durchgängigen, gleichmäßig gesetzten Baumreihe betont. Diese erlaubt Stellplätze als Längsparker anzuordnen, begleitet die zurückhaltend markierte Fahrspur und schafft im Norden viel Platz für eine multifunktionale Nutzung. Insbesondere die Erdgeschosse der nach Westen und Süden exponierten Gebäude lassen sich so gut bespielen. Gleichzeitig bleiben die vorhandenen Blickachsen erlebbar. Ob diese strenge Baumreihe kontextbedingt durch Ausnahmen modifiziert werden sollte, wird intensiv diskutiert. Auch sind klimatische Aspekte zu berücksichtigen, wie der Schattenwurf lediglich auf einer Straßenseite.

Die Platzaufweitung an der Marktgalerie entwickelt sich schlüssig aus dem angrenzenden Straßenräumen. Die komplizierte Topographie an dieser Stelle und die erforderliche Umlenkung werden zurückhaltend und selbstverständlich gelöst. Gemäß des Konzeptes ‚Treppen als Motiv’ gliedert und zoniert eine Treppenanlage diesen Platzraum und schafft einen neuen funktionalen Schwerpunkt.

Die Verbindung Richtung Schloss wird im Bestand belassen. Ob dies eine angemessene Antwort ist, wird kritisch gesehen. Auch eine etwas stärkere Akzentuierung des Platzes und der Sichtbeziehung scheint denkbar. Dabei ist jedoch die nötige Offenheit für die Marktnutzung zu berücksichtigen. Zu überdenken ist auch die Treppenanbindung südlich der Marktgalerie. Sie schränkt in der vorgeschlagen Lage die Ladennutzung ein.

Insgesamt bietet die Arbeit ein robustes, zurückhaltendes und in den vorgeschlagenen Kosten umsetzbares Gestaltungskonzept. Die schlüssig gegliederten Straßen- und Platzräume schaffen qualitätsvolle öffentliche Freiräume, die sich multifunktional und mit hoher Flexibilität für künftige Raumansprüche nutzen lassen.