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Award / Auszeichnung | 08/2024

Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur 2024

Ansicht BA 3 und 4

Ansicht BA 3 und 4

Erweiterung Werk II, Fa. elobau Leutkirch

DE-88299 Leutkirch, Oberer Auerweg 1

Finalist

f64 Architekten und Stadtplaner GmbH

Architektur

HELBER+RUFF

Tragwerksplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

Bauingenieurwesen, TGA-Fachplanung

Anwander GmbH & Co. KG

Brandschutzplanung

Projektdaten

  • Objekttyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten, Gewerbe-, Industriebauten

  • Projektgröße:

    5.700m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 09/2018
    Fertigstellung: 07/2020

Projektbeschreibung

Der Erweiterungsneubau des Werkes II, mit den Bauabschnitten 3 und 4, der Fa. elobau umfasst zwei Hallen mit Produktions- sowie Büroarbeitsplätzen im Energie-Plus-Standard in Holzbauweise.

Architektonisches Konzept
Bei dem Gebäude handelt es sich um eine Bestandserweiterung in (bislang) zwei Bauabschnitten. Der erste Bauabschnitt schließt mit einem Abstand von nur 5 m an das bestehende Gebäude an und ist mit diesem über einen Gang verbunden. An diesen quadratischen Grundriss (ca. 50 m x 50 m) schließt im Norden der zweite Bauabschnitt mit einem rechteckigen Grundriss (ca. 38 m x 74 m) an, wodurch eine für den Außenraum harmonische L-Form entsteht.

Insbesondere die für einen Industriebau ungewöhnliche, bis in die Dachebene hochgeführte Holzschindelfassade gibt den Baukörpern im Kontext mit den insgesamt sieben Reitern des Sheddachs eine ganz eigene Architektursprache. Die nach Norden ausgerichteten Fenster-flächen sorgen für eine gute und blendfreie Tageslichtausleuchtung, während auf den nach Süden geneigten geschlossenen Dachflächen Photovoltaik-Module die sehr gute Energiebilanz der Halle ermöglichen. Diese nehmen die oberen drei Viertel der Sheddachfläche ein. Auf dem unteren Viertel kann durch die Reflexion des Sonnenlichts auf einer hellen Folie der Tageslichteintrag nochmals gesteigert werden.

Das Primärtragwerk für die Produktionshallen bilden eingespannte Stahlbetonstützen im Abstand von 12,50 m in die eine bzw. 12,20 m in die andere Richtung. Auf diesen ruht das Dachtragwerk aus Fachwerkbindern in der leicht geneigten Fensterebene sowie Sparren und Zugbänder in der geneigten Dachfläche.

Produktion und Büroarbeitsplätze sollen flexibel in der Halle untergebracht werden können. Durch ein flexibles Trennwandsystem wird der Bürobereich akustisch von den Produktions-bereichen getrennt.

Energiekonzept / Nachhaltigkeit
Es wurde ein Plusenergiehaus-Standard ausgeführt. Die PV-Anlage liefert eine Leistung von ca. 580 kWp. Weitere Energie wird durch Wärmepumpen und den Einsatz von Strom aus einer nahen Biogasanlage gewonnen. Die Beheizung / Kühlung der Halle erfolgt über eine Industriefußbodenheizung und das Lüftungsnetz. Die Lüftungsanlage erfolgt mit integrierter Wärmerückgewinnung. Es kommen keine fossilen Brennstoffe zum Einsatz.

Durch energetische Simulationen und Berechnungen wurden bereits im Entwurf die optimalen Flächen und Ausrichtung für Gebäude, Fenster und Oberlichter sowie der Neigung der Sheddächer ermittelt. Bei Tag kann größtenteils auf künstliche Belichtung verzichtet werden.

Ein Großteil der eingesetzten Baustoffe lässt sich recyceln oder wiederverwenden.
Im Sinne der „Phase Nachhaltigkeit“ wurde das Vorhaben an ganzheitlichen Aspekten der Nachhaltigkeit ausgerichtet. In energetischer Sicht sollte der Plus-Energie Standard erreicht werden, bei gleichzeitig möglichst CO2-schonender Bauweise. All diese Ziele wurden erreicht, jedoch noch ohne Zertifizierung, welche bis Ende 2022 angestrebt wird. Alle Aspekte der Phase Nachhaltigkeit wurden in der Planung berücksichtigt und im Gebäude umgesetzt. Insbesondere die Aspekte der positiven Räume und der Baukultur tragen maßgeblich zum Wohlbefinden und der Identifikation der Mitarbeiter bei.

