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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Entwicklung Innovations- und Gewerbezentrum in Eschweiler

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 50.000 EUR

asp Architekten GmbH

Architektur

A24 Landschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ein lebendiges Stück Stadt
Ein Gewerbegebiet, das Sinnbild für die Chancen des Strukturwandels sein soll, muss ein lebendiges Stück Stadt sein.
Daher lädt eine Promenade zum Flanieren durch die Mitte des Quartiers zum Drieschplatz ein. Das schafft Öffentlichkeit und weckt Neugier, transparente Erdgeschosse erlauben Einblicke, Innovation wird so erlebbar, das Quartier wird zum Schaufenster.
Das Quartier ist verdichtet und interagiert mit seiner Umgebung: Im Norden schließt sich die Bebauung gegenüber Straße und Lärm, nach Süden öffnet sie sich mit einer Grünen Fuge zum Ufer der perspektivisch renaturierten Inde. Zu Indestraße und Drieschplatz werden markante Torsituationen geschaffen.
Das Innovationszentrum Eschweiler wird so nicht nur zum Aushängeschild, sondern auch organischen Bestandteil Eschweilers.

Modularität für langfristige Flexibilität
Die Struktur des Quartiers ist modular. Sie ermöglicht eine kleinteilige Mischung, kann flexibel auf sich verändernde Bedarfe reagieren und ist so langfristig gerüstet für die Entwicklungen der Zukunft. Basis ist ein durchgehendes Modul von 7,5 x 7,5 m, welches für Büros wie Labore gleichermaßen geeignet und gut im Holzbau zu realisieren ist. Bereiche mit doppeltem Modul (Fachwerkträger) ermöglichen die Nutzung als Werkhalle.
Die partielle Erschließung über Laubengänge reduziert die Anzahl der nötigen Treppenhäuser und begünstigt die wirtschaftliche Vermietbarkeit auch von kleinen Nutzungseinheiten bis 100 m². Nutzungseinheiten können so sowohl längs als auch quer zum Gebäude organisiert werden.
Treffpunkte und räumliche Nähe als Keimzelle von Innovation
Kern des Quartiers ist räumlich wie sozial ein erweitertes kleines Bestandsgebäude. Es enthält übergeordnete Funktionen für alle Nutzer: eine Kantine/Café mit angeschlossenem Eventspace für Konferenzen, Fortbildungen und Ausstellungen. Hier findet der für Innovation so wichtige informelle Austausch statt und Synergien im Sinne eines Technologieclusters stellen sich ein.
Die technische Möglichkeit des (Teil-) Erhalts ist im weiteren Planungsprozess zu prüfen und ggf. durch weitere Neubaumaßnahmen zu ergänzen.
Multifunktionshallen und Labore befinden sich erdgeschossig in unmittelbarer Nachbarschaft, Büros sind horizontal darüber geschichtet. Dies erlaubt attraktive Einblicke und garantiert die gute Anfahrbarkeit der Hallen. Entlang der Indestraße wird auf diese Mischung zu Gunsten von wohnverträglichen Büronutzungen verzichtet.

Schwammstadt als Leitmotiv
Visuelles Leitmotiv des durchgrünten Gewerbequartiers ist die rasterartige Perforation des Belags entlang der zentralen Promenade. Sie ermöglicht die nötige Durchlässigkeit und Aufnahmefähigkeit für Niederschlag und ist Referenzsystem für die Verortung von Bäumen und Sitzmöbeln. So bildet sich eine spielerische grüne Spur durch das Quartier. Großflächige, abgesenkte Bereiche in der Grünen Fuge und auf dem Vorplatz an der Indestraße können schadlos überflutet werden und temporär größere Wassermengen aufnehmen. Alle Dachflächen werden großflächig begrünt und Teil des Retentionsystems.
Die zentrale Promenade des Quartiers ist auf das nötige Flutschutzniveau angehoben, auf eine Unterkellerung der Gebäude wird verzichtet. Modellierte Böschungen vermitteln den Höhenversprung an den Quartiersrändern und betten das Gesamtquartier in einen grünen Rahmen ein. Gleichzeitig übernehmen sie eine wichtige Funktion im Regenwassermanagement als temporäre Einstauflächen.

Zentral angebunden und versorgt
Der Mobilitätshub im Norden des Quartiers ist zentrale Anlaufstelle für Rad- und PKW-Verkehr. Motorisierter Individualverkehr wird so aus dem Quartier herausgehalten. Die zentrale Fahrradgarage ist erdgeschossig, darüber befinden sich PKW-Stellplätze.
Die Geschosshöhe, Gebäudetiefe und Erschließung ist so gewählt, dass langfristig PKW-Stellplätze in Gewerbeflächen umgenutzt werden könnten.
Die Zufahrt ins Quartier für LKW erfolgt über einen Logistik-Loop, der sich nicht mit der zentralen Promenade überschneidet. Alle Multifunktionshallen sind erdgeschossig anlieferbar. Die Energiezentrale ist erdgeschossig in den Mobilitätshub integriert und erlaubt für die Passanten Einblicke, die Neugier auf die eingesetzte Technologie weckt. Hier wird die von der Photovoltaik auf den Dächern des Quartiers generierte Energie in Pufferspeichern bereitgehalten - Wärmepumpen versorgen ein lokales Niedertemperatur-Wärmenetz, das die Raumheizung und Trinkwasser-Vorwärmung im Quartier leistet.
Die Verlegung der bestehenden Bushaltestelle „Eschweiler Friedhof“ weiter nach Süden, in unmittelbare Nähe zum Quartierseingang an der Indestraße wird angeregt.

