Urbaner Raum, dichte Bebauung und nur wenige Schritte weiter: freier Blick, Wind, Natur, Strand und Wasser. Die Parkanlage Waller Sand bildet die äußerste Spitze des mit einer Fläche von rund 300 ha aktuell größten innerstädtischen Entwicklungsgebiets Europas – der Überseestadt Bremen. Bis in die 1990er Jahre wurde das Gebiet rein industriell genutzt. Für die Großschifffahrt wurde der Fluss an der Hafenzufahrt zu einen imposanten Wendezirkel ausgebaut. Hier spannt sich heute die ausgedehnte Sandfläche auf, die den vernachlässigten Ort zu einem Park mit stadtweiter Anziehungskraft wandelte.
Urbaner Hochwasserschutz
Waller Sand demonstriert, wie notwendige technische Infrastrukturen zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in lebenswerte Räume integriert werden und eine neue, überformte Natur als bewusste, raumbildende Bewältigung der aktuellen Aufgabe des Anthropozäns entstehen kann. Mit einem weichen, fließenden Übergang zwischen Stadt und Wasser macht der neue Park die Weser erlebbar und inszeniert die faszinierende, umgebende Silhouette der Industriegeschichte.
Spundwand als Hochwasserschutzbank
Eine 15 m tiefe Spundwand wurde als Teil des Hochwasserschutzbauwerks errichtet. Der obere sichtbare Teil ist als eine das Projektgebiet umspannende Sitzbank aus Beton ausgefĂĽhrt, die sowohl von der Park- als auch von der Stadtseite genutzt werden kann. Sie ist ebenso ein konstruktiver Teil des Hochwasserschutzes als auch ein wesentlicher und raumbildender Teil der Freianlage.
Naturerlebnis in der Stadt
Kontrapunkt zur maritimen DĂĽnenlandschaft des Strandparks ist die trockene und doch ĂĽppige urbane Wildnis der SĂĽdmole. Durch die Erweiterung der besonderen, bestehenden Spontanvegetation auf dem aufgegebenen Gleisschotter mit heimischen Pflanzen wird die gewachsene Landschaft behutsam und systematisch umgestaltet und so akzentuiert und inszeniert.
Die natürliche Vegetation der Dünen greift die regionale Eigenheit der nahen, kargen Nordseeküste auf. Dünengräser sichern die Dünen und halten den Sand des Strands zurück. Windzerzauste Kiefern bilden eine malerische Kulisse und spenden Schatten. Trotz der Anspruchslosigkeit in der Pflege entfaltet sich im Lauf des Jahres eine variantenreiche, blühende Vegetation.
Zentraler Anziehungspunkt des Parks ist der großflächige Strand, der sich zwischen Stadt- und Wasserkante aufspannt. Er transferiert den Sehnsuchtsmoment der maritimen Urlaubslandschaft in den großstädtischen, post-industriellen Hafenkontext und bildet die Schnittstelle, an der Stadt und Natur aneinander stoßen. Die knapp drei Hektar große, nutzungsoffene Fläche entwickelt sich zum stadtweiten Magnet für zahlreiche Freizeitaktivitäten und ist Verknüpfungspunkt mit den umliegenden Stadtteilen Gröpeling und Walle.
Nutzungsoffene Landschaft
Die reduzierte Gestaltung und Nutzungsoffenheit des Strandparks gibt Raum fĂĽr freies Spiel. Kinder entdecken
die Qualitäten der unbeschriebenen, weiten, weichen Fläche, die zum Spielen anregen ohne etwas vorzugeben.
Sand bietet außerdem, im Gegensatz zu Spielgeräten oder harten Belägen, eine Gestaltungsmöglichkeit. Statt nur einzelne, isolierte Nutzungen bietet ein Strand einen inklusiven Freiraum an, der alle Altersgruppen anzieht.
Ein Wasserspielplatz und ein Beachvolleyballfeld an der Stadtkante ergänzen das Angebot für Spiel mit Wasser und
Bewegung im Sand. Ansonsten lässt die relativ zurückhaltende gestalterische Geste einen unbestimmten Raum für Spontanität
und Eigeninitiative.
Wiederverwertung von Hafenelementen
Den schmalen Vorplatz des Molenturms belebt eine etwa 20 m lange, multifunktionale Holzskulptur zum Klettern und Sitzen. Die imposanten Bongossi- Bohlen aus recycelten Reibhölzern ehemaliger Schleusenwände schaffen eine starke Klammer zur rauen Hafenumgebung und erinnern an den nahegelegenen Holzhafen.