Nichtoffener Wettbewerb | 12/2024
Ersatzneubau der Grundschule am Koggenweg in Lübeck
©DFZ Architekten
1. Preis
Preisgeld: 29.000 EUR
Landschaftsarchitektur
Architektur-Modellstudio Arnis Bite
Modellbau
Visualisierung
Visualisierung
Erläuterungstext
Der Ersatzneubau der Grundschule am Koggenweg basiert auf den Grundsätzen Nachhaltigkeit, Gemeinschaft, Kreativität, Inklusion und Konzilianz. Diese Werte prägen das Entwurfskonzept des Neubaus mit seinen Lern- und Spielwelten und sollen so zu einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung beitragen. Das Schulgelände liegt im äußeren Lübecker Stadtteil Buntekuh und wird im Zuge des Realisierungswettbewerbs von einer dreizügigen auf eine fünfzügige Schule erweitert. Dafür ist ein Neubau vorgesehen, der als markanter Solitärbau am Buntekuhweg platziert wird und sich maßstäblich in die heterogene Umgebung einfügt. Durch die bewusste Integration des vorhandenen Baumbestandes und eines „grünen Rahmens“ entsteht ein lebendiger Campus. Der Schulhof wird durch eine zentrale, offene Fläche organisiert, die intuitive Zugänglichkeit und Sichtachsen gewährleistet. Spielbereiche, ein Aktivband sowie ein Lern- und Experimentiergarten fördern die motorischen Fähigkeiten und das Umweltbewusstsein der Kinder. Außenliegende Fluchttreppen und umlaufende Balkone verleihen dem Gebäude eine schwebende Leichtigkeit, die Holzkonstruktion und die Fassadenbegrünung unterstreichen das nachhaltige Konzept. Ein Spiel aus Licht und Schatten bereichert die natürliche Holzoptik, die durch Akzente in grünen und roten Pastelltönen ergänzt wird. Der dreigeschossige Baukörper zeichnet sich durch klare Strukturen, kurze Wege und helle Räume aus. Im Zentrum befindet sich eine große Spieltreppe, die als Aufenthaltsort und Zuschauertribüne dient. Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss sowie flexible Mehrzweckbereiche in den Obergeschossen fördern Kommunikation und Kreativität. Der Musiksaal, die flexibel zuschaltbare Schulbibliothek und ein möglicher Zugang zum Dach bieten zusätzliche Nutzungsvielfalt. Die tragende Holzkonstruktion verbindet ökologische Qualität mit Flexibilität und Wirtschaftlichkeit. Modulare Fassaden, energieeffiziente Haustechnik und der Einsatz erneuerbarer Energien minimieren den ökologischen Fußabdruck. Das Konzept berücksichtigt den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes – von der Materialbeschaffung über die Nutzung bis hin zum Rückbau. Der Beitrag wurde gemeinsam mit G2 Landschaft erarbeitet.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der dreigeschossige Bau fügt sich trotz der großen Geschossflächen maßvoll in das Ensemble der bestehenden Schulbauten ein. Die relativ kompakten Abmessungen erlauben sogar einen gestalteten Außenraum mit Bepflanzung zum im Süden angrenzenden Nachbarn und auf der Südwest-Seite zum Buntekuhweg. Auch hier ist dadurch eine Nutzung und Gestaltung des Außenraums möglich. Der Niveauversprung zur Straße kann modelliert werden, Begrünung schafft einen wirkungsvollen Puffer.
Das Haus wird schlüssig und ganz selbstverständlich vom zentralen Schulhof aus erschlossen, ohne dass es eines vehementen Hinweises in der Fassade bedarf. Das direkt an den Eingang anschließende Eingangsfoyer, ist nachvollziehbar als große ‚Multifunktionshalle‘ nutzbar. Die Klarheit und Strenge des Raumes ermöglicht eine funktionsoffene und sehr flexible Nutzung für verschiedenste Funktionen und erscheint dadurch nachhaltig und robust für den Schulbetrieb. Beispielhaft ist die Nutzung als nachmittägliche Freispielfläche für den direkt angrenzenden Ganztagesbereich. Die Verwaltungsfunktion tritt treffend seitlich etwas zurück, ist aber gleichzeitig bestmöglich und sehr direkt im Erdgeschoss erreichbar. Die Anordnung der Sanitärbereiche im EG ist hinsichtlich ihrer Erreichbarkeit für den Ganztag zu überprüfen.