Rasche Umsetzung durch unabhängige Bauabschnitte
Das Quartier gliedert sich in zwei natürliche Bauabschnitte: Die westliche Hälfte steht durch Rückbau der verbliebenen Gebäude zeitnah zu Verfügung. Hier kann der Bau früher begonnen und bereits für das gesamte Quartier relevante Infrastruktur wie Mobilitätshub und Energiezentrale realisiert werden. Das Quartier erhält so auch gleich zu Beginn ein Gesicht zur Stadt. Die östliche Hälfte ist aktuell durch den temporären Schulbau belegt. Diese kann zeitlich unabhängig, nach Freigabe durch die Schule, realisiert werden. Die Bautätigkeit hier wird durch den ersten Bauabschnitt von der Stadt abgeschirmt.

Wiederverwendete Materialien als Bindeglied zwischen Historie und Zukunft
Die Kombination aus alten und neuen Materialien wird ästhetisch identitätsstiftend für das gesamte Quartier - sie verwurzelt die Bauten in der Geschichte der Region und verweist gleichzeitig auf deren Zukunft. Der Lebenszyklusgedanke des zirkulären Bauens prägt die gesamte Planung und Ausführung des neuen Stadtquartiers. Als Fassadenbekleidung kommen wiederverwendete Materialien wie Ziegel und Glasbausteine zum Einsatz, die beim Rückbau von Bauten in der Region anfallen. Ziegel können gesäubert und geschlämmt den Bezug zu klassischen Industrie- und Gewerbebauten der vergangenen industriellen Epoche herstellen. Die regionale Verfügbarkeit geeigneter Materialien ist im weiteren Planungsprozess zu prüfen und in die Architektur einzubeziehen. Tragende Bauteile werden soweit möglich aus nachwachsenden oder sortenrein rezyklierbaren Rohstoffen hergestellt. Sie gehen als sichtbare architektonische Elemente eine inspirierende Synergie mit den althergebrachten Materialien ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Ansatz des Entwurfs, ein eigenständiges lebendiges Quartier zu entwickeln, wird von der Jury besonders gewürdigt. Bausteine für die neue Komposition sind eine prominente öffentliche Promenade und verschiedene, unterschiedlich gestaltete Gebäudeeinheiten, die über Platzflächen und Wege sowohl funktional als auch räumlich miteinander korrespondieren können. Gelungen erscheint die ausgeprägte Mitte mit dem historischen Kamin und den kleinen Bestandsgebäuden, die sich mit einem Park zur Inde öffnet. Aus der Perspektive der Bürgerschaft sind hiermit hohe Integrationspotenziale gegeben. Die Jury lobt die städtebauliche Grundhaltung und Positionierung der Gebäude, die nachvollziehbar auf die Umgebung reagieren. So wird sinnvoll im Norden der Lärmeintrag ins Quartier begrenzt und nach Süden eine klare Öffnung zur Inde vorgenommen. Positiv wird der Multifunktionscharakter des neuen Mobilitätshubs gewertet, der in seiner Dimension und mit seinen konstruktiven Vorgaben eine Offenheit für zukünftige Nutzungen ermöglicht. Die Anzahl der Stellplätze entspricht der Vorgabe. Die Nutzungsangebote befinden sich insgesamt im geforderten Bereich. Besonders hervorgehoben wird von der Jury, dass mit dem vorgeschlagenen städtebaulichen Konzept durch die eher kleinteilige Struktur in Zukunft auch andere Nutzungsbausteine integrationsfähig sind. Jedoch wird von der Jury bemängelt, dass die im Entwurf dargestellte Architektur und mit ihr die Fassade zu beliebig und zu wenig innovativ erscheinen. Die noch sehr schematisch gehaltene Architektursprache bedarf einer stärkeren Prägnanz und einer höheren Qualität. Der Entwurf überzeugt durch die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen (u.a. Holz) sowie von wiedergenutzten Baustoffen. Auch die Nutzung des Bestandsgebäudes erhöht den Erhalt bereits verbauter „grauer“ Emissionen, Rohstoffe und Energie. Kontrovers wird diskutiert, ob die Anlieferung des nordöstlichen Gebäudes über den eher ruhigen, kommunikativ orientierten, kleinen Platz erfolgen kann oder aber eine nördliche Erschließung mit einer Anpassung der Grundrisse sinnvoller ist. Die Integration des Schwammstadt-Prinzips als Leitmotiv für den Entwurf mit der Perforation der Beläge und einer hohen Durchlässigkeit und Aufnahmefähigkeit für Niederschlagswasser wird begrüßt. Durch die vorgeschlagenen Hochwasserlösung mit einer entsprechenden Geländemodellierung ergibt sich ein ausreichender Schutz für die Nutzungen. Insgesamt scheint der Entwurf gut in den Ort integriert, bietet perspektivisch ein großes Potenzial für eine Weiterentwicklung und ermöglicht mit seinem bewusst intendierten Quartierscharakter einen lebendigen Stadtbaustein.
Lageplan

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