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kooperatives Werkstattverfahren | 09/2024

Entwicklung städtebaulicher Rahmenplan Campus Flensburg

Campus Mitte

Campus Mitte

1. Rang

CITYFÖRSTER architecture + urbanism

Stadtplanung / Städtebau

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Hamburg

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Entwurfsleitende Idee
Im Landschaftscampus steht die Landschaft im Mittelpunkt. Sie übernimmt zahlreiche Funktionen: Die Landschaft belebt den Campus, sie definiert den Campus, sie hält den Campus am Leben und gliedert ihn. Die Landschaft ist ein integraler Teil des Campus und bildet durch die Verschränkung mit der Stadt eine einzigartige Stadttypologie in Flensburg.

Städtebauliches Konzept
Der Campus Flensburg verfügt bereits heute über eine starke räumliche Leitidee, die konsequent weitergeführt wird. Die beiden Hochschulen verfügen dabei über unterschiedliche städtebauliche Qualitäten und werden durch den Landschaftspark verbunden, in dem sich geteilte Einrichtungen & stadtweit relevante Nutzungen sowie eine Vielzahl von Freiraumnutzungen befinden. Die Gebäude der EUF rahmen eine landschaftliche Mitte, schaffen ein Gefühl der Weite und erlauben Blicke in die Natur. Die Großformatigen Gebäudekörper unterstützen diesen Ansatz. Im Gegensatz dazu präsentiert sich der Campus der Hochschule urban und dicht, eher kleinteilige Gebäudestrukturen schaffen Platzfolgen & intimen Freiräumen. Beide Hochschulcampi sind umgeben von dem großzügigen Landschaftspark, der sie untereinander und mit der Umgebung verbindet.

Freiraum
Die zentrale Campusmitte schafft aktive und belebte Freiräume für Studierende beider Bildungsstandorte, die über die Campusschleife mit zentralen Orten des Campuslebens verbunden wird. Der großzügige Landschaftspark, der ein differenziertes Nutzungsprogramm mit sich bringt, bildet das vegetative Rückgrat des Standorts und prägt den Charakter Campus. Die grüne Rahmung des Campusgeländes wird über die Gartenschleife erschlossen und bietet grüne Orte des studentischen und Flensburger Lebens. Die vielfältigen Freiräume verbinden Wissenschaft, Freizeit, Erholung und Spiel in differenzierten Gartenräumen, wie z.B. Gemeinschafs-, Wasser-, Experimentier- und Energiegärten. Die Gartenschleife zieht den Landschaftscampus und die Zentren entlang der Campusschleife zusammen, wodurch dezentrale sowie nutzungsintensive Freiräume für das Campusleben eröffnet werden.

Nutzung
Die grundlegende Nutzungsverteilung des Campus wird beibehalten. Die EUF wird im Osten erweitert und erhält mit dem Sportinstitut einen dritten Standort mit Sportschwerpunkt (neben Flens-Arena & Campusbad). Die Erweiterung des Gebäudes Tallinn wird südlich angegliedert & nimmt die Nutzungen aus den südl. Modulbauten auf. Direkt am Campuseingang wird ein Mobilitätshub mit Parkmöglichkeiten und weiteren Mobilitätsdiensten eingerichtet. Südlich angrenzend befindet sich ein universitäres und gewerblich gemischtes Forschungsgebäude. Das Food-Innovation-House wird östlich des Bibliothek in zentraler Lage platziert, das Gewächshaus zentral auf der Grünfläche in der Mitte des EUF-Campusbereichs.  Die gemeinsamen Nutzungen werden um das Campus-Center erweitert, das zentral gelegen, neben studentischen Arbeitsplätzen, auch zahlreiche erweiternde Angebote wie das Dock1, die Campus Werft, das Löckstädt Zentrum sowie flexible Gewerbe- und Büroflächen für Ausgründungen beheimatet.
Die Hochschule Flensburg (HF) erweitert sich vor Allem im Bereich des Parkplatzes an der Thomas-Fincke-Straße. Hier entstehen ein Ersatzbau für die Mobulgebäude und ein Mobilitätshub sowie Grundstücke für studentisches Wohnen und Gewerbe. Die Hochschule für Seefahrt wird gegenüber der Flens-Arena erweitert und in ein gewerblich genutztes Gebäude integriert, ein Parkhaus ersetzt die ebenerdigen Stellplätze und kann für Veranstaltungen in der Halle mitgenutzt werden. Im Norden, an der Grenze zur Stadt, entstehen Studierendenwohnheime in kleinen Nachbarschaften sowie Flächen für Gewerbe und ein Mobilitätshub am Campusbad. Das Boarding-Houe befindet sich nördlich der Bibliothek.

