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Werkstattverfahren | 08/2024

Entwicklung Mehrgenerationenquartier in Osnabrück

Perspektive Quartiersplatz Norden

Perspektive Quartiersplatz Norden

Gewinner

farwickgrote partner Architekten BDA Stadtplaner

Stadtplanung / Städtebau

chora blau Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

FREIANLAGEN

Kommunikativ und einladend, sozial und inklusiv, multifunktional und naturbezogen – so präsentiert sich das neue Mehrgenerationenquartier in Osnabrück. Als offenes Quartier für alle Altersgruppen konzipiert, bietet es nicht nur für alle Bewohner/innen ein vielfältiges Wohnumfeld, sondern wertet auch für Besucher/innen und Nachbarn das Umfeld nachhaltig auf. Ein Geflecht aus mehreren Wegen verknüpft das neue Quartier mit den angrenzenden Straßen und führt Fußgänger und Fahrradfahrer bis zur offenen Quartiersmitte.

Am Willkommensplatz öffnet sich das Wegegeflecht und bietet mit einer Blüteninsel einen repräsentativen Kommunikationsort. Unter einem Schatten spendenden Baum bietet sich die Möglichkeit zum Klönen und Schnacken. Dieser Treff im Grünen taucht im gesamten Quartier immer wieder auf und markiert als Trittstein besondere Orte des sozialen Austauschs, wie am Übergang zum Gewerbebereich oder am Jugendhaus.

Von den umliegenden Straßen gelangt man barrierefrei und von einem Blütenband begleitet zur höher gelegenen Quartiersmitte. Als offener Platz für alle ist er Treff- und Orientierungspunkt zugleich, da er mit sämtlichen Mikroquartieren verbunden ist. Ein Wasserspiel aus Fontänen begrüßt alle Ankommenden und bietet kühle Erfrischung an warmen Tagen. Eine Sitztreppe ermöglicht ein ungezwungenes Verweilen am Wasserspiel und vermittelt zwischen den Höhenniveaus. Das dadurch entstehende ebenerdig ausgebildete Plateau wird von Pflanzflächen akzentuiert, von Bäumen überspannt und verbindet das Kümper-Menke-Stift mit dem Café. Neben den Bäumen ermöglichen Vorrichtungen für Sonnensegel eine zusätzliche Verschattung an sonnigen Tagen. Unterschiedliche Sitzmöglichkeiten und insbesondere die Sitzinsel schaffen Verweilorte, die unter anderem seniorengerecht und inklusiv gestaltet sind. Während der Hauptzugangsbereich zum Seniorenwohnheim durch eine rahmende Blütenpflanzung akzentuiert wird, befindet sich rückwärtig, geschützt durch die Bestandsbäume, ein Sinnesgarten. Der durch einen Zaun eingefriedete Gartenraum bietet Möglichkeiten zum Gärtnern und regt durch eine differenzierte Bepflanzung und kleine Wasserelemente die Sinne Riechen, Fühlen, Schmecken und Hören an.

Über einen Gartenhof gelangt man zum Hause am Schlehenbusch. Mit einem Gemüsegarten ausgestattet lädt der Hof zum gemeinsamen Gärtnern ein und kann durch die benachbarte Mensa genutzt werden. Südlich der Quartiersmitte führt das Blütenband weiter zum Mehrgenerationenhaus. Dies wird zum einen mit einem ebenerdigen und geschützten Garten für Kinder ausgestattet und zum anderen von einem Spielband, das unterschiedliche Angebote beinhaltet, umspielt. Während östlich ein ruhiges Spiel und ein Versteckspiel unter Obstbäumen zum benachbarten Gerhard-Uhlhorn-Haus vermittelten, lenkt ein naturnahes Spiel weiter zum Multifunktionsfeld westlich des Gebäudes. Gerahmt durch Sitzmauern liegt das Feld geschützt von den Zugangsbereichen und bietet, ergänzt durch eine weitere Grünfläche, Bewegungsmöglichkeiten für größere Kinder und Erwachsene. Holzsitzelemente greifen das Gestaltungsprinzip der grünen Treffpunkte auf und schaffen so eine gestalterische Einheit. Am Eingangsbereich des Jugendhauses bildet ein weiterer Treff im Grünen einen Ort für einen ungezwungenen Austausch für Jugendliche. Demgegenüber befinden sich rückwärtig jeweils ein durch Sträucher geschützter Garten für Mädchen bzw. für Jungen.

Neben einer zentralen Zufahrt für den Pkw- und Anlieferverkehr werden Fahrradstellplätze dezentral angeordnet. Dabei werden die vorhandenen Gegebenheiten berücksichtigt und gefördert. Analog dazu werden die vorhandenen Vegetationsstrukturen in die Planung einbezogen und qualitativ durch Gärten und Höfe aufgewertet. Sämtliche schützenswerte Bäume werden integriert und von Wiesenflächen umschlossen. In den Wiesen befinden sich dezentral angeordnete Versickerungsmulden, die das anfallende Regenwasser sammeln.

