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Werkstattverfahren | 09/2019

Entwicklung des Gesamtareals "Rathaus und Burghof Denklingen"

1. Rang

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Gemeinde Reichshof hat seit 2015 ein ISEK insbesondere zur "Stärkung des Gemeinschaftsgefühls" für alle Ortsteile der Gemeinde erarbeitet. Der Ortsteil Denklingen bildet hierbei mit dem erweiterten Rathaus, der Burg als historischen Ortskern und dem sogenannten Dorfplatz als wichtiger Veranstaltungsort den Schwerpunkt der Maßnahmen.

KONZEPT
Das Freiraumkonzept besteht aus drei Teilbereichen die zusammen als "Denklinger Dreiklang" den Ortskern neu definieren. Dieser besteht künftig aus:
- dem Rathausumfeld mit neuem, repräsentativem und barrierefreiem Vorplatz, sowie grünem Großparkplatz
- der Festwiese als grüner Park mit Wasserspielplatz und als temporärer Veranstaltungsort für Großveranstaltungen
- der Wasserburg mit Burghof als identitätsstiftender Nukleus und temporärer Veranstaltungsort für Kleinveranstaltungen

ENTWURF
Rathausumfeld
Das Rathausumfeld wird unter Beibehaltung seiner Funktion als Verwaltungsstandort umgestaltet. Das westliche Umfeld wird als Großparkplatz für die Verwaltung und die Gemeinde gestärkt und ausgebaut. Etwa 140 zum Teil baumüberstellte Stellplätze aus wasserdurchlässigen Rasengittersteinen werten den Parkplatz sowohl gestalterisch als auch ökologisch auf. Parkplätze für Behinderte sowie für Elektrofahrzeuge werden vorgesehen. Die bestehenden Garagen für Dienstfahrzeuge können umgesetzt und in das Parkplatzsystem südlich des Rathauses integriert werden.
Das östliche Rathausumfeld wird repräsentativ umgestaltet. Ein neuer Vorplatz mit einer großzügigen Stufenanlage und einem integrierten barrierefreien Weg leiten die Besucher zum Haupteingang. Eine Blumenschale vor dem Haupteingang empfängt den Besucher. An der Nordseite dient eine Mauer zur Überwindung des Höhenunterschiedes, die gleichzeitig durch einen großen Schriftzug die Adresse des Rathauses an die Hauptstraße holt. An der Hauptstraße können ca. 3 Behindertenstellplätze bestehen bleiben. Eine Umfahrt des Rathauses vor allem für Dienstfahrzeuge und Feuerwehr ist vorgesehen.

Festwiese
Südlich des Rathausumfeldes schließt der sogenannte Dorfplatz an. Dieser wird mit Hilfe von Schotterrasen zu einer parkartigen Festwiese umgestaltet. Die Festwiese liegt ca. einen Meter tiefer als das Rathausumfeld. Dieser Höhenunterschied wird durch eine Rasenböschung mit integrierten Rasenstufen überwunden und bildet dadurch eine nach Süden ausgerichtete Tribüne, die den imposanten Asbachwald als Kulisse nutzt. Der westliche Weg wird stufenfrei als Rampe zur barrierefreien Erschließung und als Zufahrt der Festwiese ausgebildet.



Die Festwiese lädt außerhalb von Veranstaltungen zum sonnenbaden, Picknick, Federball, Kicken, usw. ein. Bei Veranstaltungen haben sowohl das große Festzelt als auch weitere Zelte, Fahrgeschäfte oder Autos hier platz. Im Schnittpunkt zwischen Festwiese, Asbach und Wasserburg befindet sich der neue Wasserspielplatz. Dieser wird mit Bieberburg, Wasserlauf, Matschtischen und Kletternestern zur neuen Attraktion für die Denklinger Pänz.

