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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2012

Brückenplatz

Anerkennung

Preisgeld: 2.500 EUR

LHVH ARCHITEKTEN BDA Partnerschaft mbB Lohner Holschbach Voss

Architektur

Arup Deutschland GmbH

Bauingenieurwesen

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KONZEPT

Der neue Brückenplatz im Osten erhält auf der westlichen Seite sein Pendant. Auch hier entsteht durch die Erweiterung des Straßenraums eine platzartige Fläche zwischen dem Brückenzugang und der Phänomenta. Die neue Brücke über die Gleise bildet nicht nur eine fußläufige Verbindung der beiden gleichwertigen Areale des entstehenden Viertels. Darüber hinaus wird sie aufgrund der Ausgestaltungsart bereits integrierter Bestandteil des Wissenschaftsquartiers und dient der Zusammenfassung der beiden Plätze. Neben den im Entwurf angedachten Baumreihen als Leitlinien erhebt die Fußgängerbrücke so auch den Anspruch, den thematischen Brückenschlag der beiden Quartiersteile zu meistern.

Auf östlicher Seite als lange Rampe ausformuliert bildet die an den Brückenkörper angrenzende Fassadenverkleidung gleichzeitig die südliche Platzkante. Langfristig gesehen würde im Norden ein Erweiterungsbau der Fachhochschule den Platz städtebaulich gesehen den noch fehlenden Halt geben. Eine Reihe hochstämmiger Formgehölze bildet einen grünen Filter zur Hochschulfassade und korrespondiert mit den Reihen geschnittener Gehölze auf dem westlich der Gleise angelegten „Phänomentaplatz“. Durch die Ausbildung des Rampenkörpers als Platzkante, die Fachhochschule mit Baumreihe und die lockere Baumbepflanzung entlang der Bahnhofsallee wird der neue Brückenplatz dreiseitig eingefasst und bildet so seine charakteristischen Proportionen bereits vor Bau des geplanten Parkhauses im Süden aus. Die Rampen- und Treppenanlage kann ebenso der Erschließung des neuen Parkhauses dienen.

Auf der langen Rampenanlage können sich die Schulkinder nachdem sie lange Busanfahrten hinter sich haben, ausgelassen austoben, um sich dann auf der gegenüber liegenden Seite auf dem erweiterten Platz vor der Phänomenta wieder zu sammeln. Wer zügig die Seiten wechseln möchte, kann die optional angebotene Treppe nehmen.


BRÜCKENKÖRPER - ARCHITEKTURKONZEPT
Die gegenwärtig unbestimmte städtebauliche Situation am zukünftigen Brückenplatz bezogen auf das Parkhausgebäude, führt zu der Idee die Brücke mit Ihren Treppen, Rampen und dem Aufzug zu einem Körper zusammenzufassen. So entsteht unabhängig vom Parkhausgebäude eine Raumkante die den Platz sehr sachlich und zurückhaltend definiert. Der transparente Riegel verbindet den Brückenplatz mit dem Vorplatz der Phänomenta und bietet mit seiner speziellen Beleuchtung und einem einfachen Effekt schon einen Vorgeschmack auf die Versuche in der Phänomenta.

Tragwerkkonzept Brückenkörper
Das Haupttragwerk ist eine filigrane Stahlkonstruktion, die im Wesentlichen aus eingespannten Rahmen, die in einem Abstand von ca. 3,60 m zu einander stehen, gebildet wird. Über die Länge des Bauwerks ergeben sich so 20 Rahmen. Die Brücke über die Bahngleise ist ein Fachwerk mit Zugseilen als Diagonalen, um die Filigranität zu betonen. Auf die Rahmen werden die Rampen, die Treppen, sowie die Brückenplatte aufgelegt, die als Stahlbetonfertigteile ausgeführt werden sollen. Durch die Verwendung von Fertigteilen wird eine hohe Oberflächenqualität erreicht, so dass Nachbehandlungen oder Verkleidungen nicht erforderlich werden. Außerdem wird, durch die im Vergleich zu einer orthotropen Stahlplatte für die Brücke größere Masse der Laufplatte, die Gefahr von Vereisungen merklich reduziert.Die Horizontal- und Vertikallasten werden über die in die Fundamente eingespannten Stahlstützen in den Baugrund geleitet. Als Fundamente sind Streifenfundamente vorgesehen, von denen jeweils eines unter einem Rahmen angeordnet wird.Über die Rahmenwirkung wird die Stabilität in Querrichtung sichergestellt. In Längsrichtung wird die Gesamtstabilität über einen einhüftigen Rahmen gesichert, der aus dem Fachwerk der Brücke und einem vertikal ausgekreuzten Feld zwischen zwei Rahmen besteht.

