Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023
Ersatzneubau Institut für Eisenhüttenkunde (IEHK) an der RWTH Aachen
©AFF Architekten
Perpektive Kühwetterstraße
2. Preis
Preisgeld: 75.000 EUR
Architektur
Landschafts.Architektur Birgit Hammer
Landschaftsarchitektur
Tragwerksplanung
TGA-Fachplanung
Bauphysik
Ingenieure für Brandschutz Peter Stanek
Brandschutzplanung
Beurteilung durch das Preisgericht
Städtebau, Architektur und Nutzung
Den Verfassern gelingt es, mit einem eleganten, architektonisch sehr anspruchsvollen und gestalterisch eleganten Gebäude von hoher Eigenständigkeit sich im zukünftigen städtebaulichen Umfeld mit dem geplanten Innovation Center und seinem markanten 26-geschossigen baulichen Auftakt nicht durch Größe, sondern durch Individualität zu behaupten. Mit der sichtbaren, modularen Stahlkonstruktion knüpft der Entwurf an den Inhalt und die Nutzung des Gebäudes – eines Instituts für Eisenhüttenkunde an. Sowohl das Tragwerk als auch die Fassadenkonstruktion folgen dem Prinzip des Cradle to Cradle und verorten den Entwurfsansatz damit in der heutigen Diskussion. Gut dimensionierte und ausreichend belichtete Innenhöfe gliedern die bauliche Anlage und versorgen auch die Labor- und Arbeitsräume im unteren Geschoss mit Tageslicht. Das Höchstmaß an Transparenz, natürlichem Lichteintrag und den vielfältigen Sichtverbindungen verwebt das Gebäude zu einem einheitlichen Ganzen. Sowohl zum Campusband als auch zur Süsterfeldstraße behauptet sich das Gebäude als architektonisch gestalteter Baukörper ohne Rückseite.
Der modulare Entwurfsansatz gliedert das Gebäude anschaulich, seine Nutzungsbereiche wer- den dadurch ablesbar und verständlich. Wesentlich für die Verfasser ist es, ein lichtdurchflutetes, modernes Interieur zu schaffen, eine Entscheidung, die von der Jury sehr begrüßt wird, die aber auch, was die Umsetzung betrifft zu kontroversen Diskussionen geführt hat. Die als „In- stitutspassage“ betitelte Erschließungsachse gliedert und erschließt das Gebäude funktional, immer wieder werden Räume mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen. Die Innenräume sind von hoher Transparenz und Durchblickmöglichkeiten geprägt.
Die Gliederung und Zonierung der Nutzungsbereiche sind nachvollziehbar, müssen aber im Detail der Zuordnung noch verändert werden. Aus Sicht der Nutzung trifft die vertikale Zuordnung der funktionalen Einheiten nicht auf Zustimmung, sie wünschen sich eine horizontale Zuordnung, um Zusammenschaltbarkeiten der Räume vornehmen zu können. So gut und nachvollziehbar die Gliederung der baulichen Struktur mittels Innenhöfe auch ist, die Wege werden damit länger, ein Sachverhalt, der kontrovers in der Jury diskutiert wurde.
Die Halle liegt auf der Seite der Süsterfeldstraße und soll durch eine innergebäudliche, überdachte Andienung versorgt werden. Diese Andienung mit LKW ́s muss so gestaltet sein, dass die Rangierflächen auf dem eigenen Betriebsgelände liegen und nicht auf öffentlichen Straßenraum ausgewiesen werden müssen. Die Überdachung dieser Anlieferzone muss zudem in einer Höhe liegen, die eine Be- und Entladung auch mittels Gabelstapel und von Kleinkräne erlaubt. Die Arbeit liegt im mittleren, wirtschaftlichen Bereich.
Konstruktion und Tragwerk
Die primäre Konstruktion agiert mit einem wirtschaftlichen Stützraster. Die Decken sind in Ver- bundbauweise in Form von Stb.-Brettstapeldecken vorgesehen. Die deckengleich eingebundenen und ebenso wie die Decken feuerbeständig auszuführenden deckengleichen Delta-Beam-Träger erhöhen die Raumqualitäten. Die sichtbare Holzkonstruktion wird als angemessen und unter Aspekten der Nachhaltigkeit begrüßt. In den Fassaden erscheint das Gebäude bewusst als Stahlkonstruktion. Dies unterstützt eine Identitätsstiftung des IEHK. Die Aussteifung erfolgt hinreichend über Treppenkerne. Positiv zu bewerten ist, dass die leichte Stahl-Dachkonstruktion der Halle in weiten Teilen nicht feuerbeständig ausgeführt werden muss, da das Hallendach nicht tiefer liegt als die seitlich angrenzenden Decken. Die konstruktive Funktionalität der auskragenden Decken am Eingangsbereich ist durch Plandarstellungen nicht belegt. Hier werden ergänzende tragkonstruktive Bauelemente erforderlich. Die Konstruktion ist insgesamt angemessen.
Nachhaltigkeit
Der Entwurf zeigt eine hohe Nachhaltigkeitsqualität. Durch die Materialwahl wird ein Fokus auf nachwachsende bzw. gut recycelbare Materialien gelegt. Die Tageslichtnutzung im Gebäude ist hoch und ermöglicht auch auf den Verkehrsflächen eine energieeffiziente Belichtung. Die Fassade ist in ihrer Detailierung stark diskutiert worden. Eine Aussage zur Umsetzung der geforderten natürlichen Belüftung fehlt und die wärmeschutztechnische Qualität ist insbesondere in den transparenten und transluzenten Bereichen für die Umsetzung des EG40-Standards zu verbessern. Eine BNB-Zertifizierung ist möglich.
Gesamtwürdigung
Den Verfassern gelingt es, einen architektonisch überzeugenden Entwurf vorzulegen, mit deutlichen Schwächen bei den Raum- und Funktionszusammenhängen und der Andienung der Halle, die so nicht den Anforderungen der Nutzer entspricht. Der modulare Aufbau des Gebäudes ist dafür eine gute Basis.
©AFF Architekten
Perspektive Technische Versuchshalle
©AFF Architekten
Perspektive Institutspassage
©AFF Architekten
Lageplan