Mobilität
Der Entwurf legt besonderen Wert auf die Förderung des Umweltverbunds. Dabei sollen ebenerdige Stellplätze reduziert werden, um die Grundstücksressourcen effizienter zu nutzen.  Ein zentrales Element des Campus ist die Campusschleife, die als wichtige Fußwegeverbindung alle relevanten Adressen des Campus ansteuert und die Orientierung erleichtert. Diese Campusschleife wird durch die Gartenschleife ergänzt, verbindungen in die Freiräume und die Umgebung herstellt. Für den Radverkehr wird durch eine Nord-Süd-Verbindung eine Anbindung an die umliegenden Hauptradwege geschaffen sowie in Ost-West-Richtung die Thomas-Finke-Straße und die Straße "Auf dem Campus" als Fahrradstraße umgebaut. Rad-Stellplätze werden dezentral an den Gebäuden sowie gebündelt in den Mobilitätsstationen als Radparkhäuser angeboten. Am Campusbad entsteht ein Rad-Hub mit Werkstätten. Das funktionale Rückgrat für den MIV und die Anlieferung bildet die Thomas-Fincke-Straße sowie die Straße „Auf dem Campus“. Der ruhende Verkehr wird durch drei Mobilitätshubs und ein Parkhaus mit insgesamt 2.000 Stellplätzen organisiert, ca. 300 ebenerdige Stellplätze bleiben erhalten und werden entsiegelt und begrünt. Die Anbindung, Gestaltung und Lage der ÖPNV-Haltestellen wird verbessert, Ein-Richthungshaltestellen zusammengelegt.

Nachhaltigkeit
Der Campusentwurf folgt den Prinzipien der Suffizienz und Zirkularität, Bedarfe für Gebäude, Infrastrukturen und Stellplätze werden kritisch hinterfragt, Mobilitäts- und Energiekonzepte campusübergreifend entwickelt, Ressourcen effizient geteilt und wiederverwendet. Der Ansatz ist konsequent bestandsorientiert: Bestehende Gebäude sollen erhalten und saniert werden, flächenintensive Modulbauten durch Hochbauten ersetzt. Energiezentralen in den Hubs, PV-Anlagen, eine Anbindung an das städtische Fernwärmenetz sowie die Nutzung bodennaher Geothermie gewährleisten eine nachhaltige Energieversorgung, ein Smart Grid vernetzt Energieproduzenten und -konsumenten. Die Versiegelung von Flächen wird minimiert. Neue Gebäude haben kleine Grundflächen, Nutzungen werden gestapelt und kompakt organisiert. Grünflächen werden erhalten, Dächer und Fassaden begrünt. Regenwasser wird vor Ort behandelt, versickert, gespeichert und genutzt, um eine nachhaltige Wasserwirtschaft zu gewährleisten. Neubauten werden aus nachwachsenden Rohstoffen mit flexiblen Grundrissen errichtet, die eine lange Nutzungsdauer sicherstellen. Cradle-to-cradle-Prinzipien ermöglichen die vollständige Rückbaubarkeit der Gebäude. Soziale Nachhaltigkeit wird durch die Sicherstellung der Teilhabe aller an den Angeboten des Campus gefördert. Der Austausch von Wissen zwischen Hochschulen und Stadtgesellschaft wird unterstützt, um die Gemeinschaft zu stärken.

Phasierung
Der Entwurf des Campus basiert auf einem flexiblen Denken in Baufeldern, die anpassungsfähig bleiben. Dabei wird die gesamte Entwicklung prozesshaft gedacht: Zunächst werden Parkplätze gestapelt und Modulbauten in Neubauten umgesiedelt. Anschließend werden die freiwerdenden Grundstücke neu bebaut. Diese Rochade findet an 3 Standorten (P3.1, P5+6, P12.2+9) auf dem Campus unabhängig voneinander statt. Langfristige Entwicklungen über die heute bekannten Bedarfe werden ebenso berücksichtigt. 

