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Verhandlungsverfahren | 06/2022

Erweiterung des Institute of Sience and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg (AT)

Visualisierung

Visualisierung

Zuschlag

ATP architekten ingenieure

Architektur

Erläuterungstext

Der Campus von IST Austria in Klosterneuburg – Maria Gugging wird seit 2006 vom Land NÖ und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) entwickelt. IST Austria betreibt dort naturwissenschaftliche Grundlagenforschung und Postgraduiertenausbildung. Der Campus hat schon heute Weltrang. In der aktuellen Bauphase bis 2036 soll er weiter wachsen, damit bis dahin 1.500 Forscher:innen tätig sein können. Das Land NÖ und der Bund haben in einem europaweiten Wettbewerb die Planung einer neuen Struktur aus zwei Laborgebäuden, einem Bürogebäude, einer Cafeteria, einem Learning Center und einer Parkgarage ausgeschrieben.

Ein Campus für die Menschen
Der Leitgedanke des Entwurfes ist es, ein attraktives Umfeld für die Wissenschaftler:innen zu schaffen, das interdisziplinäre Kommunikation fördert und im internationalen Vergleich Maßstäbe setzt. Durch architektonische Maßnahmen zur Förderung des interdisziplinären Austausches wie etwa das von ATP gesetzte Klimaentrée mit Nebelduschen und Wasserelementen als zentralen Empfangsplatz, werden Offenheit, Kommukation und Zukunftsfähgikeit verkörpert. Die kommunikationsfördernde Treppen- und Terrassenlandschaft führt Besucher:innen zwischen LAB 6 und LAB 7 zur neu entstehenden Plattform bietet Verbindungen zur Dachlandschaft sowie zum ART BRUT-Museum Gugging.

Schrittmacher für Klimaneutralität
Neben der energieeffizienten Gebäudehülle, dem Einsatz von Geothermie und dem bedarfsoptimierten Betrieb der Anlagen tragen die klimasensible Gestaltung der Freiräume, die Verwendung von Geländeaushubmaterial für die Geländemodellierungen, der Einsatz von Holzverbunddecken sowie das „Mixed-in-Place-Verfahren“, das auch den Baustellenverkehr reduziert, maßgeblich zum Erhalt eines klimafreundlichen Gebäudesensembles bei.

Angestrebte Zertifizierung: klimaaktiv-Bewertung in GOLD

Beurteilung durch das Preisgericht

Architektur
Das Entwurfskonzept überzeugt mit seiner Auseinandersetzung mit der Topographie und der Verwebung mit dem Gesamtcampus und bildet eine baukünstlerisch hochwertige und eigenständige Lösung der Bauaufgabe. Die südöstlichen Baukörper setzen den Masterplan in angemessener Form um. Der umgebende Naturraum wird Teil des neuen Areals, das sich somit in das bestehende Umfeld bestens integriert und damit auch eine besonders hohe Aufenthaltsqualität bietet. Die Ausgestaltung der Wanderrampe als barrierefreie Begleitung der Stiegenanlage, ergänzt mit Wasserelementen, bildet eine ansprechende Verbindung zwischen der Straße (zur Redlingerhütte) und der Plattform. Die Plattform selbst ist sehr differenziert und spielerisch formuliert und damit aus Sicht der Kommission ein besonders geeigneter Kommunikationsbereich. Darüber hinaus vermittelt sie in alle Richtungen mit Gehwegen, Terrassen und Stiegenanlagen. So werden die neuen Bauteile Teil des bestehenden Campus und verfestigen dessen Identität. Die Baukörper sind sehr gut proportioniert, die Fassade wird durch den Einsatz von Holzelementen strukturiert und verleiht damit ein angemessenes Erscheinungsbild. Bei der Anordnung der Nutzungsbereiche wird besonders auf die unterschiedlichen Nutzeranforderungen und das Miteinander Bedacht genommen. Learning Center und Cafeteria sind, insbesondere durch die Stiegen- und Rampenanlage Richtung Süden, einfach erreichbar und die Plattform bildet eine geeignete Schnittstelle zwischen Bestand und künftigen Baufeldern.

Funktionalität
Das Entwurfskonzept weist eine klare An- und Zuordnung der unterschiedlichen Funktionsbereiche entsprechend den Projektvorgaben auf und unterstützt die heterogenen spezifischen Anforderungen. Sowohl die Labor- als auch Bürotrakte sind als Dreibund organisiert, wodurch eine hohe Flexibilität gegeben ist. Die geforderte Verbindung zwischen Bauteil A und B ist durch die Situierung gemeinsamer Kommunikationsflächen sehr gut gelöst. Die Situierung der dry-labs in einem Verbund, der von den anderen Gebäuden gut erreichbar ist, wird positiv gesehen. Auch die Möglichkeit diese gegebenenfalls bei einer Nutzungsänderung zu belichten, unterstützt die geforderte Flexibilität. Bereiche mit unterschiedlichen Anforderungen im Hinblick auf Akustik und Erschütterung sind entsprechend getrennt, sodass gegenseitige Störungen verhindert werden. Von der Plattform aus erfolgt eine Erschließung in alle Gebäudeteile, was eine intuitive Orientierung unterstützt, die sich im Innenbereich logisch fortsetzt. Sowohl für die Anlieferung als auch die Weiterführung des Cafeteria-Bereichs wurden Überlegungen im Hinblick auf die Erweiterung in der nächsten Bauphase angestellt. Der Ladehof ist zentral und mit ausreichender Höhe ausgestattet.

Nachhaltigkeit
Das Entwurfskonzept basiert auf einem integralen nachhaltigen Gesamtkonzept, worin dem Thema Nachhaltigkeit und Ökologie in verschiedenen Bereichen besonders Augenmerk gegeben wird. Eine kompakte Bauform mit einem optimierten Fassadenaufbau durch entsprechende nachhaltige, dauerhafte und langlebige Materialien schaffen eine besonders energieeffiziente Gebäudehülle. Die Wärme- und Kältebereitstellung erfolgt durch Geothermie mit zwischengekoppelten Schichtspeichern. Der bedarfsoptimierte Betrieb der Anlagen ermöglicht eine effiziente Energienutzung. Eine Nachtlüftung ist im Konzept vorgesehen. Gebäudehülle und haustechnische Anlagen sind aus Sicht der Kommission damit optimal aufeinander abgestimmt. Besondere Merkmale sind aus Sicht der Kommission: die klimasensible Gestaltung der Freiräume, die Verwendung von Geländeaushubmaterial für die Geländemodellierung, der Einsatz von Holzverbunddecken sowie das mixed in place - Verfahren für die Errichtung der Schlitzwand, das auch den Baustellenverkehr reduziert.

Wirtschaftlichkeit
Die Gesamtlösung erscheint aus Sicht der Kommission aufgrund der klaren Struktur und der kompakten Baukörper wirtschaftlich umsetzbar. Das Projekt zeigt eine hohe Flächeneffizienz, was auch im Hinblick auf Betriebs- und Instandhaltungskosten positiv ist. Der Verzicht auf einen witterungsausgesetzten Sonnenschutz durch Integration in die Fensterkonstruktion lässt aus Sicht der Kommission geringere Wartungs- und Instandhaltungskosten erwarten.
Die Treppenkonstruktion schafft Verbindungen zur Dachlandschaft und zum Museum.

Die Treppenkonstruktion schafft Verbindungen zur Dachlandschaft und zum Museum.

Holzfassade für „Sciene-Körper” als Referenz zur bewaldeten Umgebung.

Holzfassade für „Sciene-Körper” als Referenz zur bewaldeten Umgebung.