Wasserburg
Den dritten Bereich des Denklinger Dreiklangs bildet die Wasserburg mit ihrem Burghof. Primäres Ziel ist die Neuinterprätation des Bildes einer Wasserburg, die von einem Burggraben umschlossen wird. Das Thema Wasser wird allerdings in zwei Typologien unterteilt. Zum einen wird die sogenannte Klus vom Asbach getrennt und erhält einen kleinen Bruder südlich der Burg. Beide Gewässer werden autark vom Asbach betrieben und erhalten eine gemeinsame Pumpenkammer mit einer gemeinsamen Leitungsführung unter dem Burghof. Diese sorgt für den Betrieb der Fontäne und eine Umwälzung, bzw. Reinigung der teichähnlichen Gewässer. Zum anderen wird der Asbach als renaturierter Bachlauf in einem ca. 1,5m bis 2m tiefen und ca. 5m breiten Bachbett im Sinne eines Burggrabens um die Wasserburg herumgeführt. Durch die Trennung der Systeme und die unterschiedlichen Höhenlagen wird eine Wehr überflüssig. Eine Verschlammung der Klus durch den Asbach ist künftig ausgeschlossen. Die Klus wird in Form eines Holzdecks an das Rathaus angeschlossen und bietet den Mitarbeitern der Stadtverwaltung einen erholsamen Ort für die Pausen. Eine Brückenverbindung sorgt zudem für den direkten Anschluß des Rathauses an den Burghof. Der Burghof wird mit Natursteinkleinpflaster vergrößert und weitestgehend von Einbauten befreit. Eine neue, etwas kleinere Remise wird architektonisch sensibel an die Burg angeschossen und kann weiter als Unterstand dienen. Eine Boomerangbank öffnet den Blick auf die Burg und lädt zu Fotomotiven für Hochzeiten ein. Zurückhaltende Lichtstelen (ggf. mit Stromversorgung für Veranstaltungen) rahmen den Raum und sorgen für eine sichere Ausleuchtung. Effektbeleuchtung der Kirche, der Burg und des Torhauses inszenieren die historischen Gebäude. Veranstaltungen wie Konzerte oder Töpfermarkt können noch besser als zuvor in dem Burghof stattfinden, da der Platzraum vergrößert und von Einbauten befreit wurde.

Übergänge Straßenraum
Das Areal hat derzeit eine mangelhafte fußläufige Anbindung an den Ort. Dies kann durch eine Optimierung der Straßenräume wie Verringerung der Straßenbreiten und ggf. Wegfall von Abbiegespuren, Verbreiterung von Fuß- und Radwegen sowie durch definierte Übergänge verbessert werden. Es wird empfohlen dies verkehrstechnisch untersuchen zu lassen. Übergänge über die Hauptstraße in den Ort sollten insbesondere am Rathausvorplatz, an der Klus in Richtung Seniorenresidenz und im Bereich Burgzufahrt entstehen.

Bauabschnitte
Dem Konzept des Denklinger Dreiklangs folgend könnte die Gesamtmaßnahme in mind. drei Bauabschnitte unterteilt werden:
1. BA Festwiese
2. BA Rathausumfeld (ggf. in Vorplatz und Parkplatz unterteilt)
3. BA Wasserburg

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Bewertungsgremium lobt die Arbeit von Club L94 Landschaftsarchitekten, wegen der deutlichen Stringenz des Konzepts. Das Landschaftskonzept ist stimmig und greift durch die naturnahe Gestaltung die Besonderheit des Orts im Bergischen Land auf selbstverständliche Art und Weise auf.
Die direkten Blick- und Wegebeziehungen sowie die verschiedenen, jeweils abgetrennten Räume brin-gen Ordnung, Ruhe und Klarheit in den Raum. Die verschiedenen Teilbereiche sowie die große Freiflä-che bieten genügend Raum für verschiedene Nut-zungen und Aktivitäten.
Die klaren Linien, die stringente Wegeführung und die mutige Neuinterpretation des Rathausvorplat-zes mit der vorgezogenen Treppe öffnen den Raum zum Ort. Die klare Verbindung zwischen Rathaus und Burghof weist eine angemessene Gestaltung auf. Jedoch wird eine stringente Aussage zur Wei-terführung nach Norden über die Straße vermisst.
Die gesamte Gewässersituation des Konzepts wird als angemessen für den Ort bewertet. Der freie Zugang zur Klus und dem Asbach ist angenehm „unaufgeregt“ gestaltet und bettet sich wie selbst-verständlich in die Umgebung ein. Die Umsetzung der Trennung von Klus und Gewässer wird als be-sonders geschickt umgesetzt bewertet.
Kritisch wird hingegen die Umgestaltung des Burg-grabens zum „kleinen Bruder“ der Klus bewertet. Hier besteht zum einen die Sorge, dass die große und kleine Klus bei Niedrigwasser eine zu geringe Wassertiefe aufweisen, um als gesundes Gewässer bestehen zu können. Zum anderen wird die kleine Klus, auch mit Blick auf die Kosten, als für das Ge-samtkonzept nicht notwendig empfunden.
Die scharfen Kurven des Bachverlaufs an der Stra-ßenquerung sowie um den Wasserspielplatz herum werden im Hinblick auf eine natürliche Wasserfüh-rung als kritisch betrachtet. Zudem stellt sich die Frage, ob das Bachbett so modelliert ist, dass ein gefahrloser Abfluss eines HQ100 gewährleistet wer-den kann.
Von dem Bewertungsgremium wird zudem kriti-siert, dass der Übergang von der Kapelle zur Klus nicht barrierefrei gestaltet ist und bei einem höhe-ren Wasserpegel nicht trockenen Fußes und gefahr-los überwunden werden kann.
Der Spielplatz an dem Asbach greift das Thema Wasser auf und bietet den Kindern freie Entfaltung in ihrem Spiel und ihrer Kreativität. Jedoch wirkt der Spielplatz in dem Wegedreieck und durch die östli-che Begrenzung des Bachs eingeengt.