Nichtoffener Wettbewerb | 06/2025
Erweiterung Klaus-Groth-Schule in Husum
©architekturbilder
Außenperspektive
2. Preis
Preisgeld: 7.200 EUR
kessler.krämer Landschaftsarchitekten
Landschaftsarchitektur
Erläuterungstext
Gestaltungselemente
Die erweiterte Klaus-Groth-Schule begrüßt Schülerinnen und Schüler mit einem grünen Freiraum mit großen Bäumen. Der einladend gestaltete und mit Sitzgelegenheiten ausgestattete Bereich vor dem neuen Haupteingang ist der Treffpunkt vor der Schule.
Die vorhandene fingerartige Gebäudestruktur des Bestandes wird aufgegriffen und weiterentwickelt: Die beiden Gebäudeteile mit den Clustern 1, 2 und 3 sowie die Sporthalle werden in Ihrer vorhandenen Kubatur aufgenommen und Richtung Süden verlängert.
Der neue Richtung Norden orientierte Hauptbaukörper wird ebenfalls aus den vorhandenen Strukturen durch Übernahme von räumlichen Bezügen und vor allem der Dachneigung entwickelt, dann aber durch gezielte Eingriffe modifiziert:
So wird, um eine Verschattung der Räume im Cluster 4 zu vermeiden, die Verwaltung im Obergeschoss der Erweiterung in Richtung Osten verschoben. Über dem Schulleitungsbereich im Erdgeschoss ergibt sich durch diese Verschiebung eine Dachterrasse, die an die offene Lernlandschaft und das Lehrerzimmer im Obergeschoss angebunden ist.
Funktionszusammenhänge
Von der zentralen Aula / Mensa ausgehend, können auf kurzem Weg sämtliche Cluster und die Sporthalle erreicht werden. Die Verteilung der Nutzungen auf die einzelnen Cluster erfolgt wie in der Machbarkeitsstudie dargestellt: Fachklassen und OGTS in Cluster 1 und Klassenräume in den Clustern 2, 3 und 4. Die offenen Lernlandschaften sind in den jeweiligen Clustern zentral angeordnet.
Räumliche Erweiterungen der Verbindungsgänge in südlicher Richtung ermöglichen die erforderliche Anzahl an Garderobenplätzen zentral anzuordnen und die Idee der „Puschenschule“ umzusetzen.
Baumaterialien / Konstruktion
Die Erweiterungen sind in Holzrahmenbauweise geplant. Für die Erweiterung der Sporthalle, sowie die Mensa bietet sich aufgrund der größeren Spannweite eine Holzskelettkonstruktion an. Für die Geschossdecken sind Brettsperrholzelemente und für die Außenwände ist eine Bekleidung ebenfalls aus Holz vorgesehen. Hochwärmegedämmte Fassaden und Dächer, Holz-Alu-Fensterelemente mit Dreifachverglasung und eine Untersohlendämmung ermöglichen eine über die Anforderungen hinausgehend ausgeführte Gebäudehülle und sorgen damit für geringe Transmissionswärmeverluste und in der Folge für einen geringen Heizenergiebedarf. Die Flachdächer über den Verbindungsgängen und die nördliche Erweiterung erhalten eine Dachbegrünung, die eine Regenrückhaltung ermöglicht und für eine Verbesserung des Mikroklimas sorgt.
Energiekonzept und -versorgung
Als technikfreies Lüftungskonzept wird eine weitestgehend natürliche Belüftung über witterungsgeschützte Lüftungsflügel vorgesehen. Mit Außenjalousien kann auch in sensiblen Bereichen der sommerliche Wärmeschutz nachgewiesen werden.
Für den Niedrigtemperaturbetrieb ausgelegte Unterflurkonvektoren und Flächenheizungen im Fußbodenbereich ermöglichen die Wärmeversorgung über eine Luft-Wasser-Wärmepumpe insbesondere für die hochwärmegedämmten Erweiterungen. Den Gebäudebestand mit seinen vorhandenen Plattenheizkörpern ebenfalls über die Wärmepumpe zur versorgen, erscheint aufgrund des vorhandenen guten energetischen Standards möglich.
Große Außenwandöffnungen sorgen für eine sehr gute natürliche Belichtung der Räume, die durch eine tageslichtabhängig gesteuerte elektrische LED-Beleuchtung ergänzt wird.
In Ergänzung zu den bereits vorhandenen Photovoltaikmodulen auf den nahezu vollflächig belegten Bestandsdächern, ist auch für die neuen Dachfläche mindestens eine Vorrüstung für eine Erweiterung der bestehenden Anlagen ermöglicht. Die konsequente in östliche und westliche Orientierung sämtlicher noch dazu flach geneigter Dachflächen lässt dabei einen hohen Ertrag und damit frühe Amortisation erwarten.