Fassadenkonzept
Die Brücke, inkl. ihrer vertikalen Erschließung mit Aufzug, Treppen und Rampen, wird umhüllt von einer Bekleidung aus gelochten Stahlblechen. Diese verbinden die einzelnen Elemente zu einem Brückenkörper. Die Fassade zum Brückenplatz erhält zudem eine zweite Schicht mit gelochten Blechen im Abstand von ca. 30 cm. Diese innere Schicht dient zum einen als Absturzschutz, zum anderen erzeugt sie durch Überlagerung mit der äußeren Schicht Interferenzen und veranschaulicht so beim Durchschreiten des Brückenkörpers ein physikalisches Phänomen - den sogenannten Moiré-Effekt. Der Abstand der Stahlrahmen ist mit dem Fassadenraster abgestimmt, so kann auf eine zusätzliche Unterkonstruktion verzichten werden. Die Fassadenelemente spannen von Rahmen zu Rahmen und bestehen aus Stahlunterkonstruktionen, die mit Stahllochblechen bekleidetet sind und über verdeckte Befestigungspunkte an der Tragkonstruktion hängen.


FREIRAUMGESTALTUNG
Um die Platzflächen optisch zusammen zu ziehen, werden neben dem Brückenkörper grüne Leitlinien ergänzt. Reihen aus eng stehenden akkurat in Kastenform geschnittenen und hoch aufgeasteten Gehölzen wirken wie grüne Raumkanten. Auf dem westlichen Platz begleiten die Baumlinien den Straßenverlauf der Gustav-Adolf-Straße in West-Ost Richtung. Unter den Bäumen werden Sitzbänke im Linienverlauf platziert. Der Brückenplatz bekommt eine langgezogene, skulptural wirkende, sonnenausgerichtete Sitzbank.

Ein einheitlicher Belag aus hellem Asphalt betont ebenso die Zusammengehörigkeit der beiden Plätze. Auf der Seite der Phänomenta wird die Mauer bis zur Grenze des Bahnareals nach Osten versetzt. Der Eingangsbereich der Phänomenta und der diesseitige Brückenauftakt erhalten so eine erweiterte Platzfläche in angebrachter Dimension. Die bisher ungenutzten Restflächen unterhalb der Mauer werden in das Gesamtkonzept des Wissenschaftsquartiers integriert. Der östliche Verlauf der Gustav-Adolf-Straße wird nach Norden hin abgeflacht. Die Stützmauer wird an ihrer nördlichen Ecke um etwa 1,5 Meter abgetragen. Optisch wächst dadurch das Areal um die Phänomenta weiter mit dem tieferliegenden Areal östlich der Gleise zusammen. Ein weiterer positiver Effekt des Mauerabtrags ist die Freilegung der neuen, wirksamen Fassadenansicht der Phänomenta. Um der Architektur des Neubaus gerecht zu werden, wählen wir eine subtile, transparent wirkende Absturzsicherung. Es gibt keine den Blick störenden Elemente zwischen der Phänomenta und dem Brückenplatz. Der gesamte Straßenverlauf und die Platzerweiterung der Gustav-Adolf-Straße werden als Fußgängerbereich verstanden und sollen nur für den Anlieferungs- und Taxenverkehr frei gegeben werden.