Über die gut positionierte Freitreppe sind beide Obergeschosse direkt und selbstverständlich zu erreichen. Durch eine geschickte Drehung der Grundrissorientierung ab dem 1.OG sind die Etagenpodestflächen der durchgehend großzügigen Haupterschließung flächenminimiert und optimiert. Die verfügbaren Verkehrsflächen können gänzlich den Lernclustern als langgezogene und lichtdurchflutete Foyers zugeordnet werden und werden damit zu wirklich nutzbaren Funktionsflächen. Klassenräume und Sonderfunktionsräume wechseln sich entlang der Nord- und Südfassade frei und flexibel ab. Die Sanitärräume und Nebenräume sind schlüssig in der Kernzone positioniert.
Die skizzierte ‚Laterne‘ über dem Haupttreppenhaus erscheint bautechnisch und architektonisch sinnvoll – die Zugänglichkeit/ Weiterführung der Haupttreppe auf das Dachgeschoss ist aber zu hinterfragen. Die Entfluchtung gänzlich über außenliegende Treppen erscheint als gutes Mittel, um den Grundriss von brandschutztechnischen Zwängen und Restriktionen weitestgehend zu befreien. Auch ist diese Bauweise wirtschaftlich, da keine aufwändigen brandschutztechnischen Umhüllungen der Treppen nebst Brandschutztüren vorgesehen werden müssen. Es besteht für die Schule die Möglichkeit, diese außenliegenden Treppen auch in den Funktionsablauf (Erschließung der Cluster) zu integrieren. Ebenso die vorgelagerten großzügigen Balkone.
Die Ausführung als gut umsetzbare Holz- bzw. Holzhybrid-Konstruktion erscheint gegeben. Die klare Rasterung mit minimalen Kern- und Treppenräumen erlaubt eine sehr hohe Flexibilität auch über die erste Nutzungsphase hinaus.
Das Untergeschoss ist zu hinterfragen, mögliche alternative Aufstellungen der Haustechnik sind wünschenswert.
Das Haus erhält eine klare und strenge Struktur aus thermischer Hauptfassade und einer davorliegenden zusätzlichen Raumschicht mit balkonartigen Umgängen und der vorgenannten Fluchttreppen. Die Ausgestaltung dieser beiden Hüllen ist so geschickt und einfach umgesetzt, dass jegliche Besonderheiten und Kompromisse vermieden bzw. gar nicht erst notwendig werden. Der konstruktive Holzschutz, Details zur Wasserführung, notwendigen/möglichen Abmessungen und Fügungen sind bereits gut durchdacht und in der Durcharbeitung weiterzuentwickeln, um einen Beibehalt der ‚souveränen Einfachheit‘ dieses Fassadenentwurfs auch in die späteren Details zu transportieren.
Die Idee, die strenge und vornehme Klarheit des Hochbauentwurfes mit einer „Wildness“ des Außenraumes zu kombinieren, erscheint als vielversprechender Ansatz und sollte weiterentwickelt werden.
Die Arbeit stellt mit ihrer angemessenen Gestaltung und atmosphärisch ansprechenden Innenräumen einen wertvollen Beitrag zur Bauaufgabe Grundschule dar. Mit ihrer klaren und flexiblen Nutzungsstruktur sowie des besonderen Erschließungs- und Entfluchtungskonzeptes gelingt ein innovatives Schulkonzept. Gleichzeitig stellt sie eine wirtschaftliche und nachhaltige Realisierbarkeit in Aussicht.
Freiraum
Die Verfasser*innen gliedern den Schulhof durch große raumgreifende Grüninseln und erzielen somit den Effekt eines räumlich dichten Schulhofes. Unter den baumbestandenen Inseln sind Spielangebote richtig platziert. Trotz der Dichte sind Sichtachsen zur Mensa, zum Eingang der Schule und zu den Sporthallen nachvollziehbar freigehalten.
Im Westen zum Buntekuhweg und im Süden sind drei Spielkompartimente als Teil des Aktivbandes geplant (grünes Klassenzimmer, Sandspielflächen, Sport & Klettern). Fahrräder und Müllplatz sind schlüssig am Koggenweg angeordnet.
Insgesamt stellt der freiraumplanerische Entwurf einen wertvollen Beitrag zum Wettbewerb dar. Besonders hervorzuheben ist die spannungsvolle Ausgewogenheit zwischen den Grün-/ befestigten Flächen auf dem gesamten Schulgelände. So wird der Grundschul-Neubau mit den Bestandsgebäuden zu einem stimmigen Ensemble verknüpft.
©DFZ Architekten
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