Zielgruppenspezifische Belange
Das Zentrum der Grundschule bildet die Aula / Mensa als Multifunktionsraum, der sich mit einer hohen Transparenz zur Straßenseite öffnet und mit einer großzügigen zentralen, zweiseitig nutzbaren Treppenanlage mit Podesten ein breit gefächertes räumliches und flexibel nutzbares Angebot unterbreitet. Der Musikraum wird direkt der Aula zugeordnet und fungiert bei geöffneter Trennwand als erhöhter, über eine barrierefreie Rampe erschlossene Bühne. Zusätzlich wird eine großzügige Öffnung zu dem vorgelagerten „Musikgarten“ und damit eine Außenbühne angeboten.
Die vorhandenen Flure und Verbindungsgänge werden durch die Ausbildung von Sitznischen Teil der offenen Lernlandschaft. Der Bereich für die LehrerInnen ist im Obergeschoss an zentraler Stelle angeordnet, bietet aber zugleich die Möglichkeit zum Rückzug und die konzentrierte Vorbereitung auf die kommenden Unterrichtseinheiten.
Der Hofbereich südlich der Schulflügel wird als vielfältige Grün-, Bewegungs- und Spiellandschaft weiterentwickelt, mit bestehenden Flächen wie ‚Oase‘ und ‚Acker‘ sowie einer aufgewerteten Spielfläche unter schattigen Bäumen. Hier befinden sich eine große Schaukel und barrierefreie Spielmöglichkeiten in einer modellierten Gummilandschaft. Zwischen Hügeln und Sträuchern gibt es Verstecke und Rückzugsorte. Vor der Hallenfassade liegt ein Ballspielfeld.
Die Innenhöfe erhalten ein grün geprägtes Erscheinungsbild und unterschiedliche Nutzungsschwerpunkte: Der östliche Hof kann, mit Tisch-Bank-Gruppen ausgestattet, als in den Außenraum erweiterte Lernlandschaft genutzt werden. Der beidseitig von Klassenräumen gerahmte westliche Innenhof wird nur in den Pausen als windgeschützter Raum für Tischtennis und Aufenthalt genutzt. Fließend in die Grünflächen übergehende Pflasterbeläge definieren Lauflinien und Aufenthaltsbereiche, sodass eine robuste Abfolge von Pflasterbelag über Rasen hin zu blütenreichen Säumen entsteht.
Barrierefreiheit
Sämtliche Bereiche des Gebäudes werden nach dem Umbau schwellenlos erreichbar sein. Die barrierefreie Erschließung des Obergeschosses wird in der Erweiterung durch eine Aufzugsanlage mit Anbindung an den Gebäudebestand sichergestellt.
Für eine verbesserte Raumakustik werden hochabsorbierende Akustikdecken sowie Wandpaneele vorgesehen, die sehr gute Rahmenbedingungen für die Teilhabe von Menschen mit Hörschädigungen schaffen. Das Farbkonzept für die Innenräume wird kontrastreich gestaltet, um auch Menschen mit Sehbeeinträchtigungen eine gute Orientierung zu ermöglichen.
Wirtschaftlichkeit
Die geplanten Erweiterungsbaukörper schließen unmittelbar an die vorhandenen Baukörper an und greifen deren kompakte und damit wirtschaftliche Bauweise auf. Die vorgesehene Holzbauweise bestehend aus Holzrahmenbauwänden und Brettsperrholzdecken ermöglichen einen hohen Vorfertigungsgrad, sowie eine verkürzte Bauweise. Bei den Erweiterungen in südliche Richtung kann aufgrund Ihrer einfachen Struktur eine Modulbauweise für einen nochmals erhöhten Vorfertigungsgrad und damit eine weiter verkürzte Bauzeit sorgen.
Beurteilung durch das Preisgericht
Grundidee und Gesamtkonzept
Der Entwurf greift die städtebauliche Logik des Bestandes in überzeugender Weise auf. Der Hauptneubau wird nördlich des bestehenden Erschließungsgangs positioniert und orientiert sich in Breite und Maßstäblichkeit an den beiden mittleren Bestandsgebäuden einschließlich des Hofbereichs. Die Aufnahme der bestehenden Dachneigung führt die stringente Struktur schlanker, paralleler Baukörper in der Dachlandschaft fort und sorgt für eine harmonische Einbindung in den Bestand. Auch die südlichen Erweiterungen der mittleren Gebäudeteile fügen sich plausibel in das Gesamtgefüge ein. Die Verlagerung des Treppenhauses in Trakt 2 wird kritisch bewertet, da sie mit erheblichem baulichem Aufwand und resultierenden Kosten verbunden ist. Die Erweiterung der Sporthalle nach Süden in leicht verbreiterter Kubatur wird dagegen als schlüssig und angemessen beurteilt. Die Positionierung des Nebeneingangs mit Überdachung und Fahrradstellplätzen zwischen Sporthalle und Neubau/Cluster 1 bietet jedoch ein höheres Potenzial für die Adressbildung eines zentralen Haupteingangs als der gewählte Eingang an der Westseite des Neubaus. Die Führung des Anlieferweges für die Küche über den Haupteingang wird als ungünstig bewertet.