Das Quartier legt großen Wert auf ökologische Nachhaltigkeit und soziale Nutzung. Die vielfältigen Grünflächen, Gärten und Spielbereiche fördern die Biodiversität und bieten den Bewohnern aller Altersgruppen wertvolle Erholungs- und Begegnungsräume.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der städtebauliche Entwurf fügt sich in seiner Maßstäblichkeit und in der Höhenstaffelung der einzelnen Gebäude sehr gut in die Umgebung ein. Es entsteht ein vielschichtiges neues Quartier um eine angemessen proportionierte Quartiersmitte. Besonders gewürdigt wird der überzeugende Umgang mit der vorhandenen Topographie. Der Eingang in das Quartier erfolgt fließend und unspektakulär. Kurze Treppen und Rampen mit Kanten, die als Sitzmöglichkeiten genutzt werden können, reagieren wie selbstverständlich auf die Höhenentwicklung. Alle Bereiche sind so barrierefrei erschlossen. Es entstehen interessante Raumfolgen in einem fließenden Übergang aus öffentlichen, halböffentlichen und privaten Flächen.

Das Herzstück des Quartiers ist der „Platz der Generationen“ mit attraktiven Nutzungsangeboten und von der Sedanstraße aus gut einsehbar. Das Angebot eines kühlenden Fontänenfeldes wird ausdrücklich begrüßt. Mehrgenerationensaal und Bistro liegen hier auf einem Plateau gegenüber, sodass eine Bespielbarkeit dieser Quartiersmitte auch aus den Gebäuden heraus sehr gut vorstellbar ist.

Der ruhende Verkehr wird vollständig unterhalb des KMS ebenerdig angeordnet. Geschickt wird dabei das vorhandene Kellergeschossniveau genutzt. Öffnungen im begrünten Dach sorgen für eine natürliche Belichtung und Belüftung. Hier wird ebenfalls die Mobilitätsstation untergebracht. Insgesamt wird so der gesamte Verkehr aus dem Quartier herausgehalten. Die Anlieferung über die schmale Zufahrt ist ggf. zu eng.

Das Freiraumkonzept entwickelt für die jeweiligen Bereiche überzeugende nutzerspezifische Angebote mit halböffentlichem oder privatem Charakter. Kritisch hinterfragt wird angesichts möglicher Lärmbelästigungen die Lage des Ballsportfeldes in seiner Nähe zu dem unmittelbar angrenzenden Pflegeheim.

Das KMS wird als ein Baukörper, der sich aus zwei Rechtecken mit teilweise großen Innenhöfen zusammensetzt, konzipiert. Der zentrale Eingang in der Mitte ist richtig angeordnet. Die räumliche Qualität der Innenhöfe, die sich teilweise bis an den Eingangsbereich erstrecken, wird durch die Jury gewürdigt. Die räumliche Organisation in den stationären Bereichen wird kritisch diskutiert, da sich aufgrund der mittig angeordneten Lichthöfe lange Wege ergeben und die Einsehbarkeit der Flure von den Dienstzimmern nicht gegeben ist. Weiter wird kritisiert, dass die Demenzbereiche in den Plänen nicht ablesbar sind. Die räumliche Abgrenzung des Demenzgartens ist nicht eindeutig definiert. Die Jury hinterfragt kritisch die hohe GRZ, mit der sich die niedrige Geschossigkeit erkauft wird.

Positiv bewertet wird der Teilerhalt des Gebäudes für betreutes Wohnen für Jugendliche, in dem eine Umnutzung zu Mikroappartements und rollstuhlgerechten Wohnungen vorgeschlagen wird. Hier sollte geprüft werden, ob der Erhalt des zweiten Gebäudeteils eventuell auch möglich ist. Bei dem „Haus für die Kinder“ wurde versucht, alle Räume auf einer Ebene unterzubringen. Dadurch bekommt das Gebäude eine sehr große Tiefe, was zu Lasten der Freiflächen geht.

Die hohe architektonische Qualität der Fassaden wird von der Jury gewürdigt. Die einheitliche Gestaltung der Fassaden aus Holz auf einem massiven Erdgeschoss-Sockel strahlt eine angenehme und wohnliche Atmosphäre aus, wirkt zurückhaltend und für den Ort angemessen.

Hinsichtlich einer klimaresilienten Quartiersentwicklung empfehlen die Verfassenden „Low Tec“-Lösungen, wo immer möglich. Das Grüngebot und das Schwammstadtprinzip sollten ebenfalls Grundlage der konkreten Freiraumgestaltung sein.

Insgesamt zeichnet sich die Arbeit durch ein robustes städtebauliches Konzept aus, welches in der weiteren Feinjustierung über die Empfehlungen, insbesondere in der Konfiguration des KMS, ein attraktives Mehrgenerationenquartier und einen adressbildenden neuen Stadtbaustein generieren kann.
Perspektive Quartiersplatz Süden

Perspektive Quartiersplatz Süden

Freianlagenplan mit Grundrissen

Freianlagenplan mit Grundrissen

Isometrie

Isometrie