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Mehrfachbeauftragung | 02/2022

Entwicklung Attisholz-Areal in Riedholz (CH)

Gewinner

DnD Landschaftsplanung

Landschaftsarchitektur

Freimüller Söllinger Architektur ZT GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Das Attisholzareal an der Aare zwischen Riedholz und Luterbach in der Schweiz sollte – seine schichtweise historische Entwicklung berücksichtigend – in die umliegende Kultur-, und Naturlandschaft eingebettet werden. Im Zentrum der Planung stand die Vision eines zukunftsorientierten lebendigen Quartiers, das aufzeigen kann, wie Gesellschaft, Kultur, Klima und Lebensalltag den öffentlichen und privaten Raum neu definieren.


Landschaftliche Schichtung

Der Entwurf baut auf der elementarsten Ebene, der landschaftlichen Schichtung auf. Diese horizontale Schichtung lässt sich in vier Ebenen lesen: Der Aare Kai im Süden, der Attisboulevard, das Kochereiplateau und der Attiscampus im Norden. Mauern, Treppen und die markante industrielle Bestandsbebauung, die in ihrer Struktur als Industriekarst gelesen wird, prägen die Anlage. Als gestalterisches Vorbild im Umgang mit Terrassierungen und Topografie ist der Renaissancegarten der römischen Villa d’Este. Der Hanggarten inszeniert die Schichtung der Landschaft, lenkt den Blick in die Weite und integriert das Element Wasser durch diverse Brunnenanlagen.


Naheliegende Verbindungen: Der Aare Kai und der Platz an der Aare

Das Attisholz Areal liegt unmittelbar am Fluss Aare. Der Aare Kai verbindet das Areal mit dem Rad- und Fußweg zum rund 4 Kilometer entfernten Kantonshauptort Solothurn. Die bestehende Grünstruktur am Ufer wurde sensibel durch heimische Gehölze ergänzt. Ein bodennahes Betonband zoniert den Kai und schafft eine klare Grenze zwischen Ufernatur und Promenade. Ein Platz aus wassergebundener Decke wird zum Echo der Platzgestaltung am gegenüberliegenden Ufer. Die geneigte Platzfläche verbindet den Bärengraben – den Boulevard – mit dem Aarekai.


Herz des Areal: Der Attisboulevard

Der Attisboulevard ist einerseits Entree, gleichzeitig auch kulturelles Herz des Areals. Der Boulevard, auch Bärengraben genannt, ist Verbindungsachse zum gegenüberliegenden Industriegebiet sowie Dreh- und Angelpunkt der öffentlichen Erschließung mit einer neuen Busverbindung. Der Boulevard findet durch die kleine Arena im Süden einen neuen Abschluss. Arena, Brückenkopf und Platz an der Aare schaffen eine Verbindung vom Boulevard zum Kai.


Gute Aussicht: Das Kochereiplateau

Das Kochereiplateau agiert als kulturelle Spange zwischen Arena und Kiesoffenhalle. Eine großzügige Panoramatreppe, die den weiten Blick in die Landschaft inszeniert, verbindet das Plateau mit dem Attiscampus. Die Treppe dient nicht nur als Verbindungselement der zwei Schichten, sondern geleitet auch die Vegetation vom Brestenberg in das Köchereiplateau. Von hier aus fällt der Blick auf die Arena und weiter auf die Aare sowie den Platz an der Aare, gleichzeitig ist das Plateau über architektonische Öffnungen vom Attiscampus aus einsehbar.


Gipfel des Areals: Der Attiscampus im Norden

Das nördliche Areal bildet einen Teil des Brestenberges, umklammert von Fabrikstraße und Attisholzstraße. Der Spitz des Campus im Norden bildet das Tor zu Riedholz. Eingespannt zwischen Verwaltungsgebäude im Norden und der Spritfabrik & Kesselbecken im Süden vermittelt der Campus zwischen zwei Welten und beginnt einen visionären Dialog zwischen Forschung, Bildung und Wohnen. An der Schnittstelle zum industriellen Teil werden die bestehenden Kesselbecken von einem Wasserbassin gefasst, geflutet und mit Seerosen bepflanzt. Eine Pergola erhöht die Aufenthaltsqualität zusätzlich.


Kommunikation der Schichten

Das Aufbrechen und das Verbinden der einzelnen Schichten, sowie die dabei entstehende und ermöglichte Kommunikation sind die wesentlichen Themen, die sich durch das Projekt ziehen. Durch das Aufbrechen des angrenzenden Bestandes entsteht eine Verbindung zwischen Kai und Boulvard. Als weiteren Aspekt zieht sich das Spiel mit der Historie durch die Planung: Relikte erlauben eine neue Interpretation des historischen Bestands. Ehemalige Kessel am Kochereiplateau werden etwa in ihrer Funktion als Spielbereiche in die neue Gestaltung eingebunden, bewegliche Textilien am Stahl-Fachwerkdach am Attisboulevard schaffen ein räumliches Schattenspiel, gleichzeitig bietet das Dach in seiner Nutzung als Bühne viel Platz für die Montage technischer Ausstattung.


