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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Ersatzneubau Institut für Eisenhüttenkunde (IEHK) an der RWTH Aachen

1. Preis

Preisgeld: 125.000 EUR

HENN

Architektur

Sailer Stepan Tragwerkteam München GmbH

Tragwerksplanung

Teuber & Viel GmbH

TGA-Fachplanung

IFB Sorge

Bauphysik

nees Ingenieure GmbH

Brandschutzplanung

studio grüngrau GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau, Architektur und Nutzung
Die Verfasserinnen/Verfasser schlagen für den Ersatzneubau des IEHK einen Baukörper vor, der mit einem viergeschossigen Kopfbau eine markante Orientierung zum Kongressplatz ermöglicht, wo auch der Haupteingang des Gebäudes liegt. Im Gebäudeverlauf wird das Volumen in Richtung Norden zweigeschossig umgesetzt. Die Kubatur des Baukörpers bildet einen klaren Abschluss und erreicht eine hochwertige städtebauliche Setzung mit eindeutiger Adressbildung des neuen Institutsgebäudes. Der auf Höhe des Campusbandes gelegene Haupteingang springt zurück und bildet eine fließende Verbindung zum direkt angrenzenden Platz.

Der Baukörper selbst gliedert sich in zwei Teile, die funktional und konstruktiv unterschieden werden. In dem zum Kongressplatz gelegenen Hochbau befinden sich die ruhigen Arbeitsbereiche, wie Büro und Seminarräume, während im hinteren, zweigeschossigen Gebäudeteil die praktischen Räumlichkeiten, wie Labore und Versuchshallen liegen. Durch ein an den Eingangsbereich schließendes großzügiges Foyer, das an ein mittig liegendes Atrium schließt, werden direkte Blickbeziehungen in das Herzstück des hinteren Gebäudeteils, die zentrale Versuchshalle, möglich. Ein umlaufender Erschließungsring ermöglicht Einblicke in die Halle, während der Arbeitsprozesse und verbindet beide Gebäudeteile miteinander. Die vertikale Erschließung erfolgt über vier gleichmäßig verteilte Treppenhäuser und vier Aufzüge. Durch die Anordnung der behindertengerechten Stellplatze ist keine barrierefreie Zugänglichkeit zum Haupteingang möglich, was kritisch gesehen wird. Grundsätzlich ist die inklusive Infrastruktur gemäß den Anforderungen für ein öffentliches Gebäude noch nicht ausreichend belegt.

Die Anlieferung der Versuchshalle erfolgt über die Gebäudenordseite. Aufgrund einer Spange von Labor- und Funktionsräumen, die direkt hinter dem Anliefertor liegen, ist eine direkte Zuwegung zur Versuchshalle nicht möglich, was kritisch gesehen wird. Die einwandfreie Einbringung von Ausrüstungsgegenständen muss gewährleistet werden. Der Bereich des überdachten Atriums muss hinsichtlich brandschutztechnischer Anforderungen überprüft werden.

Strukturell gliedert sich der Baukörper auf einem Raster von 1,35 m. Er gibt dabei eine Systembreite von 5,4 m/ 6,75 m für eine flexible Unterbringung der Räumlichkeiten vor und reagiert damit auf Nach- oder Umnutzungsszenarien in Zukunft.

Auffällig ist hierbei, dass teilweise nicht alle funktionalen Raumzusammenhänge nachgewiesen wurden und diese gemäß dem Funktionsdiagramm überprüft werden müssen. Da die Arbeitsräume im Tiefgeschoss entlang der Campusspange keine natürliche Belichtung erhalten, dürfen hier keine ständigen Arbeitsbereiche untergebracht werden. Weiterhin ist die Unterbringung des Traforaums zwingend im EG zu verorten, dieser muss von außen zugänglich gemacht werden. Die Aufzugsmaschinenräume sowie die notwendigen Flächen für das Gasflaschenlager wurden nicht nachgewiesen.

Die modulare Struktur gliedert das Tragwerk und ist über die gesamte Gebäudehülle ersichtlich, wobei im vorderen Teil geschlossene, raumhohe Fensterelemente und opake Füllelemente aus Stahlblech eingesetzt werden. Im weiteren Gebäudeverlauf gen Norden öffnet sich die Hülle partiell und lässt hinter dem strukturellen Gerüst Technik- und Dachterrassenbereiche sichtbar werden. Hier wird auch die Unterbringung von PV-Modulen ermöglicht.

Konstruktion und Tragwerk
Für das Tragwerk ist das gewählte Raster von 5,4 m wirtschaftlich und angemessen. Das Gebäude gliedert sich konstruktiv entsprechend der Nutzungen in zwei Teile. Labore und Werkstattbereiche sind in Stahlbeton-Fertigteilbauweisen geplant. Deren Aussteifung erfolgt hinreichend über 2 Treppenkerne. Das Hallendach ist als Sheddach-Konstruktion zur Aussteifung in gut nachvollziehbarer Weise horizontal an die flankierenden Gebäuderiegel angebunden. Da das Hallendach an der Campusbandseite unterhalb des obersten Riegelgeschosses liegt, ist das Hallendach für den Anschlussbereich (5m) feuerbeständig auszuführen. Der konstruktiv eigenständige Kopfbau ist mit Deckenkonstruktionen in Stahlbeton-Brettstapel-Verbundbauweise vorgesehen. Dies wird unter Aspekten der Nachhaltigkeit begrüßt. Die Konstruktionen sind für die jeweiligen Nutzungen jeweils gut und insgesamt angemessen gewählt.

Nachhaltigkeit
Der Entwurf erfüllt die Nachhaltigkeitsanforderungen. Der sehr kompakte Baukörper ermöglicht eine Reduzierung der Wärmeverluste über die Gebäudehülle. Der transparente Fassadenanteil wird dabei auf ein sinnvolles Maß begrenzt. Das Energiekonzept verbindet die Geothermienutzung mit einer PV-Stromerzeugung auf den Dachflächen. Der Einsatz nachwachsender Baustoffe erfolgt insbesondere bei den Holz-Hybrid-Bauteilen im Bürobereich. Eine Tageslichtnutzung ist in Teilbereichen der Erschließung gegeben.

Gesamtwürdigung
Die Arbeit überzeugt durch eine klare städtebauliche Setzung und eine der markanten Adressbildung. Der Institutsneubau als Auftaktgebäude der Campusspange schafft dabei eine hohe Qualität. Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte wird das Gebäude durch seine Architektursprache und eindeutige funktionale Gliederung, die eine sehr gute Vernetzung der unterschiedlichen Arbeitsbereiche unterstützt sowie ein fundiertes Nachhaltigkeitskonzept den vielschichtigen Anforderungen an einen Institutsneubau überaus gerecht.


Lageplan

Lageplan