modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Award / Auszeichnung | 08/2024

Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur 2024

Der Innenhof des Integrativen Familienzentrums

Der Innenhof des Integrativen Familienzentrums

Integratives Familienzentrum

DE-01307 Dresden, Lili-Elbe-Straße 7

Finalist

Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Dresden e.V. Geschäftsstelle

Bauherren

ALEXANDER POETZSCH ARCHITEKTUREN

Architektur

Projektdaten

  • Objekttyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    1.395m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 03/2019
    Fertigstellung: 07/2023

Projektbeschreibung

Die ehemalige Fabrik in der Dresdner Johannstadt hat eine lange Geschichte und schon viele Funktionen erfüllt. Ab 1921 wurde hier von der Firma Bruno Clauß Schokolade und Marzipan produziert sowie Kaffee geröstet. Ab den 1950er-Jahren wurde die Fabrik von dem VEB Karosseriewerk und dem anliegenden Plattenwerk zur Herstellung von Autoteilen und dem Gießen von Betonplatten für Plattenbauten genutzt.

Seit den 1990er-Jahren befinden sich in einem Teil des Gebäudes Ateliers, Proberäume und ein Tonstudio. Der andere Teil wurde von 1999-2000 vom Deutschen Kinderschutzbund e. V. als Jugendklub genutzt und stand anschließend leer. Nach einem Umbau ist im Juli 2023 das Integrative Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbund e. V. Ortsverband Dresden eingezogen. Im Gebäude befinden sich jetzt eine Beratungsstelle, Verwaltungs- und Konferenzräume, eine therapeutische Wohngemeinschaft, ein Jugendklub, Werkstatt und eine kleine Bibliothek. An der Fassade befinden sich Nistkästen für Vögel und Fledermäuse.
Die Gestaltung des Gebäudes zeigt die verschiedenen Zeitschichten und Nutzungen. Vorgefundene Strukturen wurden so weit wie möglich erhalten, punktuell erweitert und aufgestockt. Die Fabrikhalle ist von ihrem baufälligen Dach befreit worden und bildet jetzt einen Innenhof unter freiem Himmel. Der Schornstein ist als charakteristisches Merkmal des Areals erhalten geblieben.

Das alte Mauerwerk und die neuen Baustoffe sind an vielen Stellen unverputzt oder geschlämmt, damit man die alten Gebäudeteile von den neuen unterscheiden kann. Durch diese Art des Umbaus bleibt der Prozess des Wandels sichtbar und nachvollziehbar. Die neuen Nutzerinnen und Nutzer des Gebäudes können dadurch viel über die Geschichte des Gebäudes und über Architektur lernen.

Durch den Erhalt von einzelnen Gebäudeteilen, Mauerwerk und Fundamenten konnte ein nachhaltiger Umgang mit Rohstoffen bei der Sanierung und Erweiterung dieses Gebäudes sowie kosteneffizientes Bauen gewährleistet werden.

Als Begegnungsort für die Menschen des Stadtteils, als geschützter Raum für Kinder und Jugendliche sowie deren Familien und als Wirkungsstätte des Kinderschutzbundes kann die Geschichte des Gebäudes nun weitergeschrieben werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Integrative Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbundes e. V. in der Dresdner Johannstadt steht exemplarisch für die gelungene Transformation einer brachliegenden Industriefläche zu einem lebendigen Ort des sozialen Miteinanders. Unter der Planung von Alexander Poetzsch Architekturen BDA wurde das alte Fabrikgelände reaktiviert und mit größtmöglichem Respekt vor der vorhandenen Bausubstanz saniert und umgebaut. Die Vorgefundene Struktur wurde weitgehend erhalten, nur punktuell erweitert und aufgestockt. Die Geschichte des Gebäudes, das seit 1921 unter anderem als Schokoladen- und Marzipanfabrik wie auch als Autoteile- und Plattenwerk genutzt wurde, bleibt weiterhin erlebbar.

Die integrative Nutzung des Gebäudes umfasst nun eine Beratungsstelle, Verwaltungs- und Konferenzräume, eine therapeutische Wohngemeinschaft, einen Jugendklub, eine Werkstatt und eine kleine Bibliothek. Im Herzen des Projektes finden die vielfältigen Funktionen einen neuen, offenen Begegnungsort in der vom Dach befreiten früheren Fabrikhalle. Der ikonische Schornstein, ein charakteristisches Merkmal des Areals, blieb erhalten und zeugt von der industriellen Vergangenheit.


Der Innovationsgehalt des Projektes liegt in dem sensiblen, minimalen Eingriff in den Bestand, der auf Wieder- und Weiterverwendung der vorhandenen Bausubstanz setzt. Dadurch wurde nicht nur Material und Energie eingespart, dass bei einem Abriss und Neubau angefallen wäre, auch die Investitionskosten konnten gegenüber einem vergleichbaren Neubau reduziert werden. Zudem wurden keine neuen Flächen versiegelt, was den ökologischen Fußabdruck des Projekts weiter minimiert. Der Einsatz wartungsarmer Oberflächen und Einbauteile, sowie der Verzicht auf aufwendige Haustechnik gewährleisten darüber hinaus einen langfristig stabilen und nachhaltigen Unterhalt des Gebäudes.

Auch wenn das Gebäude in Bezug auf die Betriebsenergie, aufgrund des begrenzten Budgets des Bauherrn nicht noch weiter optimiert werden konnte, würdigt die Jury den Ansatz, aus dem Vorhanden mit begrenzten Mitteln das Bestmögliche herauszuholen. Als Begegnungsort für die Menschen des Stadtteils und als Wirkungsstätte für Kinder, Jugendliche und deren Familien kann die Geschichte des Gebäudes nun weitergeschrieben werden.

Das Projekt setzt Maßstäbe für den verantwortungsvollen Umgang mit bestehenden Bauwerken und zeigt eindrucksvoll, wie hieraus zukunftsweisende Lösungen entwickelt werden können, die sowohl architektonischen als auch sozialen Anforderungen gerecht werden.
Blick von der Dachterrasse in den Innenhof

Blick von der Dachterrasse in den Innenhof

Materialkollage im Treppenhaus

Materialkollage im Treppenhaus

Alte und neue Gebäudeteile können von außen am Putz voneinander unterschieden werden.

Alte und neue Gebäudeteile können von außen am Putz voneinander unterschieden werden.

Der Schornstein ist erhalten geblieben und auch innen sichtbar.

Der Schornstein ist erhalten geblieben und auch innen sichtbar.

Die baufällige Fabrikhalle wurde von ihrem Dach befreit und bildet jetzt einen Innenhof.

Die baufällige Fabrikhalle wurde von ihrem Dach befreit und bildet jetzt einen Innenhof.

Auch die Wände in den neuen Gebäudeteilen sind unverputzt geblieben.

Auch die Wände in den neuen Gebäudeteilen sind unverputzt geblieben.

Der Bestand wurde teilweise aufgestockt. Dort befinden sich Wohnräume für Kinder und Jugendliche.

Der Bestand wurde teilweise aufgestockt. Dort befinden sich Wohnräume für Kinder und Jugendliche.

Bestand und Aufstockung lassen sich am Putz unterscheiden. Es wurde so vielBausubstanz wie möglich erhalten.

Bestand und Aufstockung lassen sich am Putz unterscheiden. Es wurde so vielBausubstanz wie möglich erhalten.