Beurteilung durch das Preisgericht

Industriebauten sind auch heute allzu oft immer noch das notwendige, unvermeidbare Übel: sie beanspruchen große Flächen auf der ‚grünen Wiese‘, sollen zu geringstmöglichen Investitionskosten errichtet werden und sparsam im Betrieb sein. Da bleibt vermeintlich wenig Gestaltungspielraum, um gut nutzbare Räume für die Mitarbeitenden zu schaffen, die auch einen architektonisch angemessenen Ausdruck und eine vertretbare Nachhaltigkeitsbilanz aufweisen.

In Leutkirch ist dies und noch mehr aber gelungen: f64 Architekten und Stadtplaner GmbH haben gemeinsam mit der Bauherrschaft, der elobau GmbH & Co. KG, mit der Erweiterung des Werks II für Sensor-Technologie, einen sowohl hinsichtlich der Aufenthaltsqualität für die Nutzerinnen und Nutzer, den heute zu stellenden Anforderungen eines emissions- und ressourceneffizienten Herstellens und Betreibens und nicht zuletzt auch der architektonischen Qualität und Einbindung in den regionalen Kontext vorbildgebenden Nutzbau geplant und errichtet.

Der eingeschossige Erweiterungsneubau umfasst zwei Hallen mit Produktions- sowie Büroarbeitsplätzen, die flexibel in den Hallen untergebracht werden können. Die, auf Basis energetischer und Tageslicht-Simulationen optimierte Ausrichtung des Sheddach-Gebäudes erlaubt eine blendfreie Belichtung, sodass auf eine künstliche Beleuchtung größtenteils verzichtet werden kann. Den Eigenstrombedarf deckt die PV-Anlage auf den, nach Süden ausgerichteten Dachflächen. Weiterer Energiebedarf wird über eine nahe gelegene Biogasanlage abgedeckt. Fossile Brennstoffe kommen nicht zum Einsatz. So erreicht das Gebäude einen Energie-Plus-Standard und klimapositiven Betrieb.

Das Sheddach ist als Holzkonstruktion aus Brettschichtholz (Nadelholz) und Baubuche realisiert. Die Außenwandelemente sind als gedämmte Holzrahmenelemente mit einer hinterlüfteten Lärchenschindelbekleidung ausgeführt. Nur die Bodenplatte und eingespannten Stützen sind aus Stahlbeton ausgeführt. Somit ist von vergleichsweise geringen grauen Emissionen für die Baukonstruktion auszugehen. Die zukünftige, dritte Erweiterung der Hallen ist bereits vorgedacht: die Dämmschicht der temporären Außenwand ist elementweise demontierbar und kann in der Außenwand des Anbaus weiterverwendet werden. Der von regional ansässigen Firmen ausgeführte Bau nutzt vorrangig lokale Bauprodukte; der erlebbare Holzbau und die Lärchenholzschindelfassaden beziehen sich auf lokale Bautraditionen.

Für die Mitarbeitenden entstehen eng miteinander verknüpfte Büro- und Produktionsbereiche auf ‚Augenhöhe‘: Sichtbeziehungen werden ermöglicht, der gegenseitige Austausch gefördert. Die Raumkonfiguration ist flexibel: die Trennwände aus Glas können umgesetzt werden; so können die Bereiche an geänderte Bedarfe angepasst werden. Die, für die Nutzer erlebbaren innenräumlichen Qualitäten werden ergänzt durch eine, für den Standort im Industriegebiet bemerkenswert ambitionierte Außenraumgestaltung: Blühflächen und Retensionsmulden als wechselfeuchte Biotope begünstigen heimische Pflanzenarten, so dass sich bereits Bienen angesiedelt haben.

Die Jury würdigt das erfolgreiche Bestreben der Projektbeteiligten, die an das Bauen von Heute zu stellenden ökologischen Anforderungen und sozialen Aspekte der Nutzenden für einen Neubau für Produktion und Verwaltung miteinander zu vereinbaren.
Ansicht BA 4

Ansicht BA 4

BA 4 Produktionshalle, Blick in Richtung BA 3

BA 4 Produktionshalle, Blick in Richtung BA 3

BA 4 Produktionshalle, Blick in Richtung Bürobereich

BA 4 Produktionshalle, Blick in Richtung Bürobereich

BA 4 Produktionshalle, Blick in Richtung Bürobereich

BA 4 Produktionshalle, Blick in Richtung Bürobereich

BA 4 Bürobereich

BA 4 Bürobereich

BA 3 Produktionshalle in Betrieb

BA 3 Produktionshalle in Betrieb