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser*innen schlagen unter dem Titel „Landschaft schafft Campus“ ein Konzept vor, das die bereits vorhandene, charakterstarke, topografische Landschaft als Ausgangspunkt und Fokus für weitere Entwicklungen auf dem Campus zu Grunde legt. Dieses schon existierende Alleinstellungsmerkmal des Campus Flensburg wird so nachvollziehbar erkannt, bewahrt und konsequent fortgeschrieben. Folgerichtig sind die baulichen Ergänzungen sensibel und kontextbezogen gesetzt. Sie wirken behutsam und angemessen gewählt. Beispielhaft sei hier die lockere, luftige und zugleich angenehm raumbildende Setzung des Neubauclusters an der Hochschule genannt.

Als übergeordnetes Orientierungskonzept führen die Verfasser*innen zwei „Schleifen“ ein, die so genannte Campusschleife und die so genannte Gartenschleife. Die Campusschleife überlagert das bestehende Netz der fußläufigen und Fahrrad-Erschließung, ergänzt diese und erschließt alle wesentlichen Gebäude.. Entlang der Campusschleife wählen die Verfasser*innen Orte der Aktivität aus (teilweise schon bestehende, teilweise neu etablierte), die besonders qualifiziert und aufgewertet werden. Diese werden funktional ergänzt; zudem werden öffentliche Adressen geschaffen und sie werden gestalterisch identitätsstiftend möbliert. Die Campusschleife wächst mit der Ergänzung der Nutzungsbausteine sukzessive an. Dieses dezentrale Konzept der Aktivierung wird durch das Gremium sehr positiv bewertet. Eine stufenweise Realisierung ist damit sehr gut möglich. Schon einzelne Ergänzungen an den „besonderen Orten“ auf der Campusschleife sind wirksam. Es bedarf nicht erst der Vollendung einer baulich zusammenhängenden Gesamtkonfiguration.

Im Schnittpunkt der Campusschleife, im Bereich Audimax und Mensa, wird ein dritter Baustein in ähnlichem Maßstab ergänzt, der weitere, Öffentlichkeit-schaffende Funktionen etablieren soll. Das Gremium hebt hervor, dass besondere Anstrengungen unternommen werden müssen, um diesen zentralen Baustein früh realisieren zu können. In größerer Anzahl wird studentisches Wohnen auf dem gesamten Campus sinnvoll ergänzt, eine belebende, allgemeine Nutzungsmischung wird angestrebt. Die Adressbildung am Campuseingang durch Parkhäuser/Hubs bedarf gestalterisch besonderer Aufmerksamkeit. Die Anzahl, der in der Aufgabenstellung vorausgesetzten und im Entwurf entsprechend dargestellten Stellplätze wird durch das Gremium hinterfragt – es wird angeregt, ein Mobilitätskonzept zu erstellen.

Zusammenfassend handelt es sich um ein zugleich leises, einbindendes, aber auch robustes, einfach verständliches Konzept, das ohne große, plakative Eingriffe auskommt. Das Gremium würdigt die sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema, die behutsamen Ergänzungen und das intelligente Lesen des Vorhandenen. Der in diesem Konzept immanente Gedanke der Suffizienz erscheint der Jury folgerichtig und zeitgemäß. Neubaupotenziale werden durch die Entwicklung bereits bebauter Flächen geschöpft, wodurch zusätzliche Versiegelungen vermieden werden. Grundsätzlich wird der pragmatische Aspekt des Konzeptes geschätzt, es ist jedoch in der weiteren Durcharbeitung und Umsetzung darauf zu achten, dass nicht zu sehr im Status Quo verharrt wird. Die eher subtile transformative Kraft des Entwurfes muss bewahrt werden, aber auch zu einen Qualitätssprung führen.

Das Gremium betrachtet den Entwurf als fundierte Grundlage zur weiteren Ausarbeitung des Rahmenplans für den Campus Flensburg.
Landschaftscampus

Landschaftscampus

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept

Landschaftscampus Flensburg

Landschaftscampus Flensburg

Hochschule Flensburg

Hochschule Flensburg

Hochschule Flensburg

Hochschule Flensburg

Campus Schleife

Campus Schleife

Campus Gärten

Campus Gärten