Lob durch das Preisgericht

Das Projekt setzte sich unter vielen Einreichungen durch. Die Jury fand lobende Worte für die Herangehensweise des Projektteams aus DND Landschaftsplanung und Freimüller-Söllinger Architektur: “Mit der schichtweisen Bearbeitung des Areals erzählen die Verfasserinnen eine fortlaufende Geschichte. Diese entwickelt sich ähnlich der Jahrringe eines Baumes über die Jahre hinweg kontinuierlich weiter und verdeutlicht die langfristige Vision des Areals. Der Prozess wird als orchestriertes Gesamtwerk verstanden.” Weiters hieß es in der Bewertung: „Das Projekt schlägt mit kräftigen und klugen Setzungen ein gleichzeitig robustes und flexibles Freiraumgerüst vor. Die angedachten städtebaulichen Interventionen sind überzeugend, beziehen den Bestand sehr gut ein und schaffen willkommene Durchblicke und eine angenehme Porosität.”


Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag zeichnet sich aus durch das ruhige und selbstverständliche Zusammenfügen der einzelnen Teile zu einem stimmungsvollen Ganzen. Auf den ersten Blick überrascht die Lesart des Areals als grosser Garten nach dem Muster des berühmten Renaissancegartens der Villa d’Este (Tivoli, I). Aber die Analogien sind frappant: Im Hauptfokus stehen die Topographie und das Fliessen des Wassers – letzteres gleich doppelt mit der ruhig strömenden Aare und dem munter plätschernden Inselbächli. Die Schichten der Topographie werden mit der Akzentuierung der Terrassen herausgearbeitet und unterstrichen: Kai, Boulevard, Plateau und Campus. Zusätzlich werden die vier Ebenen durch entsprechende Pflanzgesellschaften charakterisiert. Die Wasserinszenierung des Inselbächlis ist prägnant, aber auf wohltuende Weise zurückhaltend. Viele selbstverständlich wirkende Interventionen (z.B. Treppenanlagen von der Kocherei hinunter auf den Aareplatz) vermitteln eine hohe «Bodenhaftung» des Projektes. Schwerpunkt des Vorschlages bildet neben dem Boulevard der als schiefe Ebene ausgebildete Aareplatz. Er neigt sich zur Aare hin und überragt sie mit einem Holzdeck. Bestandsbäume können stehenbleiben und der Aufenthalt am Wasser wird möglich. Mit der schichtweisen Bearbeitung des Areals erzählen die Verfasserinnen eine fortlaufende Geschichte. Diese entwickelt sich ähnlich der Jahrringe eines Baumes über die Jahre hinweg kontinuierlich weiter und verdeutlicht die langfristige Vision des Areals. Der ganze Prozess wird als musikalisches Gesamtwerk verstanden. Es ist bestimmt von Orchester, Dirigent und Partitur. Die einzelnen Klänge aber sollen von den Bewohnern / Benutzern erzeugt werden. Die Bearbeitung oszilliert von einer grossen Flughöhe bis tief ins Detail der konkreten Vorschläge hinein. Die feinfühlige Reaktion auf das Richtprojekt manifestiert sich in den klaren Interventionen von Durchsichten und Porositäten: Städtebauliche Qualitäten werden mittels Durch- und Abbrüchen akzentuiert und neue, volumetrische Schwerpunkte vorgeschlagen. Diese harmonieren hervorragend mit den freiräumlichen Absichten und verschmelzen so zu einem sinnstiftenden Ganzen. Mit der städtebaulichen Überarbeitung zeigen sich die ausgeprägten Qualitäten der einzelnen Nutzflächen im Vergleich zum Richtprojekt deutlicher und hochwertiger. Überzeugt haben das Beurteilungsgremium auch erste Ansätze von Überlegungen zur inneren Erschliessung in den grossen Fussabdrücken der industriellen Baukörper. Der Umgang mit der Freiraumgestaltung ist fein und selbstverständlich. So überzeugt z.B. die Toolbox für kreisförmige Elementen, die im mittleren Arealteil eine hohe Wiedererkennbarkeit erzeugen. Vor allem aber bleibt der Ort selbst mit seiner industriellen Vorgeschichte das eigentlichen «Wow – Moment». Dieses wird gekonnt in Szene gesetzt und braucht eigentlich keine übertriebenen Add Ons. Gerade in seiner tragenden, ruhigen Grundhaltung liegt die Qualität und Überzeugungskraft des Vorschlages.

Schwarzplan

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Situationsplan

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