Architektonische und funktionale Qualität
Das innere Erschließungskonzept sieht einen Haupteingang im westlichen Baukörper des Neubaus vor. Ein langgestreckter, überdachter Zugang mit Windfang führt an Verwaltungsbereichen und Küche sowie Aula/Mensa vorbei und mündet schließlich in den bestehenden zentralen Erschließungsflur. Die Aula/Mensa ist zentral im Gebäudeensemble verortet und wird sinnvoll über diesen Flur erschlossen. Der Musikraum liegt gut platziert neben der Aula, ist leicht erhöht und als Bühne nutzbar. Die barrierefreie Zugänglichkeit wird über eine Rampe hergestellt. Die vorgeschlagenen Garderobenbereiche als südliche Erweiterung des zentralen Flures unterstützen funktional das Konzept der Puschenschule und sind in ihrer Lage günstig gewählt. Die Anordnung des Fachraumbereichs (Cluster 1) in direkter Nähe zur Aula/Mensa im Erdgeschoss erscheint ebenfalls sinnvoll. Kritisch anzumerken ist, dass die Küchenbereiche funktional nicht ausformuliert sind und in Teilen die erforderliche Belichtung durch Tageslichtbezüge fehlt. Die Ausgestaltung der Clusterbereiche bleibt insgesamt vage und ähnelt noch stark dem Bild einer traditionellen Flurschule. Die zentrale Sitz- und Erschließungstreppe zwischen Eingangsbereich und Aula verbindet den Eingangs bzw. die Aula mit einer offenen Lernlandschaft im Obergeschoss, die jedoch lediglich einem einzelnen Cluster im OG zugeordnet bleibt.
Realisierbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Die vorgeschlagene Bauweise in Holzrahmen- bzw. Holzelementbau mit einer Holzfassade wird als wirtschaftlich und bautechnisch nachvollziehbar eingeschätzt. Die Kombination von Holzbekleidung und bestehender Klinkerfassade erzeugt ein stimmiges gestalterisches Gesamtbild. Ökologische und energetische Aspekte werden angemessen berücksichtigt. Die Umsetzbarkeit im laufenden Schulbetrieb wird durch die südlichen Erweiterungsmaßnahmen sowie den Eingriff in das bestehende Treppenhaus jedoch deutlich erschwert.
Freiraumkonzept
Die Verfasser teilen den Freiraum in sechs Bereiche auf: Garten im Nordwesten; Naturerlebnisraum im Südwesten; Kletter- und Balancierspiele unter Bäumen im Süden; Ballspielen im Südosten; zwei grüne Höfe in der Mitte sowie einen Musikgarten im Norden zur Straße (was kritisch bewertet wird). Der zentrale Hauptzugang erfolgt von Norden über einen schmalen Zugang ins Gebäude 3. Rasenfugenpflaster bietet weiche Übergänge in die begrünte Landschaft. Ein Nebeneingang wird am Musikgarten vorbei in den Verbindungsgang zwischen der Sporthalle und Gebäude 1 geführt, wo überdachte Fahrradstellplätze sinnig angeordnet sind. Weitere Fahrradstellplätze sind vor der Westfassade von Gebäude ein angeordnet. KFZ-Stellplätze liegen nördlich der Sporthalle sowie in der nordwestlichen Grundstücksecke. Der südlich der Schulflügel liegende Hofbereich wird klug als vielfältige Grün-, Bewegungs- und Spiellandschaft weiterentwickelt; die bestehenden Flächen Oase und Acker sind logisch integriert. Eine große Schaukel, barrierefreie Spielmöglichkeiten sowie ein großes Ballspielfeld runden das Spielangebot ab. Die grün geprägten Innenhöfe zwischen den Gebäudeteilen bieten unterschiedliche Spielangebote: Der westliche Hof bietet runde und eckige Tischtennisplatten, der östliche Hof bietet mit Tisch- Bank-Gruppen Platz zum Lernen. Pflasterbeläge bieten fließende Übergänge aus beiden Höfen in den südlichen Schulhof. Notwendige Baumfällungen werden durch Neupflanzungen annähernd kompensiert.
Beurteilung aus Sicht der Schulleitung
Die Innenaufteilung wird positiv bewertet. Der Lehrerbereich im OG mit Terrasse und großen Fenster ist sehr gut gelöst und liegt direkt über dem Verwaltungsbereich. Die Verfasser haben verstanden, dass die Schule von allen Seiten begangen werden kann. Es gibt Zugänge aus allen Höfen. Das Erscheinungsbild ist neu und anders als der Bestand konzipiert und hat eine eigene Formensprache, was begrüßt wird. Der Musikgarten ist eine schöne Idee. Die Flure in den Clustern sollten sich in den offenen Lernbereich mehr öffnen, soweit die Statik es zulässt. Überarbeitungswunsch: Haupt- und Nebeneingang sollten in der Funktion getauscht werden.
©JF Architekten + Techniker / kessler . krämer landschaftsarchitekten
Lageplan
©JF Architekten + Techniker / kessler . krämer landschaftsarchitekten
Grundriss Erdgeschoss
©JF Architekten + Techniker / kessler . krämer landschaftsarchitekten
Grundriss Obergeschoss