Auf östlicher Gleisseite führt ein Fußweg vom Bahnsteig direkt zu den Brückenaufgängen und auf den Brückenplatz. Unmittelbar am Knotenpunkt des Brückenaufgangs können die ankommenden Busse temporär parken, um die Besucher aus- und zusteigen zu lassen. Um das neugeplante Parkhaus sind weitere Langzeitstellplätze für die Busse geplant.

Auf dem Phänomentaplatz könnte sich je nach Budget und Nutzerwünschen der „Brunnen der Aggregatzustände“ befinden. In Anlehnung an die thematischen Inhalte der Phänomenta-Ausstellung werden hier die physikalischen Erscheinungen des Wassers symbolisiert. So zeigt sich der Brunnen in drei sich abwechselnden Bildern: Die Stille, die unbewegte Wasseroberfläche wirkt wie erfroren und stellt das Wasser im gefrorenen Aggragatzustand als Eis dar. Bewegtes Wasser sorgt für eine lebendige Atmosphäre auf dem Platz und zeigt das Wasser im Normalzustand. Vernebelungen tauchen den Platz in geheimnisvolle Atmosphäre und bilden somit den Wasserdampf nach.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Brückenplatz wird mittels eines architektonisch ausgebildeten Brückenbauwerks geradlinig an die Gustav-Adolf-Straße angebunden. Durch die Aufwertung des Hochplateaus nach Osten wird ein großzügiger Vorbereich für die Phänomenta geschaffen. Diese begrüßenswerte, qualitätvolle Aufwertung wird jedoch mit einem erheblichen baulichen Aufwand erkauft.

Das Brückenbauwerk mit Treppen und Rampen schafft eine belebte südliche Platzwand und formt einen angemessenen Brückenplatz. Trotz des vorgeschlagenen Lochblechs, wird die Geschlossenheit dieses Baukörpers kritisch gesehen, da die Inszenierung der sich auf den Rampen und Treppen bewegenden Menschen eingeschränkt wird, ebenso wie der Ausblick auf das Umfeld. Der Verzicht auf einen Aufzug wird gewürdigt, wenngleich die zu überbrückende Höhe erhebliche Längen für die Rampen erfordert. Ein Aufzug ist leider dennoch am Austritt zur Gustav- Adolf-Straße erforderlich.

Die schlichte Gestaltung des Platzes ist vorstellbar, die Angebotsqualität für den Aufenthalt auf einem frequentierten Platz ist jedoch sehr eingeschränkt. Die Führung der Busse ist gut organisiert, die Fahrlinien und Haltestellen schränken die Platzqualität nicht ein, die Lage von Ein- und Ausstieg zu den Bussen ist richtig gewählt. Die formale Ausbildung des Parkhauses in Reaktion auf das Brückenbauwerk ist nachvollziehbar. Detaillierte Vorschläge zur Fassade des Parkhauses fehlen.

Aufgrund der Länge, Höhe und Fassade des Brückenbaukörpers sind Herstellungs- und Unterhaltungskosten eher im oberen Bereich zu erwarten, obwohl die Tragkonstruktion klar und nachvoll- ziehbar ist.

Lichtkonzept
Das Beleuchtungskonzept ist stimmig, durchdacht und mit breitbandigem Hintergrundwissen erdacht und erstellt. Der Moiree-Effekt des Materials gibt einen passenden dynamischen Effekt. Die Tageslichtbeleuchtung der Brücke wird so gewährleistet. Bei der Verwendung von blauem und orangem Licht ist die Frage, nach der Begründung eines solch starken Farblichtkonzeptes, auch unter der Berücksichtigung der Umgebungsbeleuchtung. Das Spiel mit dynamischem Licht auf der Brücke ist spannend, der Interaktionsgedanke passt gut zur Denkfabrik. Der Moonlighteffekt der Baumbeleuchtung ist als Fortsetzung des Gestaltungs- gedankens sehr schön und ebenfalls stimmig. Der "Brunnen der Aggregatzustände" bewirkt gestalterisch nichts für den Platz und bleibt für das Gestaltungskonzept unberücksichtigt.